Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 09.04.2025, Az.: 8 A 408/24
Bewilligungszeitraum; ELER; Ermessen; Fristverlängerung; geringfügiger Verstoß; Gleichbehandlungsgrundsatz; Kürzung; offensichtlicher Irrtum; Richtlinie ZILE 2017; Sanktion; Schwellenwert; Subventionsrecht; Verhältnismäßigkeit; Subventions- und Zuwendungsrecht: Zu den Auswirkungen von außerhalb des Bewilligungszeitraums bezahlten Ausgaben (Kürzung und Sanktion)
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 09.04.2025
- Aktenzeichen
- 8 A 408/24
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2025, 18016
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2025:0409.8A408.24.00
Rechtsgrundlagen
- VwVfG § 31 Abs. 7
- VwVfG § 40
- VO (EU) Nr. 1305/2013 Art. 20 Abs. 1 Buchst. d
- GG Art. 3 Abs. 1
- DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 Art. 4 Unterabs. 1
- DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 3
- VO (EU) Nr. 1306/2013 Art. 64 Abs. 5 Buchst. e
- VO (EU) Nr. 1306/2013 Art. 77 Abs. 5 Buchst. e
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Es ist Sache des Fördergebers, die Modalitäten des Förderverfahrens auszugestalten. Ihm obliegt die Deutungshoheit von Rechtsbegriffen. Der Zuwendungsbewerber hat nur einen Anspruch auf Gleichbehandlung entsprechend der Förderpraxis.
- 2.
Die in § 31 Abs. 7 Satz 2 VwVfG vorgesehen Möglichkeit zur nachträglichen Fristverlängerung kann durch eine Ermessenspraxis der Behörde eingeschränkt werden, sofern dies auf sachlichen Gründen beruht.
- 3.
Der Zuwendungsbewerber hat einen Anspruch auf Berichtigung seines Auszahlungsantrags durch die Behörde gemäß Art. 4 Unterabs. 1 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014, wenn die Einbeziehung von nach Ablauf des Bewilligungszeitraums bezahlten Ausgaben auf einem offensichtlichen Irrtum beruht und er in gutem Glauben gehandelt hat. Dem steht nicht entgegen, wenn es sich um einen Rechtsirrtum handelt und sich die Offensichtlichkeit des Irrtums erst nach Erlass des Festsetzungsbescheides im anschließenden Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren ergibt.
- 4.
Die Verhängung einer Sanktion nach Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 3 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 kann ausnahmsweise unverhältnismäßig sein, wenn es sich um einen geringfügigen Verstoß i.S.v. Art. 64 Abs. 5 Buchst. e und Art. 77 Abs. 5 Buchst. e VO (EU) Nr. 1306/2013 handelt. Ein geringfügiger Verstoß kann auch dann anzunehmen sein, wenn der in Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 3 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 bestimmte Schwellenwert überschritten ist, etwa bei einem Formalverstoß ohne Betrugsvorsatz.
Tenor:
Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung seines Bescheides vom 13. September 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2019 bezüglich der Festsetzung und des Abzugs eines Sanktionsbetrages in Höhe von 9.998,54 € verpflichtet, einen Betrag in Höhe von 33.525,84 € als zuwendungsfähige Ausgaben anzuerkennen sowie einen Zuwendungsbetrag in Höhe von 21.121,27 € festzusetzen.
Der Beklagte wird verurteilt, einen weiteren Zuwendungsbetrag in Höhe von 9.998,54 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 21. Dezember 2019 an die Klägerin auszuzahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten jeweils zu 1/2.
Das Urteil ist für die Klägerin nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 19.997,08 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen eine durch Festsetzungsbescheid verfügte Kürzung sowie Sanktionierung der zunächst bewilligten Zuwendung. Sie begehrt die Festsetzung sowie Auszahlung eines ungekürzten Zuwendungsbetrages, hilfsweise die Festsetzung und Auszahlung eines gekürzten, aber nicht zusätzlich sanktionierten Zuwendungsbetrages.
Die Klägerin, eine niedersächsische Kommune, beantragte beim Beklagten, einer u.a. für die Strukturförderung im ländlichen Raum zuständigen niedersächsischen Landesbehörde, mit Antrag vom 23. Juli 2018 - beim Beklagten am 26. Juli 2018 eingegangen - die Gewährung einer Zuwendung für eine Maßnahme im ländlichen Wegebau nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (v. 01.01.2017, Nds. MBl. 2017, 85, im Folgenden: ZILE 2017). Ausweislich des Antrags beabsichtigte die Klägerin die Neuherstellung des substanziell beschädigten Wirtschaftsweges "E." in ihrem Gemeindegebiet. Sie gab an, auf die Förderung angewiesen zu sein, weil ihre Eigenmittel zur Umsetzung nicht ausreichen würden. Sie schätze die in 2019 fälligen Gesamtkosten auf 55.000,00 €. Hiervon könne sie einen Eigenanteil in Höhe von 20.350,00 € übernehmen und beantrage daher Zuwendungen nach ZILE 2017 in Höhe von 34.650,00 €.
Mit Schreiben vom 6. Dezember 2018 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er ihr mit Bescheid vom selben Tage die beantragte Zuwendung gewähre, und wies darauf hin, dass die Maßnahme zu 43 % aus sog. ELER-Mitteln und zu 20 % aus Landesmitteln gefördert werde. Da die Mittel aus den Jahren 2016 und 2018 kämen, müssten sie zwingend bis zum Spätsommer 2019 nachgewiesen, geprüft und abgerechnet werden.
Mit Zuwendungsbescheid vom 6. Dezember 2018 bewilligte der Beklagte auf den klägerischen Antrag hin für die Zeit vom 6. Dezember 2018 bis zum 30. Juni 2019 eine nicht rückzahlbare Zuwendung in Form der Anteilsfinanzierung in Höhe von 63 % der ermittelten Bemessungsgrundlage der Zuwendung (55.000,00 €), höchstens jedoch 34.650,00 €. Die Bewilligung verband sie mit zahlreichen Nebenstimmungen. Unter anderem müsse der Zuwendungszweck im Bewilligungszeitraum erreicht und das Vorhaben tatsächlich fertiggestellt sowie von der Klägerin bezahlt worden sein (Ziff. 1). Die Mittel würden zur Durchführung des Vorhabens "Erneuerung des Wirtschaftsweges E. zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Infrastruktur" bewilligt werden (Ziff. 2). Die zuwendungsfähigen Gesamtausgaben, die zugleich Bemessungsgrundlage der Zuwendung seien, würden sich auf 55.000,00 € belaufen (Ziff. 4). Die Zuwendung werde erst nach Fertigstellung des Vorhabens ausgezahlt (Erstattungsverfahren), die Klägerin müsse den Auszahlungsantrag mit Verwendungsnachweis bis zum 30. Juni 2019 mit den erforderlichen Unterlagen vorlegen. Das Vorhaben sei zeitlich so durchzuführen, dass der Auszahlungsantrag zu diesem Termin fristgerecht vorgelegt werden könne. Auf Antrag könne Fristverlängerung gewährt werden (Ziff. 5.1). Die maßgeblichen Rechnungsbelege seien im Original und in Kopie mit den dazugehörigen qualifizierten Zahlungsnachweisen beizufügen. Sollten nicht förderfähige Positionen geltend gemacht werden, könne dies zu Kürzungen und eventuell zu Sanktionen führen (Ziff. 5.2). Die Bezahlung der jeweiligen Rechnungen sei durch einen qualifizierten Zahlungsnachweis zu belegen. Näheres hierzu gestaltete der Beklagte unter Ziff. 5.3 aus. Der Beklagte machte die dem Zuwendungsbescheid beigefügten Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung aus dem europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ANBest-ELER) zum Bestandteil des Zuwendungsbescheides (Ziff. 6.1) und behielt sich die teilweise oder vollständige Aufhebung der Bewilligung sowie die Kürzung und Sanktionierung der Zuwendung bzw. die Rückforderung bereits gezahlter Beträge nach Art. 63 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 (Ziff. 8.2) vor. Zugleich ordnete er nach § 80 Abs. 3 Niedersächsisches Justizgesetz das Vorverfahren an.
Mit Änderungsbescheid vom 9. Mai 2019 änderte der Beklagte hier nicht gegenständliche Einzelheiten hinsichtlich der besonderen Nebenbestimmungen.
Am 6. Juni 2019 beantragte die Klägerin per E-Mail Fristverlängerung zur Vorlage des Verwendungsnachweises für das Projekt "E." bis zum 31. Juli 2019 und führte aus, die Maßnahmen seien baulich nahezu fertiggestellt, allerdings stehe noch die Endabrechnung aus. Daraufhin setzte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 13. Juni 2019 den Bewilligungszeitraum neu auf die Zeit vom 19. Dezember 2018 bis zum 31. Juli 2019 fest. Zugleich änderte er den in Ziff. 5 des Zuwendungsbescheides bisher festgesetzten Termin zur Vorlage des Verwendungsnachweises auf den 31. Juli 2019.
Mit Rechnung vom 19. Juli 2019 stellte die Firma H. der Klägerin für ihre Arbeiten einen noch zu zahlenden Betrag in Höhe von 15.836,78 € in Rechnung, der ausweichlich der Rechnung bis zum 12. August 2019 zu zahlen war. Die Klägerin verbuchte die Zahlung dieses Betrags am 25. Juli 2019 in der Samtgemeindekasse. Die Überweisung erfolgte am 8. August 2019.
Am 10. Juli 2019 stellte die Firma I. der Klägerin einen Betrag in Höhe von 67,83 € in Rechnung, zahlbar innerhalb von 30 Tagen. Die Klägerin verbuchte die Zahlung dieses Betrags ebenfalls am 25. Juli 2019 in der Samtgemeindekasse. Die Überweisung erfolgte am 6. August 2019.
Ausweislich eines im Verwaltungsvorgang des Beklagten enthaltenen Schreibens vom 19. Juli 2019 (Abvermerk vom selben Tag) - deren Erhalt die Klägerin bestreitet - erinnerte er an die am 31. Juli 2019 auslaufende Frist zur Einreichung des Verwendungsnachweises und wies darauf hin, dass zu diesem Zeitpunkt der Zuwendungszweck erreicht, das Projekt tatsächlich fertiggestellt sowie von der Klägerin bezahlt sein müsse.
Mit Auszahlungsantrag vom 23. Juli 2019 - beim Beklagten am 29. Juli 2019 eingegangen - reichte die Klägerin den Schlussverwendungsnachweis ein. In diesem erklärte sie, die zuwendungsfähigen Ausgaben würden sich auf 49.396,53 € belaufen; beantragt werde eine Zuwendung in Höhe von 31.119,81 € (63 % der zuwendungsfähigen Ausgaben). Diesem Antrag fügte die Klägerin eine Übersicht über ihre Einnahmen und Ausgaben sowie die entsprechenden Belege als Anlagen bei. Zur Rechnung der Firma H. vom 10. Juli 2019 über einen Gesamtrechnungsbetrag in Höhe von 15.836,78 € ist als Auszahlungsdatum der 8. August 2019, zur Rechnung der I. vom 10. Juli 2019 über einen Gesamtrechnungsbetrag in Höhe von 33,91 € der 6. August 2019 als Auszahlungsdatum vermerkt.
Mit streitgegenständlichem Festsetzungsbescheid vom 13. September 2019 setzte der Beklagte die mit Zuwendungsbescheid vom 6. Dezember 2018 gewährte Zuwendung nach Prüfung des Verwendungsnachweises auf einen auszuzahlenden Betrag in Höhe von 11.122,73 € fest. Begründend führte er aus, die zuwendungsfähigen Gesamtausgaben würden sich nach der durchgeführten Prüfung nur auf einen Betrag in Höhe von 33.525,84 € belaufen. Er habe festgestellt, dass die Schlussrechnung der Firma H. vom 10. Juli 2019 in Höhe von 15.836,78 € am 8. August 2019 und die Rechnung der I. vom 10. Juli 2019 in Höhe von 33,91 € am 6. August 2019 bezahlt worden seien. Im Zuwendungsbescheid sei unter Ziff. 1 bestimmt worden, dass das Vorhaben im Bewilligungszeitraum, der nach dem Änderungsbescheid am 31. Juli 2019 geendet habe, bezahlt sein müsse. Die beiden Rechnungen in Höhe von insgesamt 15.870,69 € seien aber erst danach bezahlt worden, sodass diese Ausgaben nicht förderfähig seien. Zuwendungsfähig sei damit nur ein Betrag in Höhe von 33.525,84 €, was bei dem Fördersatz in Höhe von 63 % den Zuwendungsbetrag in Höhe von 21.121,27 € ergebe. Die Differenz zwischen der von der Klägerin als förderfähig beantragten und von ihm - dem Beklagten - als tatsächlich förderfähig festgestellten Beträge belaufe sich auf 9.998,54 €, was 32,19 % entspräche. Deshalb sei nach Art. 63 Abs. 1 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 eine Sanktion zu verhängen. Aufgrund der Differenz von mehr als 10 % sei zusätzlich der Kürzungsbetrag erneut als Sanktion abzuziehen. So errechne sich der festgesetzte auszuzahlende Zuwendungsbetrag.
Am 30. September 2019 fand zwischen den Beteiligten ein Erörterungsgespräch in den Räumlichkeiten des Beklagten zur Ausräumung eines etwaigen Betrugsverdachts statt. Hierüber fertigte der Beklagte einen Vermerk, datiert auf den 1. Oktober 2019. Ausweislich dessen war u.a. Gegenstand des Gesprächs, weshalb die Klägerin die beiden Rechnungen der Firmen H. und I. erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraums bezahlt hatte. Nach den Darlegungen der Klägerin sei nicht auf das nahende Ende der behördlichen Frist geachtet worden. Ein Betrugsverdacht konnte zur Zufriedenheit des Beklagten verneint werden. Auch die Klägerin fertigte nachträglich unter dem 15. Januar 2025 ein Gedächtnisprotokoll zu diesem Termin. Dort wird ausgeführt, dass der Beklage mitgeteilt habe, wenn die Klägerin vor Ablauf des 31. Juli 2019 einen Antrag auf weitere Fristverlängerung unter Angabe der Gründe, die zur verspäteten Zahlung geführt hätten, gestellt hätte, wäre eine abermalige Verlängerung des Bewilligungszeitraums um wenige Tage in Betracht gekommen.
Die Klägerin erhob am 9. Oktober 2019 über ihre spätere Prozessbevollmächtigte Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 13. September 2019. Sie beantragte mit Anwaltsschriftsatz vom 15. November 2019, einen Betrag in Höhe von 49.396,53 € als zuwendungsfähige Ausgaben anzuerkennen sowie einen Zuwendungsbetrag in Höhe von 31.119,81 € festzusetzen, den Sanktionsbetrag in Höhe von 9.998,54 € aufzuheben und einen weiteren Zuwendungsbetrag in Höhe von 19.997,08 € an die Klägerin auszuzahlen. Rein vorsorglich beantragte sie die rückwirkende Verlängerung des Bewilligungszeitraums bis einschließlich 10. August 2019.
Sie führte begründend aus, dass der Bewilligungszeitraum im Vergleich zu den vorangegangenen Zuwendungsverfahren besonders kurz gewesen sei. Sie habe daher besondere Anstrengungen unternommen, um die Maßnahme überhaupt innerhalb des Bewilligungszeitraums zum Abschluss bringen zu können. Es seien zusätzliche Sitzungen in den politischen Gremien anberaumt worden, um die erforderlichen Mittel schon im Jahr 2018 außerplanmäßig genehmigen zu lassen. Ursprünglich sei eine Umsetzung der Maßnahme erst ab Frühjahr 2019 vorgesehen gewesen, wobei angesichts des kurzen Bewilligungszeitraums absehbar gewesen sei, dass die Maßnahme dann nicht fristgemäß fertiggestellt werden könne. Die öffentliche Ausschreibung der Bauleistungen habe weitere Zeit in Anspruch genommen, unter anderem weil bei der Prüfung der Vergabeunterlagen der Landkreis XXX habe beteiligt werden müssen. Erst Mitte Februar 2019 habe sie die Firma H. mit der Durchführung der Maßnahme beauftragen können. Die Baumaßnahmen hätten im März 2019 angefangen. Zu diesem Zeitpunkt hätten bis zur vollständigen Umsetzung des Projekts nur noch knapp fünf Monate zur Verfügung gestanden.
Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe die beiden Rechnungen, deren Ausgaben der Beklagte als nicht förderfähig ansah, innerhalb des Bewilligungszeitraums bezahlt. Die Rechnungen der Firmen H. und I. seien bereits am 25. Juli 2019 verbindlich in der Samtgemeindekasse gebucht worden. Unter Berücksichtigung der haushaltsrechtlichen Vorgaben zur Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit sei bei den Buchungen als Fälligkeit das jeweilige Zahlungsziel aus der Rechnung eingeben worden. Im Zuwendungsbescheid werde unter Ziff. 5.3 beispielhaft ausgeführt, dass auch ein Buchungsbeleg als Nachweis der einzelnen Auszahlungsanordnungen mit Kreditorennummer als qualifizierter Zahlungsnachweis akzeptiert werde. Dementsprechend sei sie - die Klägerin - davon ausgegangen, dass es für eine Bezahlung genüge, wenn der Betrag verbindlich gebucht und insoweit die Zahlung durch die Erfassungsstelle der Samtgemeindekasse verbindlich veranlasst worden sei. Es wäre ohne weiteres möglich gewesen, die tatsächliche Auszahlung bis zum 31. Juli 2019 vorzunehmen. Sie sei aber gutgläubig davon ausgegangen, dass die verbindliche Buchung zu diesem Zeitpunkt ausreiche.
Hilfsweise habe sie einen Anspruch darauf, dass der Beklagte den Bewilligungszeitraum rückwirkend gemäß § 31 Abs. 7 VwVfG verlängere. Der Anwendungsbereich der Norm sei auch dann eröffnet, wenn der Antrag auf Fristverlängerung erst nach Ablauf der Frist gestellt werde. Das Ermessen des Beklagten, die Frist zum Ablauf des Bewilligungszeitraums zu verlängern, sei auf Null reduziert. Die sich aus einer Ablehnung der Fristverlängerung ergebenden Konsequenzen seien in besonderem Maße unbillig. Die Unbilligkeit ergebe sich bereits aus der Höhe der als nicht zurechnungsfähig anerkannten Ausgaben. Sie - die Klägerin - habe bei Stellung des Zuwendungsantrags erklärt, nicht in der Lage zu sein, das Projekt ausschließlich aus Eigenmitteln umzusetzen, was sich auch in dem hohen Fördersatz widerspiegele. Ergänzend sei von dem Beklagten eine Sanktion verhängt worden, die den Gesamtförderbetrag abermals reduziert habe. Rechne man alle Beträge zusammen, die sie - die Klägerin - selbst zu finanzieren hätte, ergebe sich ein Betrag in Höhe von 42.308,20 €. Das seien knapp 80 % der insgesamt entstandenen Kosten, der Fördersatz betrüge faktisch in etwa nur 20 %, was in Anbetracht ihrer Finanzlage absolut unverhältnismäßig sei. Ebenfalls zu berücksichtigen sei der extrem kurze Zuwendungszeitraum mit dem damit verbundenen Zeitdruck. Daneben seien keine Gründe ersichtlich, die gegen eine nachträgliche Verlängerung des Bewilligungszeitraums sprechen würden. Der Beklagte habe in einem Klärungsgespräch selbst mitgeteilt, er hätte den Bewilligungszeitraum auf einen entsprechenden Antrag hin noch einmal geringfügig verlängert. Dann wären auch die von dem Beklagten als nicht förderfähig erachteten Leistungen als zuwendungsfähig anerkannt worden. Einer Verlängerung des Bewilligungszeitraums stehe auch nicht entgegen, dass möglicherweise eine Sanktionierung geboten sei. Die in der VO (EU) Nr. 1306/2013 und DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 vorgesehenen Sanktionen würden dem Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union dienen und einen wirksamen Schutz vor Betrug sicherstellen. Eine Betrugsabsicht könne der Klägerin nicht unterstellt werden. Sie habe nicht versucht darüber hinweg zu täuschen, dass die Auszahlungen tatsächlich erst nach dem 31. Juli 2019 erfolgt seien, sondern sei guten Glaubens gewesen, dass die verbindliche Anweisung bis zu diesem Tage ausreiche.
Des Weiteren liege kein Sanktionstatbestand gemäß Art. 63 Abs. 1 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 vor. Im Falle eines offensichtlichen Irrtums werde nach Art. 64 Abs. 2 Buchst. b DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 i.V.m. Art. 59 Abs. 6 VO (EU) Nr. 1306/2013 keine Sanktion verhängt; der Begünstigte könne seine Angaben in diesem Fall jederzeit berichtigen. Der Beklagte hätte also nach Prüfung des Verwendungsnachweises darauf hinweisen können, dass die Aufnahme der beiden Rechnungen offensichtlich unrichtig erfolgt sei, weil diese darauf bezogenen Ausgaben nach seiner Bewertung nicht förderfähig seien. Auch hätte nach Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 4 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 von einer Sanktionierung abgesehen werden können, weil die Einbeziehung der nicht förderfähigen Beträge nicht auf ein Verschulden der Klägerin zurückzuführen sei. Sie sei auch aufgrund der Angaben unter Ziff. 5.3 davon ausgegangen, dass der "Ausgabebuchungsbeleg" als Nachweis für die Bezahlung ausreiche. Dabei habe es sich um einen entschuldbaren Rechtsirrtum gehandelt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. November 2019 - der späteren Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29. November 2019 zugestellt - wies der Beklagte den Widerspruch zurück und legte der Klägerin die Kosten des Widerspruchsverfahrens auf, die er in Höhe von 243,50 € festsetzte. Er führte aus, bei der Förderung handele es sich ausweislich Ziff. 5.1 aus dem Zuwendungsbescheid um ein Erstattungsverfahren, wobei Zuwendungen nur für tatsächlich geleistete Ausgaben gezahlt würden. Der Zuwendungsbescheid mache zudem Vorgaben zum qualifizierten Zahlungsnachweis. Demnach sei nicht ausreichend, dass die Klägerin die Auszahlung innerhalb des Bewilligungszeitraums veranlasst habe, weil diese noch jederzeit hätte abgebrochen werden können. Der Antrag auf nachträgliche Fristverlängerung, über den gemäß § 44a VwGO mit zu entscheiden sei, werde abgelehnt. Die für die Klägerin handelnde Samtgemeinde sei eine in der Praxis des Erhalts und der Abrechnung von Zuwendungen erfahrene kommunale Gebietskörperschaft, der Existenz und Notwendigkeit der Einhaltung der Frist hätten bekannt sein müssen. Die Folge der Sanktionierung sei keine unbillige Härte, denn der Ausschluss von Positionen und die Anwendung der Sanktionen sei der gesetzlich vorgesehene Normalfall. Auch die Argumentation mit der (fehlenden) Finanzkraft der Klägerin sei "unschlüssig". Es sei Förderungsvoraussetzung, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, das Projekt selbst zu finanzieren. Auch finanzstärkere Gemeinden mit einem geringeren Fördersatz würden bei Verstößen sanktioniert werden; im Übrigen sei der Fördersatz für die Klägerin nicht nachträglich abgesenkt worden. Des Weiteren würde eine rückwirkende Verlängerung des Bewilligungszeitraums den Kern der Sanktionsvorschrift aus Art. 63 Abs. 1 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 unterlaufen. Eine Hinweispflicht der Bewilligungsstelle bestehe nicht. Eine Sanktion werde nur dann nicht verhängt, wenn der Begünstigte zur Zufriedenheit der zuständigen Behörde nachweisen könne, dass die Einbeziehung des nicht förderfähigen Betrages nicht auf sein Verschulden zurückzuführen sei. Die Klägerin sei möglicherweise einem Irrtum unterlegen, dieser sei aber fahrlässig und damit schuldhaft herbeigeführt worden. Angesichts der klaren Ausführungen im Bewilligungsbescheid zum Ablauf des Zuwendungsverfahrens hätte die Klägerin erkennen können, dass der geschuldete Betrag dem Konto des Gläubigers innerhalb des Bewilligungszeitraums hätte gutgeschrieben werden müssen.
Am 20. Dezember 2019 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, die getätigten Ausgaben für die Rechnungen der Firmen H. und I. seien dem Bewilligungszeitraum zuzuordnen, hilfsweise habe sie einen Anspruch auf nachträgliche Verlängerung des Bewilligungszeitraums bis zum 10. August 2019. Jedenfalls aber sei ein Absehen von der Sanktionierung geboten. Hierzu wiederholt sie zunächst ihr Widerspruchsvorbringen. Weiter führt sie aus, dem Regelungsgefüge aus Art. 63 VO (EU) Nr. 809/2014 könne entnommen werden, dass ein Absehen von der Sanktionierung auch dann möglich sei, wenn der Schwellenwert zur Verhängung einer Sanktion überschritten sei. Dies zeige Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 4 VO (EU) Nr. 809/2014, wonach trotz Überschreitung des Schwellenwertes keine Sanktion verhängt werde. Auch sonst sei die Annahme eines geringfügigen Verstoßes nicht ausgeschlossen, wenn der Schwellenwert überschritten sei. Ansonsten würden unvertretbare Ergebnisse drohen. Die vorliegende Fallkonstellation zeige, dass es Fälle gebe, in denen der Regelverstoß von sehr geringem Gewicht sei und sich die Sanktionierung als unverhältnismäßig schwere Rechtsfolge darstelle.
Die Klägerin beantragt
den Beklagten unter entsprechender Aufhebung seines Bescheides vom 13. September 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2019 zu verpflichten, einen Betrag in Höhe von 49.396,53 € als zuwendungsfähige Ausgaben anzuerkennen sowie einen Zuwendungsbetrag in Höhe von 31.119,81 € festzusetzen, und den Beklagten zu verurteilen, einen weiteren Zuwendungsbetrag in Höhe von 19.997,08 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an die Klägerin auszuzahlen,
hilfsweise den Beklagten unter teilweiser Aufhebung seines Bescheides vom 13. September 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2019 bezüglich der Festsetzung und des Abzugs eines Sanktionsbetrages in Höhe von 9.998,54 € zu verpflichten, einen Betrag in Höhe von 33.525,84 € als zuwendungsfähige Ausgaben anzuerkennen sowie einen Zuwendungsbetrag in Höhe von 21.121,27 € festzusetzen, und den Beklagten zu verurteilen, einen weiteren Zuwendungsbetrag in Höhe von 9.998,54 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an die Klägerin auszuzahlen, sowie
die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und wiederholt die Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid. Ergänzend stellt er klar, dass er im Zeitraum 2018 bis 2020 die Bewilligungszeiträume in keinem Fall nachträglich verlängert habe. Zudem meint er, es liege kein Verstoß von geringfügigem Charakter i.S.v. Art. 77 Abs. 5 VO (EU) Nr. 1306/2013 vor. Art. 63 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 ergänze diese Norm ermessenslenkend und sehe für diesen Fall kein Absehen von einer Sanktionierung vor. Im Übrigen sei es aus Gründen der einheitlichen Rechtsanwendung von besonderer Bedeutung, dass die Bestimmungen der DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 ausnahmslos zur Anwendung kämen.
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vom 29. Januar 2025 auf die Durchführung einer (weiteren) mündlichen Verhandlung für den Fall des Widerrufs des dort geschlossenen Vergleichs verzichtet. Der Beklagte hat den Vergleich mit Schriftsatz vom 19. März 2025 widerrufen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 29. Januar 2025 sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die die Kammer ohne (weitere) mündliche Verhandlung entscheidet, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Sie ist zulässig (hierzu unter I.), aber nur mit dem Hilfsantrag begründet (hierzu unter II.).
I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Rechtsschutzinteresse der Klägerin nicht wegen Unmöglichkeit entfallen.
Zwar kann eine Klage, mit der u.a. die Bewilligung und Auszahlung einer Geldleistung begehrt wird, unzulässig sein, wenn das hierfür vorgesehene Förderbudget vollständig aufgebraucht ist (vgl. VG Hannover, Urteil v. 01.10.2008 - 11 A 7719/06 -, juris Rn. 27; VG Oldenburg, Urteil v. 21.11.2007 - 3 A 1713/06 -, n.v. S. 6 UA). Dafür bestehen hier aber auch in Ansehung der Äußerung der Beklagten vom 6. Dezember 2018, die Mittel stünden nur bis zum Spätsommer 2019 zur Verfügung, keine belastbaren Anhaltspunkte. Denn auf eine Mittelerschöpfung und eine allein darauf beruhende Erfolglosigkeit von Widerspruch und Klage berief sich die Beklagte weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsverfahren. Zudem führt der Ablauf des Förderzeitraums nicht gleichsam automatisch dazu, dass die beantragten Zuwendungen nicht mehr im gerichtlichen Wege begehrt werden können, weil die Finanzmittel nötigenfalls aus anderen Haushaltspositionen zur Verfügung gestellt werden könnten (vgl. VG Gera, Urteil v. 10.05.2017 - 2 K 1184/15 Ge -, juris Rn. 36; VG Cottbus, Urteil v. 24.06.2010 - 4 K 702/06 -, juris Rn. 26; VG Hannover, Urteil v. 01.10.2008 - 11 A 7719/06 -, juris Rn. 27).
II. Die Klage ist nur teilweise begründet.
Der mit dem Hauptantrag verfolgte Anspruch auf die vollständige und ungekürzte Anerkennung aller Ausgaben als zuwendungsfähig samt Bewilligung sowie Auszahlung eines dementsprechenden Zuwendungsbetrages in Höhe von 31.119,81 € (d.h. hier eines noch weitergehenden Betrages in Höhe von 19.997,08 €) besteht nicht (hierzu unter 1.). Die Klägerin hat aber einen Anspruch auf die Bewilligung und Auszahlung eines zwar gekürzten, aber nicht zusätzlich sanktionierten Zuwendungsbetrages in Höhe von 9.998,54 € (hierzu unter 2. und 3.). Demnach schuldet sie die Kosten des Verwaltungsverfahrens auch nur im Umfang ihres Unterliegens (hierzu unter 4.). Der Festsetzungsbescheid vom 13. September 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2019 ist daher rechtswidrig, soweit er einen Sanktionsbetrag festsetzt und eine weitergehende Bewilligung ablehnt sowie der Klägerin die gesamten Kosten des Verwaltungsverfahrens auferlegt, und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Festsetzung eines Gesamtzuwendungsbetrages in Höhe von 31.119,81 € im Rahmen der beantragten Förderung für den Ausbau des Wirtschaftsweges "E.".
Den rechtlichen Rahmen für die Gewährung der beantragten Zuwendung bilden Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und zur Aufhebung der VO (EG) Nr. 1698/2005 (im Folgenden: VO (EU) Nr. 1305/2013) und die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung (ZILE 2017, RdErl. d. ML v. 01.01.2017 - 306-60119/5 -, Nds. MBl. 2017, 85, außer Kraft getreten zum 31.12.2023).
Nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. d VO (EU) Nr. 1305/2013 betrifft die Förderung im Rahmen dieser Maßnahmen insbesondere Investitionen in die Schaffung, Verbesserung oder Ausdehnung lokaler Basisdienstleistungen für die ländliche Bevölkerung, einschließlich Freizeit und Kultur, und die dazugehörige Infrastruktur. Nach Ziffer 1.1. ZILE 2017 gewährt das Land Niedersachen nach Maßgabe dieser Richtlinie und der VV/VV-Gk zu § 44 LHO mit Mitteln des Bundes und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) Zuwendungen für die integrierte ländliche Entwicklung. Gemäß Ziffer 1.4 ZILE 2017 besteht kein Rechtsanspruch auf die Gewährung einer Zuwendung. Die Bewilligungsbehörde entscheidet im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel nach pflichtgemäßen Ermessen.
Die vorstehend genannte Zuwendungsrichtlinie begründet nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung als bloße ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift, anders als Gesetze und Rechtsverordnungen, nicht schon durch ihr Vorhandensein subjektive Rechte und damit verbundene Ansprüche der Zuwendungsbewerber auf Gewährung der Zuwendung (vgl. nur Nds. OVG, Urteil v. 12.12.2022 - 10 LC 76/21 -, juris Rn. 29 m.w.N.). Eine über die ihnen zunächst nur innewohnende verwaltungsinterne Bindung hinausgehende anspruchsbegründende Außenwirkung wird nur durch den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) vermittelt, dies zudem nur in der Ausprägung, die die Verwaltungsvorschriften durch die ständige Verwaltungspraxis gefunden haben (vgl. BVerwG, Urteil v. 23.04.2003 - 3 C 25.02 -, juris Rn. 17). Ein Rechtsanspruch kann sich daher nur aus einer durch den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG begründeten Selbstbindung der Verwaltung ergeben. Werden die Fördervoraussetzungen in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt (vgl. Bay. VGH, Beschluss v. 14.09.2020 - 6 ZB 20.1652 -, juris Rn. 9 m.w.N.; Kammerurteil v. 29.01.2025 - 8 A 412/24 -, n.v. S. 9 f. UA).
Dabei unterliegen ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften keiner eigenständigen richterlichen Auslegung wie Rechtsnormen (vgl. BVerwG, Beschluss v. 11.11.2008 - 7 B 38.08 -, juris Rn.9). Vielmehr ist allein das Verständnis des Zuwendungsgebers von den Förderbedingungen bei der rechtlichen Beurteilung staatlicher Fördermaßnahmen, die wie hier nicht auf Rechtsnormen, sondern lediglich auf verwaltungsinternen ermessenslenkenden Vergaberichtlinien beruhen, maßgeblich. Deshalb kommt es nur darauf an, wie die ministeriellen Vorgaben von der zuständigen Stelle tatsächlich verstanden und praktiziert worden sind (vgl. Bay. VGH, Urteil v. 10.12.2015 - 4 BV 15.1830 -, juris Rn. 42 m.w.N.). Dem Zuwendungsgeber obliegt die Ausgestaltung des Förderverfahrens. Es ist allein seine Sache, die Modalitäten einer Förderung einschließlich Fristsetzungen festzulegen, seine Richtlinien auszulegen und den Förderzweck zu bestimmen sowie seine Förderpraxis nach seinen Vorstellungen entsprechend auszurichten (vgl. VG Würzburg, Urteil v. 05.02.2024 - W 8 K 23.878 -, juris Rn. 34 ff. m.w.N.). Der Zuwendungsbewerber hat demnach nur einen Anspruch darauf, nach den aufgestellten Förderkriterien behandelt zu werden (vgl. Nds. OVG, Urteil v. 27.05.2020 - 2 LC 21/17 -, juris Rn. 27). Das Verwaltungsgericht überprüft wiederum nur, wie der Zuwendungsgeber diese Kriterien in dem maßgeblichen Zeitraum angewendet hat, und ob er im Falle des klagenden Zuwendungsbewerbers hiervon sachwidrig oder willkürlich abgewichen ist (vgl. Sächs. OVG, Urteil v. 15.01.2024 - 6 A 776/20 -, juris Rn. 29; VG Aachen, Urteil v. 29.04.2024 - 7 K 152/23 -, juris 37 ff. m.w.N.).
Ausgehend hiervon kann die Klägerin nicht beanspruchen, dass der Beklagte die auf die beiden Rechnungen der Firma H. und I. entfallenden Ausgaben (insgesamt 15.870,69 €) als zuwendungsfähig anerkennt und daher - ausgehend von zuwendungsfähigen Ausgaben in Höhe von 49.396,53 € - einen Zuwendungsbetrag in Höhe von 31.119,81 € festsetzt. Die Klägerin erfüllt zwar dem Grunde nach die sich aus der ZILE 2017 ergebenden Voraussetzungen zum Erhalt einer Zuwendung, wie sich auch aus dem bestandskräftigen Zuwendungsbescheid vom 6. Dezember 2018 ergibt. Das beantragte Projekt fällt unter den Fördergegenstand bei Infrastrukturmaßnahmen im ländlichen Wegebau (Ziff. 8.1 ZILE 2017), und die Klägerin ist als Gemeinde taugliche Zuwendungsempfängerin (Ziff. 8.2.1.1 ZILE 2017). Allerdings bezahlte die Klägerin die beiden zuvor genannten Rechnungen nicht innerhalb des festgelegten Bewilligungszeitraums bis zum 31. Juli 2019, was der Anerkennung der diesbezüglichen Ausgaben als förderfähig entgegensteht (hierzu unter a). Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte den Bewilligungszeitraum - wie von ihr beantragt - rückwirkend bis zum 10. August 2019 verlängert, sodass die am 6. und 8. August 2019 bezahlten Rechnungen doch noch im Bewilligungszeitraum bezahlt worden wären (hierzu unter b).
a) Die Klägerin bezahlte die Rechnungen der Firmen H. und I. nicht schon bis zum 31. Juli 2019.
Die bloße gemeindeinterne Veranlassung am 25. Juli 2019, die auf die Rechnungen der Firmen H. und I. entfallenden Ausgaben zur Auszahlung am nach Ablauf des Bewilligungszeitraums liegenden Fälligkeitsdatum zu buchen, bewirkt nicht, dass das Vorhaben "bezahlt" ist i.S.v. Ziff. 1 des Zuwendungsbescheides i.d.F. des Änderungsbescheides vom 13. Juni 2019. Vielmehr hätten die hierauf entfallenden Beträge auch bis zum 31. Juli 2019 bei den jeweiligen Empfängern eingehen müssen. Das ergibt sich hier daraus, dass der Beklagte die in den Zuwendungsbescheiden regelmäßig enthaltene Bestimmung, dass das Vorhaben innerhalb des Bewilligungszeitraums bezahlt sein muss, in ständiger Verwaltungspraxis dahingehend auslegt, dass auch innerhalb des Bewilligungszeitraums bei dem jeweiligen Empfänger ein Geldzufluss erfolgen muss. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte den tatsächlichen Mittelabfluss als Voraussetzung für eine "Bezahlung" i.S.d. Zuwendungsbescheids ansieht und diese Verwaltungspraxis auch bei sämtlichen (anderen) Zuwendungsempfängern anwendet. Das Verständnis des Beklagten ist nach den vorstehenden Maßgaben alleine entscheidend. Die Klägerin macht auch kein sachwidriges oder willkürliches Abweichen von dieser Förderpraxis geltend, sondern äußert nur ein anderes Begriffsverständnis der Nebenbestimmung. Ob ein solch anderes Begriffsverständnis ebenfalls vertretbar wäre, ist hier aber gerade nicht maßgeblich.
Es ist in diesem Zusammenhang auch unerheblich, ob die Formulierungen des Beklagten zu den qualifizierten Zahlungsnachweisen (Ziff. 5.3 des Zuwendungsbescheides vom 6. Dezember 2018) missverständlich sind. Unbesehen des Umstandes, dass dort nach Auffassung der Kammer nur die Form des Zahlungsnachweises geregelt ist und sich keine Aussage dazu findet, wann eine Rechnung "bezahlt" ist, hätte es bei etwaig bestehenden Unklarheiten oder Unsicherheiten über das Verständnis der Nebenbestimmungen nahegelegen, bei dem Beklagten vorab nachzufragen.
b) Der Beklagte lehnte auch den mit Widerspruch vom 9. Oktober 2018 gestellten Antrag auf rückwirkende Verlängerung des Bewilligungszeitraums bis zum 10. August 2018 im Rahmen der Widerspruchsentscheidung ohne Ermessensfehler i.S.v. § 114 Satz 1 VwGO ab.
Gemäß § 31 Abs. 7 Satz 1 VwVfG, der über § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG Anwendung findet, können Fristen, die von einer Behörde gesetzt sind, verlängert werden. Sind Fristen bereits abgelaufen, so können sie nach § 31 Abs. 7 Satz 2 VwVfG rückwirkend verlängert werden, insbesondere wenn es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen. Der Antrag dazu muss nicht innerhalb der zu verlängerten Frist, sondern kann auch noch nach deren Ablauf gestellt werden (vgl. Michler, in: BeckOK VwVfG, 65. Ed. 01.10.2024, VwVfG § 31 Rn. 58 m.w.N.).
Die Vorschrift des § 31 Abs. 7 VwVfG ist anwendbar. Ob von dem Anwendungsbereich der Norm sog. materiell-rechtliche Ausschlussfristen, bei denen der Anspruch mit der Fristbeachtung steht und fällt, generell ausgeschlossen sind (bejahend: VG Köln, Urteil v. 20.10.2023 - 16 K 3063/21 -, juris Rn. 74; zweifelnd: VG Aachen, Urteil v. 09.11.2018 - 7 A 2485/14 -, juris Rn. 87 ff.), bedarf keiner Entscheidung. Denn die von dem Beklagten gesetzte Frist zum Bewilligungszeitraum ist keine Ausschlussfrist im vorstehenden Sinn. Dies ergibt sich bereits daraus, dass in dem Zuwendungsbescheid auf die Möglichkeit einer Fristverlängerung hingewiesen wird, die auch im konkreten Fall ein Mal mit Änderungsbescheid vom 13. Juni 2019 gewährt wurde (vgl. VG Köln, Urteil v. 20.10.2023 - 16 K 3063/21 -, juris Rn. 80 f.).
Ob die Fristverlängerung gewährt wird, liegt im Ermessen des Beklagten (§ 1 Abs. 1 Nds. VwVfG i.V.m. § 40 VwVfG), sodass der die Fristverlängerung Begehrende grundsätzlich nur eine ermessensfehlerfreie Entscheidung beanspruchen kann (vgl. VG Göttingen, Urteil v. 28.02.2024 - 1 A 355/20 -, n.v. S. 11 UA). Der Beklagte hat bei seiner Ermessensentscheidung nach § 31 Abs. 7 Satz 2 VwVfG Gesichtspunkte der Billigkeit zu berücksichtigen und die Folgen, die der Fristablauf für den Betroffenen hätte, mit den Folgen abzuwägen, die eine Fristverlängerung für ihn hätte. Die Ablehnung eines Antrags auf Verlängerung kommt daher nicht in Betracht, wenn es unbillig wäre, die durch den Fristlauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen (vgl. BVerwG, Urteil v. 22.10.1993 - 6 C 10/92 -, juris Rn. 25; Michler, in: BeckOK VwVfG, 65. Ed. 01.10.2024, VwVfG § 31 Rn. 59). Bei der Ermessensentscheidung sind aber auch die Besonderheiten des materiellen Rechts - hier des Zuwendungsrechts - zu beachten. Die Gewährung einer Zuwendung nach ZILE 2017 ist eine haushaltsrechtlich zweckgebundene Geldleistung, auf die gerade kein (gebundener) Anspruch besteht (vgl. VG Magdeburg, Urteil v. 20.06.2017 - 3 A 171/16 -, juris Rn. 28; Michler, in: BeckOK VwVfG, 65. Ed. 01.10.2024, VwVfG § 31 Rn. 59 f.). Insoweit ist es auch nicht zu beanstanden, wenn der Zuwendungsgeber die Gewährung von Zuwendungen von der Einhaltung strenger Form- und Fristerfordernisse abhängig macht (vgl. VG Göttingen, Urteil v. 28.02.2024 - 1 A 355/20 -, n.v. S. 11 f. UA) Demnach ist auch ein gebundener Anspruch auf Verlängerung des Bewilligungszeitraums die Ausnahme, die nur dann anzunehmen ist, wenn das Ermessen des Beklagten zur Verlängerung des Bewilligungszeitraums auf Null reduziert ist (vgl. VG Aachen, Urteil v. 09.11.2018 - 7 A 2485/14 -, juris Rn. 100).
Ein solcher Ausnahmefall liegt auch unter Berücksichtigung der sich aus der Versagung der Fristverlängerung ergebenden Konsequenzen für die Klägerin nicht vor. Die Ermessenserwägungen des Beklagten, die im Widerspruchsbescheid zumindest angedeutet und im gerichtlichen Verfahren in zulässiger Weise gemäß § 114 Satz 2 VwGO ergänzt worden sind, sind unter Beachtung des gerichtlichen Prüfungsrahmens aus § 114 Satz 1 VwGO nicht zu beanstanden.
Es ist zunächst nicht ermessensfehlerhaft, dass der Beklagte bei der Entscheidung über die Fristverlängerung maßgeblich - wie sich in der mündlichen Verhandlung ergab - nach dem Zeitpunkt des Eingangs des Fristverlängerungsantrags differenzierte. Er führte insoweit aus, dass jedenfalls in den Jahren 2018 bis 2020 für vergleichbare Förderprogramme keine rückwirkenden Fristverlängerungen erteilt worden seien. Soweit durch diese Verwaltungspraxis die in § 31 Abs. 7 Satz 2 VwVfG angesprochene Möglichkeit einer rückwirkenden Fristverlängerung beschränkt wird, ist dies nicht ermessensfehlerhaft oder unbillig. Das behördliche Interesse an der rechtzeitigen Verschaffung eines Überblicks über die angemeldeten Ansprüche ist gerade im Zuwendungsrecht von hoher Bedeutung und hätte grundsätzlich sogar die Anordnung einer nicht verlängerbaren Ausschlussfrist erlaubt (vgl. VG Köln, Urteil v. 20.10.2023 - 16 K 3063/21 -, juris Rn. 92 m.w.N.). Hierzu führte der Beklagte für die erkennende Kammer nachvollziehbar aus, dass er in der ersten Augustwoche die Zahlen aus den Verwendungsnachweisen an die zuständigen Ministerien melden müsse. Nur wenn er vor Ablauf des Bewilligungszeitraums Kenntnis von einer erforderlichen kurzen Fristverlängerung erlangt hätte, hätte er - ggf. in Rücksprache mit den zuständigen Aufsichtsbehörden - prüfen können, ob eine Fristverlängerung gewährt werden könne. Hier ging der Fristverlängerungsantrag der Klägerin erst am 9. Oktober 2018 und damit weit nach dem Ende des Bewilligungszeitraums ein, sodass es der ständigen Verwaltungspraxis des Beklagten entsprach, diesem Antrag nicht stattzugeben. Dass diese auf Sachgründen beruhende Differenzierung im Widerspruchsbescheid, mit welchem über die Fristverlängerung entschieden wurde, nicht als tragende Erwägungen angegeben wurde, ist mit Blick auf § 114 Satz 2 VwGO unschädlich. Danach können Ermessenserwägungen auch noch im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden. Nur eine erstmalige Ermessensbetätigung ist nicht zulässig (vgl. BVerwG, Urteil v. 05.09.2006 - 1 C 20.05 -, juris Rn. 22; Nds. OVG, Beschluss v. 13.04.2007 - 2 LB 14/07 -, juris Rn. 73 m.w.N.). Ein Ermessensausfall lag der Entscheidung über den Fristverlängerungsantrag im Widerspruchsbescheid nicht zugrunde. Vielmehr führte der Beklagte aus, dass nach seiner Ansicht durch die Gewährung einer Fristverlängerung das Sanktionsregime der DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 unterlaufen werden würde und die Argumentation der Klägerin zur fehlenden Finanzkraft unschlüssig sei. Ob diese Erwägungen wirklich tragend sind, ist nicht weiter von Bedeutung. Denn es genügt bei der Prüfung von Ermessensfehlern i.S.v. § 114 Satz 1 VwGO, wenn zumindest eine tragende Erwägung vorliegt (vgl. BVerwG, Urteil v. 19.05.1981 - 1 C 169.79 -, juris Rn. 22). Das ist hier mit dem zuvor genannten Sachgrund für die Versagung rückwirkender Fristverlängerungsbegehren der Fall.
Es liegt auch keine Ermessensunterschreitung im Hinblick auf die Nichtbeachtung eines atypischen Falls vor. Ein atypischer Fall wird insbesondere anzunehmen sein, wenn der Betroffene ohne Verschulden gehindert war, eine behördliche Frist einzuhalten (vgl. VG Köln, Urteil v. 20.10.2023 - 16 K 3063/21 -, juris Rn. 95 m.w.N.). Die Klägerin muss sich aber ein Verschulden der für sie handelnden Samtgemeinde und dessen Mitarbeiter zurechnen lassen (vgl. zur Zurechnung Nds. OVG, Urteile v. 13.03.2012 - 10 LB 96/10 -, und v. 05.07.2011 - 10 LB 172/10 -, juris Rn. 47). Der zuständige Mitarbeiter unterlag einem einfach fahrlässigen Rechtsirrtum über das Begriffsverständnis des Beklagten zur Nebenbestimmung "bezahlt". Er ging davon aus, es genüge die gemeindeinterne Veranlassung der Bezahlung, ohne dass es auf den Zahlungseingang bei dem jeweiligen Empfänger ankomme. Mangelnde Rechtskenntnis entschuldigt eine Fristversäumung grundsätzlich nicht. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände im Einzelfall kann eine abweichende Beurteilung in Betracht kommen (vgl. VG Magdeburg, Urteil v. 04.05.2023 - 3 A 152/22 -, juris Rn. 20). Solche besonderen Umstände, wie etwa eine unklare Rechtslage, lagen aber nicht vor. Zum einen hätte die Klägerin bei Begriffszweifeln rechtzeitig bei der mit Deutungshoheit ausgestatteten Bewilligungsstelle nachfragen können, zum anderen ist das erfolgsbezogene Verständnis des Wortes "bezahlt" des Beklagten nicht sonderlich überraschend, sondern entspricht mit Blick auf den täglichen Sprachgebrauch bspw. bei Bargeldgeschäften der Parallelwertung in der Laiensphäre. Darüber hinaus ist die für die Klägerin handelnde Samtgemeinde, wie im Widerspruchsbescheid ausgeführt, eine im Zuwendungsrecht erfahrene Gebietskörperschaft. Vor diesem Hintergrund ist einfach Fahrlässigkeit zu bejahen.
Eine vom Beklagten verkannte Atypik, die hier einzig eine Entscheidung für die beantragte Fristverlängerung als ermessensgerecht erscheinen ließe, lässt sich auch nicht aus den wirtschaftlichen Folgen der versagten Fristverlängerung herleiten. Wie der Beklagte im Widerspruchsbescheid zutreffend ausführte, ist es gerade Fördervoraussetzung gewesen, dass die Klägerin nicht imstande war, die Maßnahme vollständig aus Eigenmitteln zu bezahlen. Ganz regelmäßig wird daher in den Fällen, in denen die Zuwendung nur gekürzt (ggf. zusätzlich um einen Sanktionsbetrag) gewährt wird, die in Vorleistung getretene Gemeinde mit einer schwierigen haushälterischen Lage konfrontiert sein. Bei einer zu Recht gekürzten Förderung diese Kürzung für unbillig zu halten und hierzu auf die knappe Gemeindekasse zu verweisen, ist eine insoweit zirkuläre Argumentation, die keine Atypik begründen kann.
2. Die Klägerin hat aber den mit dem Hilfsantrag verfolgten Anspruch darauf, dass ein Betrag in Höhe von 33.528,84 € als zuwendungsfähige Ausgaben anerkannt und ein Zuwendungsbetrag in Höhe von 21.121,27 € durch den Beklagten festgesetzt wird. Die vom Beklagten festgesetzte Sanktion in Höhe von 9.998,54 € ist rechtswidrig.
Rechtsgrundlage der Sanktion ist Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 3 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014. Diese Norm ist, obschon sie ausweislich der Präambel der DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 eigentlich dem Sanktionsregime bei Verstößen gegen die Verpflichtungen aus der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 zuzuordnen ist, über Art. 87 VO (EU) Nr. 1305/2013 auch für Verstöße gegen Maßnahmen nach der VO (EU) Nr. 1305/2013 anwendbar. Nach Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 3 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 ist eine Verwaltungssanktion zu verhängen, wenn der als zuwendungsfähig beantragte Betrag mehr als 10 % über dem als zuwendungsfähig festgestellten Betrag liegt. Der Sanktionsbetrag beläuft sich auf die Differenz zwischen diesen beiden Beträgen, geht jedoch nicht über eine vollständige Rücknahme der Unterstützung hinaus. Gemessen hieran ist die Festsetzung der Sanktion sowie ihre Höhe zunächst nicht zu beanstanden, weil die Differenz zwischen beantragtem und festgestelltem Zuwendungsbetrag über 10 % liegt (32,19 %).
Der Beklagte durfte allerdings gleichwohl keinen Sanktionsbetrag festsetzen. Denn er war zum einen verpflichtet, die Einbeziehung des auf die Rechnungen der Firma H. und I. entfallenden Betrags in Höhe von 15.870,69 € als offensichtlichen Irrtum i.S.v. Art. 4 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 anzuerkennen, sodass die Klägerin so zu behandeln war, als hätte sie nur Ausgaben in Höhe von 33.525,84 € als zuwendungsfähig beantragt (hierzu unter a). Zum anderen - und insoweit rechtlich selbstständig tragend - verstößt die Sanktion in diesem konkreten Einzelfall gegen das auch im Zuwendungsrecht zu wahrende Prinzip des Übermaßverbotes sowie der Verhältnismäßigkeit (hierzu unter b).
a) Nach Art. 4 Unterabs. 1 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 können vom Begünstigten vorgelegte Beihilfe-, Förder- und Zahlungsanträge sowie Belege jederzeit nach ihrer Einreichung berichtigt und angepasst werden, wenn es sich um offensichtliche Irrtümer handelt, die von der zuständigen Behörde auf der Grundlage einer umfassenden Einzelfallbewertung anerkannt wurden, und wenn der Begünstigte in gutem Glauben gehandelt hat. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Bei der Einbeziehung des auf die Rechnungen der Firma H. und I. entfallenden Betrages in Höhe von 15.870,69 € in den Auszahlungsantrag vom 23. Juli 2019 handelte es sich um einen offensichtlichen Irrtum der Klägerin i.S.v. Art. 4 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 (hierzu unter aa). Weil die Klägerin zugleich in guten Glauben handelte (hierzu unter bb), war der Beklagte verpflichtet, eine Korrektur des Auszahlungsantrags (durch Streichung der hierauf bezogenen Ausgaben als zuwendungsfähig) vorzunehmen (hierzu unter cc).
aa) Dass die Klägerin in ihrem Auszahlungsantrag vom 23. Juli 2019 die auf die Rechnungen der Firmen H. und I. entfallenden Rechnungsbeträge in einer Gesamthöhe von 15.870,69 € angab und sie damit zugleich als förderfähige Ausgaben erklärte, beruhte auf einem offensichtlichen (Rechts-) Irrtum i.S.v. Art. 4 Unterabs. 1 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014.
Der Irrtumsbegriff, den der europäische Normgeber im Zusammenhang mit dem Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem gleichbedeutend mit dem Begriff des Fehlers verwendet, setzt nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch objektiv eine Fehlvorstellung des sich Irrenden voraus (vgl. BVerwG, Urteil v. 16.09.2015 - 3 C 11.14 -, juris Rn. 16; Nds. OVG, Urteil v. 14.02.2023 - 10 LB 100/22 -, juris Rn. 57; Kammerurteil v. 12.02.2025 - 8 A 469/24 -, n.v. S. 12 UA). Der Irrtum ist grundsätzlich dann offensichtlich, wenn er sich aus dem Zusammenhang der Erklärung oder aus den Vorgängen bei ihrer Abgabe auch für jeden Dritten ohne Weiteres zweifelsfrei ergibt (vgl. BVerwG, Urteil v. 26.08.2009 - 3 C 15.08 -, juris Rn. 20 [zu Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001]; Sächs. OVG, Urteil v. 10.11.2021 - 6 A 311/19 -, juris Rn. 39). Gemäß Art. 4 Unterabs. 2 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 kann die zuständige Behörde darüber hinaus offensichtliche Irrtümer nur dann anerkennen, wenn sie durch eine einfache Prüfung der Angaben in den in Unterabsatz 1 genannten Unterlagen unmittelbar festgestellt werden können (vgl. Nds. OVG, Urteil v. 14.02.2023 - 10 LB 100/22 -, juris Rn. 58, u. Beschluss v. 30.01.2020 - 10 LA 394/18 -, juris Rn. 7 f.). Der Verwaltungs- und Kontrollaufwand der zuständigen Stelle soll damit geringgehalten werden, erlaubt aber nicht ein "Sich-Blind-Stellen" gegenüber präsenten Erkenntnissen. Hierzu zählen zwar vorrangig die mit dem Zahlungsantrag eingereichten Unterlagen, aber auch sonstige zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt der zuständigen Behörde präsente Unterlagen oder bekannte Tatsachen. Es wäre geradezu widersinnig, wenn die Behörde bei ihrer Entscheidung über die Frage eines offensichtlichen Irrtums Erkenntnisse ausblenden würde, die sie auf andere, in hinreichendem Bezug zum Auszahlungsantrag stehende Weise erlangt hat (vgl. Nds. OVG, Beschluss v. 30.01.2020 - 10 LA 394/18 -, juris Rn. 8, 20). Insoweit ist es auch noch möglich, dass sich erst im weiteren verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren herausstellt, dass ein offensichtlicher Irrtum vorlag. Das steht seiner Anerkennung unter Einbezug von Art. 19 Abs. 4 GG nicht entgegen (vgl. Sächs. OVG, Urteil v. 10.11.2021 - 6 A 311/19 -, juris Rn. 40 [zur Offensichtlichkeit eines Irrtums nach gerichtlicher Beweiserhebung]; Kammerurteil v. 12.02.2025 - 8 A 469/24 -, n.v. s. 13 UA; VG Lüneburg, Urteil v. 19.09.2018 - 1 A 95/17 -, juris, Rn. 28; VG Magdeburg, Urteil v. 29.10.2021 - 3 A 299/19 -, juris Rn. 24 [zur Offensichtlichkeit eines Fehlers nach Vor-Ort-Kontrollen]). Maßgeblich sind die Verhältnisse des Einzelfalls, wie sich aus Art. 4 Unterabs. 1 DurchfühungsVO (EU) Nr. 809/2014 ergibt. Für die Überzeugungsbildung der Behörde ist dabei grundsätzlich ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit genügend, das vernünftige, nicht bloß auf denktheoretischen Möglichkeiten gegründete Zweifel nicht aufkommen lässt (vgl. Nds. OVG, Beschluss v. 05.07.2011 - 10 LB 172/10 -, juris Rn. 51 m.w.N.).
In Anwendung dieser Maßgaben liegt mit der Einbeziehung der Ausgaben für die beiden Rechnungen der Firmen H. und I. in den Auszahlungsantrag ein offensichtlicher Irrtum der Klägerin vor. Der für sie handelnde Mitarbeiter nahm an, es genüge zur "Bezahlung" i.S.d. Zuwendungsbescheids, wenn die Ausgaben gemeindeintern zur Überweisung veranlasst seien, ohne dass es auf den Geldzufluss bei den jeweiligen Empfängern ankäme. Dieses Begriffsverständnis weicht von dem - maßgeblichen - Verständnis des Beklagten ab, weshalb die Klägerin insoweit einem Rechtsirrtum unterlag. Dieser ist auch offensichtlich im vorstehenden Sinn. Zwar mag dem Beklagten nicht bzw. jedenfalls nicht mit der nötigen Klarheit schon bei einem ersten Blick auf den Auszahlungsantrag bewusst gewesen sein, dass die Klägerin die Auflage im Zuwendungsbescheid offenbar anders verstanden hatte als er. Denn der bloßen Erklärung, man beantrage die Einbeziehung eines nach Ablauf des Bewilligungszeitraums bezahlten Betrages als förderfähig, ist eine solche Bedeutung nicht zwingend immanent. Jedenfalls aber nach dem Erörterungsgespräch zwischen den Beteiligten am 30. September 2019 sowie dem Vorliegen der Widerspruchsbegründung konnte der Beklagte ohne Weiteres und unzweideutig erkennen, dass insoweit dem Einbezug der Ausgaben ein Rechtsirrtum der Klägerin zugrunde lag. Ausweislich des über das Gespräch am 30. September 2019 gefertigten Vermerks sowie des Gesprächsprotokolls erläuterte die Klägerin dem Beklagten ihr abweichendes rechtliches Begriffsverständnis. Auch in der Widerspruchsbegründung führte die Klägerin abermals umfassend aus, wie sie die Auflage, das Vorhaben müsse innerhalb des Bewilligungszeitraums bezahlt sein, verstanden habe. Spätestens bei der Entscheidung über den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. November 2019 waren dem Beklagten damit alle Tatsachen präsent und lagen gleichsam "offen auf der Hand". Er konnte ohne weitere Prüfung und Nachforschung von einem Rechtsirrtum der Klägerin ausgehen. Diesen stellte er auch im Widerspruchsbescheid nicht in Abrede, sondern verweigerte nur (konkludent) dessen Anerkennung als offensichtlichen Irrtum.
bb) Die Klägerin handelte zudem im guten Glauben.
Gutgläubigkeit verlangt Redlichkeit, wobei nicht jede Fahrlässigkeit mit Unredlichkeit gleichgesetzt werden kann (vgl. Nds. OVG, Beschluss v. 30.01.2020 - 10 LA 394/18 -, juris Rn. 22; sowie Urteil v. 13.03.2012 - 10 LB 96/10 -, juris Rn. 41). Die Gutgläubigkeit des Begünstigten entfällt aber in der Regel, wenn er die fehlerhafte Antragsangabe dadurch herbeiführte, dass er die im Zuge der Antragsstellung zu beachtenden Sorgfaltspflichten in grob fahrlässiger Weise verletzte (vgl. Nds. OVG, Urteil v. 14.02.2023 - 10 LB 100/22 -, juris Rn. 58 m.w.N.). Grob fahrlässig handelt derjenige, der die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und dasjenige nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste (vgl. Grüneberg, BGB, 84. Aufl. 2025, § 277 Rn. 5). Neben dem Grad der Fahrlässigkeit ist auch entscheidend, dass der Betreffende die Abweichung des "Richtigen" vom "Falschen" herbeiführt, indem er die im Zuge der Antragstellung zu beachtenden Sorgfaltspflichten durch eine bewusste Fahrlässigkeit verletzt. Bewusst fahrlässig handelt, wer mit dem möglichen Eintritt des Ereignisses gerechnet hat, aber fahrlässig darauf vertraut, der Schaden werde nicht eintreten (vgl. Nds. OVG, Urteile v. 13.03.2012 - 10 LB 96/10 -, juris Rn. 42; und v. 05.07.2011 - 10 LB 172/10 -, juris Rn. 41).
Im Falle der Klägerin liegt weder grobe noch bewusste Fahrlässigkeit, sondern nur einfache Fahrlässigkeit vor. Vorangestellt sei, dass, anders als die Klägerin meint, dem Beklagten nach Durchführung der förderfähigen Maßnahmen und Einreichung des Antrages auf Auszahlung der Zuwendung grundsätzlich keine Beratungspflichten mehr oblagen, die Antragstellung auf den bewilligungsfähigen Inhalt hin zu korrigieren. Dies würde den Charakter der Prüfung des Antrages verkennen und die Sanktionsvorschriften - die hier zum Tragen gekommen sind - regelmäßig leerlaufen lassen. Es obliegt systematisch vielmehr dem Antragsteller der begehrten Zuwendung, den Gegenstand und Umfang des Auszahlungsantrages sorgfältig zu prüfen und keine Auszahlung "aufs Geratewohl" zu beantragen (vgl. VG Lüneburg, Urteil v. 06.02.2024 - 3 A 143/22 -, juris Rn. 36).
Gleichwohl ist der Verschuldensvorwurf an die Klägerin derart gering, dass er nur als einfache Fahrlässigkeit zu qualifizieren ist. Die Klägerin verhielt sich subjektiv redlich und zeigte die innere Bereitschaft, sich im Zuge der Antragstellung pflichtgemäß zu verhalten sowie nach bestem Wissen und Gewissen vollständige und korrekte Angaben zu machen (vgl. hierzu Nds. OVG, Urteil v. 05.07.2011 - 10 LB 172/10 -, juris Rn. 36). Sie wollte eine überhöhte Festsetzung oder Überzahlung nicht anstreben. Beim Einbezug der auf die beiden Rechnungen entfallenden Beträge in den Auszahlungsantrag handelte sie auch nicht grob oder bewusst fahrlässig. Die Klägerin wäre bei Zweifeln in Bezug auf das Begriffsverständnis des Beklagten von der Auflage "bezahlt" zwar gehalten gewesen, vorab beim Beklagten anzufragen. Mit der unterbliebenen Einholung einer solchen Auskunft verstieß sie aber nicht in besonders vorwerfbarem Maße gegen die Sorgfaltspflichten oder ließ gleichsam außer Acht, was jeder Verständige in dieser Lage beachtet hätte. Die Klägerin handelte nicht einmal bewusst fahrlässig, denn ihr war schon gar nicht klar, dass ihr Auszahlungsantrag nach dem Begriffsverständnis des Beklagten unrichtig war und nicht förderfähige Positionen enthielt. Sie hielt es daher nicht für überhaupt möglich, dass sie nicht förderfähige Ausgaben in ihren Auszahlungsantrag einbezogen hatte. Angesichts der zumindest offenen Deutungsmöglichkeit der Auflage "bezahlt" verkannte die Klägerin mit der Einbeziehung der vor Ablauf des Bewilligungszeitraums zwar veranlassten, aber erst danach beglichenen Rechnungen in den Auszahlungsantrag, auch nicht, was jedem Verständigen hätte einleuchten müssen. Diese Redlichkeit ergab sich auch nochmal nachdrücklich aus den Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung und wurde vom Beklagten nicht ernstlich in Abrede gestellt. Im Widerspruchsbescheid vom 27. November 2019 warf er der Klägerin nur (einfache) Fahrlässigkeit vor, was gerade regelmäßig das Handeln im guten Glauben nicht ausschließt.
cc) Liegen die Voraussetzungen des Art. 4 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 vor, so muss die Behörde den Irrtum als offensichtlich anerkennen und die Berichtigung des Beihilfeantrags gestatten oder sogar selbst von Amts wegen vornehmen, ohne dass ihr insoweit ein Ermessen zustünde (vgl. Nds. OVG, Urteil v. 14.02.2023 - 10 LB 100/22 -, juris Rn. 60; Kammerurteil v. 12.02.2025 - 8 A 469/24 -, n.v. S. 13 UA). Der Beklagte ist daher verpflichtet, den Auszahlungsantrag der Klägerin nachträglich dergestalt zu berichtigen, dass er den auf die beiden Rechnungen entfallenden Betrag in Höhe von 15.870,69 € nicht mehr enthält, und die Klägerin (nur) die Anerkennung von 33.525,84 € als zuwendungsfähige Ausgaben sowie die Festsetzung eines Zuwendungsbetrages in Höhe von 21.121,27 € beantragt. Bei dem so berichtigten Auszahlungsantrag entsprechen sich beantragte und festgesetzte Zuwendung, sodass kein Raum für eine Sanktion nach Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 3 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 ist.
b) Darüber hinaus - und insoweit rechtlich selbstständig tragend - erweist sich die Festsetzung einer Sanktion als unverhältnismäßig und deshalb rechtswidrig.
Obschon die Sanktionsregelung aus Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 3 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 der zuständigen Behörde kein Ermessen einräumt, sind Verhältnismäßigkeitserwägungen auch bei gebundene Entscheidungen über den Entzug von aus Mitteln der Europäischen Union finanzierten Beihilfen anzustellen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 27.04.2006 - 8 A 10095/06 -, juris Rn. 6; VG Neustadt, Urteil v. 09.08.2019 - 2 K 127/19.NW -, juris Rn. 31; s.a. EuGH, Urteil v. 27.06.1990 - C.118/89 -, juris Rn. 12).
Gemäß Art. 58 VO (EU) Nr. 1306/2013, der über Art. 87 VO (EU) Nr. 1305/2013 anwendbar ist, erlassen die Mitgliedstaaten Sanktionsregelungen. Ziel solcher Regelungen ist es zu gewährleisten, dass die finanzierten Maßnahmen rechtmäßig und ordnungsgemäß durchgeführt worden sind, um einen wirksamen Schutz vor Betrug sicherzustellen und um Unregelmäßigkeiten und Betrug vorzubeugen, aufzudecken und entsprechende Korrekturmaßnahmen zu treffen, sowie Betriebsinhaber von Unregelmäßigkeiten bei der Inanspruchnahme von Unionsmitteln abzuschrecken. Zur Gewährleistung dieser Ziele sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, wirksame Verwaltungs- und Kontrollsysteme einzurichten, um die Einhaltung der Vorschriften im Rahmen der Stützungsregelungen der Union, die das Risiko eines finanziellen Schadens für die Union soweit wie möglich reduzieren sollen, sicherzustellen. Zur Umsetzung dieser Ziele verhängen die Mitgliedsstaaten neben den Kürzungen des Beihilfeanspruchs in Fällen, in denen die mit der Gewährung der Beihilfe oder Stützung verbundenen Auflagen oder anderen Verpflichtungen nicht erfüllt sind, überdies auch Verwaltungssanktionen nach Art. 63 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1306/2013, die gemäß den in den Artikeln 64 und 77 VO (EU) Nr. 1306/2013 festgelegten Vorschriften ergehen (vgl. VG Neustadt, Urteil v. 09.08.2019 - 2 K 127/19.NW -, juris Rn. 32).
Dabei bestimmen Art. 64 Abs. 5 und Art. 77 Abs. 5 VO (EU) Nr. 1306/2013, dass Verwaltungssanktionen verhältnismäßig und dabei nach Schwere, Ausmaß, Dauer und Häufigkeit abgestuft sein müssen. Die Verwaltungssanktionen sind - beruhend auf der Ermächtigung aus Art. 58 Abs. 4 VO (EU) Nr. 1306/2013 - näher in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 ausgestaltet (s.a. deren Erwägungsgrund Nr. 1). Die erkennende Kammer teilt hierbei nicht die Auffassung des Beklagten, dass bei Überschreitung des Schwellenwertes (hier die Differenz von mehr als 10 %; Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 3 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014) niemals ein geringfügiger Verstoß vorliegen kann. Die Verhältnismäßigkeitserwägungen sind nicht abschließend durch die Festlegung eines Schwellenwertes in Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 3 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014 getroffen worden. Der Normwortlaut legt ein solch einschränkendes Verständnis nicht nahe. Die Formulierung in Art. 64 Abs. 5 Buchst. e und Art. 77 Abs. 5 Buchst. e VO (EU) Nr. 1306/2013 "wenn der Verstoß geringfügen Charakter hat, einschließlich des Falls, dass der Verstoß in Form eines Schwellenwertes ausgedrückt wird" (s.a. Erwägungsgrund Nr. 54 zur DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014) soll nach dem Dafürhalten der erkennenden Kammer nur zum Ausdruck bringen, dass dann, wenn der Verstoß in Gestalt eines Schwellenwertes ausgedrückt wird, regelmäßig bei Unterschreiten dieser Grenze kein sanktionswürdiger Verstoß vorliegt. Das schließt aber im Umkehrschluss nicht weitere Fälle aus, bei denen trotz Überschreitung des Schwellenwertes der Regelverstoß von so geringem Gewicht ist, dass sich der Entzug der Beihilfe als unverhältnismäßig schwere Rechtsfolge erweist und deshalb ausnahmsweise nicht gerechtfertigt ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 27.04.2006 - 8 A 10095/06 -, juris Rn. 6; VG Neustadt, Urteil v. 09.08.2019 - 2 K 127/19.NW -, juris Rn. 38 [zur Frage, wann ein Verstoß gegen Kennzeichnungsvorgaben geringfügig ist]; s.a. VG Braunschweig, Urteile v. 19.10.2006 - 1 A 367/05 -, juris Rn. 20; und v. 12.2024 - 8 A 407/24 -, n.v. S. 15 UA). Hierfür spricht in systematischer Hinsicht auch ein Vergleich mit Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 4 DurchführungsVO (EU) Nr. 809/2014. Dieser sieht trotz Überschreitung des Schwellenwertes die Nichtverhängung einer Sanktion vor, wenn ein Verschulden des Begünstigten ausgeschlossen werden kann; er entspricht insoweit Art. 64 Abs. 2 Buchst. b bzw. Art. 77 Abs. 2 Buchst. b VO (EU) Nr. 1306/2013. Dass das Absehen von einer Sanktionierung trotz Überschreitung des Schwellenwertes auf die Fallkonstellation fehlenden Verschuldens beschränkt sein soll, liegt für die Kammer nicht nahe, weil sonst der Tatbestand aus Art. 64 Abs. 2 Buchst. e bzw. Art. 77 Abs. 2 Buchst. e VO (EU) Nr. 1306/2013 keinen weitergehenden Anwendungsbereich hätte.
Der Kammer ist auch eine eigene Bewertung der Sanktionsrelevanz des Verstoßes nicht verwehrt. Denn bei der Frage, ob ein Verstoß einen "geringfügigen Charakter" hat, handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff auf der Tatbestandsseite der Rechtsnorm. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist unbeschadet seines wertenden Inhalts einer inhaltlichen Überprüfung durch das Verwaltungsgericht zugänglich (vgl. VG Neustadt, Urteil v. 09.08.2019 - 2 K 127/19.NW -, juris Rn. 36).
Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen erachtet die Kammer den hier vorliegenden Verstoß als geringfügig und eine daran anknüpfende Sanktion als unverhältnismäßig. Dabei ist der Kammer bewusst, dass die Sanktionswürdigkeit eines Verstoßes nicht allein durch die Berufung auf die materielle Genehmigungsfähigkeit - hier die grundsätzliche Förderfähigkeit der nach Ablauf des Bewilligungszeitraums bezahlten Ausgaben - entfällt, weil das Subventionsrecht auf klare und handhabbare Regelungen angewiesen ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 27.04.2006 - 8 A 10095/06 -, juris Rn. 7; VG Braunschweig, Urteil v. 12.2024 - 8 A 407/24 -, n.v. S. 15 UA). Klare und handhabbare Regelungen, die demnach (auch) ein Grund für eine subventionsrechtliche Sanktion sind, lagen aber gerade nicht vor. Die Antwort zur Frage, ob die gemeindeinterne Veranlassung einer Überweisung bereits dazu führt, dass diese Beträge "bezahlt" sind, liegt nicht gleichsam offen auf der Hand, wie dieses Verfahren sowohl im verwaltungsbehördlichen als auch gerichtlichen Kontext eindrücklich belegt. Zudem ist hier neben der materiellen Förderfähigkeit der Ausgaben zusätzlich zu berücksichtigen, dass es sich um einen Formalverstoß handelt, der ohne Not hätte vermieden werden können. Die Klägerin übersah bei Einreichung des Auszahlungsantrags schlicht, dass nach der Verwaltungspraxis des Beklagten allein die gemeindeinterne Veranlassung der Bezahlung noch nicht ausreicht, um das Vorhaben im Sinne der Auflagen "bezahlt" zu haben. Sie verhehlte oder verdeckte diesen Umstand auch nicht, sondern gab ihn offen zu erkennen und erklärte deutlich, dass die Beträge erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraums auf den Empfängerkonten angekommen seien. Die Klägerin unterlag insoweit einem einfach fahrlässigen Rechtsirrtum (s.o.). Sie übersah nur, dass sie die Möglichkeit gehabt hätte, einen Antrag auf Fristverlängerung zu stellen, alternativ die Rechnungen vor deren Fälligkeit zu überwiesen, oder zumindest die auf diese beiden Rechnungen entfallenden Beträge nicht in ihrem Auszahlungsantrag anzugeben. Weiter ist in die Gesamtabwägung einzustellen, dass der Bewilligungszeitraum im Vergleich zu ähnlichen Vorhaben besonders kurz war und die Klägerin außerordentliche interne Anstrengungen unternehmen musste, um das Vorhaben im Bewilligungszeitraum fertigzustellen. Des Weiteren ist der Umstand bedeutsam, dass die Begleichung der Rechnung nach Fristablauf nicht auf eine unzureichende Planung der Vorhabensdurchführung zurückzuführen ist. Es wäre der Klägerin ohne weiteres möglich gewesen, die Beträge noch fristgemäß zu überweisen, sie unterließ es aber nur aus Gründen der Haushaltsführung, die Rechnungen vor dem Fälligkeitstermin zu begleichen.
Der formale Fehler ist schließlich auch angesichts dessen besonders geringfügig, dass weder die Zuwendungsziele aus ZILE 2017 noch die abschreckende Wirkung einer Sanktion durch ihre Nichtverhängung betroffen sind. Die Klägerin beabsichtigte zu keinem Zeitpunkt den Erhalt von Zuwendungen, die nicht zuwendungsfähig waren; das unterstellte ihr auch der Beklagte nicht. Das Entgegenwirken betrügerischer Absichten ist aber gerade Kern des Sanktionsregimes (vgl. insb. Art. 58 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013). Nach Auffassung der erkennenden Kammer überwiegt daher in einer Gesamtabwägung das Interesse der Klägerin, angesichts des marginalen Schuldvorwurfs von einer Sanktion verschont zu bleiben, das Interesse des Beklagten, durch eine Sanktion eine präventive Wirkung vor unrichtigen Erklärungen herbeizuführen.
3. Die Klägerin kann nach den vorstehenden Erwägungen auch beanspruchen, dass der Beklagte ihr einen weitergehenden Betrag in Höhe von 9.998,54 € (Differenz zwischen der bereits ausgekehrten Summe und dem von dem Beklagten festzusetzenden Zuwendungsbetrag) auszahlt.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB analog.
4. Dem Grunde nach zu Recht setzte der Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid zudem gemäß §§ 1, 3, 5 Niedersächsisches Verwaltungskostengesetz i.V.m. § 1 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 4 Buchst. c Allgemeine Gebührenordnung (in der zum damaligen Zeitpunkt gültigen Fassung v. 19.07.2019 - AllGO) i.V.m. Ziff. 1.9.1.2 der Anlage 1 zur AllGO eine Gebühr fest. Entsprechend dem teilweisen Obsiegen der Klägerin darf er hiervon aber nur die Hälfte (121,75 €) verlangen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Angesichts der Schwierigkeit der Sache war die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig i.S.v. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, die entsprechenden Kosten sind erstattungsfähig.
IV. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
V. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.