Landgericht Hildesheim
Urt. v. 25.01.2024, Az.: 18 NBs 3/23
Strafbarkeit wegen Parteiverrats
Bibliographie
- Gericht
- LG Hildesheim
- Datum
- 25.01.2024
- Aktenzeichen
- 18 NBs 3/23
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2024, 27701
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hildesheim - 08.11.2022 - AZ: 128 Ds 11 Js 21630/21
- nachfolgend
- OLG Celle - 02.10.2024 - AZ: 3 ORs 18/24
Rechtsgrundlage
- § 356 Abs. 1 StGB
In der Strafsache gegen
(...),
geboren am (...) in (...),
wohnhaft (...),
Familienstand,
Staatsangehörigkeit: (...),
wegen Parteiverrats
hat die 7. kleine Strafkammer des Landgerichts Hildesheim auf die Berufung des Angeklagten
gegen das Urteil des Amtsgerichts Hildesheim - Strafrichter - vom 08.11.2022 aufgrund
der Berufungshauptverhandlungen vom (...) und (...), an denen teilgenommen haben:
(...)
als Vorsitzender,
(...),
(...)
als Schöffen,
(...)
als Beamter der Staatsanwaltschaft,
Rechtsanwalt (...),
als Verteidiger,
Justizobersekretärin (...),
Justizangestellte (...),
Justizsekretär (...)
als Urkundsbeamtinnen / Urkundsbeamten der Geschäftsstelle,
am 25.01.2024 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Hildesheim vom 08.11.2022 unter Verwerfung des weitergehenden Rechtsmittels im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 150,00 € verurteilt wird.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und seine diesbezüglichen Auslagen.
Gründe
I.
Der Strafrichter des Amtsgerichts Hildesheim hat den Angeklagten mit Urteil vom 08.11.2022 wegen Parteiverrats gem. § 356 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 200,00 € verurteilt. Der Angeklagte hat gegen dieses Urteil am 15.11.2022 unbeschränkt Berufung eingelegt. Sein Rechtsmittel hat im Wesentlichen keinen Erfolg gehabt. Im Berufungsverfahren ist unter Berücksichtigung der Angaben des Angeklagten zu seinen aktuellen Einkommensverhältnissen lediglich die Höhe eines Tagessatzes herabgesetzt worden.
II.
Zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:
Der heute 51 Jahre alte Angeklagte wurde am (...) in (...) geboren. Er hat die (...) Staatsangehörigkeit und ist von Beruf Rechtsanwalt und Diplom-Betriebswirt. Er ist Inhaber und Geschäftsführer (einer) Wirtschaftskanzlei, die in (...) ansässig ist. Nach seinen Angaben erzielt er durch seine berufliche Tätigkeit aktuell ein Einkommen von (...) € bis (...) € netto pro Monat. Der Angeklagte, der keine Schulden hat, ist (...) und Vater von (...) ehelichen Kindern im Alter von (...) Jahren. (...). Der Angeklagte ist unbestraft.
III.
Zur Sache hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:
Im Jahr 2020 wurde vom Amtsgericht Hildesheim ein Insolvenzverfahren gegen die T. P. GmbH in (...) durchgeführt. Am 23.09.2020 wurde der Angeklagte als Rechtsanwalt von der M. H. GmbH, und der M. P. GmbH & Co. KG, schriftlich damit beauftragt, die Interessen der Firmen in dem Insolvenzverfahren wahrzunehmen. Die beiden Firmen hatten erhebliche Geldforderungen gegen die T. P. GmbH (M. H. GmbH ca. (...) € und M. P. GmbH & Co KG ca. (...) €), so dass sie ein erhebliches Interesse daran hatten, diese im Rahmen des Insolvenzverfahrens in möglichst großem Umfang durchsetzen zu können.
Die von der M. H. GmbH ausgestellte Vollmacht hatte folgenden Inhalt:

Die von der M. P. GmbH & Co. KG ausgestellte Vollmacht hatte folgenden Inhalt:

In dem Insolvenzverfahren der T. P. GmbH setzte das Amtsgericht Hildesheim mit Beschluss vom 14.09.2020 einen vorläufigen Gläubigerausschuss ein, dem Frau (...) (Arbeitnehmerin der Schuldnerin) und Vertreter der (...) Apotheke aus (...) und der Sparkasse (...) angehörten. Später schied Frau (...) aus dem Ausschuss aus, dafür wurde die Bundesagentur für Arbeit in den vorläufigen Gläubigerausschuss aufgenommen. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Herr Rechtsanwalt (...) aus Hannover bestimmt. Am 01.12.2020 erließ des Amtsgericht Hildesheim in dem Insolvenzverfahren den Eröffnungsbeschluss und setzte dann für den 24.02.2021 die Gläubigerversammlung vor dem Amtsgericht Hildesheim an.
Der Angeklagte wollte für seine Mandantinnen M. H. GmbH und M. P. GmbH & Co. KG an der Gläubigerversammlung in Hildesheim teilnehmen. Er war daran interessiert, von weiteren Gläubigern der T. P. GmbH Vollmachten zu erhalten, um in der Gläubigerversammlung mehr Stimmrechte zu haben. Er wollte sich dadurch die Möglichkeit verschaffen, eine Neubesetzung des Gläubigerausschusses und eventuell die Bestellung eines neuen Insolvenzverwalters erreichen zu können, um die Interessen seiner Auftraggeber (M. H. und M. P.) effektiv vertreten und durchsetzen zu können. Der Angeklagte hatte den Eindruck gewonnen, dass der Insolvenzverwalter seine Aufgabe nicht in der gebotenen Weise erfüllte und die Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses ihrer Kontrollfunktion nicht ausreichend nachkamen sowie in erster Linie ihre eigenen Interessen im Blick hatten. Er war auch zu der Überzeugung gelangt, dass der Geschäftsführer der T. P. GmbH strafbare Handlungen begangen hatte, die aufgedeckt und geahndet werden sollten.
Da der Angeklagte wusste, dass viele Gläubiger der T. P. GmbH Apotheker waren, wollte er versuchen, von einigen dieser Apotheker Vollmachten zu erhalten. Über den ihm seit länger Zeit bekannten Rechtsanwaltskollegen W bekam er Kontakt zu dem Apotheker V aus (...), der selbst Forderungen gegen die T. P. GmbH hatte und sich durch W in dieser Sache anwaltlich vertreten ließ. V kannte einige andere Apotheker, die ebenfalls Forderungen im Insolvenzverfahren angemeldet hatten, so dass er in der Lage war, Kontakte zwischen dem Angeklagten und diesen Apothekern herzustellen.
Vor dem 26.01.2021 fand zwischen dem Angeklagten und V ein Telefonat statt, in welchem der Angeklagte mitteilte, dass er im Insolvenzverfahren gegen die T. P. GmbH die M. H. GmbH und die die M. P. GmbH & Co. KG vertrete und bereit sei, auch andere Gläubiger über die den Gläubigerausschuss betreffenden Sachverhalte zu informieren. Der Ablauf des Insolvenzverfahren solle überwacht werden, damit alles korrekt ablaufe. Er bitte Herrn V darum, dies anderen Apothekern, die Forderungen gegen die T. P. GmbH hätten, mitzuteilen, die sich gern bei ihm melden könnten.
V gab diese Information unter anderem an den Apotheker X in (...) ( ... Apotheke) und den Apotheker Y in (...) (... Apotheke) weiter. Im Anschluss daran gab es zwischen X und dem Angeklagten ein Telefonat, in welchem der Angeklagte die gegenüber V gemachten Angaben wiederholte.
Am 26.01.2021 um 18:37 Uhr sandte X folgendes Schreiben per Email an den Angeklagten:
Guten Tag Herr (...),
vielen Dank zunächst für Ihren Rückruf.
Über Herrn Kollegen V bin ich auf Sie aufmerksam geworden. Er sprach mit mir über den Insolvenzfall A und darüber, dass Herr (...) einige Vermögensgegenstände im Privatvermögen habe, die bei der Insolvenzmasse auch mit ran gezogen werden müssten, um die Quote der Betroffenen zu erhöhen.
Persönlich habe ich mit meiner Großhandelsabteilung seit 2019 Waren an die T. P. geliefert, wobei es erst ab März/April 2020 zu Unregelmäßigkeiten bei der Bezahlung kam. Trotz mehrerer Mails, Telefonaten und Schreiben wurde ich von dem Geschäftsführer (...) immer nur vertröstet auf später. Erst eine Woche, dann noch eine Woche, dann Anfang nächsten Monats. Die nicht bezahlten Rechnungen wurden von Herrn (...) als noch offen bestätigt, Herrn (...) hatte ich nur einmal in einer kleinen Konferenz mit Herrn (...) am Telefon, in der er mir einen nachträglich nicht eingehaltenen Zahlungstermin zusagte.
Insgesamt habe ich Forderungen von (...) mit 19%, (...)mit 7% MwSt., Zinsen in Höhe von (...) € und Rechtsanwaltskosten über (...) € bei der Kanzlei ... angemeldet. Da wir auf unseren Rechnungen keinen Eigentumsvorbehalt vermerkt hatten, wurde in der ersten Runde der Rundschreiben an die Gläubiger unsererseits nicht übernommen.
Ich würde Sie bitten zu prüfen, inwieweit ich mich an die Kollegen, die Herr V aktiviert hat, anzuhängen und Ihnen ein Mandat zu erteilen, bei der Gläubigerversammlung unsere Interessen, eine deutlich bessere Quote zu erreichen, zu vertreten.
Gleichzeitig will ich auch gerne über die entstehenden Kosten, zumindest annähernd, informiert, werden.
Vielen dank und einen schönen Abend
Mit freundlichen Grüßen
X, Apotheker
Am 16.02.2021 um 08:15 Uhr sandte der Angeklagte dem Apotheker X das folgende Schreiben per Email zu:
Sehr geehrter Herr X,
wir hatten miteinander telefoniert. Nunmehr habe ich Rücksprache mit meinen Mandanten (M. H. GmbH und M. P. GmbH & Co. KG) gehalten.
Ich kann Ihnen anbieten, dass ich Sie und Ihre Stimmrechte in der Gläubigerversammlung vertrete am Mittwoch, 24.02.2021, (...) Hildesheim. In dieser Gläubigerversammlung möchte ich eventuell bewirken, dass der Gläubigerausschuss zum Teil neu besetzt wird, damit die Kontrollfunktion des Gläubigerausschusses effektiv zur Mehrung der Insolvenzquote wahrgenommen wird.
Kosten werde ich Ihnen nicht berechnen.
Gerne können Sie mich hierzu anrufen, insbesondere wenn Sie weitere Anweisungen oder Fragestellungen mit auf den Weg geben möchten.
Wenn Sie einverstanden sind, möchte ich Sie bitten,
a) die als PDF- und Word-Datei anhängende Vollmacht in der Anlage auszufüllen,
b) vorab als farbiger PDF-Scan per E-Mail zu mailen und
c) schnellstmöglich an diese Adresse per Post zu schicken:
(...)
z. Hd. Rechtsanwalt (...)
Ich bitte Sie darum, diese E-Mail vertraulich zu behandeln
Mit besten Grüßen
(...)
Rechtsanwalt, Dipl.- Betriebswirt
Am 16.02.2021 um 08:40 Uhr sandte der Angeklagte dem Apotheker V folgendes Schreiben per Email zu:
Sehr geehrter Herr V,
wir hatten miteinander telefoniert.
Wie ich gemerkt habe, sind Sie in der Szene der Gläubiger der T. P. GmbH gut vernetzt. Falls ich (oder Herr W) noch andere Gläubiger in der Gläubigerversammlung
am Mittwoch, 24.02.2021, 10:00 Uhr, Saal 125, Hauptgebäude, (...)
vertreten soll, kann ich dies gerne tun. In dieser Gläubigerversammlung möchte ich eventuell bewirken, dass der Gläubigerausschuss zum Teil neu besetzt wird, damit die Kontrollfunktion des Gläubigerausschusses effektiv zur Mehrung der Insolvenzquote wahrgenommen wird. Kosten werde ich dem Gläubiger für die Vertretung nicht berechnen, weil ich schon von meinem Mandanten (M. H. GmbH und M. P. GmbH & Co. KG) bezahlt werde.
Gerne kann mich der potentielle Vollmachtgeber hierzu anrufen, um nähere Details zu erfahren und insbesondere um weitere Anweisungen oder Fragestellungen mit auf den Weg zu geben.
Wenn der potentielle Vollmachtgeber damit einverstanden ist, möchte ich ihn bitten,
a. die als PDF- und Word-Datei anhängende Vollmacht in der Anlage auszufüllen,
b. vorab als farbiger PDF-Scan per E-Mail zu mailen und
c. schnellstmöglich an diese Adresse per Post zu schicken:
(...)
z. Hd. Rechtsanwalt (...)
Dementsprechend können Sie diese E-Mail weiterleiten. Hierbei bitte ich jedoch, mich auf CC zu setzen, damit ich Bescheid weiß, wer diese E-Mail und meine Vollmacht erhält.
Ich bitte sie darum, diese E-Mail vertraulich zu behandeln. Bitte weisen Sie auch weitere Empfänger dieser E-Mail ebenfalls auf die Vertraulichkeit hin.
Mit besten Grüßen
(...)
Rechtsanwalt, Dipl.- Betriebswirt
Am 16.02.2021 um 08:51 Uhr leitete V das ihm um 08:40 Uhr übermittelte Schreiben des Angeklagten per Email an den Apotheker Y weiter mit folgendem Anschreiben:
Hallo Y!
Wenn du durch Herr (Angeklagter) in der Gläubigerversammlung vertreten werden möchtest bitte ich dich die Vollmachten zu unterzeichnen!
Es entstehen dir keine Kosten aber es werden unsere Interessen vertreten!
Lg V!
Ferner leitete V das genannte Schreiben des Angeklagten am 16.02.2021 um 09:01 Uhr per Email auch an den Apotheker X weiter und zwar mit folgendem Anschreiben:
Lieber Herr X!
Wenn Sie in der Gläubigerversammlung durch Herrn (Angeklagter) vertreten werden möchten der sich sehr stark für unsere Interessen einsetzt unterzeichnen Sie bitte die Vollmachten wie sie unten aus der E-Mail ersehen können entstehen Ihnen keinerlei Kosten!
Lg V
Y nahm im Hinblick auf das Vertretungsangebot des Angeklagten Kontakt zu Herrn Rechtsanwalt Z in (...) auf, den er bereits damit betraut hatte, seine Interessen im Insolvenzverfahren wahrzunehmen. Rechtsanwalt Z hatte keine Einwände gegen eine Beauftragung des Angeklagten durch Herrn Y, weil er selbst über keine speziellen Kenntnisse im Insolvenzrecht verfügte und nicht an der Gläubigerversammlung am 24.02.2021 in Hildesheim teilnehmen wollte. Y fragte zudem bei dem Angeklagten telefonisch nach, ob es richtig sei, dass der Angeklagte im Falle des Unterschreibens der übermittelten Vollmacht für seine Leistungen kein Honorar verlangen würde, was dieser bejahte.
Y und X entschlossen sich noch am 16.02.2021, das Vertretungsangebot des Angeklagten anzunehmen und die vom Angeklagten übermittelten Vollmachten zu unterschreiben. Sie gingen dabei im Hinblick auf die bis dahin stattgefundene Kommunikation und den Inhalt der vom Angeklagten verfassten schriftlichen Vollmachten beide davon aus, dass der Angeklagte ihre Interessen in der anstehenden Gläubigerversammlung am 24.02.2021 in vollem Umfang und in engagierter Weise wahrnehmen wird. Darüber hinaus hatten sie die Vorstellung, dass der Angeklagte sich auch außerhalb der Gläubigerversammlung dafür einsetzen wird, dass ihre Forderungen gegen die T. P. GmbH möglichst umfangreich durchgesetzt werden. Den Umstand, dass der Angeklagte ihre Interessenvertretung kostenlos wahrnehmen würde, fanden sie nicht befremdlich, weil der Angeklagte selbst mitgeteilt hatte, dass er den von ihm vertretenen Gläubigern keine Kosten berechnen werde, weil er schon von seinen Mandanten M. H. GmbH und M. P. GmbH & Co. KG bezahlt werde. Zudem ging Y davon aus, dass auch der Angeklagte im Falle einer kostenlosen Wahrnehmung seiner Interessen einen Vorteil erlangen würde, weil er bei Erteilung der Vollmacht über eine größere Stimmmacht im Insolvenzverfahren verfügen würde und dadurch die Interessen sämtlicher von ihm vertretenen Gläubiger leichter durchsetzen könnte. Ferner hatten X und Y auch die Vorstellung, dass der Angeklagte in das Insolvenzverfahren betreffend die T. P. GmbH bereits gut eingearbeitet war, so dass sich sein Arbeitsaufwand für die Durchsetzung ihrer eigenen Forderungen in Grenzen halten würde. Y und X wunderten sich auch nicht darüber, dass der Angeklagte bei ihnen keine Unterlagen über ihre Forderungen gegen die T. P. GmbH angefordert hatte und mit ihnen kein Gespräch über die Art und den Umfang ihrer Forderungen geführt hatte. Sie wussten, dass ihre Forderungen berechtigt waren und hatten diese bereits unter Vorlage von Rechnungsunterlagen zur Insolvenztabelle angemeldet. Sie gingen zudem davon aus, dass der Angeklagte, der aufgrund seiner Tätigkeit für die M. H. GmbH und die M. P. GmbH & Co. KG Einsicht in die Insolvenzverfahrensakten hatte, sich leicht Kenntnis von ihren geltend gemachten Forderungen verschaffen könnte. Außerdem hatten sie die Erwartung, dass sich der Angeklagte bei ihnen melden würde, falls er hinsichtlich ihrer Forderungen noch ergänzende Informationen benötigen sollte. Der Angeklagte wusste zudem von der Interessenvertretung des Herrn Y durch Herrn Rechtsanwalt Z, den er wegen der Forderungen des Y auch hätte befragen können.
Die von X am 16.02.2021 unterschriebene Vollmacht hatte folgenden Inhalt:

Die von Y am 16.02.2021 unterschriebene Vollmacht hatte folgenden Inhalt:

Am 24.02.2021 fuhr der Angeklagte mit W zur Gläubigerversammlung nach Hildesheim. Auf dem Weg dorthin sandte der Angeklagte um 07:12 Uhr folgendes Schreiben per Email an das Amtsgericht Hildesheim:
Eilig, bitte sofort vorlegen -
Sehr geehrte Frau (...), sehr geehrte Frau Rechtspflegerin (...),
ich möchte ankündigen, dass ich, Rechtsanwalt (Angeklagter), und Herr Rechtsanwalt W, als Vertreter von 9 Gläubigern auf dem Weg zum AG Hildesheim sind, um an der heutigen Gläubigerversammlung teilzunehmen.
a) Rechtsanwalt (Angeklagter) vertritt folgende Gläubiger:
1. M. H. GmbH
2. (M. P. GmbH)
3. (...)
4. Herrn Y
5. (...)
6. Herrn X
7. (...)
b) Rechtsanwalt W vertritt folgende Gläubiger
1. Herrn V
2. (...)
Ich wäre dankbar, wenn Sie bitte 2 Plätze für uns reservieren und mich bitte anrufen und den Erhalt der E-Mail bestätigen
Mit besten Grüßen
(Angeklagter)
Rechtsanwalt, Dipl.-Betriebswirt
Dieser Email waren als Anlagen die schriftlichen Vollmachten der von dem Angeklagten vertretenen Gläubiger - also auch die des X und des Y vom 16.02.2021 - als Anlage beigefügt. Die Email und die Vollmachten wurden ausgedruckt und zur Insolvenzakte genommen. Zu Beginn der Gläubigerversammlung am 24.02.2021 kontrollierte die Rechtspflegerin (...), welcher Gläubiger durch wen vertreten wurde. Dabei äußerte sich der Angeklagte gegenüber Frau (...) nicht dahingehend, dass die Vollmachten des X und des Y nur für den Berichtsteil der Gläubigerversammlung Gültigkeit haben und dass diese im Prüfungsteil der Versammlung nicht mehr von ihm vertreten werden. Eine solche Äußerung tätigte der Angeklagten auch im weiteren Verlauf der Gläubigerversammlung nicht, so dass die Rechtspflegerin (...) während der gesamten Versammlung davon ausging, dass die Apotheker X und Y in der Gläubigerversammlung durch den Angeklagten durchgängig vertreten wurden.
In dem Berichtsteil der Gläubigerversammlung vom 24.02.2021 gelang es dem Angeklagten, eine Änderung der Zusammensetzung des Gläubigerausschusses zu erreichen. Auf seine Initiative hin wurde die von ihm vertretene M. H. GmbH als weiteres Mitglied in den Gläubigerausschuss aufgenommen.
In dem sich anschließenden Prüfungsteil der Gläubigerversammlung vom 24.02.2021 wurden die zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen der Gläubiger, die persönlich anwesend oder durch bevollmächtigte Personen vertreten waren, durch die Rechtspflegerin (...) verlesen und den Anwesenden Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Es wurden zudem die Forderungen vorgelesen, die bestritten wurden.
Der Angeklagte bestritt in dieser Situation für die M. P. GmbH & Co. KG die Forderungen Nummern 10, 18, 26, 27, 33, 34, 42, 45, 46, 47, 55, 64, 68, 70, 74, 78, 81, 87, 90, 91, 95, 96, 98, 99, 100, 101, 103, 104, 116, 119, 122, 123 und 124 der vom Insolvenzverwalter erstellten Forderungstabelle. Dazu reichte er eine selbst erstellte Tabelle zur Insolvenzakte, in welcher als Grund für das Bestreiten hinsichtlich der jeweiligen Forderungen ausgeführt wurde: "Die Dokumentation der Forderungsmitteilung bringt keine Schlüssigkeit der geltend gemachten Forderung, da der Dreiklang aus Rechtsgrundlage, Nachweis der Leistung oder Mitteilung des Falls des § 103 Abs. 1 Insolvenzordnung und Abrechnung der Leistung nicht vollständig dargelegt ist."
Die Forderung Nr. 27 war die des X von der (...) Apotheke in (...) mit folgendem Umfang:
(...) € Forderungen aus Kaufverträgen
(...) € Zinsen
(...) € Kosten
(...) € Gesamtforderung
Der Insolvenzverwalter hatte hinsichtlich dieser Forderung lediglich die Zinsen und Kosten bestritten, weil diese nicht nachgewiesen worden waren. Mithin wäre die Forderung des X in Höhe von (...) € in die Insolvenztabelle aufgenommen worden, wenn der Angeklagte diese in der Gläubigerversammlung nicht bestritten hätte.
Die Forderung Nr. 68 war die des Y von der (...) Apotheke in (...) mit folgendem Umfang:
(...) € Forderung aus Kaufverträgen
(...) € Verzugszinsen
(...) € Rechtsanwaltsgebühren
(...) € Gesamtforderung
Der Insolvenzverwalter hatte hinsichtlich dieser Forderung lediglich die Rechtsanwaltsgebühren bestritten, weil dies nicht nachgewiesen worden waren. Somit wäre die Forderung des Y in Höhe von (...) € in die Insolvenztabelle aufgenommen worden, wenn der Angeklagte diese in der Gläubigerversammlung vom 24.02.2021 nicht bestritten hätte.
Bei einem Nichtbestreiten des Angeklagten hätten die von ihm vertretenen Apotheker X und Y somit in Höhe ihrer Hauptforderungen (bei Y einschließlich der Zinsen) Zahlungstitel erlangt. Durch das Verhalten des Angeklagten sind deren Positionen im Insolvenzverfahren deutlich geschwächt worden, weil sie dadurch gezwungen wurden, das Bestehen ihrer Forderungen im Einzelnen nachzuweisen. Sie waren nunmehr davon abhängig, ob die bestreitende Gläubigerin ihr Bestreiten der Forderungen zurücknimmt. Falls sie dies nicht erreichen sollten, müssten sie im Wege einer Feststellungsklage die Berechtigung ihrer Forderungen feststellen lassen.
Dem Angeklagten, der seit Jahren als Rechtsanwalt in Insolvenzverfahren tätig war, waren die Folgen seines Bestreitens der Forderungen des X und Y sehr wohl bewusst. Er handelte so, um für die M. P. GmbH & Co. KG und die M. H. GmbH zunächst einmal eine bessere Insolvenzquote zu erreichen. Der Angeklagte hat vor Durchführung der Gläubigerversammlung vom 24.02.2021 nicht überprüft, ob die im Insolvenzverfahren von X und des Y angemeldeten Forderungen berechtigt waren. Er hatte diesbezüglich auch keine Rücksprache mit den beiden Apothekern gehalten. Der Angeklagte hatte X und Y vor der Gläubigerversammlung auch nicht mitgeteilt, dass er für diese nur im Berichtsteil der Gläubigerversammlung auftreten wird und ihre Interessen dann nicht mehr in dem sich anschließenden Prüfungsteil der Versammlung vertreten wird. Er hatte sie somit auch nicht davon in Kenntnis gesetzt, dass er die von ihnen im Insolvenzverfahren geltend gemachten Forderungen im Prüfungsteil der Gläubigerversammlung möglicherweise bestreiten würde.
Der Angeklagte meldete sich nach der Gläubigerversammlung vom 24.02.2021 bei X und Y nicht. Diese erfuhren über Dritte, dass ihre Forderungen in der Gläubigerversammlung bestritten worden waren. Am 18.05.2021 um 12:59 Uhr schickte X, der weiterhin davon ausging, dass der Angeklagte ihn im Insolvenzverfahren vertritt, dem Angeklagten per Email folgendes Schreiben, welchem Dateien mit Rechnungen beigefügt waren:
Guten Morgen Herr (...),
in dem Fall A wende ich mich jetzt noch einmal an Sie.
Vorweg möchte ich anfragen, ob die Vollmacht, die Sie am 16.2.2021 von mir erhalten haben und im Protokoll der Gläubigerversammlung aufgeführt ist, Bestand hat oder nicht.
Haben Sie mir in irgendeiner Form schriftlich gekündigt? Ich wüsste nicht wann.
Der Angeklagte antwortete daraufhin am 18.05.2021 um 14:00 Uhr mit folgendem Email-Schreiben:
Sehr geehrter Herr X,
Die Anlage kann ich nicht öffnen. Bitte senden Sie mir eine .zip-Datei anstelle.
Die Vollmacht hat keinen Bestand. Ich vertrete Sie nicht.
Bitte halten Sie Herrn (...) auf CC.
Mit besten Grüßen
(Angeklagter)
Rechtsanwalt, Dipl. - Betriebswirt
Im Mai 2021 wurden gegen den Angeklagten wegen seines Verhaltens im Insolvenzverfahren der T. P. GmbH zwei Strafanzeigen wegen des Verdachts des Parteiverrats gestellt. Einer der Anzeigeerstatter war Y.
Im Juni 2021 nahm der Angeklagte im Auftrag der M. P. GmbH & Co. KG das Bestreiten hinsichtlich der Forderungen des X im Umfang zu 75 % und des Y im Umfang zu 60 % zurück. Im März 2023 nahm der Angeklagte im Auftrag der M. P. GmbH & Co. KG dann das Bestreiten der Forderung des Y vollständig zurück. Im November 2023 erfolgte eine entsprechende Erklärung an das Amtsgericht ... hinsichtlich der Forderung des X.
IV.
Die von der Kammer getroffenen Feststellungen beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, soweit ihr gefolgt werden konnte, und den weiteren ausweislich des Protokolls der Berufungshauptverhandlung erhobenen Beweise sowie auf den aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnissen.
1.
Die Feststellungen zur Person des Angeklagten und zu dessen persönlichen Verhältnissen sowie zu seinen nicht vorhandenen strafrechtlichen Vorbelastungen hat die Kammer aufgrund der insoweit für glaubhaft befundenen Angaben des Angeklagten und der Verlesung der Auskunft des Bundesamtes für Justiz vom (...) getroffen.
2.
Zu dem Tatvorwurf hat sich der Angeklagte in der Berufungshauptverhandlung wie folgt eingelassen:
Er habe im Insolvenzverfahren der T. P. GmbH die M. P. GmbH & Co. KG und die M. H. GmbH als Rechtsanwalt vertreten. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe er in dem Verfahren die Forderungen dieser beiden Firmen angemeldet und das Ziel verfolgt, für diese das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Er habe dann den Eindruck bekommen, dass es in dem Insolvenzverfahren Ungereimtheiten gegeben habe. Deshalb habe er dafür Sorge tragen wollen, dass in dem Verfahren alles korrekt gehandhabt werde. Er habe sich eine entsprechende Einflussnahme dadurch sichern wollen, dass er für eine der beiden von ihm vertretenen Firmen in der für den 24.02.2021 angesetzten Gläubigerversammlung in den Gläubigerausschuss aufgenommen wird. Dafür habe er die Vollmachten weiterer Gläubiger benötigt, um im Falle einer Abstimmung über die Zusammensetzung des Gläubigerausschusses im Berichtsteil der Gläubigerversammlung eine notwendige Stimmmacht aufbieten zu können. Er habe über W Kontakt zu dem Apotheker V bekommen, den er gebeten habe, Kontakte zu anderen Apothekern, die Insolvenzgläubiger der T. P. GmbH gewesen seien, herzustellen. Es habe dann auf Vermittlung des V hin Kontakt zu den Apothekern X und Y bekommen, mit denen er telefoniert und Emails ausgetauscht habe. Die beiden Apotheker hätten dann am 16.02.2021 die von ihm vorgefertigten schriftlichen Vollmachten unterschrieben und diese an ihn ihn übersandt. Der Inhalt dieser schriftlichen Vollmachten sei weit gefasst gewesen, weil er seine Standardvollmacht verwendet habe. Er habe aber mit X und Y vereinbart, dass die Vollmachten nur im Rahmen einer Neubesetzung des Gläubigerausschusses in der am 24.02.2021 stattfindenden Gläubigerversammlung vor dem Amtsgericht Hildesheim Gültigkeit haben sollten. Damit habe es zu keinem Zeitpunkt ein Mandatsverhältnis zwischen ihm und den Apothekern X und Y gegeben. Im Prüfungsteil der Gläubigerversammlung vom 24.02.2021 sei es seine Aufgabe gewesen, als Rechtsanwalt die Interessen seiner Mandantinnen M. P. GmbH & Co. KG und M. H. GmbH zu vertreten, was er auch getan habe. Es sei in dieser Situation sachgerecht gewesen, alle angemeldeten Forderungen, die nicht schlüssig dargelegt worden seien, zu bestreiten. Zu diesen unschlüssigen Forderungen hätten auch die von X und Y gehört. Er habe diesen beiden Gläubigern durch sein Verhalten keinen Schaden zugefügt, weil es ihnen ja möglich gewesen sei, die Berechtigung ihrer geltend gemachten Forderungen noch nachzuweisen. Letztendlich habe er das Bestreiten der Forderungen auch zunächst teilweise und später vollständig zurückgenommen, so dass die Forderungen der beiden Apotheker im Insolvenzverfahren in vollem Umfang tituliert worden seien.
3.
Die Einlassung des Angeklagten ist - soweit sie von den von der Kammer getroffenen Feststellungen abweicht - durch das Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt. Die Kammer ist nach Durchführung der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Angeklagte durch die Zeugen X und Y beauftragt worden ist, sie in der Gläubigerversammlung vom 24.02.2021 umfassend zu vertreten und zwar so, dass ihre bereits im Insolvenzverfahren der T. P. GmbH angemeldeten Forderungen als berechtigt anerkannt und in möglichst großem Umfang befriedigt werden. Die Kammer ist ferner davon überzeugt, dass dem Angeklagten am 24.02.2021 bewusst gewesen ist, dass er von den Zeugen X und Y hinsichtlich der Wahrnehmung ihrer Interessen in der Gläubigerversammlung umfänglich beauftragt worden ist und die Zeugen darauf vertraut haben, dass er in der Gläubigerversammlung alles dafür tun wird, um ihre Forderungsansprüche abzusichern und durchzusetzen.
a)
Die Feststellung, dass der Angeklagte von den Zeugen X und Y beauftragt worden ist, ihre Interessen in der Gläubigerversammlung umfassend wahrzunehmen, beruht zunächst einmal auf den Aussagen der beiden Zeugen.
Der Zeuge X hat ausgesagt, dass er Forderungen gegen die insolvente T. P. GmbH in Höhe von ca. (...) € gehabt habe. Er habe mit Hilfe eines Rechtsbeistands versucht, sein Geld im Wege des Mahnverfahrens zu erhalten, was ihm nicht gelungen sei. Der Rechtsbeistand sei dann im Insolvenzverfahren nicht mehr für ihn tätig gewesen. Er habe seine berechtigten Forderungen gegenüber der T. P. GmbH im Insolvenzverfahren angemeldet, wobei er als Apotheker kaum Vorstellungen hinsichtlich des Ablaufs eines solchen Verfahrens gehabt habe. Er habe über seinen Apothekerkollegen V Kontakt zu dem Angeklagten bekommen, der ihm angeboten habe, ihn als Rechtsanwalt in dem Insolvenzverfahren zu vertreten. Dabei habe der Angeklagte ihm mitgeteilt, dass es ihm darum gehe, für die Gläubiger möglichst viel "herauszuholen", z. B. durch das Auffinden von Vermögenswerten, die die Schuldnerin dem Insolvenzverfahren möglicherweise entzogen habe. Der Angeklagte habe ihm auch mitgeteilt, dass er ihn (X) und sein Stimmrecht in der Gläubigerversammlung wahrnehmen könne, an welcher er (der Angeklagte) teilnehmen werde. Der Angeklagte habe ihm gegenüber ferner erklärt, dass er ihm (X) für seine Tätigkeit im Insolvenzverfahren nichts berechnen werde, weil er bereits durch seine Mandantinnen M. P. GmbH & Co. KG und M. H. GmbH bezahlt werde. Der Angeklagte habe ihm nicht erläutert, wie eine Gläubigerversammlung abläuft und wie er sich in der am 24.02.2021 stattfindenden Gläubigerversammlung in Hildesheim verhalten werde. Er habe die vom Angeklagten übersandte schriftliche Vollmacht, die nach seinem Verständnis keine Einschränkungen hinsichtlich der Wahrnehmung seiner Interessen in der Gläubigerversammlung enthalten habe, unterschrieben. Der Angeklagte habe ihm auch zu keiner Zeit mitgeteilt, dass er seine Interessen in der Gläubigerversammlung nur partiell wahrnehmen werde. Er habe dem Angeklagten keine Unterlagen zu seinen Forderungen zukommen lassen, weil die Forderungen im Insolvenzverfahren bereits angemeldet gewesen seien und er davon ausgegangen sei, dass der Angeklagte diese der Insolvenzakte entnehmen könne. Zudem sei er davon ausgegangen, dass der Angeklagte sich bei ihm melden würde, falls er noch Informationen zu seinen Forderungen, die durchweg berechtigt gewesen seien, anfordern würde, falls er diese für nicht eindeutig halten sollte. Der Angeklagte habe sich nach der Gläubigerversammlung vom 24.02.2021 nicht bei ihm gemeldet. Er (X) sei sehr irritiert gewesen, als er erfahren habe, dass der Angeklagte seine Forderungen in der Versammlung bestritten habe. Er habe sich durch das Verhalten des Angeklagten hintergangen gefühlt, weil dieser doch der von ihm beauftrage Interessenvertreter gewesen sei.
Der Zeuge Y hat in der Berufungshauptverhandlung ebenfalls ausgesagt, dass er fest davon ausgegangen sei, dass der Angeklagte ihn in der Gläubigerversammlung umfassend vertreten und dort alles dafür tun werde, damit seine Forderungen in Höhe von ca. (...) € gegen die T. P. GmbH anerkannt und möglichst umfassend erfüllt werden. Er habe mit der Durchsetzung der Forderung bereits Herrn Rechtsanwalt Z aus (...) beauftragt gehabt, der diese zur Insolvenztabelle angemeldet gehabt habe. Über den Apothekerkollegen V habe er dann von dem Angebot des Angeklagten erfahren, dass ihn dieser in der Gläubigerversammlung kostenlos vertreten würde. Der Angeklagte habe dazu erklärt, dass er bereits durch seine Mandantinnen M. P. GmbH & Co. KG und M. H. GmbH bezahlt werde und deshalb auf ein weiteres Honorar verzichte. Der Angeklagte habe ferner mitgeteilt, dass er durch weitere Gläubiger bevollmächtigt werden wolle, um in der Gläubigerversammlung eine größere Stimmmacht zu habe, mit deren Hilfe er Einfluss auf die Zusammensetzung des Gläubigerausschusses und die Auswahl des Insolvenzverwalters nehmen könne. Er habe mit Herrn Rechtsanwalt Z über das Angebot des Angeklagten, ihn in der Gläubigerversammlung kostenlos zu vertreten, gesprochen. Rechtsanwalt Z habe keine Bedenken hinsichtlich einer Annahme des Angebots gehabt. Er habe dann am 16.02.2021 die vom Angeklagten vorgefertigte Vollmacht unterschrieben und diese dem Angeklagten übersandt. Aufgrund des Inhalts der Vollmacht und der mit dem Angeklagten ausgetauschten Mitteilungen sei er davon ausgegangen, dass der Angeklagte für ihn eine bestmögliche Durchsetzung seiner Forderungen habe erreichen wollen. Der Angeklagte habe ihm weder schriftlich noch mündlich zu irgendeinem Zeitpunkt mitgeteilt, dass er ihn (Y) nur eingeschränkt vertreten werde. Wenn ihm der Angeklagte erklärt hätte, dass er für ihn in der Gläubigerversammlung lediglich das Stimmrecht bei einer Neubesetzung des Gläubigerausschusses und bei der Bestimmung eines neuen Insolvenzverwalters ausüben wolle, hätte er dem Angeklagten keine Vollmacht erteilt. Er habe dem Angeklagten vor der Gläubigerversammlung keine Unterlagen zu seinen Forderungen übersandt, weil er davon ausgegangen sei, dass derartiges nicht notwendig sei. Falls der Angeklagte solche Unterlagen benötigt hätte, hätte er diese ja bei ihm oder bei Rechtsanwalt Z anfordern können. Zudem seien die Unterlagen zu seinen Forderungen bereits in der Insolvenzakte gewesen und hätten dort von dem Angeklagten eingesehen werden können. Als er in Erfahrung gebracht habe, dass der Angeklagte in der Gläubigerversammlung vom 24.02.2021 seine Forderungen bestritten habe, habe ihn dies sehr verwundert. Er habe sich von dem Angeklagten getäuscht gefühlt und gegen diesen deshalb über Herrn Rechtsanwalt Z am 31.05.2021 Strafanzeige wegen Parteiverrats gestellt.
Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass die Zeugen X und Y in der Berufungshauptverhandlung wahrheitsgemäße Angaben gemacht haben. Die beiden Zeugen haben sich an die maßgeblichen Geschehnisse noch gut erinnern können. Soweit sie vereinzelt Erinnerungslücken gehabt haben, haben Sie dies offen eingeräumt. Die Zeugen X und Y sind auch in der Lage gewesen, die an sie gerichteten Fragen und Vorhalte widerspruchsfrei zu beantworten. Es hat auch keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Zeugen untereinander Absprachen dahingehend getroffen haben könnten, im vorliegenden Strafverfahren unrichtige Angaben zu machen, um den Angeklagten zu Unrecht zu belasten. Die Zeugen sind nicht freundschaftlich miteinander verbunden und haben im Rahmen ihrer Aussagen keinerlei Tendenzen gezeigt, den Angeklagten über Gebühr zu belasten. Dafür, dass die Zeugen X und Y die Wahrheit gesagt haben, spricht auch, dass die Inhalte der von ihnen unterschriebenen Vollmachten und die Inhalte der mit dem Angeklagten ausgetauschten Email-Schreiben ihre Angaben bestätigen. Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass aufgrund der uneingeschränkt glaubhaften Aussagen der Zeugen X und Y feststeht, dass die von Ihnen erfolgte Beauftragung des Angeklagten hinsichtlich der Wahrnehmung ihrer Interessen in der Gläubigerversammlung vom 24.02.2021 in keiner Weise eingeschränkt gewesen ist.
b)
Dafür, dass es eine Einschränkung der dem Angeklagten durch die Zeugen X und Y erteilten Vollmachten nicht gegeben hat, spricht auch die Aussage der Rechtspflegerin (...). Diese hat glaubhaft ausgesagt, dass der Angeklagte ihr weder zu Beginn der Gläubigerversammlung am 24.02.2021 noch zu einem späteren Zeitpunkt mitgeteilt habe, dass seine Bevollmächtigungen durch X und Y eingeschränkt seien. Sie selbst sei während der gesamten Dauer der mehrstündigen Gläubigerversammlung aufgrund des Inhalts der vom Angeklagten vorgelegten schriftlichen Vollmachten davon ausgegangen, dass die ausstellenden Gläubiger von dem Angeklagten in vollem Umfang vertreten worden seien. In ihrer langjährigen Berufstätigkeit habe sie noch nie erlebt, dass ein Rechtsanwalt, der an einer Gläubigerversammlung teilnimmt, einen Gläubiger nur im Berichtsteil und nicht auch im Prüfungsteil der Versammlung vertreten habe.
Aus diesen Umständen lässt sich aus Sicht der Kammer ersehen, dass es die vom Angeklagten behauptete Beschränkung seiner Bevollmächtigung durch die Zeugen X und Y tatsächlich nicht gegeben hat und dies dem Angeklagten auch so bewusst gewesen ist. Ansonsten ist nicht zu erklären, wieso der Angeklagte, der nach eigenen Angaben über besondere Kenntnisse im Insolvenzverfahren verfügt, die Rechtspflegerin (...) nicht im Rahmen der Gläubigerversammlung auf diese Beschränkung hingewiesen hat. Es hätte sich zudem für den Fall, dass er allein die Absicht gehabt hätte, die Stimmrechte der Zeugen X und Y im Berichtsteil der Gläubigerversammlung zum Zwecke der Neubesetzung des Gläubigerausschusses und gegebenenfalls zum Austausch des Insolvenzverwalters einzusetzen, mehr als aufgedrängt, dies den beiden Zeugen vorab auch so klar mitzuteilen, was er ausweislich der glaubhaften Aussagen der Zeugen aber gerade nicht getan hat.
c)
Aus den glaubhaften Angaben des Zeugen V in seinen Schreiben vom 15.01.2024 und 22.01.2024, die gem. § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO durch Verlesung in die Berufungshauptverhandlung eingeführt worden sind, geht hervor, dass der Angeklagte Kontakt zu ihm aufgenommen hat, um im Insolvenzverfahren der T. P. GmbH Vollmachten weiterer Gläubiger zu erhalten. In einem Telefonat hat ihm der Angeklagte dazu mitgeteilt, dass er bereit sei, andere Gläubiger über Sachverhalte aus dem Gläubigerausschusses zu informieren. Er (V) hat keine Angaben dazu machen können, welche juristischen Beziehungen es zwischen dem Angeklagten und den Zeugen X und Y gegeben hat, weil ihm diese nicht mitgeteilt worden sind.
Aus den ebenfalls glaubhaften schriftlichen Angaben des Zeugen W vom 08.12.2023 und 23.01.2024, die gem. § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO durch Verlesung in die Verhandlung eingeführt worden sind, ergibt sich, dass dieser und der Angeklagte im Insolvenzverfahren der T. P. GmbH als Rechtsanwälte die Interessen von Gläubigern vertreten haben. Beide - so W - seien am 24.02.2021 gemeinsam zur Gläubigerversammlung zum Amtsgericht Hildesheim gefahren. Der Angeklagte habe Vollmachten von mehreren Gläubigern gehabt, die er habe einsetzen wollen, um Einfluss auf den Verlauf des Insolvenzverfahrens - insbesondere auf die Zusammensetzung des Gläubigerausschusses - nehmen zu können. Es habe der Verdacht bestanden, dass es im Insolvenzverfahren zu Benachteiligungen der Gläubiger gekommen sei. Aus diesem Grunde habe er auch am 06.10.2022 bei der Staatsanwaltschaft Hannover gegen mehrere am Insolvenzverfahren beteiligte Personen Strafanzeige gestellt. Zum Ablauf des Prüfungsteils der Gläubigerversammlung vom 24.02.2021 könne er nichts sagen, weil ihn dieser nicht interessiert habe.
Mithin sind die Aussagen des Zeugen V und des Zeugen W für die Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der Angeklagte von den Zeugen X und Y zur Wahrnehmung ihrer Interessen im Insolvenzverfahren beauftragt worden ist, weitgehend unergiebig.
d)
Die Feststellung der Kammer, dass der Angeklagte von den Zeugen X und Y beauftragt worden ist, ihre Interessen in der Gläubigerversammlung umfassend wahrzunehmen, sprechen auch die Inhalte der zwischen dem Angeklagten und den Zeugen X und Y ausgetauschten Schreiben sowie die Inhalte der von ihm vorgefertigten Vollmachten, die von den beiden Zeugen am 16.02.2021 unterschrieben und an ihn übersandt worden sind. Diese Schriftstücke sind durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt worden.
aa)
Am 26.01.2021 um 18:37 Uhr hat der Zeuge X dem Angeklagten per Email ein Schreiben übersandt, in welchem er darauf hingewiesen hat, dass er über Herrn V auf den Angeklagten aufmerksam geworden sei. In dem Schreiben hat der Zeuge X dem Angeklagten zudem mitgeteilt, welche Forderungen er in dem Insolvenzverfahren geltend gemacht hat. Sodann folgt folgende Textpassage:
"Ich würde Sie bitten zu prüfen, in wie weit ich mich an die Kollegen, die Herr V aktiviert hat, anzuhängen und Ihnen ein Mandat zu erteilen, bei der Gläubigerversammlung unsere Interessen, eine deutlich bessere Quote zu erreichen, zu vertreten."
Aus dem Wortlaut des Schreibens des Zeugen X geht deutlich hervor, dass er die Erwartung gehabt hat, dass der Angeklagte im Falle einer Mandatserteilung auch seine Gläubigerinteressen in der Gläubigerversammlung umfassend vertreten wird.
bb)
Der Angeklagte hat in seinem Schreiben vom 16.02.2021, welches er um 08:15 Uhr an den Zeugen X verschickt hat, diese Erwartung des Zeugen nicht revidiert, sondern weiterhin den Eindruck erweckt, dass er die Interessen des Zeugen in der kommenden Gläubigerversammlung umfassend vertreten wird. In dem Schreiben hat der Angeklagte unter anderem ausgeführt:
"Ich kann Ihnen anbieten, dass ich Sie und Ihre Stimmrechte in der Gläubigerversammlung vertrete am Mittwoch, 24.02.2021, (...) Hildesheim. In dieser Gläubigerversammlung möchte ich eventuell bewirken, dass der Gläubigerausschuss zum Teil neu besetzt wird, damit die Kontrollfunktion des Gläubigerausschusses effektiv zur Mehrung der Insolvenzquote wahrgenommen wird."
Somit hat der Angeklagte dem Zeugen angeboten, ihn (den Zeugen) und seine Stimmrechte in der Gläubigerversammlung zu vertreten - also nicht nur seine Stimmrechte. Darüber hinaus hat er in dem Schreiben lediglich ausgeführt, dass er eventuell darauf hinwirken wird, dass der Gläubigerausschuss neu besetzt wird. Dem Schreiben ist mithin nicht zu entnehmen, dass es dem Angeklagten bei der Bevollmächtigung durch X allein darum gegangen ist, für diesen sein Stimmrecht hinsichtlich der Zusammensetzung des Gläubigerausschusses auszuüben.
cc)
Die Feststellung der Kammer, dass der Angeklagte die von ihm erstreben Vollmachten von weiteren Gläubigern der T. P. GmbH nicht hat beschränken wollen, lässt sich auch dem Inhalt seines Schreibens vom 16.02.2021 entnehmen, das er um 08:40 Uhr an den Zeugen V geschickt hat und in dem es unter anderem heißt:
"Falls ich (oder Herr W) noch andere Gläubiger in der Gläubigerversammlung ...vertreten sollen, kann ich dies gerne tun. In dieser Gläubigerversammlung möchte ich eventuell bewirken, dass der Gläubigerausschuss zum Teil neu besetzt wird, damit die Kontrollfunktion des Gläubigerausschusses effektiv zur Mehrung der Insolvenzquote wahrgenommen wird. Kosten werde ich dem Gläubiger für die Vertretung nicht berechnen, weil ich schon von meinen Mandanten (M. H. GmbH und M. P. GmbH & Co. KG) bezahlt werde.
Gerne kann mich der potentielle Vollmachtgeber hierzu anrufen, um nähere Details zu erfahren und insbesondere um weitere Anweisungen oder Fragestellungen mit auf den Weg zu geben."
Nach Ansicht der Kammer ist die verwendete Formulierung "...um weitere Anweisungen oder Fragestellungen auf den Weg zu geben " aus Sicht eines verständigen Gläubigers dahingehend zu verstehen, dass dieser im Falle einer Vollmachtserteilung vom Angeklagten in der Gläubigerversammlung umfassend vertreten wird und zwischen ihm und dem Angeklagten ein entsprechendes Mandat begründet wird.
dd)
Dafür, dass der Angeklagte von den Zeugen X und Y beauftragt worden ist, ihre Gläubigerinteressen in der Gläubigerversammlung am 24.02.2021 uneingeschränkt wahrzunehmen, sprechen auch die Inhalte der von Ihnen unterschriebenen Vollmachten, die ihnen der Angeklagte hat zukommen lassen. Der Angeklagte hat dabei seine Standardvollmacht verwendet und folgende Textzeilen eingefügt:
"...erteilt hiermit den Rechtsanwälten von (...)
wegen - Vertretung in Gläubigerversammlungen im Insolvenzverfahren über der T. P. GmbH Vollmacht
....
Die Vollmacht bevollmächtigt insbesondere zur Vertretung und Wahrnehmung der Interessen des Auftraggebers gegenüber dem Insolvenzverwalter, dem Insolvenzgericht und im Gläubigerausschuss."
Den Inhalten der von den Zeugen X und Y am 16.02.2021 unterschriebenen Vollmachten ist also eine Beschränkung dahingehend, dass sich die Vollmacht lediglich auf die Ausübung der Stimmrechte hinsichtlich einer Neubesetzung des Gläubigerausschusses und der Bestellung eines neuen Insolvenzverwalters bezogen hat, nicht zu entnehmen. Die Zeugen X und Y haben dazu jeweils in glaubhafter Weise ausgesagt, dass eine solche Beschränkung auch nicht in dem Zeitraum zwischen der Ausstellung der schriftlichen Vollmachten am 16.02.2021 und der Durchführung der Gläubigerversammlung am 24.02.2021 erfolgt ist.
Die Inhalte der von den Zeugen X und Y unterschriebenen Vollmachten unterscheiden sich bezeichnenderweise kaum von den schriftlichen Vollmachten, die von der M. H. GmbH und der M. P. GmbH & Co. KG am 23.09.2020 für den Angeklagten im Insolvenzverfahren T. P. GmbH ausgestellt worden sind. Im oberen Bereich der am 23.09.2020 unterschriebenen Vollmachten heißt es in den Vollmachten dieser beiden Gläubier lediglich abweichend:
"...erteilt hiermit den Rechtsanwälten von (...)
wegen - Insolvenz der T. P. GmbH, - Allgemeine Beratung Vollmacht..."
e)
Die Feststellung der Kammer, dass die Zeugen X und Y im Insolvenzverfahren ihre Forderungen gegen die T. P. GmbH vor der Gläubigerversammlung in Höhe von (...) € und (...) € angemeldet hatten und von dem Insolvenzverwalter nur hinsichtlich der geltend gemachten Zinsen und Kosten bestritten worden waren, beruht auch auf dem Inhalt der Tabelle nach § 175 InsO, die in der Berufungshauptverhandlung hinsichtlich der darin aufgenommenen Forderungen der beiden Zeugen verlesen worden ist. Aufgrund des in der Berufungshauptverhandlung vollständig verlesenen Protokolls über die Gläubigerversammlung vom 24.02.2021 steht außerdem fest, dass der Angeklagte in der Versammlung die Forderungen der Apotheker X und Y (Nr. 27 und Nr. 68) in vollem Umfang bestritten hat, so dass diese damals nicht ins Gläubigerverzeichnis aufgenommen worden sind.
f)
Die Kammer schließt aus der Vorgehensweise des Angeklagten im Insolvenzverfahren sowie aus den Inhalten seiner telefonischen und schriftlichen Kommunikation mit den Zeugen X, Y und V, dass er hinsichtlich des von ihm zum Nachteil von X und Y begangenen Parteiverrats zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat. Er hat bei diesen beiden Gläubigern bewusst den Eindruck erweckt, dass er ihre Interessen in der Gläubigerversammlung am 24.02.2021 in vollem Umfang vertreten würde, wenn sie die von ihm übersandten Vollmachten unterschreiben würden. Er hat sie dadurch dazu bringen wollen, ihm die von ihm erstrebten Vollmachten zu erteilen, um dann in der Gläubigerversammlung durch die Stimmbündelung wirkmächtiger auftreten zu können und zwar einseitig zugunsten seiner Mandanten M. H. GmbH und M. P. GmbH & Co. KG und nicht etwa für alle Vollmachtgeber gleichermaßen. Es ist ihm zwar gestattet gewesen, in dem Insolvenzverfahren als Rechtsanwalt mehrere Gläubiger zu vertreten, er hätte dies dann aber zum Vorteil sämtlicher Mandanten tun müssen, was ihm auch bewusst gewesen ist. Somit hat er durch sein Verhalten, die Forderungen der Apotheker X und Y am 24.02.2021 zu bestreiten, als Rechtsanwalt, dem in dieser Eigenschaft in derselben Rechtssache Angelegenheit durch mehrere Parteien anvertraut gewesen sind, X und Y im Sinne des § 356 Abs. 1 StGB pflichtwidrig gedient, was ihm auch bekannt gewesen ist. Ihm ist nämlich als Rechtsanwalt einer Wirtschaftskanzlei völlig klar gewesen, dass seine Mandanten X und Y hinsichtlich ihrer geltend gemachten Hauptforderungen einen gesicherten Titel erlangt hätten, wenn er deren Forderungen in der Gläubigerversammlung am 24.02.2021 nicht bestritten hätte. Damit hat er in der damaligen Situation einseitig die Interessen seiner Mandanten M. H. GmbH und C GmbH Co. & KG vertreten, indem er deren Chancen auf den Erhalt einer guten Befriedigungsquote erhöht hat.
Der Angeklagte hätte durchaus die Möglichkeit gehabt, ein pflichtwidrigen Verhalten zu vermeiden. So hätte er den Zeugen X und Y, die als Apotheker juristische Laien sind, von Anfang an in klarer Form mitteilen können, dass er von ihnen ausschließlich eine Vollmacht für die Geltendmachung ihrer Stimmrechte in der Gläubigerversammlung für die Abstimmung über die Zusammensetzung des Gläubigerausschusses und für die Bestimmung eines neuen Insolvenzverwalters haben möchte und deren Interessen nicht im Prüfungsteil der Gläubigerversammlung vertreten wird. Dabei hätte er den Zeugen X und Y auch klar mitteilen können, dass er auch im Falle einer Vollmachtserteilung durch diese deren Forderungen in der Versammlung möglicherweise bestreiten wird. Außerdem hätte er die Möglichkeit gehabt, die von ihm an die Zeugen X und Y übersandten Vollmachten so zu formulieren, dass diesen klar zu entnehmen gewesen wäre, dass sich das ihm damit erteilte Mandat ausschließlich auf den Berichtsteil der Gläugiberversammlung und nicht auch auf den Prüfungsteil der Gläubigerversammlung erstreckt.
Der Angeklagte hätte eine Pflichtenkollision auch dadurch vermeiden können, dass er in der Gläubigerversammlung die Forderungen sämtlicher von ihm vertretenen Gläubiger nicht bestritten hätte und diesen dadurch allen titulierte Forderungen verschafft hätte.
V.
Der Angeklagte hat sich somit des Parteiverrats gem. § 356 Abs. 1 StGB schuldig gemacht.
Soweit der Angeklagte später das Bestreiten der Forderungen der Zeugen X und Y erst teilweise und schließlich komplett zurückgenommen hat, berührt dies die Verwirklichung des Tatbestandes des Parteiverrats gem. § 356 Abs. 1 StGB nicht, weil die Tat ein abstraktes Gefährdungsdelikt ist. Mithin ist es für die Verwirklichung der Tat unerheblich, ob die anwaltliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts zu einer tatsächlichen Beeinträchtigung der Parteiinteressen der betroffenen Parteien geführt hat. Der Tatbestand ist vielmehr bereits dann verwirklicht, wenn der Täter als Rechtsanwalt in derselben Rechtssache - die auch eine Rechtssache im Insolvenzverfahren sein kann - verschiedenen Parteien dient, bei denen sich mehrere Beteiligte mit entgegengesetzten Interessen einander gegenüberstehen können. Der Angeklagte hat durch seine Entscheidung, die Forderungen der beiden Apotheker X und Y in der Gläubigerversammlung am 24.02.2021 zu bestreiten, diesen gegenüber pflichtwidrig gehandelt.
VI.
Bei der Bestimmung der Strafe hat die Kammer den Strafrahmen des § 356 Abs. 1 StGB zugrunde gelegt, der Freiheitsstrafen von 3 Monaten bis zu 5 Jahren sieht.
Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 StGB ist in den Fällen, in denen das Gesetz keine Geldstrafe androht und die Verhängung einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten oder darüber nicht in Betracht kommt, in der Regel eine Geldstrafe zu verhängen.
Bei der Bestimmung der konkreten Strafe hat die Kammer strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte unbestraft ist und die Begehung der Tat bereits längere Zeit - nämlich 3 Jahre - zurückliegt. Dem Angeklagten ist ferner zu Gute zu halten, dass er das Bestreiten hinsichtlich der Forderungen der Zeugen Y und X im Juni 2021 teilweise und im Marz 2023 / November 2023 vollständig zurückgenommen hat, so dass diese doch noch einen gesicherten Forderungstitel erlangt haben.
Strafschärfend hat die Kammer demgegenüber berücksichtigt, dass durch die Tat des Angeklagte zugleich 2 Mandanten betroffen gewesen sind und dass die von diesen geltend gemachten Hauptforderungen in Höhe von ca. (...) € und (...) € nicht unerheblich gewesen sind.
Nach Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer auf eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 150,00 € erkannt.
Bei der Bestimmung der Höhe eines Tagessatzes hat die Kammer gem. § 40 Abs. 2 StGB die aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten berücksichtigt. Dieser hat sich in der Berufungshauptverhandlung dahingehend eingelassen, dass er gegenwärtig zwischen (...) € und (...) € netto pro Monat verdient. Bei der Bestimmung der Tagessatzhöhe hat die Kammer bedacht, dass der Angeklagte gegenüber seiner Ehefrau und seinen beiden minderjährigen Kindern Unterhaltsleistungen erbringt.
VII.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
Die Kammer hat im Berufungsverfahren zwar die Höhe des Tagessatzes geringer bemessen als das Amtsgericht Hildesheim. Die Herabsetzung beruht aber allein auf dem Umstand, dass der Angeklagte in der Berufungshauptverhandlung im Vergleich zu früher ein geringeres Nettoeinkommen angegeben hat. Von daher ist es nicht unbillig, dem Angeklagten die gesamten Kosten und notwendigen Auslagen des Berufungsverfahrens aufzuerlegen.
(...)