Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 10.02.2025, Az.: 2 B 394/24
Alkoholmissbrauch; Tauglichkeit; flugmedizinische; Flugmedizinische Untauglichkeit wegen Alkoholmissbrauchs
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 10.02.2025
- Aktenzeichen
- 2 B 394/24
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2025, 12751
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2025:0210.2B394.24.00
Rechtsgrundlagen
- VwGO § 123
- EUV 1178/2011 Anh. IV
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes erforderlichen wesentlichen Nachteile sind bei drohenden wirtschaftlichen Einbußen erst dann gegeben, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, ohne die begehrte Eilentscheidung in seiner Existenz bedroht zu werden.
- 2.
Für die Annahme eines Alkoholmissbrauchs im Sinne von MED.A.010, 11. Spiegelstrich Buchst. a i. V. m. MED.A.010, 12. Spiegelstrich der VO (EU) 1178/2011 genügt eine abstrakte Gefährdung Dritter.
- 3.
Liegt lediglich ein Alkoholmissbrauch vor, ohne dass aus der Krankengeschichte des Betroffenen über den festgestellten Missbrauch von Alkohol hinaus eine psychische Störung oder Verhaltensstörung hervorgeht, die auf den Konsum oder Missbrauch von Alkohol zurückzuführen ist, ist MED.B.055 Buchst. d der VO (EU) 1178/2011 und nicht MED.B.055 Buchst. c der VO (EU) 1178/2011 anzuwenden.
- 4.
Die Feststellung der flugmedizinischen Tauglichkeit setzt bei Alkoholmissbrauch nach MED.B.055 Buchst. d der VO (EU) 1178/2011 eine zufriedenstellende psychiatrische Begutachtung voraus. Hierzu muss der gesamte beurteilungsrelevante Sachverhalt zugrunde gelegt werden, dem Beurteilenden müssen alle relevanten Unterlagen zur Verfügung gestanden haben, die gültigen Rechtsgrundlagen müssen berücksichtigt werden, die Beurteilung muss den anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen, nachvollziehbar und widerspruchsfrei sein sowie durch einen Facharzt für Psychiatrie erstellt werden.
- 5.
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer zufriedenstellenden psychiatrischen Beurteilung liegt bei dem betroffenen Piloten. Der Nachweis der flugmedizinischen Tauglichkeit ist nicht erbracht, wenn ernsthafte, fachlich begründete Zweifel an der Tauglichkeit bestehen, die der betroffene Pilot nicht entkräftet hat.
[Grunde]
I.
Der Antragsteller begehrt im einstweiligen Rechtsschutz die Feststellung seiner flugmedizinischen Tauglichkeit für die Klasse 1.
Laut Verkehrsunfallanzeige vom 17.01.2022 führte der Antragsteller am 16.01.2022 alkoholisiert ein Kraftfahrzeug, verursachte einen Unfall mit einem Verkehrsschild und entfernte sich unerlaubt vom Unfallort. Sein BAK-Wert betrug zum Unfallzeitpunkt 2,26 Promille. Der Führerschein des Antragstellers wurde sichergestellt. Mit Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 05.10.2022 wurde der Antragsteller wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tatmehrheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Gesamtgeldstrafe von 45 Tagessätzen à 50 Euro verurteilt. Zudem wurde mit dem Urteil vom 05.10.2022 die Fahrerlaubnis des Antragstellers entzogen, der Führerschein eingezogen und bestimmt, dass die Verwaltungsbehörde vor Ablauf von fünf Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf.
Unter dem 11.11.2022 beantragte der Antragsteller die Verlängerung seines Tauglichkeitszeugnisses der Klassen 1, 2 und LAPL. Im Rahmen der Untersuchung bei der medizinischen Sachverständigen (AME) Dr. E. verneinte er in dem entsprechenden Formular die Frage, ob er Alkohol trinke, sowie das Vorliegen einer psychischen Erkrankung bzw. Störung und den Missbrauch von Alkohol, Drogen oder Medikamenten. Das Zeugnis wurde ihm am selben Tag mit Ablaufdatum für die Klasse 1 zum 16.11.2023 ausgestellt.
Infolge einer Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamts vom 24.08.2023, auf die Bezug genommen wird, setzte das Luftfahrt-Bundesamt mit Bescheid vom 28.08.2023, der dem Antragsteller laut Postzustellungsurkunde am 31.08.2023 zugestellt wurde, das Tauglichkeitszeugnis des Antragstellers aus und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Maßnahme an. Zur Begründung bezog es sich auf die Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamts. Von einer vorherigen Anhörung des Antragstellers sei abgesehen worden, da eine sofortige Entscheidung im öffentlichen Interesse notwendig erschienen sei. Der Antragsteller erfülle die Anforderungen zur mentalen Gesundheit (MED.B.055 Buchst. d Nr. 5 des Anhangs IV der VO (EU) Nr. 1178/2011) offensichtlich nicht (länger). Nach der genannten Vorschrift müsse sich ein Bewerber bei Missbrauch einer psychoaktiven Substanz zunächst einer zufriedenstellenden psychiatrischen Beurteilung unterziehen, bevor er als tauglich beurteilt werden könne. Alkohol sei eine solche psychoaktive Substanz. Missbräuchlich sei ein Konsum dann, wenn er zu einer direkten Gefahr für den Konsumenten führe, Leben, Gesundheit oder Wohlergehen Dritter gefährde oder berufliche, soziale, geistige oder körperliche Probleme oder Störungen verursache oder verstärke. Indem der Antragsteller alkoholisiert ein Kraftfahrzeug geführt und einen Unfall verursacht habe, habe er seine eigene Gesundheit und das Wohlergehen Dritter gefährdet. Bei seiner letzten Tauglichkeitsuntersuchung habe er sowohl den Vorfall als auch den unsachgemäßen Alkoholkonsum bewusst verschwiegen. Zur Gewährleistung der Flugsicherheit sei es daher notwendig, das Tauglichkeitszeugnis auszusetzen.
Hiergegen erhob der Antragsteller am 27.09.2023 Widerspruch. Mit Schreiben vom 27.10.2023 übersandte die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers ein Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie und AME Dr. F. vom 09.10.2023, ein Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin und AME Dr. G. vom 25.10.2023 sowie eine Bescheinigung des TÜV Hessen vom 12.06.2023 über die Teilnahme an einem Abstinenzkontrollprogramm (01.03.-12.06.2023), auf deren Inhalt jeweils Bezug genommen wird. Sie führte weiter aus, es liege kein Missbrauch einer psychoaktiven Substanz vor, da es an der dafür erforderlichen direkten Gefahr für den Konsumenten bzw. Dritte fehle. Bei dem Unfall seien keine Personen verletzt oder gefährdet worden. Zudem handele es sich um einen einmaligen Vorfall. Bislang habe der Antragsteller bei sozialen Gelegenheiten stets zurückhaltend Alkohol konsumiert. Von März bis Juli 2022 sei er vollständig abstinent geblieben und habe anschließend nur gelegentlich bei sozialen Anlässen zurückhaltend Alkohol getrunken. Seit Anfang September 2023 lebe er abstinent und beabsichtige, dies dauerhaft zu tun. Im Übrigen habe er sich der geforderten zufriedenstellenden psychiatrischen Beurteilung unterzogen. Nach dem Gutachten des Herrn Dr. F. leide er nicht an einer Suchterkrankung und sei auch sonst nicht psychisch erkrankt oder behandlungsbedürftig. Eine Folgeuntersuchung (SIC) sei nach AMC1(c) zu MED.B.055(d) nicht anzuordnen, wenn dies nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist. Im Fall des Antragstellers zwinge die Prognose dazu, von entsprechenden Beschränkungen abzusehen. Das Amtsgericht A-Stadt sei zu dem Schluss gekommen, dass es sich um einen einmaligen Vorfall gehandelt und der Antragsteller aus seinem Fehler gelernt habe. Auch Herr Dr. F. habe festgestellt, dass der Antragsteller die Alkoholfahrt kritisch reflektiert habe und eine gefestigte Abstinenzentscheidung vorliege. Nachuntersuchungen oder Auflagen habe er daher nicht für erforderlich gehalten. Zu demselben Ergebnis sei Herr Dr. G. gekommen.
Unter dem 07.11.2023 beantragte der Antragsteller die Verlängerung seines Tauglichkeitszeugnisses der Klasse 1. Dabei wurde in dem Fragebogen die Frage nach Konsum von Alkohol verneint, gleichzeitig aber die Frage nach Alkohol-, Drogen- oder Medikamenten-Missbrauch bejaht.
Mit Schreiben vom 13.11.2023 teilte das Luftfahrt-Bundesamt der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers mit, dass die vorgelegten Gutachten weder die Forderung nach einer zufriedenstellenden psychiatrischen Stellungnahme erfüllten noch eine dauerhafte Abstinenz des Antragstellers nachwiesen. Es sei beabsichtigt, eine Untersuchung durch Herrn Prof. Dr. H. (Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie der TU Dresden) durchführen zu lassen. Zudem seien Haarprobenanalysen durchzuführen. Eine Aufhebung des Aussetzungsbescheids sei derzeit nicht möglich.
Hierauf antwortete die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers mit Schreiben vom 08.12.2023, eine weitere Sachverhaltsaufklärung sei nicht erforderlich. Nach den vorgelegten Gutachten sei der Antragsteller flugmedizinisch tauglich. Das Luftfahrt-Bundesamt habe seine abweichende Auffassung nicht begründet. Unter einer "zufriedenstellenden psychiatrischen Beurteilung" sei eine nach objektiven Maßstäben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls vorgenommene und inhaltlich aussagekräftige fachärztliche Beurteilung zu verstehen; es handele sich nicht um eine in das freie Belieben des Luftfahrt-Bundesamts gestellte willkürliche Entscheidung. Der Nachweis einer dauerhaften Abstinenz sei in den luftverkehrsrechtlichen Vorschriften nicht vorgegeben. Es möge Fälle geben, in denen dies im Einzelfall ausnahmsweise gerechtfertigt sein könne, vorliegend aber nicht. Der Antragsteller sei nicht suchtkrank, nicht durch Probleme belastet und auch ansonsten nicht psychisch krank oder behandlungsbedürftig. Unabhängig davon habe er dennoch die Entscheidung zur dauerhaften Abstinenz getroffen und setze diese seit September 2023 konsequent um. Dies ergebe sich auch aus den Ergebnissen der Urinprobe in dem Gutachten von Herrn Dr. G. sowie dem TÜV-Bericht vom 12.06.2023. Die Forderung nach einer Haarprobenanalyse sei vor diesem Hintergrund nicht gerechtfertigt. Gleichwohl werde der Antragsteller eine solche vornehmen lassen. Die Begutachtung durch Herrn Prof. Dr. H. lehne der Antragsteller wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Dieser verlange von Piloten, die wegen angeblichen Alkoholmissbrauchs eine psychiatrische Begutachtung anfragten, eine zweijährige Abstinenz, und erachte erst danach die Tauglichkeit wieder für möglich. Eine solche pauschale Vorgehensweise ohne Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalls sei nicht rechtmäßig und in den luftverkehrsrechtlichen Vorschriften nicht vorgesehen. Fälle des Alkoholmissbrauchs seien von Suchterkrankungen bzw. psychischen Störungen oder Verhaltensstörungen, die auf den Konsum oder Missbrauch von Alkohol zurückzuführen sind, zu unterscheiden, wie sich aus den luftverkehrsrechtlichen Vorschriften ergebe; beides dürfe nicht verwechselt werden.
Die durchgeführten Haarprobenanalysen vom 25.10.2023 und vom 06.12.2023 fielen jeweils positiv aus (> 30 pg/mg bzw. 43 pg/mg). Auf die entsprechenden Protokolle vom 04.12.2023 und 22.12.2023 wird Bezug genommen. Eine weitere Haarprobenanalyse vom 18.01.2024 fiel in einem geringeren Bereich positiv (9,3 pg/mg) aus. Auf das Protokoll vom 14.02.2024 wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 17.01.2024 erklärte der Antragsteller gegenüber dem Luftfahrt-Bundesamt, es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass der Vorfall im Januar 2022 auf seine Tauglichkeit Einfluss habe könne. Er habe nichts verschweigen wollen. Die auffälligen Haaranalysen könne er sich nur damit erklären, dass er ein bestimmtes Haarpflegeprodukt verwendet habe. Er sei bereit, das Abstinenzprogramm wahrzunehmen.
Eine weitere Haaranalyse aus dem Februar 2024 fiel im Bereich 0 bis 1 cm gemessen von der hautnahen Schnittstelle negativ und im Bereich 1 bis 3 cm gemessen von der hautnahen Schnittstelle leicht positiv (5,5 pg/mg) aus. Auf das entsprechende Gutachten vom 29.02.2024 wird Bezug genommen.
Am 11.03.2024 wurde der Antragsteller in das Präventionsprogramm AntiSkid aufgenommen. Unter demselben Datum erstellte Herr Prof. Dr. H. für das Luftfahrt-Bundesamt ein Gutachten betreffend die Überprüfung der Tauglichkeit des Antragstellers. Demnach gebe es Anzeichen für einen erhöhten Konsum bei gleichzeitiger hoher Verträglichkeit gegenüber Alkohol, was bei Beibehaltung des Konsumverhaltens ein Risiko für einen schädlichen Gebrauch bzw. eine Abhängigkeitsentwicklung darstelle. Dies ermögliche aber zum derzeitigen Zeitpunkt keine Einstufung als schädlichen Gebrauch oder Alkoholabhängigkeit (S. 6 des Gutachtens). Es gebe keine Hinweise auf eine Alkoholkonsumstörung. Grundsätzlich sei die Prognose gut, dass der Antragsteller nicht erneut ein solch hohes Konsumverhalten aufweisen werde; es sei aber möglich, dass er an Festen oder Wochenenden in sozialen Situationen wieder in ein vergleichbar kritisches Konsummuster gerate. Die Tauglichkeit sei derzeit unter Auflagen gegeben (S. 7 des Gutachtens). Als Auflage werde vorgeschlagen, dass der Antragsteller an einem Behandlungs- und Kontrollprogramm ähnlich dem AntiSkid-Programm teilnehme. Im AntiSkid-Programm sei das Präventions-Programm in einer rein ambulanten Version über eine Dauer von zunächst einem Jahr zu empfehlen. Nach erfolgreichem Abschluss sei die Entfernung der Auflage zu prüfen.
Mit Schreiben vom 24.03.2024 an das Luftfahrt-Bundesamt teilte AME Dr. I. mit, der Antragsteller habe am 07.11.2023 die Verweisung seines Falls zur Ausstellung eines neuen Tauglichkeitszeugnisses beantragt. Es sei auffällig, dass die positiven Haaranalysen vom 24.10.2023 und 06.12.2023 nicht in dem Gutachten des Herrn Prof. Dr. H. erwähnt seien. Auf seine Nachfrage bei dem Antragsteller habe dieser erklärt, er habe die Analysen gegenüber Herrn Prof. Dr. H. nicht angegeben. Das Gutachten sei somit auf Basis einer unvollständigen Befundlage erstellt worden. Aufgrund des deshalb gestörten Vertrauensverhältnisses habe er - AME Dr. I. - die weitere fliegerärztliche Betreuung des Antragstellers beendet. Dies gelte für den gesamten Medizinischen Dienst der Lufthansa.
Unter dem 06.05.2024 stellte der Antragsteller - diesmal betreut durch den AME Dr. G. - einen weiteren Antrag auf Erneuerung seines Tauglichkeitszeugnisses für die Klasse 1.
Unter dem 06.05.2024 aktualisierte Herr Prof. Dr. H. sein Gutachten vom 11.03.2024. Dem lag ein Telefonat mit AME Dr. I. vom 18.04.2024 sowie ein Gespräch mit dem Antragsteller am 22.04.2024 zugrunde. Laut der Stellungnahme Prof. Dr. H. s zeigen die Laborwerte widersprüchliche Ergebnisse (S. 8 des Gutachtens). In der Zeit von Mitte Oktober 2023 bis Anfang / Mitte Dezember 2023 widersprächen sich die EtG-Haarwerte trotz deutlich überlappender Zeitfenster. Eine mögliche Erklärung liege in den verwendeten alkoholischen Pflegeprodukten. Nach dem Absetzen habe sich eine ungewöhnlich rasche Normalisierung der Werte eingestellt. Es ließen sich folglich keine sicheren Aussagen bzgl. des Alkoholkonsums in dieser Zeit treffen. Zu den fehlenden Angaben des Antragstellers führte Herr Prof. Dr. H. aus, dass diese nicht durch eine bereits klinisch relevante Alkoholkonsumstörung bedingt seien (bewusstes Verschweigen des Schweregrads oder Nichterkennen des Schweregrads), sondern durch Motive wie Angst oder Scham ausgelöst worden seien. Die resultierenden Einbußen in Bezug auf die Glaubwürdigkeit seien angesprochen worden und würden ein zentrales Thema der Psychotherapie sein. Der Antragsteller habe seine Verantwortung erkannt und sein Fehlverhalten eingesehen. Es gebe weiterhin keine Hinweise auf eine Alkoholkonsumstörung oder auf das Vorliegen einer anderen psychischen Störung. Grundsätzlich sei die Prognose gut, dass der Antragsteller nicht erneut ein entsprechendes hohes Konsumverhalten zeigen werde. Aufgrund des Risikos riskanter Konsummuster bei Familienfeiern etc. seien Auflagen zu empfehlen, dann sei die Tauglichkeit für alle Klassen gegeben. Der Antragsteller solle an einem Behandlungs- und Kontrollprogramm ähnlich dem AntiSkid-Programm mit ambulanter Psychotherapie über mindestens ein Jahr sowie EtG-Haarkontrollen teilnehmen. Anschließend sei die Entfernung der Auflagen zu prüfen. Zudem müsse der Antragsteller sein Fehlverhalten beim Verschweigen von Informationen in der Therapie reflektieren.
Unter dem 09.05.2024 verwies der neue AME des Antragstellers Dr. G. dessen Antrag auf Ausstellung eines neuen Tauglichkeitszeugnisses an das Luftfahrt-Bundesamt. Er schließe sich den Ausführungen des Herrn Prof. Dr. H. an.
Einem internen Vermerk des Eufach0000000087s vom 07.08.2024 zufolge hält die Unterzeichnerin die von dem Antragsteller abgegebene Erklärung für die deutlich positiven Haaranalysen, also die Verwendung von alkoholhaltigen Haarpflegeprodukten, für "Unsinn". Man könne überall im Internet nachlesen, welche Produkte problematisch seien; hierauf werde man bei der MPU mit Sicherheit hingewiesen. Es sei unwahrscheinlich, dass allein hierdurch derart hohe Werte erreicht würden. Die Gründe für das Verschweigen von wesentlichen Informationen seien aus Sicht der Unterzeichnerin nicht relevant, sondern zeigten mangelndes Verantwortungsbewusstsein. Empfohlen werde ein Abstinenznachweis für mindestens zwei Jahre bei problematischem Trinkverhalten und gefährlichem Gebrauch von Alkohol.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2024 wies das Luftfahrt-Bundesamt den Widerspruch des Antragstellers gegen den Aussetzungsbescheid vom 28.08.2023 zurück. Zur Begründung führte es aus, die Tauglichkeit in entsprechenden Fällen könne nur dann positiv beschieden werden, wenn eine zufriedenstellende psychiatrische Beurteilung vorliege sowie ein Abstinenzzeitraum von grundsätzlich zwei Jahren nachgewiesen sei. Im Einzelfall könne eine positive Tauglichkeitsentscheidung unter Auflagen und basierend auf einer vorangegangenen stationären Behandlung von einigen Wochen und einer Aufnahme in ein Unterstützungsprogramm mit Kontrollen und Berichten auch früher in Betracht kommen. Zu berücksichtigen sei, dass der Antragsteller den Vorfall sowie seinen Alkoholkonsum bei der Untersuchung bei seiner damaligen AME Dr. E. am 11.11.2022 bewusst verschwiegen habe. Daher sei es zur Gewährleistung der Flugsicherheit notwendig gewesen, das Tauglichkeitszeugnis zunächst auszusetzen. Derzeit laufe ein gesondertes Verweisungsverfahren, in welchem die Tauglichkeit des Antragstellers abschließend geklärt werden solle. Nach derzeitiger Aktenlage liege aber weder eine zufriedenstellende psychiatrische Beurteilung noch eine nachgewiesene lückenlose Abstinenz von zwei Jahren vor. Da der Antragsteller lediglich am Präventionsprogramm teilnehme, gebe es derzeit auch keine Abstinenzkontrolle im Rahmen eines Therapieprogramms oder Ähnlichem. Die Nachweispflicht liege beim Antragsteller.
Mit Schreiben vom 23.09.2024 übersandte die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers weitere Unterlagen, unter anderem einen Laborbericht vom 08.08.2024 und ein EtG-Gutachten vom 20.08.2024 sowie einen Bericht über das Alkoholkontrollprogramm vom 18.07.2024, die im Rahmen der Teilnahme des Antragstellers am AntiSkid-Programm erstellt wurden und auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Der CDT-Wert aus dem Laborbericht vom 08.08.2024 sei unauffällig. Der EtG-Wert aus dem Gutachten vom 20.08.2024 sowie der Abstinenzbericht vom 18.07.2024 bestätigten dies. Aus den Ausführungen des Herrn Prof. Dr. H. ergebe sich, dass die Alkoholpflegeprodukte des Antragstellers das Ergebnis der Haaranalysen vom 24.10.2023 und vom 06.12.2023 nachteilig beeinflusst hätten. Dieser komme auch zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller die Informationen aus Angst bzw. Scham verschwiegen habe und es keine Hinweise auf eine Alkoholkonsumstörung gebe. Daher habe dieser empfohlen, die Tauglichkeit des Antragstellers unter Auflagen festzustellen. Die Vorwürfe des AME Dr. I. seien damit entkräftet. Im Übrigen habe der Antragsteller seine Fahrerlaubnis mittlerweile zurückerhalten. Die Tauglichkeit sei positiv festzustellen und allenfalls mit einer Auflage SIC zu versehen.
In einem Zwischenbericht vom 01.10.2024 im Rahmen des ambulanten Therapie- und Präventionsprogramms führt Herr Prof. Dr. H. aus, sowohl aus seiner als auch aus Sicht der behandelnden Psychotherapeutin bestehe "weiterhin (...) uneingeschränkte Flugtauglichkeit für alle Klassen".
Unter dem 18.11.2024 stellte die medizinische Sachverständige des Luftfahrt-Bundesamts im Rahmen der Verweisung fest, dass der Antragsteller als flugmedizinisch untauglich für alle Klassen zu beurteilen sei. Als Diagnose wurde unter anderem der Missbrauch einer psychoaktiven Substanz (Alkohol) genannt. Eine positive Tauglichkeitsentscheidung könne bei nachgewiesener lückenloser Abstinenz von zwei Jahren erwogen werden. Der erste Abstinenznachweis sei im Januar 2024 erbracht worden; von da an seien zwei Jahre lang entsprechende Nachweise zu erbringen. Das Luftfahrt-Bundesamt schließe sich den Bewertungen und Empfehlungen von Herrn Prof. H. und Dr. F. nicht an, weil bei dem Antragsteller ein ungenügendes Problembewusstsein für den Alkoholkonsum vorliege und die Vorgeschichte - bis zur Aufnahme in das AntiSkid-Programm - Transparenz und Compliance deutlich vermissen lasse.
Hiergegen erhob der Antragsteller nach eigenen Angaben mit Schreiben vom 06.12.2024 Widerspruch.
Am 18.12.2024 hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung führt er aus, ihm seien ein weiteres Zuwarten und der Abschluss des Klageverfahrens nicht zumutbar, weil er seinen Lebensunterhalt nicht verdienen und die bisherige Unterstützung aus dem Familienkreis nicht mehr viel länger werde aufrechterhalten können. Er erhalte seit September 2023 kein Gehalt mehr. Seit der Aussetzung seines Tauglichkeitszeugnisses habe er nicht mehr als Verkehrspilot arbeiten können. Bisher habe seine Arbeitgeberin ihm noch nicht gekündigt; er wisse aber nicht, wie lange dieser Zustand noch anhalten werde. Es habe mittlerweile schon entsprechende Ankündigungen seiner Arbeitgeberin gegeben. Wegen des andauernden Arbeitsverhältnisses habe er keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Wenn er selbst kündigen würde, müsse er sofort ca. 60.000 Euro für seine Ausbildung an die Lufthansa-Flugschule zahlen. Wenn er ein mindestens sechs Monate gültiges Tauglichkeitszeugnis hätte, könne er seine Musterberechtigung erneuern, was ggf. Theorieunterricht und/oder Flugunterricht sowie einen Überprüfungsflug erfordere. Nachfolgend werde er die unternehmensinternen Schulungen und Überprüfungen absolvieren müssen. Mit einem Einsatz im Flugdienst, bei dem Fracht oder Passagiere befördert würden, sei vor Ablauf von sechs Monaten kaum zu rechnen. Erforderlichenfalls könne das Gericht anordnen, dass vor einem entsprechenden Flug eine erneute Gerichtsentscheidung zu erfolgen habe. Das durchzuführende Widerspruchsverfahren werde eine erhebliche Zeit in Anspruch nehmen und es sei zu warten, dass sein Widerspruch zu Unrecht zurückgewiesen werde.
Er habe am 16.01.2022 - zu einem Zeitpunkt, als er noch nicht als Verkehrspilot beschäftigt gewesen sei und noch keine Aussicht auf einen baldigen Berufseinstieg gehabt habe - auf einer privaten Party zu viel Alkohol getrunken. Als das bestellte Taxi für den Heimweg nicht gekommen sei, habe er sich selbst an das Steuer seines Autos gesetzt und ein Verkehrsschild umgefahren, wodurch die Markise eines Ladengeschäfts beschädigt worden sei. Er sei deswegen zu 45 Tagessätzen zu je 50 Euro verurteilt worden; die Fahrerlaubnis sei ihm entzogen worden. Es sei im Ergebnis lediglich ein Sachschaden eingetreten, den er umgehend ersetzt habe. Das Luftfahrt-Bundesamt habe zu Unrecht einen Alkoholmissbrauch angenommen. Bei besonnener Betrachtung könne der Vorfall als flugmedizinisch unerheblich eingeordnet werden. Selbst wenn man einen Alkoholmissbrauch annehmen wollte, lägen mittlerweile drei zufriedenstellende psychiatrische Beurteilungen vor. Alle hätten übereinstimmend seine Tauglichkeit festgestellt. Die Sachverständigen seien zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei dem Vorfall vom 16.01.2022 um einen einmaligen Fehler gehandelt habe und er nicht an einer psychischen Störung, insbesondere nicht an einer Alkoholkonsumstörung, leide. Angesichts dessen lägen selbst bei der Annahme eines Alkoholmissbrauchs die Voraussetzungen für eine positive Tauglichkeitsentscheidung für die Klasse 1 mittlerweile vor.
Die Antragsgegnerin fordere zu Unrecht den Nachweis einer zweijährigen Alkoholabstinenz. Nach den EU-Vorgaben bestehe kein entsprechender Beurteilungsspielraum des Eufach0000000087s, da eine zufriedenstellende psychiatrische Beurteilung vorliege, sodass ihm ein Tauglichkeitszeugnis zu erteilen sei. Allenfalls sei eine Einschränkung "SIC", also regelmäßige fachärztliche Untersuchungen, denkbar.
Das Amtsgericht A-Stadt habe in seinem Urteil zu seinen Gunsten berücksichtigt, dass er glaubhaft Reue sowie Schuldeinsicht gezeigt und aus seinem Fehler gelernt habe. Er habe sich selbst an die Suchthilfe A-Stadt gewandt, wo man nach zwei Gesprächsterminen im September und November 2022 überzeugt gewesen sei, dass er ein gesunder junger Mann sei, dem ein einmaliger Fehler unterlaufen sei und der kein Alkoholproblem habe. Weitere Gespräche seien daher nicht erforderlich gewesen.
Das Antragsformular im Rahmen der Tauglichkeitsprüfung im November 2022 habe er nach bestem Wissen und Gewissen ausgefüllt. Er habe sogar eine Allergie angegeben, obwohl diese ihn nie gesundheitlich beeinträchtigt habe. Auch bei dem Feld "Muskel-Skelett-Erkrankungen/Beeinträchtigungen" habe er "Ja" angekreuzt. Die Abfrage "Alkohol-, Drogen- oder Medikamenten-Missbrauch" habe er als Frage nach einer Suchterkrankung verstanden und deshalb "Nein" angekreuzt. Eine Erläuterung zu dem Fragebogen habe er von der AME Dr. E. nicht erhalten. Diese habe nur zu den drei mit "Ja" beantworteten Fragen Nachfragen gestellt. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass er zu dem Vorfall im Januar 2022 hätte Angaben machen sollen.
Seit Juli 2022 habe er keinen Alkohol mehr zu sich genommen. Um die Fahrerlaubnis wiederzuerlangen, habe er im Zeitraum vom 01.03. bis 12.06.2023 an einem Abstinenzkontrollprogramm teilgenommen und einen entsprechenden Nachweis erbracht. Danach habe er gelegentlich kleine Mengen Alkohol bei sozialen Anlässen zu sich genommen.
Im Oktober 2023 habe er das Lufthansa Medical Center für die Tauglichkeitsuntersuchung aufgesucht und die AME Frau Dr. E. und deren Vorgesetzten AME Dr. I. über den Aussetzungsbescheid und den zugrundeliegenden Vorfall im Januar 2022 informiert. Auf Anforderung des AME Dr. I. habe er dann eine Haaranalyse vornehmen lassen, die auffällig gewesen sei. Er selbst habe sich das Ergebnis nicht erklären können, da er schon seit vielen Monaten nur gelegentlich geringe Mengen Alkohol zu sich genommen habe. Zunächst sei er davon ausgegangen, dass die Proben vertauscht worden seien, und habe daher im Dezember 2023 eine weitere Haaranalyse veranlasst. Zu seinem großen Entsetzen sei auch diese auffällig gewesen und habe Werte ergeben, die einem Konsum von mehreren Litern Bier pro Tag entsprochen hätten. Da er keine entsprechenden Mengen konsumiert habe, habe er nach anderen Ursachen gesucht und sei schließlich zu dem Schluss gekommen, dass alkoholhaltige Haarpflegeprodukte, wie er sie seit einigen Monaten verwendet habe, das Ergebnis verfälschen könnten. Nachdem er die Produkte abgesetzt habe, habe die nächste Haaranalyse im Januar 2024 unauffällige Werte und die nachfolgende im Februar 2024 einen noch geringeren Wert gezeigt. Der AME Dr. I. habe ihm dann den Vorwurf gemacht, die auffälligen Ergebnisse gegenüber Herrn Prof. Dr. H. verschwiegen zu haben, und ihn aufgefordert, sich an einen anderen AME zu wenden. Ein solches Verhalten sei in den EU-Regelungen nicht vorgesehen. Nach einem erneuten Gespräch mit Prof. Dr. H., in dem er mit diesem auch über die bis dahin verschwiegenen Haaranalysen gesprochen habe, sei dieser erneut zu dem Ergebnis gekommen, dass er - der Antragsteller - nicht an einer Alkoholkonsumstörung leide.
Seine Fahrerlaubnis habe er am 29.08.2024 wiedererlangt.
Auf Empfehlung von Herrn Prof. Dr. H. nehme er seit dem 11.03.2024 am AntiSkid-Programm teil. Im Rahmen dessen führe er regelmäßig strukturierte Gespräche mit einer ihn betreuenden Psychologin.
Die Behauptung des Eufach0000000087s, er habe die hochpositiven Haaranalysen gegenüber Herrn Prof. Dr. H. verschwiegen und die Vorgeschichte bis zur Aufnahme in das AntiSkid-Programm lasse Transparenz und Compliance deutlich vermissen, treffe nicht zu. Richtig sei, dass der AME Dr. I. hierüber informiert gewesen sei. Nachdem Herr Dr. I. die Auffassung vertreten habe, dass Herr Prof. Dr. H. über die positiven Haaranalysen zu informieren sei, obwohl diese durch die Haarpflegeprodukte verursacht worden seien, habe er selbst - der Antragsteller - dies sofort getan. Er habe also nichts verschwiegen. Ihm daraus einen Vorwurf zu machen, sei nicht angemessen. Eine Bestimmung, wonach das Luftfahrt-Bundesamt berechtigt wäre, die körperlich-geistige Eignung eines Piloten für seine Tätigkeit mit der Begründung in Frage zu stellen, er sei nicht brav gewesen, gebe es nicht. Diesbezüglich komme es ausschließlich auf die Maßstäbe nach den EU-Vorgaben an.
Soweit das Luftfahrt-Bundesamt behaupte, er habe ein ungenügendes Problembewusstsein für den Alkoholkonsum, treffe dies ebenfalls nicht zu. Richtig sei, dass er seit dem Vorfall im Januar 2022 durchgehend einen vorbildlichen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol gezeigt habe. Dies werde in den psychiatrischen Gutachten bestätigt.
Da nach alldem die Tauglichkeitsentscheidung vom 18.11.2024 falsch sei, bestehe ein Anordnungsanspruch. Der Anordnungsgrund ergebe sich aus seiner finanziellen Situation.
Der Antragsteller beantragt,
mit einer einstweiligen Anordnung seine Tauglichkeit der Klasse 1 einstweilen, mindestens jedoch für die Dauer von sechs Monaten, festzustellen und der Antragsgegnerin aufzugeben, ihm ein auf den vom Gericht bestimmten Zeitraum befristetes Tauglichkeitszeugnis der Klasse 1 auszustellen,
hilfsweise mit einer einstweiligen Anordnung der Antragsgegnerin aufzugeben, seine Tauglichkeit der Klasse 1 einstweilen, mindestens jedoch für die Dauer von sechs Monaten, festzustellen, und ihm ein auf den vom Gericht bestimmten Zeitraum befristetes Tauglichkeitszeugnis der Klasse 1 auszustellen,
weiter hilfsweise mit einer einstweiligen Anordnung dafür Sorge zu tragen, dass er in die Lage versetzt werde, seine Musterberechtigung zu erneuern und für den Flugdienst als Verkehrspilot im Linieneinsatz vorbereitet zu werden und den Flugdienst auszuüben, auch solange die Antragsgegnerin noch kein Tauglichkeitszeugnis der Klasse 1 ausgestellt hat.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Anträge abzulehnen.
Zur Begründung verweist sie auf den Bescheid vom 18.11.2024. Weitere Ausführungen sind bislang entgegen einer Ankündigung nicht erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg. Er ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet.
Gemäß § 123 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Hierzu sind nach § 123 VwGO i. V. m. §§ 935, 936, 920 ZPO die Dringlichkeit einer gerichtlichen Eilentscheidung (Anordnungsgrund) und das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen.
Es erscheint bereits zweifelhaft, dass der erforderliche Anordnungsgrund vorliegt. Dies setzt voraus, dass es dem Antragsteller unzumutbar ist, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten (Puttler in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl., § 123 Rn. 80). Unabhängig von der Frage, ob im vorliegenden Fall eine Vorwegnahme der Hauptsache gegeben ist, sind entsprechende wesentliche Nachteile bei drohenden wirtschaftlichen Einbußen erst dann gegeben, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, ohne die begehrte Eilentscheidung in seiner Existenz bedroht zu werden (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 04.10.2024 - 7 ME 49/24 -, juris Rn. 6). Dass dies vorliegend der Fall ist, erscheint nach den bisherigen Angaben des Antragstellers zweifelhaft. Zwar hat dieser erklärt, dass ihm jederzeit gekündigt werden könne, wenn seine Tauglichkeit nicht festgestellt sei bzw. er keinen Flugdienst verrichten könne, er darüber hinaus seit September 2023 kein Gehalt mehr erhalte und infolgedessen auf die Unterstützung seiner Familie angewiesen sei, deren Möglichkeiten demnächst erschöpft seien; wegen des bestehenden Arbeitsverhältnisses habe er keine sozialrechtlichen Ansprüche zur Sicherung seines Lebensunterhalts, da er im Fall einer von ihm ausgesprochenen Kündigung eine sofortige Zahlung in Höhe von ca. 60.000 Euro für Ausbildungskosten würde leisten müssen. Die vorgetragenen Umstände dürften jedoch noch nicht zu einer Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz des Antragstellers führen. Er hat nicht substantiiert dargelegt, dass und ab wann genau seine Familie ihn nicht weiterhin finanziell unterstützen kann. Auch eine konkret drohende Kündigung hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht; hierzu hat er im Erörterungstermin lediglich ausgeführt, dass diese jederzeit drohe. Selbst für den Fall einer tatsächlich ausgesprochenen Kündigung steht im Übrigen nicht fest, ob dies zu einer Existenzbedrohung des Antragstellers und einem hieraus resultierenden Anordnungsgrund führen würde. Dies würde voraussetzen, dass seine Familie nicht mehr in der Lage oder willens wäre, ihn bis zum Abschluss des Widerspruchs- bzw. eines sich ggf. anschließenden Klageverfahrens finanziell zu unterstützen. Zudem wären in einem solchen Fall ggf. bestehende Ansprüche auf Sozialleistungen in die Überlegungen einzubeziehen. Hinsichtlich der geltend gemachten Rückzahlungspflicht von Ausbildungskosten, müsste der Antragsteller in einem solchen Fall zudem glaubhaft machen, dass keine Möglichkeit einer Stundung bzw. von Ratenzahlungen bestünde.
Im Ergebnis kann die Kammer offenlassen, ob vorliegend ein Anordnungsgrund gegeben ist, weil es jedenfalls an einem Anordnungsanspruch fehlt. Dies betrifft sowohl den Hauptantrag als auch die Hilfsanträge.
Ein Tauglichkeitszeugnis darf laut Anhang IV (Teil-MED) MED.A.040 Buchst. a der Verordnung (EU) 1178/2011 der Kommission vom 3. November 2011 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf das fliegende Personal in der Zivilluftfahrt gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates in der Fassung vom 02.12.2024 (VO 1178/2011) erst erteilt, verlängert oder erneuert werden, wenn die erforderlichen flugmedizinischen Untersuchungen bzw. Beurteilungen abgeschlossen sind und der Bewerber als tauglich beurteilt wurde. Dass der Antragsteller die für ein Tauglichkeitszeugnis der Klassen 1 und 2 erforderliche Tauglichkeit besitzt, hat er nicht glaubhaft gemacht.
Bewerber um Tauglichkeitszeugnisse der Klasse 1 und Klasse 2 sind gemäß den in dem Unterabschnitt 2 des Anhangs IV im Einzelnen aufgeführten medizinischen Anforderungen zu beurteilen (MED.B.005).
Im Hinblick auf die mentale Gesundheit von Tauglichkeitsbewerbern sind die Regelungen in MED.B.055 zu beachten. Laut MED.B.055 Buchst. c sind Bewerber mit psychischen Störungen oder Verhaltensstörungen, die auf den Konsum oder Missbrauch von Alkohol oder sonstigen psychoaktiven Substanzen zurückzuführen sind, bis zur Genesung und Einstellung des Konsums oder Missbrauchs der psychoaktiven Substanzen und bis zu einer zufriedenstellenden psychiatrischen Beurteilung nach erfolgreicher Behandlung als untauglich zu beurteilen. Nach MED.B.055 Buchst. d Ziff. 5 haben sich Bewerber, bei denen ihrer klinischen Diagnose oder dokumentierten Krankengeschichte zufolge der Missbrauch einer psychoaktiven Substanz vorliegt, einer zufriedenstellenden psychiatrischen Beurteilung zu unterziehen, bevor sie als tauglich beurteilt werden können.
Der Missbrauch von Substanzen bezeichnet laut MED.A.010, 11. Spiegelstrich den Konsum einer oder mehrerer psychoaktiver Substanzen durch fliegendes Personal in einer Weise, die eine direkte Gefahr für die Person, die die Substanz(en) konsumiert, darstellt oder das Leben, die Gesundheit oder das Wohlergehen Dritter gefährdet (Buchst. a) und/oder beruflich, soziale, geistige oder körperliche Probleme oder Störungen verursacht oder verstärkt (Buchst. b). Als psychoaktive Substanz ist nach MED.A.010, 12. Spiegelstrich unter anderem Alkohol zu bezeichnen. Die Krankengeschichte bezeichnet nach MED.A.010, 6. Spiegelstrich die Schilderung oder Aufzeichnung früherer Krankheiten, Verletzungen, Behandlungen oder sonstiger medizinischer Sachverhalte, darunter auch Untauglichkeitsbeurteilungen oder Einschränkungen in Tauglichkeitszeugnissen, die für den gegenwärtigen Gesundheitszustand oder die flugmedizinische Tauglichkeit des Bewerbers relevant sind oder sein können.
Die genannten Voraussetzungen für den Missbrauch einer psychoaktiven Substanz in der Form eines Alkoholmissbrauchs sind hier gegeben. Durch das Führen eines Kraftfahrzeugs unter Alkoholeinfluss mit Unfallfolge im Januar 2022 ist eine entsprechende Gefährdung des Lebens, der Gesundheit sowie des Wohlergehens Dritter im Sinne von MED.A.010, 11. Spiegelstrich, Buchst. a eingetreten. Anders als die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers meint, genügt hierzu eine abstrakte Gefährdung Dritter, da es sich um eine Vorschrift aus dem Bereich des Gefahrenabwehrrechts handelt. Die genannten Vorschriften sollen verhindern, dass Personen ein Flugzeug steuern dürfen, wenn dies zu Gefahren für Leib und Leben von Personen führen kann. Der hieraus resultierenden Gefahr für den Luftverkehr, die darin besteht, dass das Führen von Luftfahrzeugen und ein die Bediensicherheit des Luftfahrzeugs beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können (vgl. hierzu VG Braunschweig, Beschluss vom 14.03.2024 - 2 B 303/23 -, juris Rn. 50 m.w.N.) soll entgegengetreten werden. Hierbei kann es nicht darauf ankommen, ob es im Einzelfall bereits zu einer konkreten Gefahr für eine oder mehrere bestimmte Personen gekommen ist, da dies letztlich vom Zufall abhängt und Personenschäden möglichst effektiv verhindert werden sollen. Dass bei dem Unfall nach Angaben des Antragstellers niemand verletzt wurde, ist daher für die Frage, ob ein Alkoholmissbrauch nach der obigen Legaldefinition gegeben ist, unerheblich. Hier ergibt sich die Gefahr daraus, dass der Antragsteller unter einer sehr hohen BAK ein Kraftfahrzeug geführt hat. Dies deutet nach den allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen auf eine hohe Giftfestigkeit des Antragstellers hin, die Zweifel an seinem Trennungsvermögen begründet. Denn die Folge einer derart erhöhten Giftfestigkeit ist, dass der Betroffene nicht mehr auf die Warnsignale des Köpers bei überhöhtem Alkoholkonsum vertrauen kann (Stephan/Brenner-Hartmann in: Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Kommentar zu den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, 3. Aufl., S. 250 ff.).
Der Missbrauch einer psychoaktiven Substanz in Form des Alkoholmissbrauchs ergibt sich, wie in MED.B.055 Buchst. d. vorausgesetzt, aus der dokumentierten Krankengeschichte des Antragstellers. Der Begriff ist nach dem Gefahrenabwehrzweck des MED.B.055 weit zu interpretieren. Der in MED.A.010, 6. Spiegelstrich genannte medizinische Sachverhalt umfasst alle Unterlagen, aus denen sich Anhaltspunkte für den Befund ergeben. Darunter fällt auch die festgestellte BAK.
Da sich aus der dem Gericht vorliegenden Krankengeschichte des Antragstellers über den festgestellten Missbrauch von Alkohol hinaus nicht ergibt, dass der Antragsteller an einer psychischen Störung oder Verhaltensstörung, die auf den Konsum oder Missbrauch von Alkohol zurückzuführen sind, leidet, findet auf den vorliegenden Fall MED.B.055 Buchst. d Ziff. 5 Anwendung und nicht MED.B.055 Buchst. c. Der insoweit klare Wortlaut der beiden Regelungen lässt sich nur so verstehen, dass nach dem den Vorschriften innewohnenden System nicht jeder Missbrauch von Alkohol stets gleichzeitig auch eine psychische Störung beinhaltet. Andernfalls ließe sich nicht erklären, warum es zwei verschiedene Regelungen mit unterschiedlichen Rechtsfolgen geben sollte.
Eine entsprechende psychische Störung im Sinne des MED.B.055 Buchst. c ergibt sich weder aus den von dem Antragsteller vorgelegten Gutachten noch ist sie ansonsten aus den Akten ersichtlich. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. kommt in seinem Gutachten vom 09.10.2023 zu dem Ergebnis, dass bei dem Antragsteller weder ein Hinweis auf eine Suchterkrankung noch für eine relevante psychische Erkrankung vorliege (siehe Seite 14 des Gutachtens). Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. G. hat sich diesem Ergebnis in seiner fliegerärztlichen Stellungnahme vom 25.10.2023 angeschlossen. Auch Prof. Dr. H. kommt in seinen Gutachten vom 11.03.2024, vom 06.05.2024 sowie vom 01.10.2024 zu dem Ergebnis, dass bei dem Antragsteller keine Hinweise auf eine psychische Störung bzw. eine Verhaltensstörung in der Vergangenheit oder Gegenwart bekannt seien.
Einer positiven Tauglichkeitsbeurteilung des Antragstellers steht entgegen, dass die in MED.B.055 Buchst. d Ziff. 5 geforderte zufriedenstellende psychiatrische Begutachtung gegenwärtig nicht vorliegt.
Erforderlich ist eine Begutachtung, die möglichst sicherstellt, dass bei fortgesetzter Teilnahme des Betroffenen am Luftverkehr aufgrund des festgestellten Missbrauchstatstandes oder der sich insoweit ergebenden Anhaltspunkte keine Gefahren für Dritte i.S.v. MED.A.10 11.Spiegelstrich entstehen. Das setzt zumindest voraus, dass der Beurteilung der gesamte beurteilungsrelevante Sachverhalt zugrunde liegt und dem Beurteilenden dementsprechend alle relevanten Unterlagen zur Verfügung gestanden haben, dass die Beurteilung die gültigen Rechtsgrundlagen (Teil-MED) u. die AMC berücksichtigt und den sich daraus ergebenden verbindlichen Vorgaben nicht widerspricht, dass die Beurteilung den anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen, hier vor allem den anerkannten Erkenntnissen der Alkoholforschung, entspricht, dass die Beurteilung nachvollziehbar ist, insbesondere also keine Widersprüche aufweist, und dass die Beurteilung durch einen Facharzt für Psychiatrie erfolgt.
Die Stellungnahmen von Prof. Dr. H. und Dr. G. genügen insoweit nicht den Anforderungen, da beide keine Fachärzte für Psychiatrie sind und daher keine psychiatrische Begutachtung vornehmen können. Herr Dr. G. ist Facharzt für Allgemeinmedizin und Herr Prof. Dr. H. ist Psychologe. Bei dem Gutachten von Herrn Dr. F. vom 09.10.2023 handelt es sich zwar um eine psychiatrische Beurteilung, da es sich bei diesem um einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie handelt. Auch bei diesem Gutachten handelt es sich jedoch nicht um eine zufriedenstellende Beurteilung im Sinne des MED.B.055 Buchst. d, weil dem Gutachter nicht die vollständige Krankengeschichte des Antragstellers vorlag. Dies ist nach Auffassung der Kammer jedoch entscheidend dafür, ob ein Gutachter zu einer überzeugenden und damit zufriedenstellenden Einschätzung des mentalen Gesundheitszustands eines Tauglichkeitsbewerbers gelangen kann. Hierzu müssen dem Gutachter alle Aspekte bekannt sein, um eine hinreichende Beurteilungsgrundlage zu schaffen und Fehlurteile oder falsche Schlüsse möglichst auszuschließen. Vorliegend fehlt es hieran. Denn Herrn Dr. F. waren insbesondere die Untersuchungsergebnisse der Haaranalysen vom 25.10.2023 (Untersuchungsbericht vom 04.12.2023) sowie vom 06.12.2023 (Ergebnisbescheinigung vom 22.12.2023) nicht bekannt. Laut Untersuchungsbericht vom 04.12.2023 verlief die Untersuchung des Haarabschnitts auf das Alkoholstoffwechselprodukt Ethylglucuronid positiv (> 30 pg/mg). Die festgestellte Konzentration liege demnach über dem im Konsenspapier der Society of Hair Testing beschriebenen Cut-Off für chronisch exzessiven Alkoholkonsum von 30 pg/mg. Aus der Ergebnisbescheinigung vom 22.12.2023 ergibt sich ein positives Analyseergebnis (43 pg/mg), was auf einen regel- bzw. gewohnheitsmäßigen Alkoholkonsum schließen lasse. Dass diese Ergebnisse zu dem Begutachtungszeitpunkt am 09.10.2023 noch nicht vorlagen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Wie sich aus dem Gutachten ergibt, geht der Gutachter im Rahmen seiner Eigenanamnese (S. 4 des Gutachtens) davon aus, dass der Antragsteller glaubhaft beschrieben habe, abgesehen von üblichem Alkoholgenuss bei gesellschaftlichen Anlässen, nicht regelmäßig oder gewohnheitsmäßig erhöhte Alkoholmengen konsumiert zu haben. Er habe glaubhaft bekräftigt, der Alkoholexzess im Januar 2022 sei ein singuläres Ereignis gewesen. Seit dem Eintreffen des Bescheids vom 18.08.2023 lebe er bewusst abstinent. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die Einstufung des Alkoholexzesses im Januar 2022 als singuläres Ereignis angesichts einer erreichten BAK von 2,26 Promille im Ergebnis überzeugend ist (vgl. hierzu Brenner-Hartmann in: Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Kommentar zu den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, 3. Aufl., S. 249 f.). Jedenfalls ist davon auszugehen, dass die Ergebnisse dieser Eigenanamnese eine wesentliche Grundlage des Gutachtens darstellen. Ob sich die Einschätzung des Gutachters verändert hätte, wenn ihm die beschriebenen Ergebnisse der Haaranalysen mit deutlich positiven Werten bekannt gewesen wären, lässt sich nicht feststellen. Es handelt sich jedenfalls nicht um unwesentliche Details, die per se ungeeignet sind, das Ergebnis des Gutachtens zu beeinflussen. Soweit der Antragsteller hierzu ausführt, die Ergebnisse der Haaranalyse müssten auf ein von ihm verwendetes Haarpflegeprodukt zurückzuführen sein, führt dieser Vortrag zu keinem anderen Ergebnis. Solche Auswirkungen sind zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, ohne nähere Analysen der verwendeten Produkte lassen sich jedoch keine Aussagen zur Plausibilität treffen. (vgl. zum Ganzen Haffner/Brenner-Hartmann/Musshof in: Schubert/Huetten/Reimann/Graw, a.a.O., S. 292 f.).
Soweit die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers die Auffassung vertritt, dass in den vorgelegten Gutachten von Herrn Prof. Dr. H. auch deswegen eine zufriedenstellende Beurteilung zu sehen sei, weil der Gutachter dem Antragsteller von dem Luftfahrt-Bundesamt namentlich benannt und von ihm verlangt worden sei, sich dort vorzustellen, folgt die Kammer dem nicht. Selbst wenn das Luftfahrt-Bundesamt den Antragsteller hierzu aufgefordert haben sollte, änderte dies nichts an den in MED.B.055 Buchst. d normierten Anforderungen, wonach wie dargestellt eine zufriedenstellende psychiatrische Beurteilung erforderlich ist. Um eine solche handelt es sich bei der Stellungnahme von Herrn Prof. Dr. H. wie oben festgestellt nicht. Zudem kommt Herr Prof. Dr. H. in seinen Gutachten in Bezug auf die Tauglichkeit des Antragstellers zu widersprüchlichen Ergebnissen, was ebenfalls gegen eine insgesamt zufriedenstellende Beurteilung spricht. Während er in seinen Gutachten vom 11.03.2024 und vom 06.05.2024 zu dem Ergebnis kommt, dass der Antragsteller derzeit unter näher beschriebenen Auflagen flugtauglich sei, führt er in seiner Stellungnahme zum Zwischenbericht über den Verlauf der Behandlung im AntiSkid-Programm vom 01.10.2024 aus, es bestehe "weiterhin gemäß AMC1 MED.B.055 uneingeschränkte Flugtauglichkeit für alle Klassen".
Dass der Antragsteller mittlerweile wieder Inhaber einer Fahrerlaubnis und ihm demzufolge offenbar eine positive Fahreignungsprognose erstellt worden ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn insoweit gelten andere rechtliche Anforderungen als nach den maßgeblichen luftverkehrsrechtlichen Vorschriften. Darüber hinaus hat der Antragsteller keine Unterlagen aus dem Fahrerlaubnisverfahren vorgelegt, aus denen sich hinreichende Anhaltspunkte für die Feststellung der luftverkehrsrechtlichen Tauglichkeit ergeben.
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer zufriedenstellenden psychiatrischen Beurteilung liegt beim Antragsteller. Dies ergibt sich schon aus § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LuftVG, demzufolge die Erlaubnis zum Führen oder Bedienen eines Luftfahrzeuges nur erteilt wird, wenn der Bewerber seine Tauglichkeit nachgewiesen hat. Als untauglich anzusehen ist danach nicht nur, wer nachgewiesenermaßen nicht tauglich ist. Der Pilot erbringt den erforderlichen Nachweis der Tauglichkeit vielmehr schon dann nicht, wenn ernsthafte, fachlich begründete Zweifel an seiner Tauglichkeit bestehen, die er nicht entkräftet hat (VG Braunschweig, Beschluss vom 31.08.2022 - 2 B 149/22 -, n.v.). Dies gilt entsprechend für die Glaubhaftmachung im Rahmen eines Verfahrens nach § 123 VwGO.
Aus denselben Gründen haben auch die Hilfsanträge in der Sache keinen Erfolg. Soweit der Antragsteller mit dem zweiten Hilfsantrag beantragt, mit einer einstweiligen Anordnung dafür Sorge zu tragen, dass er in die Lage versetzt werde, seine Musterberechtigung zu erneuern und für den Flugdienst als Verkehrspilot im Linieneinsatz vorbereitet zu werden und den Flugdienst auszuüben, auch solange die Antragsgegnerin noch kein Tauglichkeitszeugnis der Klasse 1 ausgestellt hat, besteht ebenfalls kein Anordnungsanspruch. Eine derartige Möglichkeit unterhalb der Ausstellung eines Tauglichkeitszeugnisses sehen die luftverkehrsrechtlichen Vorschriften nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes erfolgt gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Die Kammer hält insoweit an ihrer bisherigen Entscheidungspraxis, nach Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkataloges von einer Streitwertreduzierung abzusehen, nicht mehr fest, sondern orientiert sich im Ergebnis an der aktuellen Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Nds. OVG, Beschluss vom 04.10.2024 - 7 ME 49/24 -, juris Rn. 4).