Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 14.06.2024, Az.: 9 U 55/23

Wirksamkeit der Auswechselung der Komplementärin in zwei Kommanditgesellschaften

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
14.06.2024
Aktenzeichen
9 U 55/23
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 30206
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Verden - 02.06.2024 - AZ: 10 O 42/22
nachfolgend
BGH - AZ: II ZR 75/24

Fundstellen

  • AG 2024, 903-908
  • NJW-Spezial 2024, 689
  • NZG 2024, 1663-1667
  • ZIP 2025, 1073

Redaktioneller Leitsatz

Für eine Rechtsfortbildung in Bezug auf die "Selbstauswechslung" einer SE als Komplementärin einer Kommanditgesellschaft oder überhaupt auf Maßnahmen, die zu einer faktischen, aber nicht vermögensrelevanten Entmachtung von Mehrheitsaktionären führen, besteht kein Bedürfnis.

In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2024 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 2. Juni 2023 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer (2. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Verden teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.

Das Urteil ist betreffend die Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des aus dem Urteil jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird festgesetzt auf die Wertstufe bis € 50.000

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Auswechselung der Komplementärin in zwei Kommanditgesellschaften im Februar 2022.

Die Beklagten sind ursprünglich die beiden (jeweils) alleinigen Gesellschafterinnen der A&B-Dr. A ... SE & Co. KG (im Folgenden: A&B ... Bau KG) und der A&B ...Verwaltung ... SE & Co. KG (im Folgenden: A&B ... Verwaltung KG; zusammen: A&B-Kommanditgesellschaften) gewesen. Die Beklagte zu 1 (eine Europäische Gesellschaft: SE) war jeweils die nicht am Kapital und Gewinn der A&B-Kommanditgesellschaften beteiligte Komplementärin, die Beklagte zu 2 (eine Aktiengesellschaft) deren alleinige Kommanditistin. Der Kläger ist Aktionär beider Beklagter.

Nachdem der Gründer Dr. H.-G. A. mit notariellem Vertrag vom 3. März 2020 (Anlage K 36) verschiedene Fragestellungen zur Vermögens- und Unternehmensnachfolge geregelt und dabei u.a. 36.000 der insgesamt 120.000 Stückaktien der SE/Beklagten zu 1 schenkweise auf den Kläger übertragen hatte, stellten sich die Beteiligungsverhältnisse an den Gesellschaften der Unternehmensgruppe zunächst wie folgt dar:

An der SE/Beklagten zu 1 waren einerseits die erste Ehefrau des Gründers sowie die drei Kinder aus erster Ehe (im Folgenden: "H. Flügel") mit je 10 %, insgesamt mit 40 % beteiligt, andererseits der Gründer Dr. H.-G. A. und der Kläger (im Folgenden: "W. Flügel) jeweils zu 30 %, insgesamt mit 60 %. An der AG/Beklagten zu 2 war der "H. Flügel" (allein die drei Kinder des Gründers zu gleichen Teilen) zusammen mit knapp 70 %, der "W. Flügel" (der Kläger nahezu allein) mit 30 % beteiligt. Mit Aktienkauf- und Übertragungsvertrag im Jahr 2021 verkaufte der Gründer Dr. H.-G. A. dem Kläger weitere 30.000 seiner vormals eigenen 36.000 Aktien an der SE/Beklagten zu 1.

Mit den hier streitgegenständlichen notariellen Verträgen vom 25. Februar 2022 (Anlagen K 22 bis 25) vereinbarten die A&B ... Bau KG einerseits (Anlagen K 22 und 23) und die A&B ... Verwaltung KG andererseits (Anlagen K 24 und K 25) jeweils mit der SE/Beklagten zu 1 als ihrer (jeweils) bisherigen Komplementärin sowie mit der durch die AG/Beklagte zu 2 kurz zuvor erworbene Y. ... Vorrats-SE (nunmehr firmierend als A&B-Verwaltungs SE) als ihrer (jeweils) künftigen Komplementärin und der AG/Beklagten zu 2 als ihrer jeweiligen Kommanditistin, die Aktiengesellschaften dabei jeweils vertreten durch den je personenidentisch besetzten Vorstand bestehend aus Dr. U. A. und B. H., jeweils erst den Eintritt der (heute) A&B-Verwaltungs SE als neue Komplementärin und sodann das Ausscheiden der SE/Beklagten zu 1 als bisherige Komplementärin der A&B-Kommanditgesellschaften. Parallel zu der Komplementärsauswechslung gründeten die Beklagten mit Gesellschaftsvertrag (Anlage B 14) die neue A&B Beratungs SE & Co. KG (im Folgenden: A&B Beratungs KG), deren Komplementärin die SE/Beklagte zu 1 und deren Kommanditistin die Beklagte zu 2 sind.

Der Kläger ist insbesondere der Ansicht, der Vorstand beider Beklagter habe nicht ohne Beteiligung ihrer jeweiligen Hauptversammlung über die Auswechslung der SE/Beklagten zu 1 als Komplementärin der A&B-Kommanditgesellschaften entscheiden dürfen, zumal im Fall der SE/Beklagten zu 1 gegen den dem Vorstand bekannten Willen der einfachen Hauptversammlungsmehrheit.

Die Beklagten haben behauptet, Motivation für die Auswechslung sei allein gewesen, dass der Kläger der zur Vermeidung von steuerlichen Nachteilen nach Gründung der A&B ... Verwaltung KG im Jahr 2019 erforderlich gewordenen Einführung einer umsatzsteuerlichen Organschaft, bei der die AG/Beklagte zu 2 neben ihrer Kommanditistenstellung auch Unternehmensträgerin der Komplementärin werden sollte, seine Unterstützung durch Übertragung seiner Anteile an der SE/Beklagten zu 1 auf die AG/Beklagte zu 2 verweigert habe. Sie sind zudem der Ansicht, dass der zuvor im Jahr 2021 erfolgte weitere Aktienerwerb an der "ausgewechselten" SE/Beklagten zu 1 durch den Kläger gegen den "70:30-Schlüssel" verstoßen habe, auf dem das Gesamtkonzept der notariellen Urkunde vom 3. März 2020 beruht habe, wonach der "H. Flügel" 70 %, der "W. Flügel" 30 % der Anteile an der Unternehmensgruppe halten solle.

Das Landgericht, auf dessen Urteil (Bl. 445 ff.Bd. II d.A.) wegen der Einzelheiten der tatbestandlichen Feststellungen, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat unter Abweisung der Klage im Übrigen antragsgemäß festgestellt, dass die jeweiligen Ein- und Austrittsvereinbarungen unter Missbrauch der Vertretungsmacht des Vorstands zustande gekommen und deshalb nichtig seien. Der Vorstand habe der Hauptversammlung die Vereinbarungen entgegen einer (in Anlehnung an die sog. "Holzmüller-Rechtsprechung" des BGH) diesbezüglichen (ungeschriebenen) Hauptversammlungszuständigkeit und in Kenntnis des entgegenstehenden Willens der einfachen Hauptversammlungsmehrheit der SE/Beklagten zu 1 nicht zur Entscheidung vorgelegt. Der Annahme einer Hauptversammlungszuständigkeit stehe auch nicht entgegen, dass die SE/Beklagte zu 1 nicht am Kapital der A&B-Kommanditgesellschaften beteiligt sei. Denn sie sei unabhängig davon durch ihre Auswechslung in ihrer Funktion und Bedeutung beeinträchtigt worden, womit sich die allein auf das wirtschaftliche Maß der Beeinträchtigung abstellenden qualitativen und quantitativen Anforderungen relativierten, die die "Holzmüller-" und die "Gelatine I und II-Rechtsprechung" des BGH an die Bejahung einer ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeit stellten.

Mit der Berufung haben die Beklagten insbesondere beanstandet, dass das Landgericht die "Holzmüller-Rechtsprechung" des BGH überdehnt und faktisch eine neue Fallgruppe ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten geschaffen habe.

Sie beantragen,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, es handele sich bei der Auswechslung der "Führungsgesellschaft" um einen "Holzmüller-Sachverhalt", weil der satzungsmäßige Unternehmensgegenstand der SE/Beklagten zu 1 dauerhaft aufgegeben werde. Übergeordneter Zweck der Maßnahmen des Vorstandes sei das Hintertreiben der entstehenden Mehrheitsposition des Klägers in der SE/Beklagten zu 1 und die Verhinderung seines entsprechenden Einflusses gewesen.

Mit seiner Anschlussberufung verfolgt der Kläger entsprechend dem erstinstanzlich gestellten Hilfsantrag zu Ziffer 9, das angefochtene Urteil insoweit abzuändern, als die Beklagten als Gesellschafterinnen der A&B-Kommanditgesellschaften zur Abgabe einer Rücknahmeerklärung betreffend die Handelsregisteranmeldungen zu den streitgegenständlichen Ein- und Austrittsvereinbarungen verurteilt werden. Die Beklagten beantragen, die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten der Berufungsanträge wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 11. April 2024(Bl. 657 Bd. II d.A.) und vom 26. März 2024 (Bl. 613 f. Bd. II d.A.) wegen des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige, insbesondere fristgerechte Berufung der Beklagten hat in vollem Umfang Erfolg (dazu unter 1); die zulässige Anschlussberufung des Klägers bleibt erfolglos (dazu unter 2).

1. Die zulässigen Klageanträge zu 1 und 2 sind unbegründet (dazu unter a). Auch die - aus diesem Grund zur Entscheidung stehenden - Hilfsanträge zu 3, 4 und 10 sind sämtlich (jedenfalls) unbegründet (dazu insgesamt unter b).

a) Die Klageanträge zu 1 und 2 sind zulässig, aber unbegründet.

aa) Die auf Feststellung der Nichtigkeit der streitgegenständlichen Ein- und Austrittsvereinbarungen gerichteten Klageanträge zu 1 und 2 sind in Bezug auf beide Beklagte zulässig. Zwar betreffen sie keine Rechtsverhältnisse zwischen den Beklagten und dem Kläger. Eine Klage nach § 256 Abs. 1 ZPO kann aber auch auf Feststellung gerichtet sein, dass zwischen der beklagten Partei und einem Dritten ein Rechtsverhältnis bestehe oder nicht bestehe, wenn dies zugleich für die Rechtsbeziehungen der Parteien untereinander von Bedeutung ist, der Kläger an einer alsbaldigen Klärung dieser Frage ein rechtliches Interesse hat und - was hinzukommen muss - das Aktienrecht für die Austragung eines solchen Streits keine abschließende Regelung trifft (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1982 - II ZR 174/80 ["Holzmüller"] -, BGHZ 83, 122-144, Rn. 17). Unter keinem dieser Gesichtspunkte bestehen Bedenken gegen die Zulässigkeit der Anträge.

Das im Rahmen von § 256 Abs. 1 ZPO als richtig zu unterstellende Klagevorbringen geht in erster Linie dahin, die Ein- und Austrittsvereinbarungen vom 25. Februar 2022 hätten ohne die Zustimmung der jeweiligen Hauptversammlung beider Beklagten nicht wirksam werden können. In den trotzdem vorgenommenen Vertragsschlüssen sieht der Kläger einen gesetzwidrigen Eingriff insbesondere in die Zuständigkeit der Hauptversammlung der SE/Beklagten zu 1 und zugleich - vermittelt durch den mit den Vereinbarungen herbeigeführten eigenen Bedeutungsverlust der SE/Beklagten zu 1 in der Unternehmensgruppe - auch einen Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte der einzelnen Aktionäre (mithin insbesondere in seine Aktionärsrechte). Auch liege in den streitgegenständlichen Vereinbarungen ein Eingriff in die Hauptversammlungszuständigkeit der AG/Beklagten zu 2, insbesondere soweit es deren faktische Einwechslung als nunmehr (über die von ihr zu 100 % gehaltene A&B-Verwaltungs SE) mittelbare Komplementärin in die Kommanditgesellschaften und deren Bedeutung und Folgen für die AG/Beklagte zu 2 und damit auch für ihre Aktionäre betreffe.

Die durch den Kläger damit aufgeworfene Frage nach dem rechtlichen Bestand der Vereinbarungen könnte, was für ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis genügen dürfte, mithin zumindest hypothetisch auch seine Stellung als Aktionär beider Beklagter und damit sein Rechtsverhältnis zu ihnen berühren (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1982, aaO, Rn. 18). Seiner darauf gestützten Klage nach § 256 ZPO stehen auch besondere aktienrechtliche Gründe nicht entgegen, nachdem die Nichtigkeits- und Anfechtungsvorschriften der §§ 241 ff AktG gewöhnliche Feststellungsklagen, auch von Aktionären, bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses zumal dann nicht ausschließen, wenn es an einem nach jenen Vorschriften angreifbaren Beschluss überhaupt fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar, aaO, Rn. 19).

bb) Die Klageanträge zu 1 und 2 sind jedoch im Verhältnis zu beiden Beklagten unbegründet. Die den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Komplementärwechsel im Übrigen entsprechenden Ein- und Austrittsvereinbarungen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2016 - II ZR 231/15 -, Rn. 17 ff., juris) erfüllen entgegen der Auffassung des Klägers bereits mangels Behauptung eines eingetretenen Vermögensnachteils bei den beklagten Gesellschaftern der jeweiligen Kommanditgesellschaft offensichtlich nicht die Voraussetzungen einer Nichtigkeit gem. § 134 BGB i.V.m. § 266 StGB (vgl. BeckOK StGB/Wittig, 60. Ed. 1.2.2024, StGB § 266 Rn. 53 mwN).

Die Vereinbarungen sind auch weder aufgrund einer unterlassenen Beteiligung der Hauptversammlung der SE/Beklagten zu 1 (dazu unter (1)) oder der AG/Beklagten zu 2 (dazu unter (2)) durch den jeweiligen Vorstand wegen Missbrauchs der Vertretungsmacht noch etwa deshalb gem. § 138 BGB nichtig, weil der Vorstand mit der Komplementärsauswechslung unter Verstoß gegen seine Pflichten und im kollusiven Zusammenwirken mit den übrigen Parteien der Vereinbarungen eine dauerhafte Satzungsunterschreitung der SE/Beklagten zu 1 herbeigeführt hätte (dazu unter (3)).

(1) Die Ein- und Austrittsvereinbarungen verstießen nicht wegen unterlassener Beteiligung der Hauptversammlung der SE/Beklagten zu 1 und einem darin liegenden etwaigen Missbrauch der Vertretungsmacht des Vorstands gegen § 138 BGB. Der die SE/Beklagte zu 1 gem. § 82 Abs. 1 AktG im Außenverhältnis wirksam vertretende Vorstand hat mit der Eingehung keiner der streitgegenständlichen Vereinbarungen seine Vertretungsmacht missbraucht, weil er die Hauptversammlung entgegen der Auffassung des Klägers mangels einer diesbezüglichen (ungeschriebenen) Zuständigkeit nicht hatte beteiligen müssen (dazu unter (a) bis (c)).

Da die Hauptversammlung gerade nicht zur Willensbildung berufen war, kommt es auch nicht darauf an, ob der Vorstand der SE/Beklagten zu 1 wusste oder hätte wissen müssen, dass er mit dem Komplementäraustausch dem Willen der einfachen Hauptversammlungsmehrheit der SE/Beklagten zu 1, nämlich dem Willen des Klägers sowie - jedenfalls aus der damaligen Perspektive der Beteiligten - auch des Dr. H.-G. A. zuwiderhandelte (nämlich vor rechtskräftiger Feststellung im hiesigen Verfahren 9 U 108/22 / 23 O 111/21 [LG Hannover], dass die Hauptversammlung der Aktienübertragung des Dr. H.-G. A. an den Kläger aus dem Juni 2021 bereits im November 2021 zugestimmt hatte).

(a) Eine Zuständigkeit der Hauptversammlung ergab sich zunächst nicht aus § 119 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 179 AktG, da - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - die Vereinbarungen weder unmittelbar noch mittelbar auf eine Satzungsänderung gerichtet waren.

(b) Entgegen der Ansicht des Klägers lag auch keine Hauptversammlungszuständigkeit vor, die sich aus einer analogen Anwendung des § 179a AktG ergeben würde, wonach ein Vertrag, durch den sich eine Aktiengesellschaft zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens verpflichtet, ohne dass die Übertragung unter die Vorschriften des Umwandlungsgesetzes fällt, auch dann eines Beschlusses der Hauptversammlung nach § 179 AktG bedarf, wenn damit keine Änderung des Unternehmensgegenstandes verbunden ist. Mit dem Austritt der SE/Beklagten zu 1 als Komplementärin aus den Kommanditgesellschaften ist kein Gesellschaftsvermögen, und zwar weder der Beklagten zu 1 noch der A&B-Kommanditgesellschaften, übertragen worden (s. sogleich unter (c)). Die Voraussetzungen einer analogen Anwendung der Vorschrift auf den Fall einer bloßen "Weggabe" der eigenen Position der Gesellschaft als persönlich haftende Gesellschafterin in einer Kommanditgesellschaft liegen nicht vor, da bereits nicht erkennbar ist, worin die vergleichbare Interessenlage der Gesellschaft bzw. des Aktionärs bestehen sollte, wenn Vermögensinteressen nicht gefährdet sind.

(c) Entgegen der Auffassung des Landgerichts bestanden auch keine ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten in der SE/Beklagten zu 1, die insbesondere aus der sog. "Holzmüller-Rechtsprechung" des BGH (Urteil vom 25. Februar 1982 - II ZR 174/80 -, BGHZ 83, 122-144, Rn. 28) folgten.

Hiernach - sowie weiter präzisiert durch die Entscheidungen "Gelatine I und II" (BGH, Urteil vom 26. April 2004 - II ZR 154/02 -, juris; Urteil vom 26. April 2004 - II ZR 155/02 -, BGHZ 159, 30-48, juris) - ist die Hauptversammlung einer AG/SE ungeschrieben zuständig und daher zu befassen, wenn der Vorstand (sonstige) grundlegende Entscheidungen über das Vermögen der Aktiengesellschaft trifft, die zwar durch seine Außenvertretungsmacht, seine gemäß § 82 Abs. 2 AktG begrenzte Geschäftsführungsbefugnis und durch den Wortlaut der Satzung formal noch gedeckt sind, deren wirtschaftliche Bedeutung aber an die Kernkompetenz der Hauptversammlung rührt, über die Verfassung der Aktiengesellschaft zu bestimmen (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2004 - II ZR 155/02 -, BGHZ 159, 30-48, Rn. 48, juris), weil die Entscheidung so tief in die Mitgliedsrechte der Aktionäre und deren im Anteilseigentum verkörpertes Vermögensinteresse eingreifen, dass der Vorstand vernünftigerweise nicht annehmen kann, er dürfe sie in ausschließlich eigener Verantwortung treffen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1982 - II ZR 174/80 -, BGHZ 83, 122-144, Rn. 27 - 28; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 7. September 2011 - 1 BvR 1460/10 -, BVerfGK 19, 45-50, Rn. 17 mwN, juris).

Gemessen an diesem Maßstab ergibt sich für die Eingehung der streitgegenständlichen Vereinbarungen durch die SE/Beklagte zu 1 keine Hauptversammlungszuständigkeit. Denn der Auswechslung der SE/Beklagten zu 1 als Komplementärin der A&B-Kommanditgesellschaften fehlt es (abgesehen von den insoweit zu vernachlässigenden und unstreitig auch heute in gleicher Höhe von der A&B Beratungs KG an die SE/Beklagte zu 1 entrichteten Haftungsvergütungen) bereits an der wirtschaftlichen Bedeutung für die Gesellschaft. Dies betrifft sowohl ihren Austritt als (anteilslose und nicht gewinnbezugsberechtigte) Gesellschafterin aus den A&B-Kommanditgesellschaften als auch - worauf der Kläger abstellt - ihre dort in Verlust geratene Position als persönlich haftende Gesellschafterin.

Die SE/Beklagte zu 1 hat, was aber entgegen der Auffassung des Landgerichts zur Begründung einer ausnahmsweisen Hauptversammlungszuständigkeit erforderlich wäre, durch ihren Austritt als Komplementärin aus den Kommanditgesellschaften keinerlei Vermögen, weder unmittelbar durch Ausgliederung noch mittelbar durch Umstrukturierung und damit einhergehende Mediatisierungseffekte, eingebüßt. Die "Holzmüller-/Gelatine-Rechtsprechung" des BGH ist daher nicht auf die streitgegenständlichen Vereinbarungen anwendbar, ohne dass es überhaupt noch darauf ankommt, dass auch dem Kläger keine Vermögensnachteile entstanden sind.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts kommt es auch nicht in Betracht, eine (entsprechende) Anwendung der genannten Rechtsprechung auf den vorliegenden Sachverhalt in der Weise vorzunehmen, dass der hier eingetretene Bedeutungs- und Funktionsverlust der SE/Beklagten zu 1 in den A&B-Kommanditgesellschaften bzw. in der Unternehmensgruppe im Ganzen mit der nach der Rechtsprechung erforderlichen wirtschaftlichen Bedeutung der Maßnahme für die Gesellschaft und die durch die Aktien vermittelten Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre gleichgesetzt wird. Das "Erstrecht-Argument" des Landgerichts, dass es sich anders als bei den "Holzmüller/Gelatine-Sachverhalten" bei den Komplementärsauswechslungen sogar um Strukturmaßnahmen/Grundlagengeschäfte vergleichbar denjenigen aus dem Katalog des § 119 Abs. 1 AktG handele und nicht nur um Maßnahmen der Geschäftsführung i.S.d. § 119 Abs. 2 AktG, erlaubt es nicht, ein hierin liegendes vermeintlich besonders schwerwiegendes "qualitatives" Element zum Ausgleich des nach der genannten Rechtsprechung erforderlichen quantitativen Elements, nämlich einer ganz erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung der Maßnahme für Gesellschaft und Aktionäre heranzuziehen.

Zwar sieht auch der Senat den mit der Auswechslung der SE/Beklagten zu 1 als Komplementärin einhergehenden Machtverlust dieser Gesellschaft in der Unternehmensgruppe, der sich in der Folge insbesondere als ein Machtverlust des Klägers, ihres Mehrheitsaktionärs, erweist, nachdem er an der die Geschicke der A&B-Kommanditgesellschaften leitenden neuen Komplementärin A&B-Verwaltungs SE vermittelt durch den Aktienbesitz an der Unternehmensträgerin AG/Beklagten zu 2 nur noch mit 30 % anstelle von (zuvor) 55 % beteiligt ist und ihm die Satzung (dort § 9) der jeweiligen Neukomplementärin A&B-Verwaltungs SE anders als diejenige der SE/Beklagten zu 1 nicht einmal (mehr) das von der Aktienmehrheit unabhängige Entsenderecht von Aufsichtsratsmitgliedern zubilligt. Denn mit der so "verlorenen" einfachen Hauptversammlungsmehrheit in der Komplementärin der A&B-Kommanditgesellschaften, die ihm die Bestimmung von deren Aufsichtsratsmitgliedern und damit mittelbar auch des Vorstands erlaubt hatte, hat der Kläger auch die (mittelbare) kontrollierende Leitungsmacht in den A&B-Kommanditgesellschaften verloren.

Allerdings besteht schon keine vergleichbare Interessenlage des Klägers mit derjenigen eines durch die Maßnahmen des Vorstands in seinen durch die Aktie vermittelten Vermögensrechten betroffenen Aktionärs wie in den "Holzmüller-/ Gelatine-Entscheidungen". Denn Gegenstand dieser Entscheidungen ist der Schutz der - durch die Komplementärsauswechslungen nicht berührten - von der jeweiligen Beteiligungshöhe unabhängigen Vermögensinteressen der Aktionäre und damit insbesondere der mit wenig Einflussnahmemöglichkeiten auf die Geschäftsleitung ausgestatteten Minderheitsaktionäre, nicht aber der Schutz des Interesses eines Mehrheitsaktionärs am Erhalt seiner sich allein aus dieser Aktienmehrheit ergebenden mittelbaren Machtstellung in der Gesellschaft zum Zwecke der Machtausübung in einer anderen Gesellschaft bzw. in der Unternehmensgruppe. Insoweit sind die Voraussetzungen einer Anwendung der "Holzmüller/Gelatine-Rechtsprechung" des BGH gerade nicht gegeben.

In der Entscheidung des Landgerichts liegt daher, wie die Beklagten zutreffend meinen, die Erschaffung einer neuen Fallgruppe ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten. Für eine solche Rechtsfortbildung in Bezug auf die "Selbstauswechslung" einer SE als Komplementärin einer Kommanditgesellschaft oder überhaupt auf Maßnahmen, die zu einer faktischen, aber nicht vermögensrelevanten Entmachtung von Mehrheitsaktionären führen, besteht aber nach Ansicht des Senats kein Bedürfnis. Bei der vorliegenden Konstellation handelt es sich um einen nicht verallgemeinerungsfähigen Einzelfall, in dem sich die "Problematik" des Klägers erst aus dem Zusammenspiel einer Reihe für ihn ungünstiger Einzelfaktoren ergibt, darunter die Beschaffung einer eigenen Mehrheitsmacht (nur) in der anteilslosen und damit nicht "vermögenden" "Komplementär-SE" der Unternehmensgruppe sowie die zum Zeitpunkt der Eingehung der streitgegenständlichen Vereinbarungen bestehende - und nicht rechtzeitig durch den in der SE/Beklagten zu 1 seinerzeit "herrschenden" "W. Flügel" verhinderte - Situation, dass ungeachtet der bereits schwelenden Konflikte in der Unternehmensgruppe/Familie der personenidentisch, aber ohne ein Mitglied des "W. Flügel" besetzte Vorstand der SE/Beklagten zu 1 unmittelbar oder mittelbar auch sämtliche andere Unternehmen der A&B-Gruppe leitete und zugleich von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit war.

(2) Die Ein- und Austrittsvereinbarungen verstießen auch nicht wegen unterlassener Beteiligung der Hauptversammlung der AG/Beklagten zu 2 und einem darin liegenden etwaigen Missbrauch der Vertretungsmacht des Vorstands gegen § 138 BGB.

Eine ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeit für die Zustimmung zu den streitgegenständlichen Vereinbarungen bestand auch in der AG/Beklagten zu 2 nicht, weil die insoweit durch den Kläger angeführten Argumente erst recht nicht durchgreifend sind. Soweit es den "faktischen" Eintritt der AG/Beklagten zu 2 in die A&B-Kommanditgesellschaften, vermittelt durch die von ihr zu 100 % gehaltene neue A&B-Verwaltungs SE als Komplementärin betrifft, bedeutete dieser keine ersichtliche Vermögensbeeinträchtigung der Kommanditistin, womit auch eine nachteilige Auswirkung auf die Mitgliedschaftsrechte ihrer Aktionäre weder dargelegt noch sonst erkennbar ist. Soweit mit dem Eintritt der neuen A&B-Verwaltungs SE als neue Komplementärin in die Kommanditgesellschaften zugleich, wie der Kläger meint, die Anwendbarkeit des Mitbestimmungsgesetzes auf die AG/Beklagte zu 2 ausgelöst worden sein sollte, hätten die Vereinbarungen deshalb ebenfalls keiner vorherigen Beteiligung der Hauptversammlung bedurft. Zwar mag eine Satzungsänderung im Nachgang erforderlich geworden sein (vgl. §§ 97ff. AktG), nicht aber ist sie es für die Herbeiführung einer Änderung des "mitbestimmungsrechtlichen Status Quo" selbst.

(3) Die streitgegenständlichen Vertragsschlüsse sind schließlich auch nicht etwa deshalb nichtig gem. § 138 BGB, weil der Vorstand mit Eingehen der Ein- und Austrittsvereinbarungen in kollusivem Zusammenwirken mit den übrigen Vertragsparteien eine dauerhafte Satzungsunterschreitung der SE/Beklagten zu 1 herbeigeführt hätte.

(a) Es erscheint angesichts der Satzungsregel des § 2 Abs. 1 zum Gesellschaftszweck bereits zweifelhaft, ob der Vorstand durch das Eingehen der streitgegenständlichen Ein- und Austrittsvereinbarungen überhaupt einen rechtswidrigen Satzungsverstoß ("faktische Satzungsänderung") in Form einer Satzungsunterschreitung begangen hat (vgl. Grigoleit/Ehmann, 2. Aufl. 2020, AktG § 179 Rn. 32; MüKoAktG/Stein, 5. Aufl. 2021, AktG § 179 Rn. 104).

So fehlt es der Regelung des § 2 Abs. 1 der Satzung der Beklagten zu 1 an jeglicher Konkretisierung in Bezug auf die hiernach zu leitenden Gesellschaften, insbesondere auf deren wirtschaftliche oder sonstige Bedeutsamkeit abstrakt bzw. innerhalb der Unternehmensgruppe, so dass die Annahme, dass der neuen Tätigkeit als Komplementärin in der A&B Beratungs KG kein im Vergleich zur vorherigen Tätigkeit annähernd vergleichbares wirtschaftliches Gewicht zukomme, für die Feststellung einer Satzungsunterschreitung unzureichend sein könnte. Allein aus der vorherigen Betätigung in den für die Unternehmensgruppe wirtschaftlich relevanten A&B-Kommanditgesellschaften können jedenfalls keine Rückschlüsse auf den Inhalt des in der Satzung niedergelegten weiten und allgemein gehaltenen Gesellschaftszwecks gezogen werden, die zu der zwingenden Wertung, es sei eine Satzungsunterschreitung herbeigeführt worden, führen würden.

Auch wenn zur Überzeugung des Senats feststehen würde, dass es sich bei der A&B Beratungs KG, wie der Kläger behauptet, um eine nicht ernsthaft betriebene reine "Alibi-Gesellschaft" handeln würde, stellte sich die Frage, ob die in diesem Fall nach dem Wechsel zweifellos gegebene Satzungsunterschreitung (erst) durch die streitgegenständlichen Vereinbarungen herbeigeführt worden wäre oder ob bereits die bisherige Aufgabenwahrnehmung der SE/Beklagten zu 1 als lediglich anteilslose Komplementärin der A&B-Kommanditgesellschaften die Satzung unterschritten hatte. Denn entgegen § 2 Abs. 1 hielt die SE/Beklagte zu 1 weder Beteiligungen an irgendeiner Gesellschaft, noch verfolgte sie mit ihrer alleinigen Aufgabenwahrnehmung als persönlich haftende Gesellschafterin der A&B-Kommanditgesellschaften eine eigene Gewinnerzielungsabsicht. Wenn die SE/Beklagte zu 1 durch die streitgegenständlichen Vereinbarungen aus einer womöglich bereits satzungswidrigen in eine andere satzungswidrige Betätigung versetzt worden wäre, wäre die Einordnung der Maßnahmen des Vorstands als selbständiger neuer Pflichtenverstoß zweifelhaft. Auch der Umstand, dass in diesem Fall schon von Anfang an eine Hauptversammlungszuständigkeit bestanden hätte, um über das weitere Schicksal der (satzungsunterschreitenden) Gesellschaft, also ggf. durch Anpassung der Satzung an die Realität oder Aufnahme einer neuen, den Gesellschaftszweck verwirklichenden Betätigung der SE/Beklagten zu 1 zu befinden (vgl. MüKoAktG/Stein, 5. Aufl. 2021, AktG § 179 Rn. 103, 105), und dass der Vorstand es unter Verstoß gegen diese Pflichten unterlassen hätte, die Hauptversammlung insofern zu beteiligen, ließe die streitgegenständlichen Vereinbarungen nicht als neuerlichen selbständigen Verstoß erscheinen.

(b) Die Frage nach der Herbeiführung einer Satzungsunterschreitung bedarf vorliegend zudem, dies als weitere eigenständige Erwägung, keiner Entscheidung. Für die Annahme einer Nichtigkeit der streitgegenständlichen Vereinbarungen aufgrund eines Satzungsverstoßes in der SE/Beklagten zu 1 bedürfte es, da ein Pflichtenverstoß des Vorstands mit Blick auf § 82 Abs. 1 AktG grundsätzlich keine Außenwirkung entfaltet (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1982 - II ZR 174/80 ["Holzmüller"] -, BGHZ 83, 122-144, Rn. 25); MüKoAktG/Stein, 5. Aufl. 2021, AktG § 179 Rn. 104), noch weiterer Voraussetzungen, die im konkreten Fall nicht vorliegen.

Hinzutreten müsste ein sittenwidriges, nämlich kollusives Handeln der Vertragsparteien, sämtlich mittelbar oder unmittelbar vertreten durch die Vorstände der SE/Beklagten zu 1, zum Nachteil des Klägers unter zumindest Inkaufnahme von Nachteilen der SE/Beklagten zu 1 (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2017 - I ZR 6/16 -, Rn. 25 mwN, juris), das als Fallgruppe des Missbrauchs der Vertretungsmacht zur Nichtigkeit der Vereinbarungen gem. § 138 BGB führen würde (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 - II ZR 371/12 -, juris).

Eine Kollusion käme jedenfalls dann in Betracht, wenn die "Entmachtung" des Klägers als Mehrheitsaktionär der SE/Beklagten zu 1 durch ihre Auswechslung durch die neue A&B-Verwaltungs SE in den das operative Geschäft der Unternehmensgruppe betreibenden A&B-Kommanditgesellschaften - wie der Kläger meint - nicht allein zugunsten der Herbeiführung einer durch den Kläger bislang vermeintlich blockierten, für die Unternehmensgruppe aber wirtschaftlich entscheidenden Einführung der steuerlichen Organschaft in Kauf genommen, sondern selbst das vorrangig mit den Maßnahmen verfolgte Interesse gewesen wäre. Für die Entmachtung des Klägers als eigentliche Motivation sprechen dabei die auch aus weiteren Verfahren senatsbekannten Streitigkeiten zwischen dem "H." und dem "W. Flügel" der A&B-Gruppe, insbesondere in Bezug auf die Anteilsübertragung aus dem Jahr 2021 an der SE/Beklagten zu 1 (Az. 9 U 108/22), deren Wirkungen (Ausbau der Machtstellung des Klägers in der damaligen Komplementärin der A&B-Kommanditgesellschaften, der SE/Beklagten zu 1) durch die streitgegenständlichen Vereinbarungen unterlaufen worden sind.

Doch auch bei Zugrundelegung der Annahme, die Zielrichtung des Vorstands hätte vorrangig in der Entmachtung des Klägers gelegen, würde sich eine einseitige Betrachtung dieses Umstandes zugunsten des Klägers verbieten, nachdem die insoweit erst im Jahr 2021 spiegelbildlich erfolgte "Selbst-Bemachtung" des Klägers durch Anteilserwerb von dem Gründer Dr. H.-G. A. und damit Herbeiführung der eigenen einfachen Hauptversammlungsmehrheit in der SE/Beklagten zu 1 in Abkehr von dem Geist der Vereinbarungen im Jahr 2020 (im Verhältnis des "H. Flügel" gegenüber dem Kläger: "70:30" in der AG/Beklagten zu 2 / "40:30" in der SE/Beklagten zu 1) erfolgt und in keiner ersichtlichen Weise als durch Gesellschaftsinteressen (weder der SE/Beklagten zu 1 noch der Unternehmensgruppe), sondern lediglich durch gesellschafts- sowie familieninterne Machtkämpfe motiviert gewesen sein dürfte. Denn es war dem Kläger und Dr. H.-G. A. mit der weiteren (nunmehr durch den Komplementärswechsel "entwerteten") Aktienübertragung auf den Kläger erkennbar darum gegangen, ihrerseits die Machtverhältnisse in der Unternehmensgruppe zugunsten des Klägers zu verschieben, etwa auch um dessen Verhandlungsposition in Bezug auf die Durchsetzung von individuellen Interessen (Indexierung von Mietverträgen von Objektgesellschaften des "W. Flügel" mit der A&B Sozialbau KG, Verbesserung der Zahlung von Dividenden usw.) gegen den "H. Flügel" durchsetzen zu können, was die durch die Beklagten mit Schriftsatz vom 11. April 2024 (Bl. 657 ff. Bd. III d.A.) vorgenommene und insoweit unbestritten gebliebene Wiedergabe von WhatsApp-Nachrichten des Dr. H.-G. A. an den Vorstand Dr. H. belegt (vgl. Nachricht vom 16. Februar 2022, Bl. 659 Bd. III d.A.: "[...] Da U. sich nicht bewegt hat, habe ich die Übertragung der 30 Prozent vorgenommen. [...] Es muss eine Gleichbehandlung erfolgen, XX verfügt über indexierte Objekte, Y nicht!! Lösungsvorschlag: 30 Prozent an A&B AG, angemessener Kaufpreis, Satzungsnachbesserung (Mindestdividende, Einigungsprocedere bei Besetzung der Aufsichtsräte [...]) [...] die vier Objekte von F. werden ohne Vorbehalte indexiert. [...]"). Diese Bewertung teilt auch der Kläger selbst, wenn er mit Schriftsatz vom 16. April 2024 (Bl. 664 ff., 668 Bd. III d.A.) mitteilen lässt, aus der (dort ergänzten) WhatsApp-Korrespondenz gehe hervor, dass Dr. H.-G. A. und der Kläger an den (nach der Aktienübertragung vor Komplementärswechsel) bestehenden unterschiedlichen Mehrheitsverhältnissen an beiden Beklagten und dem dadurch erreichten Machtausgleich hätten festhalten wollen, bis eine für beide Seiten (also den Kläger und den "H. Flügel") akzeptable Lösung gefunden sei. Insoweit kann sich jedenfalls (auch) der Kläger nicht darauf berufen, ihm selbst gehe es im Gegensatz insbesondere zu dem dem "H. Flügel" zugehörigen Vorstandsmitglied Dr. U. A. allein um die Interessen der Unternehmensgruppe.

Die hier streitgegenständlichen Vereinbarungen vom 25. Februar 2022 haben im Ergebnis die durch den Vertrag von 2020 etablierten Machtverhältnisse in der Unternehmensgruppe insofern lediglich wiederhergestellt, als der "H. Flügel", d.h. im Wesentlichen die drei leiblichen Kinder des Dr. H.-G. A. im Verhältnis zum Kläger nun wieder sowohl (wie zuvor) in der AG/Beklagten zu 2 als Kommanditistin als auch in der (neuen) Komplementärin der A&B-Kommanditgesellschaften (vermittelt durch die AG/Beklagte zu 2) die Mehrheit im Verhältnis zu dem Kläger stellen.

Nach alledem verbietet sich eine (einseitige) Bewertung, es habe sich bei den diesem Ergebnis zugrunde liegenden streitgegenständlichen Vereinbarungen um ein rechtlich auch bei Vornahme der gebotenen Gesamtschau zu missbilligendes Verhalten der Vorstände der SE/Beklagten zu 1 und (kraft Zurechnung gem. § 166 Abs. 1 BGB) auch sämtlicher beteiligter Vertragsparteien gehandelt, das dazu hätte führen müssen, dass die streitgegenständlichen Vereinbarungen wegen kollusiver Herbeiführung einer etwaig darin liegenden faktischen Satzungsänderung zum Nachteil jedenfalls auch der SE/Beklagten zu 1 nichtig wären.

b) Die infolge der mangelnden Begründetheit der Klageanträge zu 1 und 2 auch anhängigen Hilfsanträge zu 3 und 4 sowie 10 sind jedenfalls unbegründet.

aa) Die Hilfsanträge zu 3 und 4 sind jedenfalls unbegründet, da kein Anspruch des Klägers auf eine Aufhebung der Vereinbarungen - gleich gegen wen - in Betracht kommt. Die auf Beseitigung oder Schadensersatz gerichteten Anträge gem. §§ 823, (1004,) 31 BGB, die für den Fall der Verneinung der Voraussetzungen einer Nichtigkeit der Vereinbarungen gem. § 138 BGB bei gleichwohl rechtswidriger (ggf. auch schuldhafter, aber nicht sittenwidriger) Übergehung der Hauptversammlung gestellt worden sind, scheitern bereits an dem mangelnden Beteiligungserfordernis der jeweiligen Hauptversammlung (dazu unter a bb).

bb) Hinsichtlich des Hilfsantrags zu 10, gerichtet auf die Feststellung, dass der Abschluss der Ein- und Austrittsvereinbarungen eines Beschlusses der Hauptversammlung beider Beklagten, hilfsweise (nur) der Beklagten zu 1, mit einer Dreiviertelmehrheit bedurft hätte, ist die Klage ebenfalls deshalb unbegründet, weil für die streitgegenständlichen Beschlüsse/Verträge eine Hauptversammlungszuständigkeit nicht gegeben ist.

2. Die Anschlussberufung betreffend den geltend gemachten ursprünglichen Hilfsantrag zu 9, gerichtet auf die Verurteilung zur Abgabe einer Erklärung über die Rücknahme der Handelsregisteranmeldungen jeweils beider Beklagter für die A&B-Kommanditgesellschaften bleibt ebenfalls mangels Begründetheit erfolglos, weil die den Anmeldungen zugrundeliegenden streitgegenständlichen Ein- und Austrittsvereinbarungen nicht unwirksam sind, womit die Anmeldungen auch nicht von der gegebenen Rechtslage abweichen und eine Rücknahme ohnehin nicht veranlasst wäre.

II.

Weder die klägerischen Schriftsätze nebst Anlagen vom 14. Mai 2024 (Bl. 676 ff. Bd. III d.A.) und 12. Juni 2024 (Bl. 755 ff. Bd. III d.A.) noch der Schriftsatz nebst Anlagen der Beklagten vom 7. Juni 2024 (Bl. 704 ff. Bd. III d.A.) geben Anlass zur Wiedereröffnung der Verhandlung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts abweicht, so dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.