Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.02.2025, Az.: 1 KN 92/22
Normenkontrollverfahren gegen die Sanierungssatzung der Antragsgegnerin "Stadtumbau Weinberg"; Städtebauliche Sanierungsmaßnahme zur Umwandlung eines Wohngebiets in ein Gewerbegebiet bei gleichzeitiger Herausdrängung der bisherigen Grundeigentümer
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 13.02.2025
- Aktenzeichen
- 1 KN 92/22
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2025, 12045
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2025:0213.1KN92.22.00
Rechtsgrundlagen
- § 136 Abs. 2 S. 1 BauGB
- § 136 Abs. 4 S. 2 BauGB
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Im Ausgangspunkt dienen städtebauliche Sanierungsmaßnahmen dazu, ein - als solches fortbestehendes - Gebiet mit städtebaulichen Missständen wesentlich zu verbessern (§ 136 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BauGB). Verbesserungsmaßnahmen setzen in der Regel auf der bestehenden Bausubstanz auf und schonen demzufolge die Rechte der Grundeigentümer. Ihre Rechtfertigung unterliegt deshalb vergleichsweise geringen Anforderungen.
- 2.
Soweit § 136 Abs. 2 Satz 1 BauGB als zweite und gleichwertige Alternative als städtebauliche Sanierungsmaßnahme auch solche Maßnahmen bezeichnet, durch die das Gebiet umgestaltet wird, ist eine solche Umgestaltung denselben, in § 136 Abs. 4 Satz 2 BauGB genannten Zwecken verpflichtet. Sie dient deshalb grundsätzlich dazu, dass Gebiet unter gleichzeitigem Erhalt durch bauliche Maßnahmen positiv umzugestalten.
- 3.
Eine Umgestaltung kann auch in der Beseitigung baulicher und sonstiger Anlagen bestehen. Je größer der Eingriff in bestehende Eigentumsrechte durch die Sanierungsmaßnahme ist, desto höher sind die Anforderungen an das mit der Sanierungsmaßnahme verfolgte Ziel. Die beabsichtigte Beseitigung sämtlicher baulicher Anlagen muss Zwecken von besonderem Gewicht dienen.
Tenor:
Es wird festgestellt, dass die vom Rat der Antragsgegnerin am 4. Oktober 2021 beschlossene Satzung über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes "Stadtumbau Weinberg" unwirksam ist.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Sanierungssatzung der Antragsgegnerin "Stadtumbau Weinberg".
Die Antragsgegnerin ist eine Stadt mit etwas über 11.000 Einwohnern. Hinzu kamen in der Vergangenheit im Umfeld der Stadt stationierte britische Soldaten, die mit ihren Angehörigen außerhalb des Militärgeländes, aber überwiegend in in sich geschlossenen Baugebieten, darunter das Baugebiet "Weinberg" am Südrand des eigentlichen Stadtgebiets, wohnten. Das Gebiet ist überwiegend von langen zwei- bis viergeschossigen Mehrfamilienhauszeilen aus den 1960er- und 1970er-Jahren geprägt und beherbergt zwischen 400 und 450 Wohnungen. Die Wohnungen befinden sich in Privateigentum - überwiegend Wohnungseigentum - und wurden vom Bundesvermögensamt (später der BIMA) für die britischen Streitkräfte langfristig gemietet. Bereits vor dem Abzug hatten die Briten jedoch - nicht zuletzt aufgrund veränderter Ansprüche an die Wohnqualität - einen Teil der Wohnungen aufgegeben.
Das Satzungsgebiet erstreckt sich über eine ca. 14 ha große Fläche im Süden des Gemeindegebiets der Antragsgegnerin. Die Autobahn A7 bildet die Grenze des Gebiets in südöstlicher Richtung. Nordöstlich bildet die Vogteistraße, die die Autobahn A7 unterquert, die Grenze, wobei zum Gebiet auch noch ein nach Norden reichender Abschnitt entlang der Straße Oerbker Berg gehört, der im Gegensatz zum sonstigen Satzungsgebiet durch fünf Punkthäuser geprägt ist. Im Nordwesten bilden vier Gruppen von je drei Häusern nördlich des Goetherings die Gebietsgrenze. Im Südwesten grenzt das Gebiet, getrennt durch eine Bahnlinie, an einen großen gewerblichen Logistik-Standort. Entlang der Kant-, Lessing- und Schillerstraße im südöstlichen Gebietsteil ist die Wohnbebauung mittlerweile von der Antragsgegnerin nach vorherigem Eigentumserwerb größtenteils abgerissen worden, sodass im südwestlichen Teil des Plangebiets eine 2,6 ha große Baulücke entstanden ist. Diese beabsichtigt, auch im übrigen Sanierungsgebiet die Wohnbebauung größtenteils abzureißen und die dadurch gewonnene Fläche als Gewerbegebiet zu überplanen.
Bereits im Jahr 2000 erließ die Antragsgegnerin eine Sanierungssatzung für das Gebiet mit dem Ziel, von ihr dort als städtebauliche Missstände wahrgenommenen Entwicklungen entgegenzuwirken. Im Jahr 2015 legte der Rat der Antragsgegnerin das Sanierungsgebiet als Stadtumbaugebiet fest, ohne dieses Gebiet durch eine Satzung zu bezeichnen. Aufgrund einer von der Antragsgegnerin als problematisch angesehenen Sozialstruktur der nachrückenden Bewohnerschaft erließ diese im Jahr 2016 unter Aufhebung der Satzung aus dem Jahr 2000 erneut eine Satzung über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets "Stadtumbau Weinberg". Auf den Normenkontrollantrag der Eigentümer mehrerer Wohnungen im Sanierungsgebiet hin erklärte der Senat diese Satzung mit Urteilen vom 29. Mai 2018 (- 1 KN 62/17 und 1 KN 131/16 -) für unwirksam. Zur Begründung führte er aus, die Sanierungssatzung leide an beachtlichen Abwägungsmängeln. Die den Eigentümern im Sanierungsgebiet entstehenden Nachteile seien unzureichend ermittelt, gewichtet und den Sanierungsvorteilen nicht ergebnisoffen gegenübergestellt worden.
Die Antragsgegnerin verfolgte das Ziel, das Stadtumbaugebiet Weinberg zum Sanierungsgebiet zu erklären und den Gebäudebestand weitgehend zu beseitigen, unverändert weiter. Nachdem sie mittels Fragebögen die Interessen der Bewohner ermittelt hatte, beschloss der Rat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 4. Oktober 2021 die Satzung über die förmliche Festlegung des (geringfügig abgeänderten) Sanierungsgebiets mit Rückwirkung zum 30. April 2016 erneut und machte sie am 5. und erneut am 25. Oktober 2021 unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 215 Abs. 1 BauGB bekannt.
Gemäß § 2 Satz 1 der Satzung wird die Sanierungsmaßnahme im umfassenden Verfahren durchgeführt. Nach Satz 2 finden die besonderen sanierungsrechtlichen Vorschriften der §§ 152 bis 156a BauGB Anwendung. Auch die Vorschriften des § 144 BauGB über genehmigungspflichtige Vorhaben und Rechtsgeschäfte finden gemäß § 3 der Satzung Anwendung.
Den Erlass der Satzung begründet die Antragsgegnerin wie folgt: Nach dem Abzug der britischen Streitkräfte seien die Wohnungen zwar entgegen der ursprünglichen Erwartung der Antragsgegnerin tatsächlich zu großen Teilen wieder vermietet worden. Dies beruhe aber auf Vermittlungsbemühungen, die sich explizit an Sozialleistungsbezieher aus dem näheren und weiteren Umland gerichtet hätten, weil die zu entrichtenden Mieten von den jeweiligen Sozialleistungsträgern getragen und garantiert würden. Dieser Zuzug habe zu eklatanten Schwierigkeiten in der Sozialinfrastruktur geführt. Während im übrigen Stadtgebiet der Anteil von Transferleistungsempfängern (also Beziehern von Leistungen nach SGB II und SGB XII, Beziehern von Wohngeld und von Leistungen nach dem AsylbLG) 6,8 % betrage, seien es im Satzungsgebiet 24,2 %. Ein erheblicher Anteil der Wohnungen im Sanierungsgebiet werde als Beschäftigtenunterkünfte genutzt. Es handele sich demnach um ein Gebiet mit Segregationsproblemen. Die Bewohnerschaft sei instabil, weil die Wohnungen von Transferleistungsempfängern und Saisonarbeitern mit geringer Sesshaftigkeit genutzt würden. Zudem erfordere die zuziehende Bewohnerschaft erstmals die Errichtung von Infrastruktur in Form von Kindertagesstätten und Schulen, die die Antragsgegnerin an anderer Stelle auf ihrem Stadtgebiet errichten wolle. Aufgrund der Tatsache, dass für die britischen Streitkräfte außerhalb des Wohngebiets Gemeinschaftseinrichtungen existiert hätten, seien im Satzungsgebiet zuvor keine derartigen Einrichtungen geschaffen worden.
Neben diesen die Funktionsfähigkeit des Gebiets beeinträchtigenden Aspekten stritten auch Substanzmängel für den Erlass der Satzung. Zwar wiesen die Gebäude einiger Wohnungseigentümergemeinschaften, darunter die der Antragstellerin, einen guten Modernisierungsgrad auf. Sie seien aber weder behinderten- noch altersgerecht, seien mit Blick auf Brandschutzanforderungen nicht unbedenklich und wiesen eine verbesserungswürdige Zugänglichkeit, mangelhafte Erschließung, unzureichende Stellplätze und eine unbefriedigende energetische Beschaffenheit auf. In bauordnungsrechtlicher Hinsicht sei eine Vielzahl von Wohnungen nur für "englische Familien" genehmigt. Durch die Nähe zur Autobahn A7 sowie benachbarten Gewerbegebieten bestehe eine erhebliche Lärmvorbelastung.
Die Belange der Eigentümer der Wohnungen seien überwiegend wirtschaftlicher Natur, da die Wohnungen als Kapitalanlage genutzt würden. Nur wenige Eigentümer bewohnten ihre Wohnung selbst. Selbstnutzende Eigentümer wie auch die Mieter könnten durch Sozialplanung, Härteausgleich und Sanierungsförderung unterstützt werden. Eine strukturelle Weiterentwicklung des Gebiets zu einem Wohngebiet verspreche angesichts der vorhandenen, unattraktiven Wohnumgebung und der Nähe zur Autobahn keinen Erfolg.
Das Gebot des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden sowie der Innenbereichsentwicklung gebiete vielmehr, die nicht anders nutzbaren Leerflächen einer gewerblichen Nutzung zuzuführen. Für die Antragsgegnerin bestehe ein dringender Bedarf, weitere Gewerbeflächen auszuweisen. Dank der günstigen Lagefaktoren ihres Stadtgebiets verzeichne sie eine hohe Nachfrage nach gewerblichen Grundstücksflächen. Diese Nachfrage könne sie angesichts nur geringer Flächen nicht befriedigen. Für kleinere wenig oder nicht emittierende Betriebe biete das Sanierungsgebiet Entwicklungsmöglichkeiten.
Die Antragstellerin ist eine aus 148 Wohnungen bestehende, von der Antragsgegnerin als WEG I bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft im Geltungsbereich der Satzung. Sie hat am 15. August 2022 einen in der Sache erstmals nach Ablauf der Jahresfrist des § 215 Abs. 1 BauGB begründeten Normenkontrollantrag gestellt und rügt u.a., es bestehe kein Sanierungsbedürfnis. Städtebauliche Missstände gebe es nicht. Die Bewohner würden den Zustand der Wohnungen allgemein als positiv beschreiben. Die Eigentümer hätten auch in der Vergangenheit erhebliche Summen in die Objekte investiert. Soweit die Antragsgegnerin einen bestehenden Leerstand als Argument für eine Sanierungsbedürftigkeit heranziehe, lasse sie außer Acht, dass sie die bereits erworbenen Wohnungen nicht weitervermiete und so vom Markt genommen habe. Die Antragsgegnerin grenze mit ihrem Bestreben, die Wohnungen zurückzubauen, unter Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot bewusst Personen mit geringem Einkommen aus. Der Anteil der Bezieher von Sozialleistungen liege nicht über dem Durchschnitt.
Die Antragstellerin beantragt,
die Satzung der Stadt Bad Fallingbostel über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes "Stadtumbau Weinberg" vom 5. Oktober 2021 für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie verteidigt die angegriffene Satzung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der zulässige Normenkontrollantrag ist begründet.
Die Sanierungssatzung leidet unter Abwägungsmängeln, die zu ihrer Unwirksamkeit führen.
Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Sanierungssatzung ist § 142 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Danach kann die Gemeinde ein Gebiet, in dem eine städtebauliche Sanierungsmaßnahme durchgeführt werden soll, durch Beschluss förmlich als Sanierungsgebiet festlegen (förmlich festgelegtes Sanierungsgebiet). Gemäß der Legaldefinition in § 136 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind städtebauliche Sanierungsmaßnahmen Maßnahmen, durch die ein Gebiet zur Behebung städtebaulicher Missstände wesentlich verbessert oder umgestaltet wird. Städtebauliche Missstände liegen gemäß Satz 2 vor, wenn das Gebiet nach seiner vorhandenen Bebauung oder nach seiner sonstigen Beschaffenheit den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse oder an die Sicherheit der in ihm wohnenden oder arbeitenden Menschen auch unter Berücksichtigung der Belange des Klimaschutzes und der Klimaanpassung nicht entspricht (sogenannte Substanzmängel) oder das Gebiet in der Erfüllung der Aufgaben erheblich beeinträchtigt ist, die ihm nach seiner Lage und Funktion obliegen (sogenannte Funktionsmängel). Für die Beurteilung, ob in einem Gebiet städtebauliche Missstände vorliegen, enthält § 136 Abs. 3 BauGB verschiedene zu berücksichtigende Kriterien.
Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen dienen dem Wohl der Allgemeinheit (§ 136 Abs. 4 Satz 1 BauGB). Sie dienen der Behebung der in dem Gebiet vorhandenen städtebaulichen Missstände. Diesen gesetzlich vorgegebenen Zweck hat die Gemeinde gemäß § 140 Nr. 3 BauGB in einem Sanierungskonzept für das jeweilige Sanierungsgebiet zu konkretisieren (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.6.2006 - 4 C 9.04 -, BVerwGE 126, 104 = ZfBR 2006, 674 = BauR 2006, 1726 = BRS 70 Nr. 215 = juris Rn. 21 m.w.N.). Sanierungsmaßnahmen sollen dazu beitragen, dass unter anderem die bauliche Struktur in allen Teilen des Bundesgebiets nach den allgemeinen Anforderungen an den Klimaschutz und die Klimaanpassung sowie nach sozialen, hygienischen, wirtschaftlichen und kulturellen Erfordernissen entwickelt wird (§ 136 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 BauGB), die Siedlungsstruktur den Anforderungen an gesunde Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bevölkerung und der Bevölkerungsentwicklung entspricht (Nr. 3) oder die vorhandenen Ortsteile erhalten, erneuert und fortentwickelt werden (Nr. 4).
Im Ausgangspunkt dienen städtebauliche Sanierungsmaßnahmen dazu, ein - als solches fortbestehendes - Gebiet mit städtebaulichen Missständen wesentlich zu verbessern (§ 136 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BauGB). Verbesserungsmaßnahmen setzen in der Regel auf der bestehenden Bausubstanz auf und schonen demzufolge die Rechte der Grundeigentümer. Ihre Rechtfertigung unterliegt deshalb vergleichsweise geringen Anforderungen.
Soweit § 136 Abs. 2 Satz 1 BauGB als zweite und gleichwertige Alternative als städtebauliche Sanierungsmaßnahme auch solche Maßnahmen bezeichnet, durch die das Gebiet "umgestaltet" wird, ist eine solche Umgestaltung denselben, in § 136 Abs. 4 Satz 2 BauGB genannten Zwecken verpflichtet. Sie dient deshalb grundsätzlich dazu, dass Gebiet unter gleichzeitigem Erhalt durch bauliche Maßnahmen positiv umzugestalten. Bereits begrifflich ist eine Umgestaltung nicht darauf reduziert, den vorhandenen Bestand im Sanierungsgebiet teilweise oder insgesamt zurückzubauen. Das Spektrum dessen, was unter Umgestaltung zu verstehen ist, umfasst etwa die Umgestaltung von öffentlichen Plätzen, Veränderung der Verkehrsführung, Errichtung von Spielplätzen oder Gemeinschaftseinrichtungen und auch die Entfernung einzelner Gebäude, weil sich dort ideal beispielsweise eine der vorgenannten baulichen Anlagen errichten lässt. Zwar kann eine Umgestaltung - wie hier - auch in der Beseitigung baulicher und sonstiger Anlagen in Teilen des Gebiets, gegebenenfalls auch im gesamten Gebiet bestehen (Krautzberger/Fieseler, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 136 Rn. 57, Stand: September 2024; zweifelnd zur Zulässigkeit einer solchen "Passivsanierung": Krautzberger/Richter, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 171a Rn. 23, Stand: September 2024). Je größer aber der Eingriff in bestehende Eigentumsrechte durch die Sanierungsmaßnahme ist, desto höher sind die Anforderungen an das mit der Sanierungsmaßnahme verfolgte Ziel. Die beabsichtigte Beseitigung sämtlicher baulicher Anlagen muss Zwecken von besonderem Gewicht dienen.
§ 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB bestimmt, dass bei städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind. Gegenstand des sanierungsrechtlichen Abwägungsgebots ist die Sanierungsplanung, die auch die förmliche Festlegung eines Gebiets als Sanierungsgebiet durch Satzung (§ 142 Abs. 3 Satz 1 BauGB) umfasst. Abzuwägen ist auch die Bestimmung der Ziele und Zwecke der Sanierung im Sinne der § 140 Nr. 3 BauGB (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.5.2006 - 4 C 9.04 -, BVerwGE 126, 104 = NVwZ 2006, 1167 = ZfBR 2006, 674 = BauR 2006, 903 = BRS 70 Nr. 215 = juris Rn. 25). Auch wenn die Sanierungsplanung im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im Regelfall noch wenig konkret sein wird, entbindet dieser Umstand die Gemeinde nicht vom Erfordernis, eine Abwägungsentscheidung zu treffen. Denn das Abwägungsgebot ist zentraler Bestandteil jeder rechtsstaatlichen Planung (BVerwG, Beschl. v. 21.3.2019 - 4 BN 34.18 -, juris Rn. 9).
Das Bundesverwaltungsgericht nimmt in ständiger Rechtsprechung an, dass sich der Abwägungsbegriff des § 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB nicht von demjenigen unterscheidet, der den Planerhaltungsvorschriften zugrunde liegt (BVerwG, Beschl. v. 21.3.2019 - 4 BN 34.18 -, juris Rn. 10; Urt. v. 4.3.1999 - 4 C 8.98 -, ZfBR 1999, 228 = BauR 1999, 888 = BRS 62 Nr. 229 = juris Rn. 20). Auch für das sanierungsrechtliche Abwägungsgebot gilt deshalb die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Abwägungsfehlerlehre (grundlegend BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301 = BauR 1970, 31 = juris Rn. 29). Das in § 1 Abs. 7 BauGB verankerte Abwägungsgebot ist nach dieser Rechtsprechung, der auch der Senat in seiner ständigen Rechtsprechung folgt (statt aller zuletzt Senatsurt. v. 15.1.2025 - 1 KN 71/23 -, juris Rn. 51) verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 = juris Rn. 29). Zur Unwirksamkeit des Plans führen nur Abwägungsfehler, die offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 214 Abs. 3 Satz 2, 2. Hs. BauGB).
Diesen Anforderungen wird die Sanierungsplanung der Antragsgegnerin nicht gerecht, weil sie den Ausgleich zwischen den von der Planung berührten privaten und öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen hat, der zur objektiven Gewichtigkeit der einzelnen Belange außer Verhältnis steht. Die Sanierungssatzung stellt sich als unverhältnismäßige Einschränkung des Eigentumsgrundrechts (Art. 14 Abs. 1 GG) der Wohnungseigentümer dar.
1.
Die Auswirkungen der Sanierung auf verfassungsrechtlich geschützte Eigentumspositionen, hier das Wohnungseigentum, sind von hoher Intensität. Im Einzelnen:
a)
Die Eigentümer sind in ihrem ansonsten bestehenden Recht auf freie Verwertung ihres Eigentums beeinträchtigt. Sie werden faktisch darauf verwiesen, ihr Eigentum an die Antragsgegnerin zu verkaufen und sich mit dem Verkehrswert als Gegenleistung zu begnügen. Wirtschaftlich betrachtet stehen die Eigentümer daher nicht besser da, als würden sie enteignet. Das ergibt sich aus Folgendem:
Gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB bedarf u.a. die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines Grundstücks der Genehmigung der Gemeinde. Der Veräußerung eines Grundstücks steht die Veräußerung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück gleich, weshalb auch Veräußerungen von Wohnungs- und Teileigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz genehmigungspflichtig sind (Krautzberger/Fieseler, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 144 Rn. 29, Stand: September 2024). Versagt werden darf die Genehmigung gemäß § 145 Abs. 2 BauGB nur, wenn Grund zur Annahme besteht, dass das Vorhaben, der Rechtsvorgang einschließlich der Teilung eines Grundstücks oder die damit erkennbar bezweckte Nutzung die Durchführung der Sanierung unmöglich machen oder wesentlich erschweren oder den Zielen und Zwecken der Sanierung zuwiderlaufen würde. Das wiederum ist gemäß § 153 Abs. 2 Satz 1 BauGB der Fall, wenn der vereinbarte Gegenwert für das Grundstück oder das Recht über dem Wert liegt, der sich in Anwendung des § 153 Abs. 1 BauGB ergibt. Daraus folgt eine Preiskontrolle; ein veräußerungswilliger Eigentümer kann seine Wohnung maximal zum sanierungsunbeeinflussten Verkehrswert an Dritte veräußern. Andernfalls versagt die Antragsgegnerin nach ihrem eigenen Vorbringen die Genehmigung.
Angesichts der Pläne der Antragsgegnerin, den Gebäudebestand abzureißen, wird sich regelmäßig kein anderer Käufer finden lassen als die Antragsgegnerin selbst. Dabei ist aber die Bestimmung des § 153 Abs. 3 Satz 1 BauGB zu beachten. Die Gemeinde darf beim Erwerb eines Grundstücks keinen höheren Kaufpreis vereinbaren, als er sich in entsprechender Anwendung des Abs. 1 ergibt. § 153 Abs. 1 Satz 1 BauGB nimmt wiederum auf die Vorschriften des BauGB zu Ausgleichs- oder Entschädigungsleistungen Bezug. Im Ergebnis läuft dies darauf hinaus, dass sich der zu erzielende Kaufpreis nach dem gemäß § 194 BauGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) zu ermittelnden Verkehrswert richtet, auf den der Wohnungseigentümer auch im Falle einer Enteignung zurückgesetzt würde (vgl. Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl. 2022, § 153 Rn. 1). Darin, dass der Eigentümer somit die Gegenleistung für sein Eigentum nicht frei verhandeln darf, sondern gegebenenfalls in einem von Sachverständigengutachten dominierten Verfahren erstreiten muss, liegt eine eigene zusätzliche Belastung. Auch die Antragsgegnerin sieht die durch den Satzungserlass ermöglichte Blockade von Verkäufen deshalb zu Recht als für die Eigentümer nachteilig an (S. 5393 Beiakte 15).
Die Blockade von Verkäufen zu Marktbedingungen verbunden mit dem Angebot des Erwerbs durch die Antragsgegnerin führt dazu, dass diese - ihrem Sanierungsziel entsprechend - zunehmend Eigentümerin von Wohnungen wird, die sie - wiederum ihrem Sanierungsziel entsprechend - auf Dauer leer stehen lässt. Ein solches Verhalten, das ein privater, wirtschaftlich denkender Wohnungseigentümer nicht an den Tag legen würde, führt dazu, dass die Wohnungsbestände in zunehmendem Maße nicht mehr bewohnt sind. Das wiederum mindert - wie die Antragstellerin anschaulich dargelegt hat - die Attraktivität der verbleibenden Wohnungen und übt zusätzlichen Druck auf das private Eigentum aus. Auch das führt zu einer besonders hohen Grundrechtsrelevanz der Sanierung.
b)
Die Eigentümerbelange werden entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht dadurch gemindert, dass - wie diese vorträgt - die Vermietung explizit und organisiert an Transferleistungsempfänger erfolgt ist. Vielmehr belegt die mittlerweile seit einiger Zeit bestehende Vollvermietung, dass es am Wohnungsmarkt eine Nachfrage nach den Wohnungen im Gebiet Weinberg gibt. Vor diesem Hintergrund trifft die von der Antragsgegnerin geäußerte Vermutung, die Vermietung sei das Ergebnis einer "künstlich" geschaffenen, tatsächlich nicht nachhaltigen Wohnungsnachfrage, nicht zu. Noch weitergehend hat die Antragsgegnerin in der Satzungsbegründung (S. 5169 ff. Beiakte 15) hierzu ausgeführt, bei der Abwägung der Interessen dürfe nicht verkannt werden, dass durch die Eigentümer eine Privatisierung von Sozialleistungen vorgenommen werde, die durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht gedeckt sei. Auf den Umstand, dass der Staat zugunsten der Leistungsempfänger hinnehme, dass der Wohnungsvermieter mittelbar von diesen Leistungen profitiere, könne nicht dauerhaft vertraut werden (S. 5389 Beiakte 15).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.10.2020 - 4 BN 44.20 -, BRS 88 Nr. 171 = juris Rn. 7 m.w.N.), der auch der Senat folgt (vgl. zuletzt Senatsbeschl. v. 14.12.2023 - 1 KN 45/21 -, BauR 2024, 474 = juris Rn. 16), sind zwar insbesondere geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen nicht abwägungsbeachtlich sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solche, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren. Ein solcher Makel haftet dem Vermietungsinteresse der Eigentümer jedoch nicht an.
Das Interesse der Eigentümer, durch Vermietung ihres Wohnungseigentums Einkünfte zu generieren, ist durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das danach gewährleistete Eigentum, zu dem auch das Grundstückseigentum gehört, ist in seinem rechtlichen Gehalt durch Privatnützigkeit und die grundsätzliche Verfügungsbefugnis des Eigentümers über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet. Dem grundrechtlichen Schutz unterliegt danach das Recht, den Eigentumsgegenstand selbst zu nutzen und Dritte von Besitz und Nutzung auszuschließen, ebenso wie die Freiheit, den Eigentumsgegenstand zu veräußern und aus der vertraglichen Überlassung zur Nutzung durch andere den Ertrag zu ziehen, der zur finanziellen Grundlage für die eigene Lebensgestaltung beiträgt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.7.1999 - 1 BvR 995/95 u.a. -, BVerfGE 101, 54 = NJW 2000, 471 = juris Rn. 106 m.w.N.).
Dieses demnach grundrechtlich geschützte Recht, aus der vertraglichen Überlassung zur Nutzung durch andere Erträge zu ziehen, ist auch nicht deshalb bemakelt, weil diese Erträge mittelbar aus Transferleistungen und somit aus Steuermitteln generiert werden. Eine solche Argumentation blendet unzulässig aus, dass den aufgewendeten Steuermitteln eine Gegenleistung gegenübersteht, nämlich die Überlassung von Wohnraum an Bedürftige. Ein möglicherweise nicht schutzwürdiger "Mitnahmeeffekt", also im Kern eine Bereicherung auf Kosten der Allgemeinheit, liegt gerade nicht vor. Die Nutzung von Wohnungen, die am privaten Wohnungsmarkt angeboten werden, ist im Gegenteil staatlicherseits gewünscht bzw. unabdingbar, weil von der öffentlichen Hand selbst nur in sehr geringem Umfang Wohnraum für diejenigen Personen angeboten werden kann, die auf günstigen Wohnraum angewiesen sind.
Das Argument der Antragsgegnerin, dass auf den Fortbestand dieser Einnahmequelle kein Anspruch bestehe, verfehlt den Kern des Rechtsstreits. Durch die Sanierungssatzung wird den Eigentümern nicht lediglich eine als solche nicht grundrechtlich geschützte Erwerbschance genommen, wie es etwa der Fall wäre, wenn die Antragsgegnerin für sämtliche Bedürftige eigenen Wohnraum zur Verfügung stellen würde, sodass die Eigentümer (nur) einen Mietausfall zu befürchten hätten. Vielmehr beabsichtigt die Antragsgegnerin die Beseitigung des in seiner jetzigen Nutzung geschützten Grundeigentums selbst.
In die Abwägung muss zudem auch mit hohem Gewicht eingestellt werden, dass die Vermietung nicht nur rechtlich zulässig, sondern tatsächlich auch von einer nahezu vollständigen Vermietung der nicht im Eigentum der Antragsgegnerin befindlichen Wohnungen auszugehen ist; dies hat die Antragsgegnerin auch zutreffend getan.
c)
Die Wohnungseigentümergemeinschaften sowie auch die Wohnungseigentümer selbst, darunter auch diejenigen, die ihre Wohnung selbst bewohnen, werden faktisch daran gehindert, ihre Wohnungen zu modernisieren und damit zur Verbesserung des Quartiers beizutragen. Mittelbar übt die Antragsgegnerin damit auf die Eigentümer Druck aus, ihr Eigentum zum auch im Fall einer Enteignung zu zahlenden Verkehrswert an sie zu veräußern, obwohl das städtebauliche Sanierungsrecht gemäß den §§ 136 ff. BauGB gerade keine Handhabe zur Enteignung beinhaltet. Im Einzelnen:
Gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 BauGB bedürfen die Wohnungseigentümer und -gemeinschaften der schriftlichen Genehmigung der Antragsgegnerin, um erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, vorzunehmen. Eine solche Genehmigung wird die Antragsgegnerin, deren Sanierungsziel darin besteht, bestehende Wohnungen zurückzubauen, nicht erteilen, weil es die Durchführung der Sanierung wesentlich erschweren und den Zielen und Zwecken der Sanierung zuwiderlaufen würde. Dafür genügt bereits, dass eine zulässigerweise bewirkte Werterhöhung gemäß § 153 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BauGB entschädigt werden müsste und damit die Sanierung finanziell verteuert (Krautzberger/Fieseler, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 145 Rn. 47, Stand: September 2024 m.w.N.). Realistischerweise wird die Antragsgegnerin eine Genehmigung daher nur in den Fällen erteilen, in denen sie dazu verpflichtet ist, weil die Eigentümer den Verzicht auf Entschädigung der durch das Vorhaben herbeigeführten Werterhöhung erklärt haben (§ 145 Abs. 3 Nr. 1 BauGB).
Mittelbar führt dies dazu, dass etwa eine auch nach Auffassung der Antragsgegnerin dringend gebotene energetische Sanierung unrentabel und die Verwertung des Grundstücks die wirtschaftlich einzig sinnvolle Handlungsalternative wird. Auch dies hat die Antragstellerin plausibel dargelegt. Sie hat insbesondere vorgetragen, sie sei seit mehreren Jahren bereit, in die weitere Sanierung ihrer Objekte zu investieren; die Maßnahmen der Antragsgegnerin machten dies indes unmöglich. Mit Blick auf das Eigentum verhindert die Sanierung daher - aus Sicht der Antragsgegnerin konsequent - eine Anpassung an veränderte Wohnbedürfnisse und damit Maßnahmen zum langfristigen Werterhalt.
2.
Die von der Antragsgegnerin bezeichneten öffentlichen Interessen an einer Beseitigung der Wohngebäude und einer Umwandlung in ein Gewerbegebiet vermögen diese intensiven Beeinträchtigungen des Eigentums nicht aufzuwiegen. Das Gebiet Weinberg weist zwar Substanz- und Funktionsmängel auf; ihnen lässt sich aber mit deutlich milderen Maßnahmen als einem Totalabbruch und einem Herausdrängen der privaten Eigentümer adäquat begegnen. Das städtebauliche Ziel der Schaffung eines neuen Gewerbegebiets ist ebenfalls nicht so gewichtig, dass es die Zielsetzung der Antragsgegnerin rechtfertigen kann.
a)
Nach den Ausführungen der Antragsgegnerin in der Satzungsbegründung und in der mündlichen Verhandlung sind Substanzmängel im Sinne des § 136 Abs. 3 Nr. 1 BauGB in Form von Setzungsschäden und eindringender Feuchtigkeit insbesondere bei einem Gebäude in dem Gebiet festzustellen. Außerdem seien die Gebäude nicht behinderten- und altersgerecht, genügten nicht den Brandschutzanforderungen, wiesen eine mangelhafte Zugänglichkeit, Erschließung und energetische Beschaffenheit auf, verfügten nicht über genügend Parkraum und seien durch die nahe Autobahn hohen Emissionsbelastungen ausgesetzt. Der bauliche Zustand der Gebäude der Antragstellerin und zweier weiterer Wohnungseigentümergemeinschaften sei allerdings - von den vorgenannten Mängeln abgesehen - gut.
Alle vorgenannten Aspekte sind weder für sich genommen noch zusammen betrachtet dazu geeignet, den Satzungserlass entscheidend zu stützen. Die festgestellten Mängel hinsichtlich der Behinderten- und Altersgerechtigkeit, der Erfüllung von Brandschutzanforderungen und von Anforderungen an die energetische Beschaffenheit sind für Gebäude, die in der Zeit der Errichtung der Gebäude im Satzungsgebiet entstanden sind, typisch und dürften andernorts innerhalb des Stadtgebiets der Antragsgegnerin ebenfalls festzustellen sein, ohne dass die Antragsgegnerin erwägen würde, alle betroffenen Gebäude abzureißen. Sie sind angesichts des von der Antragsgegnerin selbst eingeräumten guten Zustands der Gebäude der Antragstellerin und weiterer Eigentümergemeinschaften Anlass für eine Sanierung im Bestand, nicht aber für eine Beseitigung. Erhebliche Mängel in der Bausubstanz einzelner Gebäude, etwa gravierende Setzungsschäden, könnten höchstens das Interesse an der Beseitigung des jeweils betroffenen Gebäudes stützen, dies aber auch nur dann, wenn die Eigentümer nicht willens oder in der Lage wären, entsprechende Sanierungsmaßnahmen selbst zu ergreifen. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass die Antragsgegnerin mit dem (wiederholten) Erlass einer Sanierungssatzung derartige Sanierungsbemühungen gerade verhindern will und deren Rentabilität angesichts eines drohenden Abrisses nachhaltig infrage stellt. Zwischen den Beteiligten ist dem Grunde nach auch unstreitig, dass die Wohnungseigentümergemeinschaften in der Vergangenheit erhebliche Mittel investiert haben, um den Bauzustand zu erhalten, sodass es nicht auf der Hand liegt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaften Substanzmängel aus eigener Kraft nicht abstellen können.
Hinsichtlich der bestehenden Lärmbelastung durch die nahe Autobahn A7 ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin hier nicht über die Aufstellung eines Bebauungsplans für eine unbebaute Fläche in derselben Lage entscheidet. In einer solchen Situation würde der Lärmbelastung ungleich höheres Gewicht zukommen. Die Antragsgegnerin beabsichtigt aber, Wohngebäude zu beseitigen, deren Bewohner und Eigentümer in Kenntnis dieser Vorbelastung ihr Eigentum erworben bzw. einen Mietvertrag abgeschlossen haben und ihr gegenüber keine Schutzansprüche erheben. Eine Gesundheitsgefährdung ist weder dargetan noch ersichtlich. Hinzu kommt mit erheblichem Gewicht, dass die Lärmbelastung durch die Autobahn durch den seit dem Jahr 2020 im Planfeststellungsverfahren befindlichen und im Bedarfsplan für Bundesfernstraßen (vgl. Nr. 688 der Anlage zu § 1 Abs. 1 des Fernstraßenausbaugesetzes) dem Vordringlichen Bedarf zugeordneten sechsstreifigen Ausbau erheblich abnehmen wird. Wie die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Abwägung zu Recht berücksichtigt hat, wird der in den bereits vorliegenden Planentwürfen vorgesehene Lärmschutz dazu führen, dass die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV für Wohngebiete zukünftig weithin eingehalten werden. An den wenigen Stellen, an denen sie nicht eingehalten werden können, ist passiver Schallschutz nach Maßgabe des § 41 BImSchG erforderlich; auch dieser bewirkt zumutbare Wohnverhältnisse. Vor diesem Hintergrund kann der noch bestehenden hohen Lärmbelastung keine entscheidende Bedeutung zukommen.
Zu Unrecht führt die Antragsgegnerin als "rechtlichen" Substanzmangel unter Berufung auf einen Beschluss des Senats (Beschl. v. 11.3.2024 - 1 LA 75/23 -, juris Rn. 12) auch eine ungeklärte genehmigungsrechtliche Situation an, weil bei einigen Wohngebäuden lediglich ein Bauschein für den Neubau von Mietwohnungen für "engl. Familien" erteilt worden sei. Bereits der Wortlaut der Genehmigung unterscheidet sich deutlich von dem Wortlaut der bauaufsichtlichen Zustimmung im Referenzfall und legitimiert keinesfalls eindeutig nur eine Nutzung von Angehörigen britischer Streitkräfte und deren Familien. Darüber hinaus lässt die Antragsgegnerin unbeachtet, dass im Referenzfall keine Genehmigung gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in Betracht kam. Das ist hier anders. Die Gebäude sind materiell-rechtlich zulässig und damit jedenfalls genehmigungsfähig, weil sie sich im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Zur im Rahmen von § 34 Abs. 1 BauGB zu betrachtenden Bebauung sind die umgebenden Wohngebäude ungeachtet ihres Genehmigungsstatus in den Blick zu nehmen, weil sich die zuständigen Behörden mit ihrem Vorhandensein abgefunden haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.6.2019 - 4 C 10.18 -, BauR 2019, 1745 = BRS 87 Nr. 60 = juris Rn. 15). Namentlich die zuständige Bauaufsichtsbehörde, der Landkreis Heidekreis, hat in der Vergangenheit trotz Kenntnis des Inhalts der Baugenehmigungen nichts unternommen, um die Wohnnutzung im Wege der Bauaufsicht zu untersagen.
b)
Auch das grundsätzlich berechtigte öffentliche Interesse, eine einseitige Bevölkerungsstruktur im Sanierungsgebiet zu vermeiden, ist nicht dazu geeignet, das Sanierungsziel hinreichend zu stützen. Richtig ist allerdings, dass der Anteil der Transferleistungsempfänger im Satzungsgebiet mit 24,2 % und auch der Personen mit Migrationshintergrund vergleichsweise hoch ist und die Annahme rechtfertigt, dass dort zu einem größeren Teil sozial schwächere Bevölkerungsgruppen ein Zuhause gefunden haben. Eine derartige Bevölkerungszusammensetzung rechtfertigt durchaus den Einsatz städtebaulicher Instrumente. Im Ansatz noch zutreffend beruft sich die Antragsgegnerin daher darauf, dass gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB bei der Aufstellung von Bauleitplänen unter anderem die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen zu berücksichtigen ist. Die planende Gemeinde soll im Rahmen der Möglichkeiten der Bauleitplanung darauf hinwirken, Segregationserscheinungen entgegenzuwirken, wie sie sich - zeitlich, regional und innergemeindlich unterschiedlich - zwischen den verschiedenen Altersgruppen, sozial stärkeren und schwächeren Gruppen zeigen (Söfker/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1 Rn. 123, Stand: September 2024). In der Literatur wird dabei durchaus beispielhaft angeführt, dass größere, allein Wohnzwecken dienende Gebiete mit Geschosswohnungsbau zu sozial instabilen Verhältnissen führen könnten. Solchen unerwünschten Folgen könne in bestimmtem Maße durch differenzierte Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung und der Bauweise nach der BauNVO mit der Folge eines ausgewogenen Verhältnisses von Geschosswohnungsbau und Einfamilienhäusern sowie durch eine räumlich funktionale Zuordnung der Wohnnutzungen zu Arbeitsstätten und Infrastruktur entgegengewirkt werden (vgl. Söfker/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1 Rn. 123, Stand: September 2024). Das städtebauliche Ziel, Segregation zu vermeiden, darf zudem nicht nur im Wege der Bauleitplanung, sondern auch mit einer Sanierungssatzung verfolgt werden.
Gleichwohl rechtfertigt eine unausgewogene Bevölkerungsstruktur allein nicht jede Maßnahme. Welche Maßnahmen erforderlich, geboten und mit Blick auf Art. 14 Abs. 1 GG gerechtfertigt sind, ist vielmehr in erster Linie anhand der konkreten Probleme zu beurteilen, die eine unausgewogene Bevölkerungsstruktur in einem Gebiet mit sich bringt. Nach den Ausführungen der Antragsgegnerin in den Satzungsunterlagen und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung gehen diese nicht über das hinaus, was in vergleichbaren Geschosswohnungsbauquartieren üblich ist. Insofern hat ein in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwesender Verwalter einer im Gebiet ansässigen Wohnungseigentumsgemeinschaft über illegale Entsorgung von Sperrmüll berichtet, die nachvollziehbar durch die Anonymität und der damit einhergehenden geringen Aufdeckungsgefahr in einer Gegend mit Geschosswohnungen befördert wird. Einer solchen Problematik kann ebenso wie nächtlichen Ruhestörungen und einer Zweckentfremdung öffentlicher Flächen zu privaten Zwecken durch soziale Arbeit und auch ordnungsrechtliche Maßnahmen Rechnung getragen werden. Ein derartiges Verhalten einzelner Bewohner macht die Wohnverhältnisse nicht so unveränderbar prekär, dass sie den Abbruch aller Wohngebäude unter Herausdrängung der privaten Eigentümer rechtfertigt. Dazu müssten die Missstände von solchem Gewicht sein, dass ihnen durch anderweitige Maßnahmen, etwa städtebaulichen Maßnahmen der Sozialen Stadt im Sinne des § 171e BauGB wie der Schaffung eines Quartiermanagements, nicht mehr adäquat begegnen werden könnte. Die Antragsgegnerin selbst hat etwa bei Erlass der Sanierungssatzung im Jahr 2000 das Ziel verfolgt, ein Kultur- und Begegnungszentrum zu errichten.
Gravierende Missstände, etwa im Hinblick auf Gewalt oder sonstige Formen von Kriminalität, die weitergehende Maßnahmen rechtfertigen könnten, sind hingegen nicht bekannt geworden. Auf ausdrückliches Befragen durch den Senat in der mündlichen Verhandlung hat die zuständige Mitarbeiterin der Verwaltung der Antragsgegnerin angegeben, dass eine erhöhte Kriminalität von der dazu eigens befragten Polizei nicht berichtet werden konnte. Auch die Satzungsunterlagen enthalten dazu keine belastbaren Angaben, sondern erwähnen lediglich wenige Einzelfälle aus der Anfangszeit der Corona-Pandemie.
Nur geringe Bedeutung kommt der Feststellung der Antragsgegnerin zu, in dem Sanierungsgebiet entwickelten sich illegale Beschäftigungsunterkünfte. Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin solchen Fehlentwicklungen machtlos gegenüberstünde. Eine Nutzung einer Wohnung als Betriebsunterkunft, die nicht mehr als Wohnen im Rechtssinne anzusehen ist, ist ohne entsprechende Genehmigung illegal (vgl. Senatsbeschl. v. 16.8.2019 - 1 LA 28/19 -, BauR 2020, 103 = BRS 87 Nr. 103 = juris Rn. 7). Sie kann durch die zuständige Bauaufsichtsbehörde gemäß § 79 Abs. 1 NBauO unterbunden werden. Zugleich gibt ihr das von der Antragsgegnerin selbst genannte Gesetz über den Schutz von Wohnraum und von Unterkünften für Beschäftigte (Niedersächsisches Wohnraumschutzgesetz - NWoSchG) weitere Ermächtigungsgrundlagen an die Hand, um Überbelegungen oder der Unterbringung von Beschäftigten in unzumutbaren Unterkünften entgegenzuwirken. Dass derartige Fälle in einer solchen Zahl auftreten werden, dass die Antragsgegnerin bzw. der zuständige Landkreis ihrer auch unter Anwendung der genannten Ermächtigungsgrundlagen nicht Herr werden können, ergibt sich aus den Ausführungen der Antragsgegnerin nicht.
c)
Das Interesse der Antragsgegnerin, ihre Aufwendungen für die Errichtung von Gemeinschaftseinrichtungen zu begrenzen und auf Standorte an anderer Stelle im Stadtgebiet zu konzentrieren, ist für sich genommen von hohem städtebaulichen Gewicht. Die Antragsgegnerin sieht sich in der Gefahr, Infrastruktur in Form von erforderlichen Einrichtungen wie Kitas, Schulen etc. im Sanierungsgebiet errichten zu müssen, die sie andernorts, insbesondere im Stadtumbaugebiet Wiethop, bereits errichtet hat. Es ist aber nicht ersichtlich, dass ein solcher Baudruck tatsächlich entsteht.
In zumutbarer Entfernung sind bereits Infrastruktureinrichtungen vorhanden, die von den Bewohnern des Sanierungsgebiets genutzt werden können. Die nächstgelegene Kindertagesstätte befindet sich unter Zugrundelegung der Angaben der Antragsgegnerin (S. 5404R ff. Beiakte 15) in einer Entfernung von 0,8 km (Luftlinie) und ist laut maps.google.de innerhalb von rund einer Viertelstunde zu Fuß zu erreichen, unter Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln in ca. 5 bis 7 Minuten, jeweils gemessen ab der öffentlichen Haltestelle Goethering im Nordosten des Sanierungsgebiets. Die nächstgelegene Grundschule befindet sich in einer Entfernung von 1,3 km, weiterführende Schulen liegen in einer Entfernung von ca. 2 km. Die Satzung für die Schülerbeförderung im Landkreis Heidekreis (Schülerbeförderungssatzung) vom 19. Juni 1998, zuletzt geändert am 10. Oktober 2014, sieht gemäß § 3 Abs. 2 für den Primarbereich eine maximale Dauer der Schulwegzeit von 45 Minuten als zumutbar an, wobei je 200 m 3 Minuten anzusetzen sind. Für ältere Kinder gelten noch längere Schulwege als zumutbar. Bei einer Entfernung von 1,3 km zur nächstgelegenen Grundschule resultiert daraus ein Schulweg von etwas über 12 bis ca. 20 Minuten, also weit unterhalb der Schwelle der Unzumutbarkeit. Aus dem gleichen Grund ist nicht erkennbar, weshalb eine Entfernung von maximal 1,7 km zum nächsten Lebensmittelgrundversorger einen besonderen städtebaulichen Bedarf hervorruft.
Sollte das Bestreben der Antragsgegnerin zudem auch darauf gerichtet sein, den Anteil sozial schwächerer und damit hinsichtlich der erforderlichen sozialen Infrastruktur "aufwändigerer" Personen im Stadtgebiet dadurch zu verringern, dass diesen Personen der Wohnraum entzogen wird, wäre ein solches Bestreben kein legitimes städtebauliches Ziel und daher nicht geeignet, zur Rechtfertigung der angestrebten Sanierungsmaßnahmen beizutragen.
d)
Das von der Antragsgegnerin verfolgte Sanierungsziel, die Umgestaltung zu einem Gewerbegebiet, ist schon wegen seiner nicht zeitnahen Realisierbarkeit und der erheblichen Einschränkungen, denen dieses Gebiet unterliegen würde, nicht von hohem Gewicht.
(1) Das Sanierungsziel wird sich nicht zeitnah erreichen lassen. Die Antragsgegnerin weist zutreffend selbst darauf hin, dass sie durch die Festsetzung eines Sanierungsgebiets nicht verhindern kann, dass Wohnungen weiterhin vermietet werden. Gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 2 BauGB bedürfen in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten zwar Vereinbarungen der schriftlichen Genehmigung der Gemeinde, durch die ein schuldrechtliches Vertragsverhältnis über den Gebrauch oder die Nutzung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils auf bestimmte Zeit von mehr als einem Jahr eingegangen oder verlängert wird. Das ist aber bei Wohnungsmietverhältnissen regelmäßig nicht der Fall und sogar nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig (vgl. § 575 BGB). Im Regelfall werden Wohnraummietverträge auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Daher stellt sich gerade die fortbestehende und zeitlich unbefristete Möglichkeit zur Vermietung der Wohnungen als Hindernis für eine zeitnahe Umsetzung des Sanierungsziels heraus. Zutreffend geht auch die Antragsgegnerin davon aus, dass es ihr auch bei Wirksamkeit der Sanierungssatzung in den Fällen, in denen sie nicht selbst Eigentümerin ist, nicht möglich ist, ein Mietverhältnis etwa gemäß § 182 Abs. 1 BauGB ohne Weiteres aufzuheben. Angesichts der Tatsache, dass die Antragsgegnerin einen dringenden Bedarf für weitere Gewerbeflächen und einen seit 2014 bestehenden Engpass bei der Flächenverfügbarkeit für Gewerbegebiete konstatiert, ist nicht anzunehmen, dass sie diesen Problemen durch die Ausweisung des Gewerbegebiets effektiv begegnen kann.
(2) Das von der Gegnerin geplante Gewerbegebiet unterliegt zudem derart gravierenden Emissionsbeschränkungen, dass es sich im Ergebnis jedenfalls weithin nur für mischgebietstypische Gewerbebetriebe eignet. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Gewerbegebiet in den Fällen einer Emissionskontingentierung als faktisch unbeschränkt gilt, also ein typisches Spektrum an Gewerbebetrieben aufnehmen kann, wenn die Emissionskontingente eine Lärmentwicklung von 65 dB(A) tags bzw. 50 dB(A) nachts zulassen (vgl. nur Senatsurt. v. 18.7.2019 - 1 KN 78/17 -, juris Rn. 54; Beschl. v. 2.12.2024 - 1 MN 12/24 -, BauR 2025, 199 = juris Rn. 35). Derartige Emissionsmöglichkeiten stünden Gewerbebetrieben im Satzungsgebiet bei weitem nicht zur Verfügung. Nach den Ermittlungen der Antragsgegnerin durch zwei Schallgutachten aus den Jahren 2017 und 2020 gestattet die Vorbelastung der nördlich an das Satzungsgebiet angrenzenden Wohnbebauung aufgrund bestehender Gewerbe- und Industriebetriebe im Umfeld nur eine Ansiedlung von Gewerbebetrieben, deren Lärmimmissionen unterhalb der Irrelevanzschwelle der Nr. 3.2.1 TA Lärm bleiben. Bei einem vollständigen Abriss der Wohnbebauung mit Ausnahme lediglich des Bestands am Oerbker Berg wären maximal im autobahnnahen Streifen des Gebiets, der zudem teilweise für den Ausbau der Autobahn A7 in Anspruch genommen wird, Emissionskontingente von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts möglich. In zwei nördlich davon und näher an der Bestandswohnbebauung nördlich des Sanierungsgebiets gelegenen Gewerbegebieten lägen die Emissionskontingente mit 58 dB(A) tags/43 dB(A) nachts bzw. 57 dB(A) tags/42 dB(A) nachts noch darunter. Bei Erhalt der Wohnbebauung nördlich des Goetherings lägen die maximalen Kontingente in dem autobahnnahen Streifen mit 59 dB(A) tags und 44 dB(A) nachts entsprechend niedriger, in einem wohngebäudenahen Streifen sogar nur bei 51 dB(A) tags und 36 dB(A) nachts. Unter der Annahme eines Schallemissionskontingents von 57 dB(A) tags und 42 dB(A) nachts geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass diese Kontingente nachts nur einen Betrieb von Nebenanlagen wie zum Beispiel Kühl- und Lüftungsanlagen erlauben würden und selbst tagsüber nur geringe Freiflächennutzungen möglich seien.
(3) Für die Realisierung des Gewerbegebiets streitet hingegen zutreffend, dass durch dessen Ausweisung im Sanierungsgebiet eine weitere Inanspruchnahme von Grund und Boden im Sinne des § 1a Abs. 2 Satz 1 BauGB vermieden wird. Alternativlos ist die Ausweisung eines Gewerbegebiets an dieser Stelle indes nicht. In der mündlichen Verhandlung ist die Antragsgegnerin Erwägungen des Senats, dass an anderer Stelle im Stadtgebiet ein Gewerbegebiet ausgewiesen werden könnte, etwa westlich und südlich der Bundesstraße B209 im Westen des Stadtgebiets, nicht entgegengetreten.
3.
In der Gesamtabwägung sind die für das Sanierungsziel sprechenden Gesichtspunkte nicht von dem eingangs geforderten besonderen Gewicht. Die vorliegenden Substanz- und Funktionsmängel sind nicht so gravierend, dass ihnen nicht mit milderen Mitteln städtebaulicher, aber auch sozialer und ordnungsrechtlicher Art zu begegnen wäre. Einen Totalabriss unter Herausdrängung der Eigentümer rechtfertigen sie nicht. Die Möglichkeit, Gewerbe anzusiedeln, besteht für die Antragsgegnerin - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - noch an anderer Stelle in ihrem Gemeindegebiet, und zwar mit deutlich geringeren Emissionsbeschränkungen. Die Inanspruchnahme von Grund und Boden gerade im Sanierungsgebiet ist somit nicht unverzichtbar. Mit dem Sachverhalt der wiederholt von der Antragsgegnerin zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Braunkohletagebau "Garzweiler II" (Urt. v. 17.12.2013 - 1 BvR 3139/08 -, BVerfGE 134, 242 = NVwZ 2014, 211 = juris), die die Enteignung eines Grundstücks im Abbaugelände zum Gegenstand hatte, ist der vorliegende schon aus diesem Grund nicht vergleichbar. Auch unterhalb der Schwelle einer - hier nicht in Rede stehenden - Enteignung gemäß Art. 14 Abs. 3 GG genügt die Abwägung aber nicht den eingangs geschilderten Anforderungen an die Rechtmäßigkeit. Für die Ausweisung eines erst in Jahren zur Verfügung stehenden und dann nur gering ausnutzbaren Gewerbegebiets streitet im Ergebnis nur, dass dadurch die Inanspruchnahme weiterer Flächen im bislang unbebauten Außenbereich vermieden wird und den Ordnungsbehörden eine allem Anschein nach überschaubare Zahl an Konflikten erspart bleibt. Es ist nicht vertretbar, dieses Interesse höher zu bewerten als das durch Art. 14 GG geschützte Eigentum, dessen Gewicht die gegenläufigen öffentlichen Interessen in der Abwägung überwiegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 1.850.000 EUR festgesetzt (148 x 12.500,00 EUR in Orientierung an Nr. 8 a), 1 d) des seit dem 1. Juni 2021 geltenden Streitwertkatalogs des Senats, NdsVBl. 2021, 247).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).