Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.06.2025, Az.: 1 MN 52/25
Normenkontrollverfahren gegen Bebauungsplan für den Neubau einer Fußgängerbrücke; Berücksichtigung des Ziels der Barrierefreiheit im Rahmen der Bauleitplanung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 02.06.2025
- Aktenzeichen
- 1 MN 52/25
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2025, 16239
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2025:0602.1MN52.25.00
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB
- § 1 Abs. 7 BauGB
- § 3 Abs. 1 FStrG
- Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG
- § 7 Abs. 2 NBGG
- § 46a NStrG
- Art. 9 Abs. 1 UN-BRK
- § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO
Fundstelle
- NJW-Spezial 2025, 430 "Gehbehinderung"
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Private Belange i.S.v. § 1 Abs. 7 BauGB sind solche, die im Rahmen der planerischen Abwägung individualisiert und konkretisiert zu behandeln sind; die planende Gemeinde hat sie als Interessen einer oder mehrerer bestimmter Personen zu berücksichtigen.
- 2.
Den erforderlichen städtebaulichen Bezug haben nur solche privaten Belange, die sich aus dem Grundeigentum und den sich aus seiner Nutzung ergebenden Interessen ableiten.
- 3.
Der in § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB genannte Belang der Bedürfnisse von behinderten Menschen ist grundsätzlich ein allein öffentlicher Belang, wenn nicht im Einzelfall eine im Grundeigentum wurzelnde besondere Nähebeziehung zu bestimmten Personen besteht.
- 4.
§ 7 Abs. 2 NBGG enthält keine eigenständigen Anforderungen an die Barierrefreiheit der in der Vorschrift genannten öffenlichen Anlagen und Verkehrswege.
- 5.
§ 46a Nr. 2 NStrG und § 3 Abs. 1 Satz 2 FStrG konkretisieren die Anforderungen der allein öffentlichen Interessen dienenden Straßenbaulast; sie sind nicht drittschützend.
- 6.
Weder die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen noch Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG fordert eine drittschützende Ausgestaltung der Vorschriften zur Barrierefreiheit.
- 7.
Weder aus der Behindertenrechtskonvention noch aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG folgt ein abstrakt höherer Rang der Belange behinderter Menschen vor den anderen in § 1 Abs. 6 BauGB genannten Belangen; die Vorschriften enthalten kein diesbezügliches Optimierungsgebot (im Anschluss an BVerwG, Beschl. v. 8.12.2021 - 4 BN 19.21 -, BRS 89 Nr. 6 = juris Rn. 6).
Tenor:
Soweit die Beteiligten das Verfahren hinsichtlich des Antragstellers zu 2. übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird es eingestellt.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens zu jeweils einem Drittel.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die in ihrer Mobilität eingeschränkten Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan Nr. 107 "Geh- und Radwegbrücke B 65/Erlengrund", weil die auf dessen Grundlage zu errichtende Brücke nicht barrierefrei hergestellt werden soll.
Die Antragsgegnerin wird im Jahr 2026 die Landesgartenschau ausrichten, die im Wesentlichen im innerstädtischen Kurpark und auf an diesen anschließenden Grünanlagen stattfinden soll. Schon bislang ist der Kurpark über eine Kugelahornallee ("Bubikopfallee") und den sog. Erlengrund, einen vor mehr als 100 Jahre angelegten Landschaftspark mit Teichen und Quellbereichen, mit dem südlich angrenzenden Deister, einem bewaldeten Mittelgebirgszug und beliebten Naherholungsgebiet, verbunden. Allee und Erlengrund stehen ebenso wie der Rest des Kurparks unter Denkmalschutz und liegen im Landschaftsschutzgebiet "Süd-Deister". Unterbrochen wird die Verbindung zwischen Kurpark und Deister gegenwärtig durch die Bundesstraße 65, die an dieser Stelle über eine ampelgesicherte Querung verfügt.
Die Antragsgegnerin beabsichtigt, diese Querung rechtzeitig vor Beginn der Landesgartenschau durch eine Brücke für Fußgänger und Radfahrer zu ersetzen. Baurecht dafür soll anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses der angegriffene Bebauungsplan herstellen. Die Antragsgegnerin untersuchte in dem im Jahr 2023 begonnenen Planaufstellungsverfahren mehrere Varianten sowohl mit mehr oder weniger gradlinig verlaufenden als auch mit bogenförmigen Rampenverläufen, mit und ohne Podesten im Verlauf der Rampen sowie mit Gradienten zwischen 3 und 6 %. In diesem Verfahren beteiligte sich unter anderem der Senioren- und Behindertenbeirat der Antragsgegnerin und verlangte eine barrierefreie Ausführung. Die Antragsgegnerin entschied sich jedoch vor allem aus Gründen des Landschafts- und Denkmalschutzes, des Erhalts von zwei Bäumen sowie der geringeren Baukosten für die vorliegende nicht barrierefreie Lösung.
Der angegriffene Bebauungsplan setzt eine Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung "Geh- und Radwegbrücke" fest, die im Norden an der Einmündung der Bubikopfallee in die Erlengrundstraße beginnt, von dort aus zur Aufnahme der Rampe kreisförmig ansteigt, die Bundesstraße überführt und südlich wiederum kreisförmig zum Erlengrund abfällt. Aufgrund der zu erreichenden lichten Höhe von 4,70 m beträgt die Gradiente der jeweils etwas mehr als 100 m langen Rampenbauwerke, die ohne Zwischenpodeste ausgeführt werden sollen, 6 %; sie sind damit nicht barrierefrei i.S. der DIN-Vorschrift 18040-3. Weitere Festsetzungen geben im Wesentlichen den Bestand wieder. Diesen Plan beschloss der Rat der Antragsgegnerin nach Durchführung eines ergänzenden Verfahrens am 5. August 2024 mit Rückwirkung zum 29. Februar 2024 als Satzung.
Die gehbehinderten Antragsteller wohnen im Stadtgebiet der Antragsgegnerin bzw. der Nachbargemeinde und nutzen die Wegeverbindung zwischen Kurpark und Erlengrund zu Erholungszwecken. Mit ihrem im Februar 2025 gestellten Normenkontrollantrag (1 KN 25/25) und ihrem nach Baubeginn im April 2025 nachgeschobenen Normenkontrolleilantrag machen sie geltend, dass die Antragsgegnerin einen individuellen abwägungserheblichen Belang fehlerhaft behandelt habe. Als Personen mit (Schwer)Behinderungen seien sie auf die Einhaltung der Vorgaben zur Barrierefreiheit angewiesen. Durch den Abbau der Fußgängerampel und die Errichtung der Brücke werde ihnen der bestehende barrierefreie Zugang zum Kurpark genommen. Das verstoße u.a. gegen § 7 NBGG, § 46a Nr. 2 NStrG, Art. 9 BRK und Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG. Aus diesen Bestimmungen folge auch ihre Antragsbefugnis. In der Sache sei der Bebauungsplan abwägungsfehlerhaft. Die Antragsgegnerin sei zur Herstellung von Barrierefreiheit verpflichtet. Die Variantenuntersuchung sei defizitär, weil sie das Gewicht dieses Belangs unterschätze. Das Ziel des Erhalts von Bäumen sei vorgeschoben gewesen; tatsächlich seien die zu erhaltenden Bäume gefällt worden. Ein größerer Eingriff in das Landschaftsbild wäre mit einer barrierefreien Ausführung nicht verbunden gewesen. Mehrkosten einer barrierefreien Ausführung seien kein entscheidendes Hindernis.
Nach Antragstellung ist der Antragsteller zu 2. verstorben; die Beteiligten haben das Verfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Antragsteller zu 1. und 3. beantragen,
den Bebauungsplan Nr. 107 "Geh- und Radwegbrücke B 65/Erlengrund" der Stadt Bad Nenndorf außer Vollzug zu setzen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hält den Antrag mangels Antragsbefugnis der Antragsteller für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. Für die gewählte Lösung sprächen überzeugende Sachgründe; von einem Abwägungsfehler könne deshalb keine Rede sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen.
II.
Die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Antragstellers zu 2. folgt aus § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO in entsprechender Anwendung.
Im Übrigen ist der Normenkontrolleilantrag unzulässig.
Den Antragstellern fehlt die Antragsbefugnis. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren und ebenso im Normenkontrolleilverfahren eine Person nur antragsbefugt, wenn sie geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Das ist den Antragstellern nicht gelungen.
1.
Ist ein Antragsteller nicht Eigentümer von Grundstücken innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines Bebauungsplans, kann die Antragsbefugnis aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange aus § 1 Abs. 7 BauGB folgen. Das dort normierte bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot gewährt ein subjektives Recht. Der Betroffene kann verlangen, dass seine eigenen Belange in der Abwägung entsprechend ihrem Gewicht "abgearbeitet" werden. Ein Antragsteller kann sich daher im Normenkontrollverfahren darauf berufen, dass seine abwägungserheblichen privaten Belange möglicherweise fehlerhaft abgewogen wurden. In diesem Fall obliegt es ihm, einen eigenen Belang als verletzt zu bezeichnen, der für die Abwägung beachtlich war (vgl. zusammenfassend BVerwG, Beschl. v. 28.10.2020 - 4 BN 44.20 -, juris Rn. 7 m.w.N.).
Zu unterscheiden ist vor diesem Hintergrund zwischen eigenen Belangen bestimmter Personen und bloß öffentlichen Belangen. Private "eigene" Belange sind solche, die im Rahmen der planerischen Abwägung individualisiert und konkretisiert zu behandeln sind; die planende Gemeinde hat sie als Interessen einer oder mehrerer bestimmter Personen, etwa bestimmter Plannachbarn, zu berücksichtigen. Dabei ist nicht jeder private Belang in der Abwägung zu berücksichtigen, sondern nur ein solcher, der in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.9.1998 - 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215 = BRS 60 Nr. 46 = juris Rn. 12; stRspr.). Das setzt voraus, dass sich der private Belang aus dem Grundeigentum und den sich aus seiner Nutzung ergebenden Interessen ableitet (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: November 2024, § 1 Rn. 195). Denn der Bebauungsplan stellt mit Blick auf das Eigentum eine Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar, in deren Rahmen die Interessen privater Grundeigentümer auch außerhalb des Plangebiets angemessen zu berücksichtigen sind.
Diesen im Grundeigentum wurzelnden und in § 1 Abs. 7 BauGB bezeichneten privaten Belangen stehen die öffentlichen Belange gegenüber, deren mögliche Verletzung im Rahmen der planerischen Abwägung keine Antragsbefugnis i.S.v. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO vermitteln kann. Sie betreffen grundsätzlich eine unbestimmte Mehrzahl von Personen. Dabei können sie für einzelne Personen gleichwohl von hoher oder sogar überragender Bedeutung sein; aus der in § 1 Abs. 6 und 7 BauGB zum Ausdruck kommenden Sicht der planenden Gemeinde handelt es sich indes um Belange, die sie allein im Allgemeininteresse in die Abwägung einstellen muss.
Vor diesem Hintergrund ist den Antragstellern zwar darin zuzustimmen, dass der von ihnen geltend gemachte, in § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB genannte Belang der Herstellung von Barrierefreiheit in der planerischen Abwägung zu berücksichtigen war. Es handelt sich indes um einen Belang, der von der Antragsgegnerin allein im öffentlichen Interesse und nicht im individuellen Interesse der Antragsteller zu behandeln war. Denn den Antragstellern fehlt die für eine Individualisierung erforderliche, im Grundeigentum und seiner Nutzung wurzelnde besondere Nähebeziehung, die sie aus der allgemeinen Gruppe der Brücken- bzw. Querungsnutzer heraushebt (vgl. demgegenüber OVG RP, Urt. v. 3.3.2021 - 8 C 11363/20 -, BauR 2021, 1083 = BRS 89 Nr. 1 = juris Rn. 26 f.). Sie nutzen die Brücke vielmehr wie jeder andere erholungssuchende Mensch und damit als Teil der Allgemeinheit.
2.
Die von den Antragstellern genannten Vorschriften des Behindertengleichstellungs- und des Straßenrechts begründen die Antragsbefugnis ebenfalls nicht. Gemäß § 7 Abs. 2 des Niedersächsischen Behindertengleichstellungsgesetzes (NBGG) vom 25. November 2007 (Nds. GVBl. S. 661) in der bei Satzungsbeschluss geltenden Fassung gemäß Art. 10 des Gesetzes vom 14. Dezember 2023 (Nds. GVBl. S. 320) sind sonstige öffentliche bauliche oder andere Anlagen, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Verkehrsmittel im öffentlichen Personenverkehr barrierefrei zu gestalten, soweit dies durch Rechtsvorschrift vorgegeben ist. Die Vorschrift stellt damit keine eigenen Vorgaben auf, sondern verweist auf die straßenrechtlichen Vorgaben, hier namentlich § 46a Nr. 2 NStrG und - soweit die Brücke als Teil der Bundesfernstraße B 65 anzusehen ist - § 3 Abs. 1 Satz 2 FStrG. Beide Vorschriften geben es dem Träger der Straßenbaulast auf, das Ziel der Barrierefreiheit zu berücksichtigen. Die Straßenbaulast, in deren Rahmen die Belange von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen zu berücksichtigen sind, besteht indes allein im öffentlichen Interesse; sie ist nicht drittschützend (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 19.3.1997 - 11 B 102.96 -, NVwZ-RR 1998, 93 = juris Rn. 8; BayVGH, Urt. v. 6.12.2022 - 8 A 20.40015 -, juris Rn. 27; OVG NRW, Beschl. v. 24.2.2022 - 11 B 131/22 -, juris Rn. 3; BremOVG, Beschl. v. 15.1.2018 - 1 LA 265/16 -, NordÖR 2018, 119 = juris Rn. 9 ff., alle m.w.N.). Demzufolge kann eine - wie die Antragsteller meinen - mangelnde Berücksichtigung nicht die Berechtigung Einzelner nach sich ziehen, eine Zulassungsentscheidung mit Rechtsmitteln anzugreifen.
3.
An den vorgenannten Ergebnissen ändert sich auch dann nichts, wenn man völkervertrags- und verfassungsrechtliche Vorgaben, namentlich Art. 9 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13. Dezember 2006 (UN-Behindertenrechtskonvention - BRK -) und Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG in die Betrachtung einbezieht. Beide Vorschriften verlangen nicht, dass die einfachrechtlichen Vorgaben zur Herstellung von Barrierefreiheit bzw. zur Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderungen in dem Sinne subjektiv-rechtlich aufgeladen werden, dass den Antragstellern ungeachtet der anderslautenden einfachrechtlichen Bestimmungen individuelle Klagerechte eingeräumt werden müssten.
Art. 9 Abs. 1 BRK sieht vor, dass die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen mit dem Ziel ergreifen, für Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt (...) zu gewährleisten, um diesen eine unabhängige Lebensführung und die volle Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen. Darunter fallen die Feststellung und Beseitigung von Zugangshindernissen und -barrieren im Bereich öffentlicher Straßen. Bei der Verwirklichung dieser Zielsetzung kommt den Vertragsparteien ein Spielraum zu; ein Optimierungsgebot besteht diesbezüglich nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 8.12.2021 - 4 BN 19.21 -, BRS 89 Nr. 6 = juris Rn. 7; Fuerst, in: Deinert/Welti/Luik/Brockmann, Behindertenrecht, 3. Aufl. 2021, Nr. 170 Straßen- und Wegerecht Rn. 8 f.). Vor diesem Hintergrund fällt es in den Entscheidungsspielraum der Vertragsstaaten, ob und in welchem Umfang sie Pflichten zur Herstellung von Barrierefreiheit mit subjektiv-öffentlichen Rechten Einzelner ausstatten, ohne dass Art. 9 Abs. 1 BRK oder andere Vorschriften der Konvention diesbezüglich Vorgaben enthalten.
Vergleichbares gilt im Ergebnis für Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG. Nach dieser Vorschrift darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Eine Benachteiligung wegen einer Behinderung liegt auch dann vor, wenn einem Menschen wegen einer Behinderung Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten vorenthalten werden, die anderen offenstehen, soweit dies nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Fördermaßnahme hinlänglich kompensiert wird (stRspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.12.2021 - 1 BvR 1541/20 -, BVerfGE 160, 79 = juris Rn. 91 ff. m.w.N.). Aus der vorgenannten Vorschrift folgen demzufolge Schutz- und Förderpflichten, die auf eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen abzielen.
Diesen Pflichten ist der Gesetzgeber im Rahmen des ihm zukommenden weiten Gestaltungsspielraums mit den Vorschriften zur Herstellung von Barrierefreiheit nachgekommen. Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung, diese Vorschriften drittschützend auszugestalten, käme nur dann in Betracht, wenn andernfalls nicht von einer praktisch wirksamen gesetzgeberischen Konzeption und damit von einer Verfehlung der aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG resultierenden Anforderungen ausgegangen werden müsste. Das ist schon im Tatsächlichen weder dargetan noch ersichtlich. Im Gegenteil zeigen die im vorliegenden Fall angestellten umfangreichen Untersuchungen der Antragsgegnerin exemplarisch, dass diese dem Ziel der Herstellung von Barrierefreiheit große Aufmerksamkeit gewidmet und sich unter Berücksichtigung konkurrierender Belange um deren weitgehende Realisierung bemüht hat. Wirkungslos waren die rechtlichen Maßgaben, die auf eine Berücksichtigung, nicht aber zwingend auf ein bestimmtes Ergebnis abzielen, demzufolge auch ohne eine individuelle Klagemöglichkeit nicht. Hinzu kommt, dass der Landesgesetzgeber in § 13 NBGG die Möglichkeit einer Verbandsklage anerkannter Behindertenverbände vorgesehen hat, die sich ausdrücklich auf die Vorschriften zur Herstellung von Barrierefreiheit bezieht. Auch mit Blick darauf liegt die Annahme, erst die Anerkennung individueller subjektiv-öffentlicher Rechte auf Herstellung von Barrierefreiheit führe zu einem effektiven Schutz vor Benachteiligungen, fern (ebenso i.E. OVG NRW, Beschl. v. 24.2.2022 - 11 B 131/22 -, juris Rn. 6 ff.).
4.
Nur ergänzend merkt der Senat vor diesem Hintergrund an, dass dem Normenkontrolleilantrag auch in der Sache kein Erfolg beschieden gewesen wäre. Die planerische Abwägung der Antragsgegnerin ist frei von beachtlichen Rechtsfehlern.
Das in § 1 Abs. 7 BauGB verankerte Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 = juris Rn. 29). Zur Unwirksamkeit des Plans führen nur Abwägungsfehler, die offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 214 Abs. 3 Satz 2, 2. Hs. BauGB). Gemessen daran ist der Plan frei von beachtlichen Mängeln. Weder die konkrete Gewichtung des Belangs der Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen noch dessen Zurückstellung hinter konkurrierende Belange begegnet den von den Antragstellern erhobenen Bedenken.
Hinsichtlich der Gewichtung des Belangs der Menschen mit Behinderungen ist die Antragsgegnerin fehlerfrei davon ausgegangen, dass diesem im Rahmen dieser Bauleitplanung eine geminderte Bedeutung zukommt (vgl. Planbegründung S. 23 und 25 f.). Sie hat berücksichtigt, dass die Brücke mehr als 800 m Luftlinie vom Stadtzentrum entfernt außerhalb des innerstädtischen Kurparks liegt und weder heute noch zukünftig barrierefrei an diesen angebunden ist. Denn die Zuwegungen im Bereich der Bubikopfallee weisen im nördlichen Teil Steigungen von etwa 10 % auf, die diejenigen der mit einer Gradiente von 6 % auszuführenden Brückenrampen deutlich übersteigen. Menschen mit Gehbehinderungen, die die Steigungen im Bereich der Bubikopfallee bewältigen können, werden daher auch in der Lage sein, die Brücke zu nutzen. Menschen, deren Behinderung dies nicht zulässt, erreichen den Erlengrund schon heute allenfalls unter Nutzung eines erheblichen Umwegs durch ein Wohngebiet und über die Erlengrundstraße. Es ist nicht anzunehmen, dass eine größere Zahl von gehbehinderten Menschen diesen Umweg, der etwa eine Verdopplung der zurückzulegenden Wegstrecke bedeutet, nutzt. Der Erlengrund ist auch nicht Teil der Ausstellungsflächen der Landesgartenschau. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung der Antragsgegnerin, dem Belang der Barrierefreiheit komme angesichts dieser konkreten Umstände gemindertes Gewicht zu, in jeder Hinsicht gut vertretbar.
In ebenso gut vertretbarer Weise hat die Antragsgegnerin den Belang der Herstellung voller Barrierefreiheit sodann hinter konkurrierende Belange zurückgestellt. Zur Abwägung der Belange behinderter Menschen in der Bauleitplanung hat das Bundesverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass weder aus der Behindertenrechtskonvention noch aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ein abstrakt höherer Rang der Belange behinderter Menschen vor den anderen in § 1 Abs. 6 BauGB genannten Belangen folgt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 8.12.2021 - 4 BN 19.21 -, BRS 89 Nr. 6 = juris Rn. 6 m.w.N.). Die Antragsgegnerin war daher gehalten, konkurrierende Belange ebenfalls mit dem ihnen zukommenden Gewicht in ihrer Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen. Das ist ihr beanstandungsfrei gelungen.
Die Antragsgegnerin hat ihren Entscheidungsprozess in der Planbegründung (S. 16 ff.) ausführlich dokumentiert und die maßgeblichen Gesichtspunkte einwandfrei nachvollziehbar offengelegt. Sie ist davon ausgegangen, dass es insbesondere der Belang des Denkmal- und Landschaftsschutzes, konkret das Ziel der Minimierung des Eingriffs in das Landschaftsbild und die denkmalgeschützte Parkanlage, gebiete, die Rampenbauwerke möglichst platzsparend und unter Meidung unnötiger Baumfällungen in die Umgebung zu integrieren. Das ist nicht zu beanstanden und auch von Rechts wegen geboten. Realisierbar gewesen wäre vor diesem Hintergrund allein die so genannte Variante N02, die das südliche Rampenbauwerk nach Westen verlängert und so eine Gradiente vom 4,85 % mit einem Zwischenpodest ermöglicht hätte. Diese Variante hätte aber nach dem maßgeblichen Informationsstand der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses die Fällung von zwei zusätzlichen größeren Bäumen sowie Mehrkosten in Höhe von etwa 450.000 EUR zur Folge gehabt. Zudem hätte sich die Länge der Rampen von etwa 100 m auf etwa 128 m (Nordrampe) bzw. 114 m (Südrampe) mit der Folge eines größeren Eingriffs in das Denkmal- und Landschaftsbild vergrößert. Diese Nachteile musste die Antragsgegnerin angesichts des eher geringen Vorteils, der mit einer vollständig barrierefreien Ausführung für Menschen mit Behinderungen verbunden gewesen wäre, entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht hinnehmen.
5.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).