Abschnitt 1 BtMG§31aARdErl - Vorbemerkung
Bibliographie
- Titel
- Anwendung des § 31a Abs. 1 BtMG, des § 35a Abs. 1 KCanG und des § 26a Abs. 1 MedCanG sowie Bearbeitung von Ermittlungsverfahren in Strafsachen gegen Betäubungsmittel- und Cannabiskonsumentinnen und Betäubungsmittel- und Cannabiskonsumenten
- Redaktionelle Abkürzung
- BtMG§31aARdErl,NI
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 33210
Nach § 31a Abs. 1 BtMG kann die Staatsanwaltschaft ohne Zustimmung des Gerichts von der Verfolgung eines Vergehens nach § 29 Abs. 1, 2 oder 4 BtMG absehen, wenn
"die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre, kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und der Täter Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt."
Seit Inkrafttreten des CanG zum 01.04.2024 unterfällt Cannabis nicht mehr dem BtMG. Der Umgang mit Cannabis ist im KCanG und im MedCanG geregelt.
Nach § 35a Abs. 1 KCanG kann die Staatsanwaltschaft ohne Zustimmung des Gerichts von der Verfolgung eines Vergehens nach § 34 Abs. 1, 2 oder 5 KCanG absehen, wenn
"die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre, kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und der Täter lediglich zum Eigenverbrauch Cannabis in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt oder Cannabinoide extrahiert".
Nach § 26a Abs. 1 MedCanG kann die Staatsanwaltschaft ohne Zustimmung des Gerichts von der Verfolgung eines Vergehens nach § 25 Abs. 1, 3 oder 6 MedCanG absehen, wenn
"die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre, kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und der Täter das Cannabis zu medizinischen Zwecken oder
das Cannabis zu medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt".
Aus den Gesetzgebungsmaterialien (jeweilige Begründung der Änderungsanträge der Bundestagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen) zu § 35a KCanG und § 26a MedCanG geht hervor, dass diese § 31a BtMG inhaltlich entsprechen sollen.
Aus diesem Grund lassen sich die zu § 31a BtMG entwickelten Anwendungsgrundsätze auf § 35a KCanG und § 26a MedCanG übertragen, soweit nach § 34 KCanG und § 25 MedCanG ohne Mengenuntergrenze strafbare Tatvarianten der Selbstschädigung durch Cannabis (Herstellung, Ein-, Aus- und Durchfuhr, Sich-Verschaffen sowie Extrahieren) betroffen sind.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 09.03.1994 - 2 BvL 43/92 (NJW 1994 S. 1577) - zur Verfassungsmäßigkeit des geltenden Betäubungsmittelstrafrechts darauf hingewiesen, dass die Länder verpflichtet sind, für eine im Wesentlichen einheitliche Einstellungspraxis der Staatsanwaltschaften zu sorgen.
Die folgenden Hinweise tragen diesem Auftrag Rechnung und berücksichtigen sowohl den Umstand, dass einerseits Verstöße gegen das BtMG, das KCanG und das MedCanG grundsätzlich kriminelles Unrecht darstellen und aus Gründen des Legalitätsprinzips (§ 152 Abs. 2 StPO) eine konsequente Strafverfolgung notwendig machen, andererseits § 31a BtMG, § 35a KCanG und § 26a MedCanG den Strafverfolgungsbehörden die Möglichkeit eröffnen, differenziert auf Betäubungsmittel- und Cannabisdelinquenz zu reagieren, um den Betäubungsmittel- und Cannabishandel (einschließlich des Klein- und Straßenhandels) von den nicht handeltreibenden Betäubungsmittel- und Cannabiskonsumentinnen und Betäubungsmittel- und Cannabiskonsumenten in der justiziellen Reaktion abzugrenzen.
Damit werden die Ziele verfolgt,
- a)
durch Entlastung der Staatsanwaltschaft und der Polizei bei Erwerb oder Besitz geringer Mengen zum Eigenverbrauch die Möglichkeit zu eröffnen, die Ressourcen auf die Bekämpfung des organisierten Betäubungsmittel- und Cannabishandels zu konzentrieren,
- b)
dadurch zugleich der Pönalisierung der therapiebedürftigen Betäubungsmittel- und Cannabiskonsumentinnen und Betäubungsmittel- und Cannabiskonsumenten durch die Strafverfolgung zu begegnen.
Außer Kraft am 1. Januar 2031 durch Nummer 4 Satz 1 des RdErl. vom 29. November 2024 (Nds. MBl. 2024 Nr. 592, Nds. Rpfl. 2025 S. 17)