Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 06.05.2025, Az.: 10 LC 149/23
Voraussetzungen für die Gewährung der Junglandwirteprämie
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 06.05.2025
- Aktenzeichen
- 10 LC 149/23
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2025, 15848
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2025:0506.10LC149.23.00
Verfahrensgang
Rechtsgrundlage
- Art. 49 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. b) S. 2, Buchst. c) DVO 639/2014/EU
Amtlicher Leitsatz
Für eine gemeinschaftliche Kontrolle i. S. d. Art. 49 Abs. 1 UA 1 lit. b DVO (EU) Nr. 639/2014 ist es ausreichend, dass der Junglandwirt ein gemeinschaftliches Kontrollrecht in Form eines Veto-Rechts hat, also die maßgeblichen Entscheidungen zur Betriebsführung, zu Gewinnen und zu finanziellen Risiken der Gesellschaft nicht gegen den Willen des Junglandwirts getroffen und umgesetzt werden können, die alleinige Kontrolle über die Gesellschaft in Form eines Bestimmungsrechts ist nicht erforderlich.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen - 2. Kammer - vom 9. November 2023 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin die Voraussetzungen für die Gewährung der Junglandwirteprämie erfüllt.
Die Klägerin ist eine am ... 2019 gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die einen landwirtschaftlichen Betrieb mit ca. 148 ha Acker- und Dauergrünland sowie 130 Milchkühen, Rindern und Jungtieren in G. -Stadt betreibt. Alleinige Gesellschafter der Klägerin sind Frau H. I. und ihr Ehemann Herr J. K., der im ... 1980 geboren ist. Frau I. (Gesellschafterin zu 1.) hat das Nutzungsrecht an ihren land- und fortwirtschaftlichen Grundflächen einschließlich der Wirtschaftsgebäude sowie Sachwerte und Kapitalvermögen in die Gesellschaft eingebracht, Herr K. (Gesellschafter zu 2.) ist ausschließlich mit Kapitalvermögen beteiligt (§ 3 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin vom 1. Juli 2019, Beiakte, Bl. 70 ff.). Entsprechend dieser Anteile enthält § 10 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin in der Fassung vom 1. Juli 2019 die folgende Regelung:
"1. Die Gesellschafter sind wie folgt an dem Ergebnis der Gesellschaft beteiligt:
die Gesellschafterin zu 1. mit 75 %
der Gesellschafter zu 2. mit 25 %"
Zur Geschäftsführung und Vertretung trifft § 5 des Gesellschaftsvertrags folgende Regelung:
"Zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft und deren Vertretung nach außen sind beide Gesellschafter alleine berechtigt und verpflichtet, jedoch mit einer Beschränkung im Innenverhältnis auf Verpflichtungsgeschäfte, die 3.000 Euro im Einzelfall und 25.000 Euro in Jahressumme nicht übersteigen. Hierüber hinausgehende Verpflichtungsgeschäfte bedürfen eines Mehrheitsbeschlusses aller Gesellschafter. (...)"
§ 7 des Gesellschaftsvertrags enthält folgende Regelungen zur Beschlussfassung und Protokollierung:
"1. Beschlüsse der Gesellschaft bedürfen der Einstimmigkeit. Bei Gesellschafterversammlungen, an deren Teilnahme ein Gesellschafter ausdrücklich verzichtet hat (§ 5 letzter Satz) reicht die Einstimmigkeit der anwesenden Gesellschafter.
2. Das Stimmenverhältnis richtet sich nach dem Verhältnis der Gesellschaftsbeteiligungen gem. § 10 dieses Vertrages.
2. Auf Verlangen eines Gesellschafters ist ein Protokoll über die Gesellschafterversammlung zu fertigen. (...)"
In das landwirtschaftliche Unternehmen der Klägerin ist auch der gemeinsame Sohn der Gesellschafter, Herr L. I., eingebunden, der jedoch nicht Gesellschafter ist.
Am 6. Mai 2020 stellte die Klägerin einen Sammelantrag Agrarförderung bei der Beklagten für das Jahr 2020 und beantragte die Gewährung einer Basisprämie, einer Greeningprämie, einer Umverteilungsprämie und einer Junglandwirteprämie, wobei Herr K. als Junglandwirt und verantwortlicher Betriebsleiter benannt wurde.
Die Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 17. Dezember 2020 die Basisprämie, die Greeningprämie und die Umverteilungsprämie. Mit gesondertem Bescheid vom 17. Dezember 2020 lehnte die Beklagte die Gewährung der Junglandwirteprämie mit der Begründung ab, eine wirksame Kontrolle der betrieblichen Entscheidungen durch den Gesellschafter K., der im Übrigen die Voraussetzungen nach Art. 50 Abs. 2 der VO (EU) Nr. 1307/2013 erfülle, sei nicht gewährleistet. Nach § 5 des Gesellschaftsvertrags obliege die Betriebsführung beiden Gesellschaftern. Nach § 7 bedürften Beschlüsse der Einstimmigkeit, wobei sich das Stimmenverhältnis nach dem Verhältnis der Gesellschafterbeteiligungen gemäß § 10 des Gesellschaftsvertrags richte. Da der Gesellschafter K. nur einen Anteil von 25 % innerhalb der Gesellschaft innehabe, könnten Entscheidungen gegen ihn - den Junglandwirt - getroffen werden. Damit sei die Fördervoraussetzung, dass der Junglandwirt die GbR "wirksam und langfristig in Bezug auf die Entscheidungen zur Betriebsführung, Gewinnen und finanziellen Risiken kontrolliert" nicht gegeben.
Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin mit Schreiben vom 19. Januar 2021 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass § 7 des Gesellschaftsvertrags das Gebot der Einstimmigkeit von Entscheidungen enthalte. Der Hinweis auf § 10 in § 7 Abs. 2 sei versehentlich nicht gelöscht worden. Die Gewinnverteilung nach § 10 des Vertrags habe nichts mit dem Erfordernis der Einstimmigkeit bei Beschlüssen zu tun.
Am 20. Januar 2021 strichen die Gesellschafter der Klägerin den Verweis auf § 10 in § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags (Beiakte, Bl. 72).
Nachdem die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 2022 zurückgewiesen hatte, hat die Klägerin am 1. Februar 2022 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, dass die Auslegung des Gesellschaftsvertrags durch die Beklagte falsch sei. Tatsächlich erlaubten die Regelungen zur Beschlussfassung im Rahmen der Gesellschafterversammlung und damit zur Lenkung bzw. Führung der Gesellschaft offensichtlich ein ausreichendes Maß an Kontrolle über die GbR durch den Junglandwirt. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags könnten Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nur einstimmig gefasst werden. Dies gelte unabhängig davon, in welchem Verhältnis die jeweiligen Stimmanteile der beteiligten Gesellschafter zu einander ständen. Auf Grund der vorgegebenen Notwendigkeit einer einstimmigen Beschlussfassung sei es der Gesellschafterin zu 1. gerade nicht möglich, einen Mehrheitsbeschluss herbeizuführen und den Junglandwirt zu überstimmen. Damit sei keine Entscheidung gegen die Interessen oder die abgegebene Stimme des Junglandwirts möglich und das erforderliche Maß an Kontrolle durch den beteiligten Junglandwirt über die antragstellende Gesellschaft ausreichend umgesetzt. Selbst wenn man einen inhaltlichen Widerspruch des Gesellschaftsvertrags annehmen würde, wäre nach den hilfsweise heranzuziehenden Vorschriften der §§ 705 ff. BGB auf Grund des Einstimmigkeitsprinzips ebenfalls nur eine einstimmige Beschlussfassung möglich.
Entgegen der von der Beklagten angeführten Entscheidung, die die alte Rechtslage betreffe, bedürfe es einer Mehrheit der Stimmanteile des Junglandwirts, die ihm die alleinige Kontrolle der Gesellschaft ermögliche, nicht. Auch in der vom zuständigen Bundesministerium herausgegebenen Broschüre "Umsetzung der EU-Agrarreform in Deutschland" von 2015 werde ausgeführt, dass eine gemeinschaftliche Kontrolle bereits dann vorliege, wenn die anderen Nicht-Junglandwirte keine Entscheidung gegen den Junglandwirt durchsetzen könnten. Dies werde auch im zukünftigen § 12 Abs. 2 des GAP-Direktzahlungsgesetzes ausdrücklich geregelt. Die gemeinsame Geschäftsführung stehe der Annahme eines ausreichenden Kontrollumfangs des Junglandwirts im Rahmen der Gesellschaft nicht entgegen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Ablehnungsbescheid der Beklagten hinsichtlich der Junglandwirteprämie 2020 vom 17. Dezember 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 2022 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr für das Antragsjahr 2020 eine Junglandwirteprämie in Höhe von 3.960 EUR zu bewilligen und zzgl. Zinsen in Höhe von 0,5 % für jeden vollen Monat seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihre Ausführungen in ihrem Ablehnungs- und Widerspruchbescheid verwiesen und ergänzend eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 4.5.2020 - 6 ZB 19.1755 -) angeführt, wonach es nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlich sei, dass der bezüglich der Niederlassungshilfe für Junglandwirte anspruchsberechtigte Junglandwirt mehr als die Hälfte der Anteile an der Gesellschaft halte und dass seine Anteile mehr als die Hälfte der Stimmrechte repräsentierten. Nur wenn derjenige, der über die erforderliche berufliche Qualifikation verfüge, auch eine solche Kontrollbefugnis besitze, sei eine Gewähr für die Erreichung der speziellen Ziele gegeben, die mit den fraglichen Rechtsvorschriften der Union verfolgt würden. Dies gelte ebenso für die Voraussetzung der wirksamen und langfristigen Kontrolle der juristischen Person durch den Junglandwirt nach Art. 49 Abs. 1 lit. b) VO (EU) Nr. 639/2014. Dies entspreche auch der im Erwägungsgrund Nr. 47 der VO (EU) Nr. 1307/2013 niedergelegten Zielsetzung der Regelungen. Durch die geforderte starke Stellung des Junglandwirts sollten Umgehungen dieser speziellen, von der Europäischen Union verfolgten Ziele der Betriebsbeihilfe (Unterstützung der Junglandwirte, nicht juristischer Personen) verhindert und der Junglandwirt auch davor geschützt werden, dass er sein Humanpotential und seine berufliche Qualifikation in die Gesellschaft einbringe, aber nur geringfügig am Gewinn beteiligt werde.
Vorliegend könne der in der Fassung vom ... 2019 vorgelegte Gesellschaftsvertrag in Hinblick auf die uneindeutige Regelung in § 7 eine langfristige Kontrolle durch den Junglandwirt nicht sicherstellen. Eine Auslegung dahingehend, dass der Junglandwirt jedes Geschäft der GbR unterbinden und sich damit ausreichende Kontrollmöglichkeiten verschaffen könne, sei mit dem in den weiteren aufgenommenen Regelungen im GbR-Vertrag zum Ausdruck gebrachten Willen der Gesellschafter nicht zu vereinbaren und rechtstechnisch in der Gestaltung nicht nachvollziehbar. Insoweit sei auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 16. Februar 2019 (- 11 A 1280/19 -, nachfolgend Senatsbeschluss vom 24.10.2022 - 10 LA 43/22 -) zu verweisen, wonach bei einer Regelung im Gesellschaftsvertrag, die einem Mehrheitsbeschluss entsprechend der jeweiligen Beteiligungen gegen den Junglandwirt ermögliche, keine ausreichenden Kontrollmöglichkeiten des Junglandwirts beständen.
Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 9. November 2023 die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 17. Dezember 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 2022 verpflichtet, der Klägerin für das Jahr 2020 eine Junglandwirteprämie in Höhe von 3.868,51 EUR zu bewilligen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin als Vereinigung natürlicher Personen Empfängerin der Junglandwirteprämie sein könne und für das Jahr 2020 einen Anspruch auf diese Prämie habe. Nach Art. 49 Abs. 1 UA 1 lit. b) der DVO (EU) Nr. 639/2014 werde die jährliche Zahlung für Junglandwirte gemäß Art. 50 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 einer juristischen Person unabhängig von ihrer Rechtsform gewährt, wenn diese Anrecht auf eine Zahlung im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung und insoweit Zahlungsansprüche aktiviert oder beihilfefähige Hektarflächen angemeldet habe und wenn ein Junglandwirt die juristische Person wirksam und langfristig in Bezug auf die Entscheidungen zur Betriebsführung, Gewinnen und finanziellen Risiken im ersten Jahr nach der Antragstellung kontrolliere. Seien mehrere natürliche Personen, bei denen es sich nicht ausschließlich um Junglandwirte handele, am Kapital oder der Betriebsführung beteiligt, so müsse der Junglandwirt in der Lage sein, diese wirksame und langfristige Kontrolle allein oder gemeinschaftlich mit anderen Landwirten auszuüben. Damit habe der Verordnungsgeber zum Ausdruck gebracht, dass der Junglandwirt bei Personenvereinigungen nicht eine alleinige Kontrolle über die Gesellschaft ausüben müsse, sondern eine Beteiligung an der Kontrolle genüge.
In der Rechtsprechung sei umstritten, wie die Regelung in Art. 49 Abs. 1 UA 1 lit. b) DVO (EU) Nr. 639/2014 auszulegen sei, bzw. ob es im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH vom 25. Oktober 2012 (- C-592/11 -, juris Rn. 57) und den Erwägungsgrund Nr. 62 der genannten Verordnung erforderlich sei, dass der Junglandwirt, vom dem eine juristische Person bzw. eine Vereinigung natürlicher Personen ihre Berechtigung zum Erhalt einer Junglandwirteprämie ableite, mehr als die Hälfte der Anteile der juristischen Person bzw. der Personenvereinigung besitze und diese Anteile auch mehr als die Hälfte der Stimmrechte repräsentierten. Die entscheidende Kammer schließe sich diesbezüglich der Auffassung des Verwaltungsgerichts Neustadt (Urteil vom 13.10.2022 - 2 K 162/22.NW -, juris Rn. 40 ff.) an, wonach die Mitgliedstaaten konkretisieren könnten, wann ein Junglandwirt nach innerstaatlichem Gemeinschaftsrecht mit einem anderen Gesellschafter die wirksame und langfristige Kontrolle über eine GbR in Bezug auf Betriebsführung, Gewinne und finanzielle Risiken ausübe und Deutschland dies vor dem Inkrafttreten einer entsprechenden gesetzlichen Regelung durch eine bundeseinheitliche Verwaltungspraxis getan habe. Die deutschen Behörden seien einheitlich davon ausgegangen, dass ein Veto-Recht des Junglandwirts genügte, um die gemeinschaftliche Kontrolle zu bejahen. Der Maßstab sei nicht gewesen, dass der Junglandwirt die Betriebsführung aktiv gestalten und Entscheidungen gegen den Willen der anderen Gesellschafter habe durchsetzen können. Diese Auslegung halte sich im Rahmen der unionsrechtlichen Vorgaben und gewährleiste die Ziele des Art. 49 Abs. 1 lit. b i. V. m. Art. 50 DVO (EU) Nr. 639/2014 i. V. m. Art. 50 Abs. 2 lit. a) VO (EU) Nr. 1307/2013. Ein Mitgliedstaat könne sich dafür entscheiden, bei Personengesellschaften eine passive Kontrolle durch ein Vetorecht ausreichen zu lassen.
Im vorliegenden Fall gewährleiste der Gesellschaftsvertrag der Klägerin eine wirksame und langfristige Kontrolle der GbR durch den Gesellschafter zu 1.). Die Regelungen in § 7 Abs. 1 (Einstimmigkeit) und § 7 Abs. 2 i. V. m. § 10 (Stimmverhältnis nach Gesellschaftsbeteiligung) des Vertrages seien widersprüchlich und bedürften daher der Auslegung. Eine Einstimmigkeit würde der gesetzlichen Regelung in § 709 Abs. 1 BGB entsprechen. Allerdings könne der Gesellschaftsvertrag gemäß § 709 Abs. 2 BGB durch sog. Mehrheitsklauseln vom Grundsatz der Einstimmigkeit abweichen. Eine Mehrheitsklausel nach Kapitalanteilen mache in einem Gesellschaftsvertrag, an dem nur zwei Gesellschafter beteiligt seien, im Hinblick auf das gleichzeitig vereinbarte Einstimmigkeitserfordernis keinen erkennbaren Sinn. Die Kammer gehe daher davon aus, dass sich die Gesellschafter auf eine Einstimmigkeit geeinigt hätten und den Verweis auf § 10 in § 7 Abs. 2 des Vertrages entweder rechtlich falsch eingeordnet oder es - entsprechend ihrem Vortrag - versäumt hätten, diese Regelung zu löschen, wofür spreche, dass § 7 einen weiteren "Absatz 2" enthalte. Anhaltspunkte dafür, dass die Gesellschafter mit ihrem Vorbringen darauf abzielten, im Nachhinein rechtsmissbräuchlich die Voraussetzungen für die Gewährung der Junglandwirteprämie herbeizuführen, habe das Gericht nicht.
Würde man dagegen zu dem Ergebnis kommen, dass die Regelungen in § 7 Abs. 1 und 2 des Gesellschaftsvertrags in einem unlösbaren Widerspruch zu einander ständen und man den wirklichen Willen der Vertragspartner nicht bestimmen könne, würde dies dazu führen, dass die Vertragsbestimmung unwirksam wäre und die gesetzliche Regelung zum Tragen käme. Auch in diesem Fall wäre gemäß § 709 Abs. 1 BGB für jedes Geschäft die Zustimmung beider Gesellschafter erforderlich und Entscheidungen könnten nicht gegen den Willen des Junglandwirts getroffen werden. Im Ergebnis könne der Gesellschafter K., dessen Widerspruchsrecht nicht vertraglich ausgeschlossen sei, den Betrieb wirksam kontrollieren. Diese Kontrolle sei auch langfristig, da ihm für den Fall der Kündigung der Gesellschaft durch die Mitgesellschafterin gemäß § 14 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags das Recht zur Fortführung zustehe.
Gegen das ihr am 16. November 2023 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts hat die Beklagte am 27. November 2023 die vom Verwaltungsgericht gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob eine wirksame und langfristige Kontrolle eines in Form einer Personenvereinigung geführten landwirtschaftlichen Betriebs durch den Junglandwirt i. S. v. Art. 49 Abs. 1 UA 1 lit. b) der DVO (EU) Nr. 639/2014 voraussetze, dass der Betreffende mehr als die Hälfte der Anteile an der Vereinigung besitze und diese Anteile mehr als die Hälfte der Stimmrechte repräsentierten, oder ob es ausreiche, dass die wirksame Kontrolle in anderer Weise gesellschaftsvertraglich gewährleistet sei, zugelassene Berufung eingelegt. Zu deren Begründung macht sie geltend, die Bestimmung des Art. 49 Abs. 1 DVO (EU) Nr. 639/2014 sei dahingehend auszulegen, dass Entscheidungen zur Betriebsführung, Gewinnen und finanziellen Risiken nicht gegen den Junglandwirt getroffen und umgesetzt werden dürften. Aus dem vorliegenden und für das Antragsjahr 2020 gültigen Gesellschaftsvertrag gehe jedoch hervor, dass auch Entscheidungen gegen den Junglandwirt K. getroffen werden könnten. Damit sei die Fördervoraussetzung, dass der Gesellschafter K. die GbR "wirksam und langfristig in Bezug auf Entscheidungen zur Betriebsführung, Gewinnen und finanziellen Risiken kontrolliert" nicht gegeben. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts seien die Regelungen des Gesellschaftsvertrags nicht widersprüchlich und miteinander unvereinbar, sondern ehemals von den Gesellschaftern so vereinbart und gewollt. Selbst wenn die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung grundsätzlich einstimmig gefasst werden müssten und es somit auf das Verhältnis der Stimmanteile nicht ankommen würde, sei weder ersichtlich noch hinreichend nachgewiesen, dass der Junglandwirt im streitgegenständlichen Antragsjahr die Klägerin als den juristischen Personen gleichgestellte Vereinigung natürlicher Personen als geschäftsführender Gesellschafter wirksam und langfristig in Bezug auf die Entscheidungen zur Betriebsführung, zu Gewinnen und zu finanziellen Risiken im ersten Jahr nach der Antragstellung auf Zahlung im Rahmen der Regelung für Junglandwirte kontrolliert oder diese Kontrolle gemeinschaftlich mit anderen Landwirten ausgeübt habe. Die handschriftliche Streichung von Ziffer 2 des § 7 des Gesellschaftsvertrags am 20. Januar 2021 sei erst ab dem Antragsjahr 2021 gültig. Eine rückwirkende nachträgliche Änderung zum Zwecke der Inanspruchnahme der Junglandwirteprämie sei nicht möglich. Außerdem spreche die Regelung in § 5 des Gesellschaftsvertrags entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts gegen eine wirksame Kontrolle des Gesellschafters K., da er von Mehrheitsbeschlüssen abhängig sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 9. November 2023 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass der Gesellschaftsvertrag in § 7 Abs. 1 eindeutig sei und nicht der Auslegung bedürfe. Der Wortlaut gebe unmissverständlich vor, dass Beschlüsse nur einstimmig gefasst werden könnten. Damit sei eine Entscheidung gegen den Junglandwirt nicht möglich. Nehme man eine Auslegungsbedürftigkeit an, komme die gesetzliche Regelung des § 709 BGB a. F. zum Tragen, wonach Entscheidungen ebenfalls nur einstimmig getroffen werden könnten. Darüber hinaus sei zu beachten, dass es sich bei der Klägerin um einen Familienbetrieb handele, in dem die Gesellschafter den landwirtschaftlichen Betrieb als Eheleute gemeinsam und im grundsätzlichen Einvernehmen führten. Dies könne auch der in das Familienunternehmen eingebundene Sohn der Gesellschafter der Klägerin bestätigen.
Auch bezüglich der von der Beklagten gerügten Regelung in § 5 des Gesellschaftsvertrags bezüglich der Alleingeschäftsführungsbefugnis für Geschäfte bis zu 3.000 EUR sei der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Es entspreche der Rechtsprechung weiterer erstinstanzlicher Gerichte und auch des hiesigen Senats, dass selbst im Falle einer im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Allgemeingeschäftsführungsbefugnis ohne jährliche Obergrenze von einem ausreichenden Maß an Kontrolle des Junglandwirts auszugehen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das der Klage weitgehend stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg.
Der ablehnende Bescheid der Beklagten bezüglich der Junglandwirteprämie vom 17. Dezember 2020 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Diese hat einen Anspruch auf die Bewilligung der beantragten Direktzahlung nach der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates (im Folgenden: VO (EU) Nr. 1307/2013) in Verbindung mit der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 639/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 (im Folgenden: DVO (EU) Nr. 639/2014) für das Antragsjahr 2020.
Die Mitgliedstaaten gewähren gemäß Art. 50 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 eine jährliche Zahlung an Junglandwirte, die ein Anrecht auf eine Zahlung im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Kapitel 1 haben. Gemäß Art. 50 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1307/2013 gelten als "Junglandwirte" natürliche Personen, die a) sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niederlassen oder die sich während der fünf Jahre vor dem im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Art. 72 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013 erstmalig gestellten Beihilfeantrag bereits in einem solchen Betrieb niedergelassen haben und b) im Jahr der Antragstellung gemäß Buchstabe a) nicht älter als 40 Jahre sind. In Bezug auf juristische Personen bestimmt Art. 49 Abs. 1 DVO (EU) Nr. 639/2014, dass die jährliche Zahlung für Junglandwirte gemäß Art. 50 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 einer juristischen Person unabhängig von ihrer Rechtsform gewährt wird, wenn a) die juristische Person Anrecht auf eine Zahlung im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Titel III Kapitel 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 hat und Zahlungsansprüche aktiviert oder beihilfefähige Hektarflächen angemeldet hat; sowie b) ein Junglandwirt im Sinne von Art. 50 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1307/2013 die juristische Person wirksam und langfristig in Bezug auf Entscheidungen zu Betriebsführung, Gewinnen und finanziellen Risiken im ersten Jahr der Antragstellung der juristischen Person auf Zahlung im Rahmen der Regelung für Junglandwirte kontrolliert. Sind mehrere natürliche Personen, bei denen es sich nicht ausschließlich um Junglandwirte handelt, am Kapital oder der Betriebsführung der juristischen Person beteiligt, so muss der Junglandwirt gemäß Art. 49 Abs. 1 UA 1 lit. b) Satz 2 DVO (EU) Nr. 639/2014 in der Lage sein, diese wirksame und langfristige Kontrolle allein oder gemeinschaftlich mit anderen Landwirten auszuüben. Darüber hinaus muss mindestens einer der Junglandwirte, der die Voraussetzung gemäß Buchstabe b) erfüllt, den Förderkriterien entsprechen, die die Mitgliedstaaten gegebenenfalls gemäß Art. 50 Abs. 3 VO (EU) Nr. 1307/2013 festgelegt haben, es sei denn, die Mitgliedstaaten haben beschlossen, dass diese Kriterien für alle solchen Junglandwirte gelten, Art. 49 Abs. 1 UA 1 lit. c) DVO (EU) Nr. 639/2014.
In den Erwägungsgründen der Delegierten Verordnung wird unter Nr. 62 auf die in der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 festgelegten Beihilfefähigkeitsbedingungen für die Zahlung für Junglandwirte verwiesen. Darüber hinaus sei es bei juristischen Personen angezeigt, "dass diese Bedingungen von allen natürlichen Personen erfüllt werden, die entsprechend der Festlegung des Gerichtshofs der Europäischen Union [EuGH, Urteil vom 25.10.2012 - C-592/11 -, juris Rn. 56] die tatsächliche und langfristige Kontrolle über diese juristische Person ausüben".
Maßgeblich ist damit im vorliegenden Fall, ob der Gesellschafter K., den die Klägerin als verantwortlichen Betriebsleiter benannt hat und der die Voraussetzungen des Art. 50 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1307/2013 erfüllt, entsprechend den Vorgaben der DVO (EU) Nr. 639/2014 die Klägerin wirksam und langfristig in Bezug auf Entscheidungen zur Betriebsführung, zu Gewinnen und zu finanziellen Risiken kontrolliert. Da vorliegend neben dem Gesellschafter K. die Gesellschafterin I., die keine Junglandwirtin i. S. d. Art. 50 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1307/2013 ist, gemäß den Regelungen des Gesellschaftsvertrags am Kapital und der Betriebsführung der Klägerin ebenfalls beteiligt ist, muss der Gesellschafter K. entsprechend Art. 49 Abs. 1 UA 1 lit. b) Satz 2 DVO (EU) Nr. 639/2014 in der Lage sein, die wirksame und langfristige Kontrolle über die Klägerin allein oder gemeinschaftlich mit der Gesellschafterin I. auszuüben.
Dies ist der Fall. Zur Erfüllung der Vorgaben der genannten Beihilfeverordnungen ist es ausreichend, dass der Junglandwirt ein gemeinschaftliches Kontrollrecht in Form eines Veto-Rechts hat, also die maßgeblichen Entscheidungen zur Betriebsführung, zu Gewinnen und zu finanziellen Risiken der Gesellschaft nicht gegen den Willen des Junglandwirts getroffen und umgesetzt werden können, die alleinige Kontrolle über die Gesellschaft in Form eines Bestimmungsrechts ist nicht erforderlich. Dass der Gesellschafter der Klägerin K. vorliegend ein solches Veto-Recht hat, ergibt sich aus den Regelungen des Gesellschaftsvertrags der Klägerin.
Der Europäische Gesetzgeber hat es im Rahmen der hier maßgeblichen Verordnungen den Mitgliedstaaten überlassen, zu bestimmen, ob der betreffende Junglandwirt, der die antragstellende juristische Person i. S. d. Art. 49 Abs. 1 UA 1 lit. b DVO (EU) Nr. 639/2014 wirksam und langfristig kontrolliert, hierfür ein Bestimmungsrecht bzw. eine Mehrheitsbeteiligung braucht, oder ob eine gemeinschaftliche (Mit-)Kontrolle in Form eines Veto-Rechts ausreichend ist.
So hatte der Europäische Gerichtshof in der im Erwägungsgrund Nr. 62 der DVO (EU) Nr. 639/2014 in Bezug genommenen Entscheidung bezüglich der Gewährung der Niederlassungsbeihilfe an Junglandwirte auf Grundlage der VO (EG) Nr. 1698/2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfond für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) zu prüfen, ob die finnische Verordnung über die Niederlassungsbeihilfe die mit der VO (EG) Nr. 1698/2005 verfolgten Ziele gewährleistet und nicht über den von den Mitgliedstaaten zu konkretisierenden Rahmen hinausgeht. Insoweit hat er ausgeführt, dass es den Mitgliedstaaten unbenommen bleibe, die Bedingungen, unter denen ein die Beihilfe Beantragender als "Betriebsinhaber" eingestuft werden könne, im Einzelnen zu konkretisieren, solange solche Bedingungen nicht über den mit ihnen zu konkretisierenden Rahmen hinausgingen und somit unter Beachtung der Vorschrift und der mit der Verordnung verfolgten Ziele gewährleisteten, dass der Antragsteller sowohl den landwirtschaftlichen Betrieb als auch dessen Verwaltung tatsächlich und dauerhaft beherrsche (EuGH, Urteil vom 25.10.2012 - C-592/11 -, juris Rn. 56). Diesbezüglich begegnete die finnische Regelung im Strukturbeihilfengesetz, nach der die Gewährung der Beihilfe voraussetzt, dass der Junglandwirt mehr als die Hälfte der Anteile dieser Gesellschaft hält und dass seine Anteile mehr als die Hälfte der Stimmrechte repräsentieren, keinen Bedenken (EuGH, a.a.O., Tenor und Rn. 61). Aus dieser Feststellung lässt sich jedoch entgegen der Auffassung des von der Beklagten zitierten Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht der Schluss ziehen, dass der Europäische Gerichtshof ausdrücklich klargestellt habe, dass die Gewährung der Junglandwirteprämie in Fällen, in denen sich der Junglandwirt unter Rückgriff auf eine juristische Person niederlasse, voraussetze, dass der Junglandwirt, von dem die juristische Person ihre Berechtigung zum Zugang zu der genannten Prämie ableite, mehr als die Hälfte der Anteile der juristischen Person besitze und diese Anteile auch mehr als die Hälfte der Stimmrechte repräsentierten (so: Bayerischer VGH, Beschluss vom 4.5.2020 - 6 ZB 19.1755 -, juris Rn. 16), sondern allein, dass eine solche Regelung den europäischen Vorgaben genügt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 5.9.2023 - 21 A 1713/20 -, juris Rn. 49 ff.). Denn der Erwägungsgrund Nr. 62 DVO (EU) Nr. 639/2014 nimmt ausdrücklich auf Rn. 56 der genannten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs Bezug, die auf den Konkretisierungsspielraum der Mitgliedstaaten (unter Wahrung des zu konkretisierenden Rahmens sowie der mit der Verordnung verfolgten Ziele) verweist. Für einen entsprechenden Konkretisierungsspielraum spricht auch die Formulierung des Verordnungstextes in Art. 49 Abs. 1 UA 1 lit. b) Satz 2 DVO (EU) Nr. 639/2014 die sowohl die alleinige als auch die gemeinschaftliche Kontrolle über die juristische Person ausreichen lässt (vgl. VG Lüneburg, Urteil vom 26.4.2018 - 1 A 105/16 -, juris Rn. 20, wonach sich der Verordnungsgeber durch diese Formulierung bewusst von dem engen Verständnis der Beherrschung der juristischen Person im Fall der Niederlassungsbeihilfe für Junglandwirte im Rahmen der Förderung des ländlichen Raums gelöst habe; insoweit kritisch: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 5.9.2023 - 21 A 1713/20 -, juris Rn. 54 ff.).
Innerhalb dieses Konkretisierungsspielraums hat sich der deutsche Gesetzgeber mit der Schaffung von § 12 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes zur Durchführung der im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik finanzierten Direktzahlungen vom 16. Juli 2021 (GAPDZG) dafür entschieden, dass es für die wirksame und langfristige Kontrolle durch den Junglandwirt ausreichend ist, wenn keine der in Satz 1 genannten Entscheidungen (zur Betriebsführung, zur Verwendung von Gewinnen und zu finanziellen Risiken) gegen ihn getroffen werden kann. Und auch im hier maßgeblichen Zeitpunkt entsprach diese Auslegung des Art. 49 Abs. 1 UA 1 lit. b) Satz 2 DVO (EU) Nr. 639/2014 der ständigen Verwaltungspraxis der deutschen Behörden (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.2.2024 - 8 A10277/23.OVG -, juris Rn. 35). So hatte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in der Broschüre zur "Umsetzung der EU-Agrarreform in Deutschland, Ausgabe 2015" (abrufbar unter: https://www.bmel.de/SharadDocs/Downloads/DE/_Landwirtschaft/EU-AgrarpolitikFoerderung/UmsetzungGAPinDeutschland2015.pdf?_blob=publicationFile&v=9) zur Junglandwirteprämie unter Nr. 4.5, 112 ausgeführt: "Eine gemeinschaftliche Kontrolle liegt vor, wenn die anderen am Kapital oder der Betriebsführung beteiligten Nicht-Junglandwirte keine Entscheidungen gegen den Junglandwirt durchsetzen können". Dementsprechend war im Einzelfall zu prüfen, ob der Junglandwirt die gemeinschaftliche Kontrolle auf Grund des Gesellschaftsvertrags ausübte, was dann als erfüllt galt, wenn er Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft war und keine Entscheidungen gegen ihn getroffen werden konnten. Eine solche Auslegung hat die Beklagte auch in vorangegangenen Verfahren grundsätzlich nicht in Abrede gestellt (vgl. Senatsbeschluss vom 6.10.2020 - 10 LA 275/19 - , juris Rn. 31; und vom 17.12.2019 - 10 LA 286/18 -, juris Rn. 22; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.2.2024 - 8 A10277/23.OVG -, juris Rn. 36). Dies entspricht auch der gesellschaftsrechtlichen Praxis, da eine wie hier (Art. 49 Abs. 1 UA 1 lit. b) Satz 2 DVO (EU) Nr. 639/2014) geforderte "gemeinsame Kontrolle" beispielsweise im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen auch dann gegeben ist, wenn strategische Unternehmensentscheidungen nicht ohne die Mitwirkung des betreffenden Gesellschafters getroffen werden können (vgl. Wessely/Wegner in MK zum Wettbewerbsrecht, 4. Auflage 2023, FKVO Art. 3 Rn. 120). Die Anteilshöhe ist dabei - je nach Ausgestaltung des Vetorechts - für die Frage der gemeinsamen Kontrolle nicht entscheidend (vgl. Wessely/Wegner in MK zum Wettbewerbsrecht, 4. Auflage 2023, FKVO Art. 3 Rn. 121 m. w. N.). Ein Widerspruch zu den mit der Verordnung verfolgten Zielen oder eine Überschreitung des zu konkretisierenden Rahmens sind insoweit nicht gegeben (kritisch, aber offengelassen von OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 5.9.2023 - 21 A 1713/20 -, juris Rn. 59).
Legt man diese Konkretisierung der gemeinschaftlichen Kontrolle in Bezug auf Entscheidungen zur Betriebsführung, zu Gewinnen und zu finanziellen Risiken nach Art. 49 Abs. 1 UA 1 lit. b) DVO (EU) Nr. 639/2014 zu Grunde, sind die Fördervoraussetzungen vorliegend erfüllt, da dem Gesellschafter K. nach dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin bereits in der Fassung vom 1. Juli 2019 (im Folgenden: GsV) ein wesentliches und dauerhaftes Vetorecht zustand.
In Personengesellschaften sind Beschlüsse nach § 709 Abs. 1 BGB grundsätzlich einstimmig zu fassen. Dieses Einstimmigkeitsprinzip folgt aus der klassischen Gleichstellung der Gesellschafter in einer Personengesellschaft. Durch die Zustimmungspflicht aller Gesellschafter wird ein weitreichender Schutz der Minderheitsgesellschafter festgelegt. Im Rahmen der Gesellschaftsverträge kann das Einstimmigkeitsprinzip jedoch abbedungen und es können für Gesellschafterbeschlüsse Mehrheitsquoren beispielsweise bezugnehmend auf die Verhältnisse der Einlagen festgesetzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 21.10.2014 - II ZR 84/13 -, juris Rn. 16; Heckschen/Bachmann, Mehrheitsklauseln bei Personengesellschaften, NZG 2015, S. 351). Vorliegend haben die Gesellschafter der Klägerin vereinbart, dass die Geschäftsführung (d. h. die Entscheidungsfindung) der Klägerin bei Geschäften, die über die Grenzen von 3.000 EUR und 25.000 EUR (jährlich) hinausgehen, gemäß § 5 GsV eines Beschlusses der Gesellschafter bedarf und derartige Beschlüsse gemäß § 7 Nr. 1 GsV der Einstimmigkeit unterliegen. Darüber hinaus haben sie in § 7 Nr. 2 GsV die Regelung getroffen, dass sich das Stimmverhältnis nach dem Verhältnis der Gesellschaftsbeteiligen gemäß § 10 GsV (75 %/25 %) richtet. Sie haben jedoch auf die Festsetzung von Mehrheitsquoren für bestimmte Beschlussgegenstände (z. B. Änderung des Gesellschaftsvertrags 100%, Beschlussfassung über bestimmte Verpflichtungsgeschäfte 75% etc.) verzichtet. Auch wenn die Rechtsprechung den früheren Bestimmtheitsgrundsatz, wonach sich die einem Mehrheitsbeschluss unterworfenen Beschlussgegenstände unzweifelhaft aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben mussten, aufgegeben hat und ihn auch nicht mehr als (restriktive) Auslegungsregel berücksichtigt, so muss bei der Auslegung des Gesellschaftsvertrags nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zur Prüfung der Rechtmäßigkeit von Mehrheitsquoren jedoch berücksichtigt werden, ob eine Vereinbarung der Gesellschafter vorliegt, die einer dahingehenden Auslegung zugänglich ist (BGH, Urteil vom 21.10.2014 - II ZR 84/13 -, juris Rn. 14).
Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin ist nicht dahingehend auszulegen, dass es der Mehrheitsgesellschafterin möglich ist, den Minderheitsgesellschafter (= Junglandwirt) auf Grund ihres Gesellschaftsanteils von 75 % zu überstimmen, da an keiner Stelle des Vertrags bestimmte Mehrheitsquoren festgelegt sind. Vielmehr bedürfen Beschlüsse der Gesellschaft - wenn sie über die in § 5 GsV geregelten Geschäfte hinausgehen - nach § 7 Nr. 1 GsV der Einstimmigkeit.
Soweit § 5 GsV für über 3.000 EUR bzw. 25.000 EUR hinausgehende Geschäfte "Mehrheitsbeschlüsse aller Gesellschafter" vorschreibt, kann diese Formulierung im Zusammenhang mit der Regelung des § 7 Nr. 1 GsV sowie der Zusammensetzung der Gesellschaft aus zwei Gesellschaftern nur als "Zustimmung aller Gesellschafter" verstanden werden. Für die Annahme, dass für einen "Mehrheitsbeschluss aller Gesellschafter" allein die Stimme der Mehrheitsgesellschafterin I. ausreichend sein sollte, finden sich keine Anhaltspunkte, zumal bzgl. dieser Regelung in § 5 GsV ein Verweis auf die Gesellschaftsanteile fehlt. Auch wenn der Gesellschaftsvertrag der Klägerin an dieser Stelle auslegungsbedürftig ist, so liegt kein unlösbarer Widerspruch der einzelnen Regelungen vor, der zur Unwirksamkeit der betreffenden Vertragsbestimmungen führt.
Dies gilt auch für die Regelungen zur Beschlussfassung und Protokollierung in § 7 GsV. Zur Regelung des § 7 Nr. 1 GsV steht der Verweis in § 7 Nr. 2 GsV auf § 10 Nr. 1 GsV nicht in einem unvereinbaren Widerspruch, da hier unterschiedliche Regelungsbereiche betroffen sind: § 7 Nr. 1 GsV betrifft die Frage, welche Mehrheit für einen bestimmten Beschluss erforderlich ist, während § 7 Nr. 2 GsV bestimmt, wie viele Stimmen jeder Gesellschafter hat. Da vorliegend - wie vorstehend ausgeführt - keine Abstufungen bezüglich der erforderlichen Mehrheiten je nach Beschlussgegenstand vorgenommen wurden, sondern alle Entscheidungen der Einstimmigkeit bedürfen, ist die Regelung in § 10 Nr. 1 GsV für die Beschlussfassung (nicht aber für die Gewinnverteilung) schlicht ohne Bedeutung, sie ist jedoch nicht unvereinbar.
Erfordern somit alle über die in § 5 GsV geregelten Geschäfte hinausgehenden Entscheidungen eine einstimmige Beschlussfassung der Gesellschafter, können wesentliche Entscheidungen nicht gegen den Willen eines der Gesellschafter getroffen werden.
Für die Annahme, dass die in § 5 GsV geregelten Geschäfte bis zu den Grenzen von 3.000 EUR und 25.000 EUR (jährlich), die auch von der Gesellschafterin I. allein vorgenommen werden können, in Anbetracht der Betriebsgröße (nahezu) alle wesentlichen betrieblichen Entscheidungen ausmachen, bestehen keine Anhaltspunkte. Maßgeblich ist insoweit auch nicht, dass die Gesellschafterin I. im Rahmen dieses finanziellen Spielraums (ebenfalls) die alleinige Vertretungsbefugnis im Außenverhältnis besitzt. Wenn intern eine Geschäftsführungsentscheidung getroffen wurde, dann werden durch eine davon abweichende Vertretung eines Gesellschafters nicht die Kontrollmöglichkeiten des anderen Gesellschafters in Frage gestellt, sondern ggf. Schadenersatzpflichten begründet (vgl. Senatsbeschluss vom 17.12.2019 - 10 LA 286/18 -, juris Rn. 27; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.2.2024 - 8 A 10277/23 -, juris Rn. 40).
Soweit die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 10. Januar 2024 erstmals in Abrede gestellt hat, dass der Gesellschafter K. tatsächlich eine wirksame und langfristige Kontrolle über die Klägerin im ersten Jahr nach der Antragstellung ausgeübt habe, ist keine andere Bewertung geboten. Für die Frage, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Junglandwirteprämie erfüllt sind, kommt es nicht darauf an, ob und wie der betreffende Junglandwirt tatsächlich die gemeinschaftliche Kontrolle über die Gesellschaft ausgeübt hat, sondern allein darauf, ob er rechtlich dazu in der Lage gewesen ist (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.2.2024 - 8 A 10277/23 -, juris Rn. 40).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.