Verwaltungsgericht Osnabrück
Beschl. v. 14.01.2025, Az.: 1 B 61/24

Automatenshop; Kiosk; Ladenöffnung; Sonn- und Feiertagsruhe; Verkaufsstelle; Warenautomat

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
14.01.2025
Aktenzeichen
1 B 61/24
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2025, 10051
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE::2025:0114.1B61.24.00

Amtlicher Leitsatz

Automatenshop" darf an Sonn- und Feiertagen nicht länger als drei Stunden öffnen Mehrere, nach ihrem Sortiment aufeinander abgestimmte Warenautomaten in einem abgeschlossenen Raum stellen jedenfalls dann eine Verkaufsstelle dar, wenn die Einrichtung etwa aufgrund der Art oder Größe der Automaten, ihrer Anzahl, ihrem Angebot oder sonst nach dem Gesamtkonzept mit einer der vom Gesetzgeber in den Blick genommenen Verkaufsstellen vergleichbar ist.

Tenor:

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. Juni 2024 (1 A 166/24) wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über den Betrieb von Warenverkaufsautomaten der Antragstellerin an Sonn- und Feiertagen.

Die Antragstellerin meldete zum 1. Juni 2024 beim Gewerbeamt der Antragsgegnerin das Gewerbe "Aufstellen von Automaten und Verkauf von abgepackten Lebensmitteln/Snacks" an der Adresse H., G. an. Im Erdgeschoss des an dieser Adresse befindlichen Gebäudes stellte die Antragstellerin mehrere Warenverkaufsautomaten für Rauchwaren, Hygieneartikel, alkoholfreie und alkoholhaltige Getränke sowie für Snacks auf. Außerdem befindet sich in dem von der Antragstellerin als "Automatenshop" bezeichneten Raum, der durchgehend zugänglich und videoüberwacht ist, ein Kaffee-, ein Box- und ein Schlagkraftautomat ("Hau den Lukas") sowie ein Airhockeytisch.

Nach vorangegangenen Ortsbesichtigungen und Gesprächen zwischen den Beteiligten über die Zulässigkeit einer Öffnung der Räumlichkeit auch an Sonn- und Feiertagen forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Anordnung vom 26. Juni 2024 auf, an Sonn- und Feiertagen diejenigen Verkaufsautomaten, die nicht Speisen und Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle ausgeben, für höchstens drei Stunden außerhalb der ortsüblichen Gottesdienstzeiten zu betreiben (Nr. 1). Weiterhin wurde die Antragstellerin aufgefordert, unverzüglich eine Gaststättenanzeige i.S.d. § 2 des Niedersächsischen Gaststättengesetzes (NGastG) beim Gewerbeamt einzureichen, sofern sie weiterhin Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle anbiete (Nr. 2). Die Antragsgegnerin ordnete die sofortige Vollziehung der Anordnung zu 1. unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 500,00 Euro für den Fall der Nichtbefolgung an.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Automatenshop hinsichtlich der Öffnungszeiten den Regelungen des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten (NLöffVZG) unterliege. Gem. § 2 NLöffVZG seien Verkaufsstellen Einrichtungen, in denen von einer festen Stelle aus ständig Waren verkauft würden. Dies treffe auf den Automatenshop zu, daher sei der Anwendungsbereich des Gesetzes nach § 1 Abs. 1, 1. HS NLöffVZG eröffnet. Dem stehe § 1 Abs. 1, 2. HS NLöffVZG nicht entgegen. Hiernach gelte das Gesetz außerhalb von Verkaufsstellen zwar nur für das gewerbliche Verkaufen von Waren an jedermann im unmittelbaren persönlichen Kontakt mit der Kundin oder dem Kunden und somit gerade nicht für den Verkauf über Automaten. Dies gelte aber nicht, wenn Automaten - wie hier - in einer Verkaufsstelle aufgestellt seien. Folglich habe sich die Antragstellerin an das Verbot der Sonn- und Feiertagsöffnung i.S.d. § 3 Abs. 2 NLöffVZG zu halten. Da jedoch über die Automaten Waren des täglichen Kleinbedarfs verkauft würden, lasse § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG vorliegend an Sonn- und Feiertagen eine Verkaufsdauer von drei Stunden zu.

Ferner betreibe die Antragstellerin auch eine Gaststätte i.S.d. § 1 Abs. 3 NGastG. Sie biete über den Kaffeeautomaten gewerbsmäßig Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle an. Auch wenn die Getränke "to go" angeboten würden, sei festgestellt worden, dass sie im Verkaufsraum verzehrt worden seien. Dies sei offensichtlich auch gewollt, da die Vergnügungsspielgeräte die Verweildauer deutlich verlängerten. Folglich müsse die Antragstellerin den Betrieb der Gaststätte auch beim Gewerbeamt anzeigen.

Die vorgenannten beiden Teile des "Mischbetriebs" der Antragstellerin könnten rechtlich jeweils getrennt voneinander bewertet werden.

Gegen den am 28. Juni 2024 zugestellten Bescheid hat die Antragstellerin am Montag, dem 29. Juli 2024 Klage erhoben (1 A 166/24), über die noch nicht entschieden ist. Am 4. September 2024 hat sie zudem um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Sie macht im Wesentlichen geltend, die Begründung der Antragsgegnerin zur Anordnung der sofortigen Vollziehung entspreche nicht den Vorgaben des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Antragsgegnerin lege hierin lediglich das Vollzugsinteresse, nicht aber die die Interessen der Antragstellerin zugrunde. Sie sei formelhaft und genüge daher nicht der ihr zukommenden Warn- und Hinweisfunktion. In der Sache sei der Anwendungsbereich des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten nicht eröffnet. Das Gesetz enthalte gegenwärtig keine Regelungen zum Umgang mit herkömmlichen Warenautomaten. Das Bundes-Ladenschlussgesetz habe sie bis zu einer Gesetzesänderung im Jahr 2003 noch den Verkaufsstellen zugeordnet, dies aber dann geändert, da es nicht mehr zeitgemäß gewesen sei. Nach Übergang der Gesetzgebungszuständigkeit auf die Länder habe Niedersachsen die frühere Systematik übernommen und von einem Wieder-Einbeziehen der Warenautomaten abgesehen. Im Gegenteil hätten sie durch die Regelung des § 1 Abs. 1, 2. HS NLöffVZG gerade ausgeschlossen bleiben sollen. Allein der Umstand, dass die Warenautomaten in einer Räumlichkeit aufgestellt würden, begründe noch keine eigene Verkaufsstelle im Sinne des Gesetzes. Folgte man der Auffassung der Antragsgegnerin, würden auch aufgestellte Warenautomaten an Flughäfen, Bahnhöfen, überdachten Bushaltestellen oder in Krankenhäusern eine eigene Verkaufsstelle begründen. Mit der Nutzung von Warenautomaten gehe unabhängig vom Standort keine relevante werktagstypische Betriebsamkeit und Hektik einher, die die Sonn- und Feiertagsruhe beeinträchtige. Dies gelte auch für größere Automatenkioske.

Die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. Juni 2024 zu Ziffer 1 wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie bezieht sich auf die Begründung ihres Bescheides und verweist ergänzend darauf, dass ihre Rechtsauffassung vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung bestätigt worden sei.

Mit weiterem Bescheid vom 28. August 2024 hat die Antragsgegnerin die Antragstellerin erneut aufgefordert, unverzüglich eine Gaststättenanzeige einzureichen, und hat die sofortige Vollziehung dieser Maßnahme angeordnet. Dieser Bescheid ist Gegenstand der Verfahren mit den Aktenzeichen 1 A 228/24 und 1 B 79/24.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des sonstigen Sachstands wird auf die Gerichtsakte sowie auf den im Verfahren 1 A 166/24 beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Antragsgegnerin hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend begründet. Nach dieser Vorschrift ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO - wie hier - das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Diesem Erfordernis ist nicht schon dann genügt, wenn überhaupt eine Begründung für die Vollziehungsanordnung gegeben wird. Die schriftliche Begründung kann durchaus knapp sein, sie muss aber in nachvollziehbarer Weise erkennen lassen, weshalb im konkreten Fall ausnahmsweise die gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich geltende aufschiebende Wirkung der Klage ausgeschlossen werden soll, weshalb also das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt, und zudem die Ermessenserwägungen darlegen, die die Behörde zur Anordnung der sofortigen Vollziehung bewogen haben. Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung muss dabei im Regelfall über das Interesse hinausgehen, das den Erlass des Verwaltungsakts selbst rechtfertigt, also ein qualitativ anderes Interesse darstellen. Erforderlich ist ein besonderes Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts. Es geht nicht um ein gesteigertes Interesse am Erlass des Verwaltungsakts, sondern es müssen besondere Gründe dafür sprechen, dass der Verwaltungsakt sofort und nicht erst nach Eintritt der Bestands- und Rechtskraft verwirklicht, umgesetzt oder vollzogen wird. Es muss eine besondere Dringlichkeit oder Eilbedürftigkeit für die sofortige Verwirklichung des Verwaltungsakts vorliegen. Das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist demgemäß erfüllt, wenn eine auf die Umstände des konkreten Falles bezogene Darstellung des Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts gegeben ist, aus der sich ergibt, dass und warum die Verwaltungsbehörde in diesem konkreten Fall dem Vollzugsinteresse Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 28. Juli 2023 - 7 ME 51/23 -, juris Rn. 3 m.w.N.).

Diese Vorgaben sind hier erfüllt. Die Antragsgegnerin geht entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin durchaus auf den Einzelfall ein, indem sie die Belange der freien und ungehinderten Religionsausübung und der Sonn- und Feiertagsruhe dem Interesse der Antragstellerin an einem uneingeschränkten Warenabsatz gegenüberstellt und sie, ausdrücklich auch zur Vermeidung von Nachahmeffekten, schwerer wiegt. Dies geht über eine lediglich formelhafte Begründung hinaus. Ob die Begründung für die Antragstellerin inhaltlich überzeugend ist, ist für die Bewertung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht von Relevanz.

2. Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheides vom 26. Juni 2024 ist voraussichtlich rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin daher nicht in ihren Rechten. Somit überwiegt im vorliegenden Eilverfahren das Vollzugsinteresse der Allgemeinheit das Suspensivinteresse der Antragstellerin.

Die Voraussetzungen der von der Antragsgegnerin nicht benannten, hier aber allein in Frage kommenden Ermächtigungsgrundlage des § 11 des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (NPOG) liegen vor. Das Zugänglichmachen der von der Antragstellerin aufgestellten Automaten an Sonn- und Feiertagen für mehr als drei Stunden verstößt voraussichtlich gegen die Regelungen des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten (NLöffVZG) und stellt somit eine Gefahr dar, die ein ordnungsbehördliches Einschreiten ermöglicht.

Nach Auffassung der Kammer unterfällt der hier verfahrensgegenständliche Sachverhalt dem Geltungsbereich des vorgenannten Gesetzes. Dieses gilt nach § 1 Abs. 1 NLöffVZG für Verkaufsstellen, in denen an jedermann Waren verkauft werden, und für das gewerbliche Verkaufen von Waren an jedermann im unmittelbaren persönlichen Kontakt mit der Kundin oder dem Kunden. Verkaufsstellen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG Einrichtungen, in denen von einer festen Stelle aus ständig Waren verkauft werden. Nach Satz 2 der Vorschrift gehören dazu außer Ladengeschäften aller Art auch Kioske.

Das von der Antragstellerin betriebene Objekt stellt eine "Verkaufsstelle" im Sinne des Gesetzes dar. Es unterfällt dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG, da in ihm als fester Stelle (über Automaten) ständig Waren verkauft werden. Die Kammer sieht keine Veranlassung, den Wortlaut für den hier vorliegenden Fall teleologisch zu reduzieren.

Zwar ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut und aus der Entstehungsgeschichte der Norm eindeutig, und wird auch von der Antragsgegnerin nicht angezweifelt, dass der einzelne Warenautomat als solcher dem Anwendungsbereich nicht unterfallen soll. Dies folgt daraus, dass § 1 Abs. 1, 2. HS NLöffVZG das gewerbliche Verkaufen von Waren an jedermann nur dann dem Geltungsbereich des Gesetzes unterwirft, wenn es im unmittelbaren persönlichen Kontakt mit der Kundin oder dem Kunden erfolgt, was bei Automaten nicht der Fall ist. Deren Ausschluss war auch ausdrücklich erklärtes Ziel des Landesgesetzgebers (LT-Drs. 15/3276, S. 8). Er hat damit die zuvor bereits bundesrechtlich geltende Rechtslage fortgeführt. Schon mit Wirkung vom 1. Juni 2003 hatte der seinerzeit noch zuständige Bundesgesetzgeber Warenautomaten aus der in § 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Ladenschluss enthaltenen Aufzählung derjenigen Einrichtungen, die als "Verkaufsstellen" anzusehen sein sollten, gestrichen.

Allerdings geht es vorliegend nicht um die Zulässigkeit des Betriebs eines einzelnen Warenautomaten. Vielmehr betreibt die Antragstellerin durch die Zusammenstellung mehrerer, nach ihrem Sortiment aufeinander abgestimmter Warenautomaten in einem abgeschlossenen Raum eine "Verkaufsstelle" im Sinne des Gesetzes. Eine solche liegt nach Auffassung der Kammer in Fällen der vorliegenden Art jedenfalls dann vor, wenn die Einrichtung etwa aufgrund der Art oder Größe der Automaten, ihrer Anzahl, ihrem Angebot oder sonst nach dem Gesamtkonzept mit einer der vom Gesetzgeber in den Blick genommenen "Verkaufsstellen" vergleichbar ist (so sinngemäß für das hamburgische Landesrecht auch: VG Hamburg, Beschluss vom 3. November 2023 - 7 E 3608/23 -, juris Rn. 21 ff.; für das vor dem 16. Juli 2024 geltende hessische Landesrecht: Hess. VGH, Beschluss vom 22. Dezember 2023 - 8 B 77/12 -, juris Rn. 12 ff.; ihnen für das bayerische Landesrecht folgend: VG Augsburg, Beschluss vom 23. Juli 2024 - Au 8 S 24.1362 -, juris Rn. 33; für das nordrhein-westfälische Landesrecht offen: VG Köln, Beschluss vom 24. September 2024 - 1 L 1699/24 -, juris Rn. 28). Welche dies sind, ergibt sich vornehmlich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Nach der im Gesetzentwurf der CDU- und der FDP-Fraktion im Niedersächsischen Landtag vom 1. November 2006 enthaltenen Begriffsdefinition sollten unter "Verkaufsstellen" Ladengeschäfte aller Art, Apotheken, Tankstellen und Verkaufsstellen auf Personenbahnhöfen, Flug- und Fährhäfen, Kioske, Basare, Verkaufsstellen von Genossenschaften sowie sonstige Verkaufsstände, falls in ihnen ebenfalls von einer festen Stelle aus ständig Waren zum Verkauf an jedermann gewerblich angeboten werden, fallen (LT-Drs. 15/3276, S. 1). Die nunmehr gültige Fassung erhielt das Gesetz aufgrund der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit vom 21. Februar 2007 (LT-Drs. 15/3278). Zur Begründung heißt es im schriftlichen Bericht vom 5. März 2007 (LT-Drs. 15/3610, S. 3), die Vorschrift enthalte in Absatz 1 des Gesetzentwurfs eine Aufzählung verschiedener Verkaufsstellen, die nur aus der Entstehungsgeschichte des bisherigen Rechts verständlich werde. Der Ausschuss schlage dazu vor, Verkaufsstellen als solche gesetzlich zu definieren, und zwar in Anlehnung an die Voraussetzungen für "sonstige Verkaufsstände" am Ende des Absatzes, und dafür auf die Aufführung von Beispielsfällen zu verzichten, die zweifelsfrei Verkaufsstellen beträfen und daher keiner klarstellenden Erwähnung im Gesetz bedürften, wie z.B. Apotheken, Tankstellen und Verkaufsstellen in Bahnhöfen. An der Erwähnung der Kioske werde festgehalten, weil dabei der Verkauf nicht notwendigerweise in den Kiosken stattfinde.

Diese Sichtweise entspricht dem vom Landesgesetzgeber verfolgten Gesetzeszweck. Dieser besteht - neben der Deregulierung und der Entbürokratisierung - zum einen darin, dem Einzelhandel durch die weitgehende Freigabe der Verkaufszeiten die erforderliche Flexibilität zu ermöglichen und für die Verbraucherinnen und Verbraucher die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu erleichtern. Zum anderen sollen die Regelungen den grundsätzlichen Ladenschluss an Sonn- und Feiertagen sicherstellen. Dadurch soll der Sonn- und Feiertagsschutz verwirklicht und sozialer Arbeitsschutz für Beschäftigte und Verkaufsstelleninhaber sichergestellt werden (vgl. LT-Drs. 15/3276, S. 7). Unter dieser Prämisse ist es konsequent, einzelne Warenautomaten aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes auszuschließen und die vorbenannten Verkaufsstellen einzubeziehen. Von ersteren gehen in der Regel insbesondere keine Störungen der verfassungsrechtlich über Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 der Weimarer Reichsverfassung geschützten Sonn- und Feiertagsruhe aus. Bei letzteren ist dies aber auch dann der Fall, wenn sie automatisiert, also ohne den Einsatz von Verkaufspersonal betrieben werden (vgl. zum hamburgischen Landesrecht: VG Hamburg, Beschluss vom 3. November 2023 - 7 E 3608/23 -, juris Rn. 20). Dass das Gesetz auch ohne den Einsatz von Personal betriebene Verkaufsstellen erfasst, ergibt sich aus der Gesamtschau des § 1 Abs. 1 NLöffVZG, da dieser den unmittelbaren persönlichen Kontakt mit der Kundin oder dem Kunden bei Verkaufsstellen gerade nicht verlangt.

Der hier streitgegenständliche "Automatenshop" ist mit einem Kiosk vergleichbar. Er stellt wie ein Kiosk den Charakter der Sonn- und Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und seelischen Erhebung erheblich stärker in Frage als die Benutzung eines "klassischen" Warenautomaten. Die Vergleichbarkeit rührt einmal vom Sortiment der Einrichtung her. So werden dort mit Rauchwaren, Hygieneartikeln, alkoholfreien und alkoholhaltigen Getränken sowie mit Snacks klassischerweise an Kiosken zu erwerbende Waren verkauft. Dabei weisen die einzelnen Warengruppen eine Varianz und Menge auf, die ein einzelner Warenautomat nicht bereitzuhalten in der Lage wäre. Folglich zieht die Einrichtung schon unabhängig von der Frage, welche rechtliche Bedeutung den ebenfalls in dem Raum befindlichen Unterhaltungsgeräten zukommt, potentiell eine große Anzahl von Kunden an, zumal an Sonn- und Feiertagen ein ähnliches Sortiment wegen des Ladenschlusses andernorts, mit Ausnahme der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 NLöffVZG ausgenommenen Verkaufsstellen, nicht dauerhaft erwerblich ist. Auch zur Gewährleistung der wirtschaftlichen Gleichbehandlung mit Betreibern "klassischer" Kioske (Art. 3 Abs. 1 GG) hat die Antragsgegnerin die Regelungen des Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten daher zu Recht auch auf die Antragstellerin angewendet. Eine andere Sichtweise setzte nach Auffassung der Kammer eine ausdrückliche gesetzliche Regelung voraus (vgl. etwa § 4 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes in der seit dem 16. Juli 2024 gültigen Fassung).

Hinsichtlich der korrekten Anwendung des Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten im Übrigen sind Zweifel weder vorgetragen noch drängen sie sich auf.

Unabhängig hiervon dürfte zwar fraglich sein, ob die Anordnung Nr. 1 im angegriffenen Bescheid, soweit sie sich nicht auf Verkaufsautomaten bezieht, die Speisen und Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle ausgeben, hinreichend bestimmt ist. Es bleibt unklar, welche Automaten hiervon konkret betroffen sind. Soweit die Antragsgegnerin in der Begründung des Bescheides darauf abstellt, es würden Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verkauft, bezieht sie sich allein auf den Automaten für Kaffee und andere Heißgetränke. Ihre Argumentation, das Vorhandensein von Vergnügungsautomaten lade zu einem Sofortverzehr geradezu ein, müsste sich folgerichtig aber auch - möglicherweise sogar zentral - auf die sonst verkauften alkoholischen und nichtalkoholischen Getränke beziehen. Ob auch diese Automaten von der Anordnung erfasst sein sollen, erschließt sich nicht. Die Frage kann aber letztlich dahingestellt bleiben, da die Auffassung der Antragsgegnerin, die Antragstellerin betreibe teilweise ein Gaststättengewerbe, rechtlich unzutreffend ist (siehe hierzu den Beschluss der Kammer vom heutigen Tag im Verfahren 1 B 79/24). In keinem der Automaten werden Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verkauft. Die einschränkende Regelung in Nr. 1 der streitgegenständlichen Anordnung ist letztlich mithin inhaltsleer.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.