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Anlage AWohnV - Begründung

Bibliographie

Titel
Niedersächsische Verordnung zur Bestimmung von Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Sinne des Baugesetzbuchs
Redaktionelle Abkürzung
AWohnV,NI
Normtyp
Rechtsverordnung
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
23500

(zu § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 2)

Bei den Gebieten nach § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 handelt es sich um Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Sinne des § 201 a Sätze 3 und 4 des Baugesetzbuchs (BauGB).

Für die Gebietskulisse ist eine Neubegutachtung erfolgt. Über die durchgeführte gutachterliche Untersuchung hat die beauftragte RegioKontext GmbH, Berlin, im Dezember 2023 das ,Gutachten zur Bestimmung von angespannten Wohnungsmärkten in Niedersachsen gemäß §§ 201 a und 250 BauGB, §§ 556 d, 558 und 577 a BGBʻ vorgelegt. Es ist auf der Homepage des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung über folgenden Pfad abrufbar: https://www.mw.niedersachsen.de/startseite/bauen_wohnen/soziales_wohnungswesen/niedersachsische_verordnung_zur_bestimmung_von_gebieten_mit_einem_angespannten_wohnungsmarkt_im_sinne_des_baugesetzbuchs/niedersachsische-verordnung-zur-bestimmung-von-gebieten-mit-einem-angespannten-wohnungsmarkt-im-sinne-des-baugesetzbuchs-217002.html. Die Landesregierung ist von dem Gutachten der RegioKontext GmbH methodisch und inhaltlich überzeugt und hat dieses daher ihrer Entscheidung über die Festlegung der Gebiete zugrunde gelegt.

1. Rechtsgrundlage

Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegen nach § 201 a Satz 3 BauGB vor, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Dies kann nach § 201 a Satz 4 BauGB insbesondere dann der Fall sein, wenn

  • die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt,

  • die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt,

  • die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird, oder

  • geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht.

Die Regelungen in § 201 a Sätze 3 und 4 BauGB gelten auch für die Gebietsbestimmung nach § 250 BauGB, denn die Vorschrift knüpft an § 201 a Sätze 3 und 4 BauGB an.

Die im Gesetz genannten Kriterien bildeten den Ausgangspunkt der gutachterlichen Untersuchung. Ausgehend von diesen Kriterien, die - wie die Worte ,kannʻ und ,insbesondereʻ zeigen - weder verbindlich noch abschließend sind, wurden Indikatoren ausgewählt, die zur Anspannung von Wohnungsmärkten eine Aussage erlauben.

2. Methodik

2.1 Untersuchte Raumebene

Die gutachterliche Untersuchung erfolgte aus Gründen der Datenverfügbarkeit auf der Ebene der Einheits- und Samtgemeinden. Das war die kleinste räumliche Ebene, auf der alle für die Untersuchung erforderlichen Daten flächendeckend vorlagen.

2.2 Referenzwert

In der Wohnungsmarktbeobachtung gibt es zu der Frage, wie sich die Anspannung von Wohnungsmärkten statistisch ausdrücken lässt, keine allgemein anerkannten Antworten. Grundsätzlich ist die Anspannung von Wohnungsmärkten aber als eine Abweichung vom Normalzustand (einer Norm) zu verstehen, in der es kein ausgeglichenes Verhältnis von Angebot und Nachfrage gibt, sondern die Nachfrage größer ist als das Angebot. Dies lässt sich statistisch nutzbar machen, indem die Norm definiert wird.

Allen Ansatzpunkten, sich der Frage der Norm oder der Abweichung von dieser zu nähern, ist gemein, dass sie sich an einem Durchschnittswert orientieren, von dem ausgehend per statistischem Maß oder gewähltem Prozentsatz eine Abweichung definiert werden kann. Dieser Ansatz ist auch an den beiden ersten der in § 201 a Satz 4 BauGB genannten Kriterien erkennbar. Dort ist der bundesweite Durchschnitt als Referenzwert vorgesehen, anhand dessen ein Maß für die Anspannung festzulegen wäre. Die Unterschiedlichkeit der Verhältnisse in den Ländern (u. a. Größe der Kommunen, Verdichtung, regionale Effekte) spricht allerdings dafür, hiervon abweichend als Norm und damit Referenzwert einen landesweiten Durchschnittswert (Landeswert) zugrunde zu legen. Weicht eine Einheits- oder Samtgemeinde vom Landeswert in problembezogener Hinsicht ab, wird dies als Hinweis in Richtung Anspannung verstanden.

2.3 Datenquellen

Von Seiten der Investitions- und Förderbank Niedersachsen (NBank) wurden zur Verfügung gestellt:

  • Mietdaten der FUB IGES Wohnen+Immobilien+Umwelt GmbH,

  • Daten der GfK GmbH zum Haushaltsnettoeinkommen,

  • Angaben der Bundesagentur für Arbeit zu den Bemessungsgrenzen der Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II),

  • Berechnungen der FUB IGES Wohnen+Immobilien+Umwelt GmbH auf der Grundlage ihrer Mietdaten zu den Mietangeboten innerhalb der Bemessungsgrenzen der KdU nach dem SGB II und

  • Daten des Landesamtes für Statistik Niedersachsen zum Wohnungsbestand.

Darüber hinaus wurden die von den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte in Niedersachsen ermittelten Bodenrichtwerte für Mehrfamilienhausgrundstücke verwendet.

Die Mietdaten der FUB IGES Wohnen+Immobilien+Umwelt GmbH umfassen die öffentlich vermarkteten Mietangebote, wie sie zum Beispiel auf Online-Plattformen oder in Zeitungen zu finden sind. Mithilfe der Mietdaten kann dargestellt werden, zu welchen Durchschnittspreisen Wohnungen in einer Kommune (öffentlich) vermarktet werden.

2.4 Zeitlicher Bezug

Herangezogen wurden jeweils die aktuellsten verfügbaren Daten. Welche Daten beim jeweiligen Indikator verwendet wurden und welcher Zeitraum jeweils betrachtet wurde, ergibt sich aus der Beschreibung der Indikatoren unter Nummer 3.2.

2.5 Kommunen mit weniger als 30 Fällen bei den Angebotsmieten für das Jahr 2022

Unter statistischen Gesichtspunkten sind Mindestanzahlen als Fallgrenzen zur Sicherung einer stabilen Datengrundlage wichtig. Dies hat sich methodisch in dem Filter ,mindestens 30 Fälle bei den Angebotsmieten für das Jahr 2022ʻ niedergeschlagen. Bei Kommunen mit weniger als 30 Fällen wurden zwar gleichwohl zu allen Indikatoren die entsprechenden Werte erhoben, die Aussagekraft dieser Werte wurde aber aus dem genannten Grund als eingeschränkt angesehen. Deshalb wurden die Einheits- und Samtgemeinden mit weniger als 30 Mietangeboten im Jahr 2022 gesondert betrachtet (siehe Nummer 5.1 Buchst. c).

2.6 Inselgemeinden

Für die Ostfriesischen Inseln (Baltrum, Borkum, Juist, Langeoog, Norderney, Spiekeroog und Wangerooge) greifen aufgrund der geringen Marktgröße die üblichen Marktanalysen zu kurz. Zugleich unterliegen die Wohnungsmärkte auf den Inseln besonderen Entwicklungen und Preisdynamiken. Bereits in der ,Analyse zur Festlegung einer Gebietskulisse für eine Mietbegrenzungsverordnung in Niedersachsenʻ vom März 2020 hatte die NBank den Wohnungsmarkt in den Inselgemeinden aufgrund dieser Sondersituation als angespannt eingestuft. Die RegioKontext GmbH hat sich der Argumentation der NBank angeschlossen und eine erneute Aufnahme der Inselgemeinden in die Gebietskulisse empfohlen. Nach den Erkenntnissen der Landesregierung sind für den Mietwohnungsmarkt auf den Inseln folgende Besonderheiten kennzeichnend:

  • Ein wesentlicher Teil der Wohnungen auf den Inseln sind Ferienwohnungen. Diese stehen der Inselbevölkerung nicht als Mietwohnungen zur Verfügung. Der Anteil der Ferienwohnungen an allen Wohnungen beträgt über alle Ostfriesischen Inseln gerechnet 25 Prozent. Zum Vergleich: In Niedersachen liegt der Anteil bei 1,1 Prozent, in der Landeshauptstadt Hannover bei 0,2 Prozent.

  • Auf der Suche nach neuem Wohnraum können Miethaushalte nicht räumlich (ins Umland) ausweichen. Sie können bei zu geringen bezahlbaren Wohnungsangeboten nur die Insel verlassen und auf dem Festland nach geeigneten Wohnungen suchen. Dies bedeutet aber einen unverhältnismäßig hohen Aufwand, wenn der Arbeitsplatz und die sozialen Kontakte beibehalten werden sollen.

  • Bauland ist nirgends so knapp wie auf den Inseln. Industriebrachen oder andere Brachflächen, die viele Gemeinden auf dem Festland zu Bauzwecken mobilisieren können, gibt es auf den Inseln nicht. Vielmehr gehören weite Inselteile zum Nationalpark ,Niedersächsisches Wattenmeerʻ. Über Baulandreserven verfügen die Inseln nur vereinzelt.

  • Wegen der besonderen touristischen Attraktivität sind die Verkaufsangebotspreise für Wohnimmobilien sehr hoch. Entsprechend hoch sind die Renditeerwartungen (auch) bei Vermietung. Auf den Ostfriesischen Inseln werden die höchsten Angebotsmieten in ganz Niedersachsen aufgerufen. Das hohe Mietenniveau zeigt sich auch darin, dass die Ostfriesischen Inseln seit dem 1. August 2020 bei der Wohngeldberechnung mit der Mietenstufe V (15 bis 25 Prozent über dem Bundesdurchschnitt) berücksichtigt werden. In dieser Mietenstufe befindet sich auch die Landeshauptstadt Hannover.

Aufgrund der durch die vorstehenden Tatsachen belegten Sondersituation ist aus Sicht der Landesregierung die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in den sieben Inselgemeinden weiterhin als besonders gefährdet anzusehen.

3. Indikatoren

Ausgangspunkt der Untersuchung waren die in § 201 a Satz 4 BauGB aufgeführten Kriterien. Durch eine kritische Auseinandersetzung mit diesen Kriterien wurde abgewogen und im Ergebnis entschieden, welche Indikatoren sich im Hinblick auf die Zielerreichung und Aussagestärke für die Gebietskulisse eignen. Ausgehend davon wurden mögliche (weitere) Indikatoren systematisch geprüft und gegenübergestellt. Auf diese Weise wurde ein Indikatorenset entwickelt, mit dem sich angespannte Wohnungsmärkte in den Einheits- und Samtgemeinden identifizieren lassen.

Bei der Auswahl der Indikatoren - ausgehend von den in § 201 a Satz 4 BauGB genannten Kriterien - wurde auch berücksichtigt, welche Aussagekraft die Indikatoren aus der Perspektive der Wohnungsmarktbeobachtung haben. Außerdem wurde auf eine angemessene Datenverfügbarkeit und -güte (u. a. regionale Abdeckung, Aktualität, Anschlussfähigkeit) geachtet.

3.1 Anwendbarkeit der in § 201 a Satz 4 BauGB genannten Kriterien für die Auswahl der Indikatoren:

  1. a)

    deutlich stärkerer Mietenanstieg als im bundesweiten Durchschnitt

    Die Mietenentwicklung zeigt eine Veränderung der jeweils aktuellen Mietpreislage an. Eine Steigerung der Mieten ist häufig ein wichtiger Ansatzpunkt zur Bewertung der Marktentwicklung durch die Öffentlichkeit sowie die Mietenden. Anzumerken ist jedoch, dass bei Verwendung der Mietdynamik (Veränderung über die Jahre) als Indikator für alle Kommunen im Land die Miethöhe der Ausganslage unberücksichtigt bleibt. Aus diesem Grund zeigen hohe prozentuale oder absolute Werte bei der Mietdynamik nicht immer (nur) die Gebiete an, in denen der Wohnungsmarkt angespannt ist. In hochpreisigen Märkten sind die Veränderungen (prozentual wie absolut) oft nicht so groß wie in Märkten mit niedrigen Miethöhen; eine Anspannung ist in hochpreisigen Märkten trotzdem nachweisbar. Die Mietdynamik zeigt jedoch an, wo sich das Preisgefüge ändert und gegebenenfalls auch perspektivisch hohe Mieten zu erwarten sind.

    Vor diesem Hintergrund ist eine Nutzbarmachung der Mietdynamik nur in Kombination mit der Miethöhe (und einer schwächeren Gewichtung) möglich. Die Miethöhe dient als Indikator zur Darstellung der Niveauunterschiede der Mietinserate in den Einheits- und Samtgemeinden. Der Indikator zeigt an, mit welchen Mietpreisen beispielsweise ein zuziehender Haushalt zu rechnen hat, wenn mit den gängigen Online-Plattformen nach Wohnungsangeboten gesucht wird. Als ergänzende Betrachtung wurden zusätzlich die Bodenrichtwerte aufgenommen. Diese spiegeln eine andere Perspektive wider und verfügen über eine starke Korrelation mit der Miethöhe. Der Indikator sorgt für zusätzliche Stabilität in der Preisbetrachtung, da er einer anderen Datenquelle entstammt (Gutachterausschüsse für Grundstückswerte in Niedersachsen)

    Für die Gebietskulisse gewählte Indikatoren (unter Zugrundelegung eines landesweiten Durchschnittswerts als Referenzwert, siehe hierzu Nummer 2.2):

    • Miethöhe (der Angebotsmieten) 2022,

    • Mietdynamik (der Angebotsmieten) 2019 bis 2022,

    • Mittleres Bodenrichtwertniveau von Mehrfamilienhausgrundstücken 2021.

  2. b)

    die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte übersteigt den bundesweiten Durchschnitt deutlich

    Mithilfe der Mietbelastung soll adressiert werden, in welchem Verhältnis das Einkommen und die Aufwendungen für Miete zueinanderstehen. Es ist davon auszugehen, dass für Haushalte mit hohem Einkommen hohe Aufwendungen für die Miete eher unproblematisch sind. Bei niedrigen Einkommen weisen hingegen bereits mittlere Aufwendungen für Miete auf Versorgungsengpässe im niedrigpreisigen Segment hin und damit auf eine Anspannungssituation am Wohnungsmarkt. Sind jedoch die Einkommen sehr gering, so kann entsprechend auch eine niedrigere Miethöhe bereits zu einer höheren Mietbelastung führen.

    Die Ermittlung der rechnerischen Mietbelastung mithilfe des durchschnittlich verfügbaren Einkommens hat allerdings ihre Grenzen. Durchschnittswerte stellen Einkommensverteilungen nur sehr unzureichend dar (da sie nicht normalverteilt sind), gerade wenn einige wenige Haushalte über sehr hohe Einkommen verfügen und so den Mittelwert nach oben verschieben. In Gebieten mit hoher Einkommensungleichheit kann dies dazu führen, dass trotz geringer Mietbelastung bei durchschnittlichen Einkommen bei einem größeren Teil der Bevölkerung eine hohe Mietbelastung eintritt. Aus diesem Grund wurde der rechnerischen Mietbelastung folgender weiterer Indikator zur Seite gestellt, um die Betrachtung zu ergänzen: der Anteil der Mietangebote, die innerhalb der lokal festgelegten Angemessenheitsgrenzen für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) nach dem SGB II liegen, sogenannte KdU-konforme Mietangebote. Der Anteil der KdU-konformen Mietangebote ermöglicht es, die Versorgungssituation für Haushalte mit geringen Einkommen abzubilden. Die Betrachtung der Mietbelastung wurde somit durch einen spezifischen und problemrelevanten Angebotsindikator ergänzt.

    Für die Gebietskulisse gewählte Indikatoren (unter Zugrundelegung eines landesweiten Durchschnittswerts als Referenzwert, siehe hierzu Nummer 2.2):

    • rechnerische Mietbelastung 2022,

    • Anteil der KdU-konformen Mietangebote 2022.

  3. c)

    die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird

    Dieses Kriterium nimmt das Verhältnis von Angebot und Nachfrage unter dynamischen Bedingungen in den Fokus. Aus den folgenden Gründen ist es jedoch nicht zur Ableitung von Indikatoren für eine Anspannung am Wohnungsmarkt geeignet: Es übersieht die Ausgangslage. Im Fall einer Gemeinde mit hohem Leerstand und wachsender Wohnbevölkerung ist zunächst ein Rückgang des Leerstands zu erwarten - und nicht unmittelbar ein Wohnraummangel. Hinzu kommt folgender wichtiger Aspekt: Die Veränderung der Wohnbevölkerung kann sich auf die Nachfrage auswirken, tut dies jedoch nicht zwingend. So benötigt beispielsweise ein Paar in familiengerechter Wohnung bei Geburt eines Kindes keine andere Wohnung. Auch der Tod eines Haushaltsmitglieds führt nicht zwingend zum Umzug des betreffenden Haushalts. In beiden Fällen verändert sich die Wohnbevölkerung, ohne dass sich die Nachfrage ändert. Daneben gibt es auch Konstellationen, in denen die Wohnbevölkerung gleichbleibt, gleichwohl aber die Nachfrage steigt. So ist nach einer Trennung oder Scheidung häufig zusätzlicher Wohnraum vonnöten, weil ein zusätzlicher Haushalt entsteht. An den Beispielen zeigt sich, dass die Wohnbevölkerung nicht als Bezugsgröße für die Wohnungsnachfrage geeignet ist, da Wohnungen durch Haushalte nachgefragt werden.

  4. d)

    geringer Leerstand bei großer Nachfrage

    Das Kriterium setzt die Nachfrage ins Verhältnis zum Leerstand. Die flächendeckenden amtlichen Leerstandszahlen des Zensus 2022 lagen bis zur statistischen Analyse noch nicht vor. Daher wurde als alternativer Indikator die Anzahl der Mietangebote in einer Einheits- oder Samtgemeinde im Jahresverlauf ins Verhältnis zur Anzahl der Wohnungen im Mehrfamilienhausbestand in dieser Kommune gesetzt. So wurde eine Annäherung an den marktaktiven Anteil an (freien) Wohnungen vorgenommen.

    Für die Gebietskulisse gewählter Indikator (unter Zugrundelegung eines landesweiten Durchschnittswerts als Referenzwert, siehe hierzu Nummer 2.2):

    • Anteil der Mietangebote am Wohnungsbestand in Mehrfamilienhäusern 2022.

3.2 Indikatorenset

Nach dem Wortlaut des § 201 a Satz 4 BauGB wäre auch die Nutzung allein eines Kriteriums ausreichend. Aus fachlicher Einschätzung und vor dem Hintergrund der Erfahrung in der Wohnungsmarktbeobachtung ist jedoch ein Set aus mehreren Indikatoren geeigneter, um die zum Teil unterschiedlich strukturierten Wohnungsmärkte des Landes sachgerecht auf ihre Anspannung zu untersuchen.

Als geeignetes Indikatorenset wurden die ausgehend von den in § 201 a Satz 4 BauGB genannten Kriterien für die Gebietskulisse gewählten Indikatoren identifiziert (zur Auswahl der Indikatoren siehe Nummer 3.1). Das sind folgende sechs Indikatoren:

  • Indikator 1: Miethöhe (der Angebotsmieten) 2022,

  • Indikator 2: Mietdynamik (der Angebotsmieten) 2019 bis 2022,

  • Indikator 3: Rechnerische Mietbelastung 2022,

  • Indikator 4: Mittleres Bodenrichtwertniveau von Mehrfamilienhausgrundstücken 2021,

  • Indikator 5: Anteil der KdU-konformen Mietangebote 2022,

  • Indikator 6: Anteil der Mietangebote am Wohnungsbestand in Mehrfamilienhäusern 2022.

Die Indikatoren wurden vorab unter verschiedenen Gesichtspunkten überprüft, z. B. auf ihre inhaltliche Aussagekraft für die Gebietskulisse. Zudem wurde auch die Datenverfügbarkeit sowie die Güte der verfügbaren Daten geprüft, u. a. im Hinblick auf Aktualität und Kleinräumigkeit. Referenzwert ist jeweils ein landesweiter Durchschnittswert (Landeswert), siehe Nummer 2.2.

Zu den einzelnen Indikatoren:

  • Indikator 1: Miethöhe (der Angebotsmieten) 2022

Mit dem Indikator werden die im Jahr 2022 per Inserat veröffentlichten Mietangebote, d. h. die Preise für angebotenen Mietwohnraum je Quadratmeter (Angebotsmiete), betrachtet. Es ist davon auszugehen, dass überdurchschnittlich hohe Mieten die Wohnraumversorgung der Bevölkerung erschweren.

Mit den Angebotsmieten werden die öffentlich zugänglichen Mietinserate abgebildet. Mietpreise aus bestehenden Mietverträgen (Bestandsmieten), die von der Miethöhe unter den Angebotsmieten liegen können, werden somit nicht betrachtet. Bestandsmieten stehen für eine Auswertung nicht zur Verfügung (u. a. keine flächendeckende Verfügbarkeit, keine Zeitreihen). Allerdings stellen die aktuell inserierten Angebotsmieten einen Teil der künftigen Bestandsmieten dar; sie beeinflussen mithin das Preisniveau der künftigen Bestandsmieten. Zudem geht es bei dieser Betrachtung insbesondere um das Verhältnis der Kommunen zueinander sowie die Abweichung zum Landeswert, der aus der gleichen Datengrundlage generiert wird. Eine mögliche systematische Überschätzung des Werts wird so ausgeglichen. Mietpreisdaten sind für die Gebietskulisse relevant, da sie im Landesvergleich überdurchschnittliche Mietpreise anzeigen und einen erschwerten Zugang für nachfragende Haushalte zum Wohnungsmarkt signalisieren können.

Bei der Betrachtung der Miethöhe wurden zur Bereinigung der Daten in der Analyse die Neubauangebote ausgeschlossen (nur Wiedervermietung). Außerdem wurden zur Reduzierung von Ausreißern nur Angebote für Wohnungen zwischen 35 und 160 m2 betrachtet.

Der Indikator hat eine ,positiveʻ Wirkungsrichtung. Je höher die Angebotsmieten sind, desto stärker ist der Hinweis auf einen angespannten Wohnungsmarkt.

Datenquelle:Datenlieferung der NBank (Mietdaten der FUB IGES Wohnen+Immobilien+Umwelt GmbH),
Zeitraum:2022.
  • Indikator 2: Mietdynamik (der Angebotsmieten) 2019 bis 2022

Wie unter Nummer 3.1 Buchst. a dargestellt, ergänzt dieser Indikator den Indikator 1 ,Miethöhe (der Angebotsmieten) 2022ʻ. Mietpreissteigerungen zeigen eine preisliche Veränderung des Wohnungsangebots an. Bei starker Preissteigerung in kurzer Zeit kommt es zu deutlichen Unterschieden zwischen Angebotspreisen und Bestandsmieten wie auch zwischen Wiedervermietungspreisen und Bestandsmieten - ein typisches Kennzeichen von zunehmender Marktanspannung. Dies erhöht zudem den Verbleib in gegebenenfalls suboptimalen Wohnsituationen. Der Indikator hebt solche Wohnungsmärkte hervor, die im Betrachtungszeitraum eine hohe Dynamik aufzeigen und kann zudem auf solche verweisen, die zukünftig insgesamt höhere Mietpreise zu erwarten haben. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass bei dem Indikator die Marktanspannung derjenigen Kommunen unterschätzt wird, die sich bereits auf hohem Niveau befinden und absolut wie relativ nur noch eine niedrige Dynamik zeigen. Um dies zu adressieren, wurde ergänzend die absolute Veränderung herangezogen. Dafür wurden die Differenzen zwischen den Jahren 2019 und 2022 berechnet und die mittleren absoluten Veränderungswerte ermittelt. Der Landeswert der mittleren absoluten Differenz gibt an, um welchen Betrag die mittlere Angebotsmiete in Niedersachsen zwischen 2019 und 2022 pro Jahr gestiegen ist. Auch bei der Betrachtung der Mietdynamik wurden zur Bereinigung der Daten in der Analyse die Neubauangebote und die Angebote unter 35 und über 160 m2 ausgeschlossen. Die Entwicklung der Angebotsmieten wurde über einen Zeitraum von vier Jahren (2019 bis 2022) betrachtet. Mit vier Jahren war der Zeitraum so bemessen, dass davon ausgegangen werden konnte, dass sich einerseits Zufallseinflüsse minimieren und andererseits die Werte im Wesentlichen in eine Richtung entwickeln.

Kommunen mit hohen Angebotsmieten verfügen nicht per se über eine starke Dynamik. Das gleiche gilt auch andersherum: Kommunen mit hoher Dynamik verfügen nicht per se über hohe Angebotsmieten. Daher sollte dieser Indikator nicht isoliert zur Messung eines angespannten Wohnungsmarktes herangezogen werden, sondern stets als Teil eines Indikatorensets. Im Zusammenspiel mit Indikator 1 ,Miethöhe (der Angebotsmieten) 2022ʻ lassen sich mit dem Dynamikindikator Kommunen identifizieren, die (bisher) nicht durch hohe Mietpreise aufgefallen sind, aber aufgrund eines schnellen Preiswachstums einen erhöhten Aufmerksamkeitsbedarf haben.

Der Indikator hat eine ,positiveʻ Wirkungsrichtung. Je höher die Mietpreissteigerung ist, desto stärker ist der Hinweis auf einen angespannten Wohnungsmarkt.

Datenquelle:Datenlieferung der NBank (Mietdaten der FUB IGES Wohnen+Immobilien+Umwelt GmbH),
Zeitraum:2019 bis 2022.
  • Indikator 3: Rechnerische Mietbelastung 2022

Mit dem Indikator wurden Einkommen und Miethöhe ins Verhältnis zueinander gesetzt. Der Indikator gibt einen Hinweis auf die durchschnittliche rechnerische Mietbelastung. So ist davon auszugehen, dass für einkommensstarke Haushalte auch eine hohe oder höhere Miete gut leistbar ist, und entsprechend in einkommensstarken Regionen eine höhere durchschnittliche Miete nicht per se eine hohe Mietbelastung verursacht. Die rechnerische Mietbelastung ist nicht zu verwechseln mit der im Rahmen des Mikrozensus erhobenen Mietbelastungsquote. Sie ist als eine rechnerische Annäherung an die tatsächlichen Begebenheiten zu verstehen. Dieser Ansatz eröffnet die Möglichkeit, mithilfe einer überschaubaren Berechnung die lokale Einkommenssituation mit den lokalen Angebotsmieten in Beziehung zu setzen. So kann die rechnerische Mietbelastung der Bevölkerung auf der Ebene der Kommune dargestellt werden. Hierfür wird mit durchschnittlichen Werten zu Kaufkraft und Miethöhe gearbeitet; deswegen gibt der Indikator eine (berechnete) durchschnittliche Mietbelastung an. Die tatsächliche Mietbelastung kann - gerade für bestimmte Konstellationen aus Haushaltsgröße und -einkommen - deutlich davon abweichen. Gleichwohl ermöglichen der Indikator und die angewandte Methodik einen räumlichen Vergleich der Kommunen untereinander mit Blick auf die Zielsetzung der Gebietskulisse. So kann im Verhältnis zum Landesdurchschnitt eine Bewertung und Einordnung der Kommunen durchgeführt werden. Da der Indikator nur auf diese relative Einordnung abzielt, wurde ein Indexwert (Landeswert Niedersachsen = 100) verwendet (auch, um eine Verwechselung mit der Mietbelastungsquote aus dem Mikrozensus zu vermeiden).

Zur Berechnung wurden je Kommune die Mittelwerte von Haushaltseinkommen und Angebotsmieten (Median, ohne Neubau) in Beziehung gesetzt. Zunächst wurde die Angebotsmiete (in Euro je Quadratmeter) unter Annahme einer Referenzwohnungsgröße von 70 m2 in einen jährlichen Betrag umgerechnet. Dieser wurde dann als Anteil am Haushaltseinkommen ausgewiesen. Anschließend wurde er mithilfe des Wertes für das Land Niedersachsen (100) indiziert, sodass die Werte als Ergebnis in Beziehung zu diesem, d. h. zur 100 stehen.

Mit dem Landeswert wird also die durchschnittliche rechnerische Mietbelastung in Niedersachsen dargestellt. Diejenigen Kommunen mit Werten oberhalb des Landeswertes haben in diesem Verständnis ein ungünstigeres Verhältnis von Durchschnittseinkommen zur angebotenen Miethöhe (z. B. eher mittlere Durchschnittseinkommen bei eher höheren Mieten oder eher niedrigere Durchschnittseinkommen bei vergleichsweise höheren Mieten).

Der Indikator hat eine ,positiveʻ Wirkungsrichtung. Je höher der Indexwert der rechnerischen Mietbelastung ist, desto stärker ist der Hinweis auf einen angespannten Wohnungsmarkt.

Datenquelle:Datenlieferung der NBank (Mietdaten der FUB IGES Wohnen+Immobilien+Umwelt GmbH, Daten zum Haushaltsnettoeinkommen der GfK GmbH),
Zeitraum:2022.
  • Indikator 4: Mittleres Bodenrichtwertniveau von Mehrfamilienhausgrundstücken 2021

Die Preise für Boden und Bauland sind eine wichtige Determinante für die Preise im Wohnungsbau. Ein Mangel an Bauland schlägt sich entsprechend in steigenden Bodenrichtwerten nieder, die sich perspektivisch auf die Mietpreise auswirken. Für die Betrachtung ist insbesondere der Bereich des Geschosswohnungsbaus relevant, da dieser den überwiegenden Teil des vermieteten Wohnungsangebots darstellt. Daher wird auf die Bodenrichtwerte für Mehrfamilienhausgrundstücke Bezug genommen. Die ermittelten Bodenrichtwerte für den Geschosswohnungsbau zeigen die Kostenunterschiede für Boden in Niedersachsen an. Darüber hinaus weisen hohe Bodenrichtwerte darauf hin, wie teuer die Schaffung von neuem Geschosswohnungsbau durch Investorinnen und Investoren ist und können Aufschluss über eine potenzielle Mehrbelastung der Mieten durch hohe, umlagefähige Grundsteuern geben.

Der Indikator hat eine ,positiveʻ Wirkungsrichtung. Je höher die Bodenrichtwerte sind, desto stärker ist der Hinweis auf einen angespannten Wohnungsmarkt.

Datenquelle:Gutachterausschüsse für Grundstückswerte des Landes Niedersachsen,
Zeitraum:2021.
  • Indikator 5: Anteil der KdU-konformen Mietangebote 2022

Der Indikator soll Aufschluss darüber geben, welcher Anteil der Mietangebote in einer Kommune innerhalb der Bemessungsgrenzen für die Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II liegen. Bei einem geringen Anteil KdU-konformer Mietangebote ist davon auszugehen, dass Haushalte mit Transferleistungsbezug vor Ort große Schwierigkeiten haben, eine für sie bezahlbare Wohnung anzumieten. Der Indikator ergänzt die einkommensorientierte Betrachtung der Haushalte, die im Rahmen des Indikators ,Rechnerische Mietbelastung 2022ʻ eine Rolle spielt.

Der Indikator hat eine ,negativeʻ Wirkungsrichtung. Je geringer der Anteil der KdU-konformen Mietinserate ist, desto stärker ist der Hinweis auf einen angespannten Wohnungsmarkt.

Datenquelle:Datenlieferung der NBank (Angaben der Bundesagentur für Arbeit zu den Bemessungsgrenzen der KdU nach dem SGB II, Berechnungen der FUB IGES Wohnen+Immobilien+Umwelt GmbH auf der Grundlage ihrer Mietdaten zu den Mietangeboten innerhalb der Bemessungsgrenzen der KdU nach dem SGB II),
Zeitraum:2022.
  • Indikator 6: Anteil der Mietangebote am Wohnungsbestand in Mehrfamilienhäusern 2022

Der Anteil der Mietangebote am Wohnungsbestand in Mehrfamilienhäusern zeigt an, wie groß der Anteil des Wohnungsbestandes ist, der zum Betrachtungszeitpunkt am Markt zur Anmietung öffentlich angeboten wird. Der Indikator gibt mithin Hinweise darauf, wie hoch die Fluktuation am Mietwohnungsmarkt ist.

Für diesen Indikator wurde das Verhältnis zwischen der Anzahl an publizierten Mietwohnungsinseraten und der Anzahl an bestehenden Wohnungen in Mehrfamilienhäusern errechnet. Mit der Betrachtung der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern wurde näherungsweise bestimmt, wie viele Mietwohnungen vor Ort vorhanden sind, da es hierfür keine direkte Datengrundlage gibt. Mögliche Unschärfen können in der touristischen Nutzung von Wohnungen oder selbstgenutztem Wohneigentum im Mehrfamilienhausbestand liegen sowie in die andere Richtung hinsichtlich vermieteter Ein- und Zweifamilienhäuser. Außerdem werden nicht alle Wohnungen über öffentliche Plattformen angeboten.

Der Indikator hat eine ,negativeʻ Wirkungsrichtung. Je geringer der Anteil der Mietinserate am Wohnungsbestand in Mehrfamilienhäusern ist, desto stärker ist der Hinweis auf einen angespannten Wohnungsmarkt.

Datenquelle:Datenlieferung der NBank (Mietdaten der FUB IGES Wohnen+Immobilien+Umwelt GmbH, Daten des Landesamtes für Statistik Niedersachsen zum Wohnungsbestand),
Zeitraum:2022.

4. Herleitung der Gebietskulisse

Im Anschluss an die Auswahl geeigneter Indikatoren erfolgte die Herleitung der Kulisse auf der Grundlage folgender Bewertungsmatrix:

4.1 Bewertungsmatrix

  1. a)

    Ermittlung der Grenzwerte

    Grundgedanke der angewandten Methodik ist, dass die Anspannung eine Abweichung von einem Normalzustand (einer Norm) ist. Als Norm und damit Referenzwert wurde ein landesweiter Durchschnittswert (Landeswert) zugrunde gelegt (siehe Nummer 2.2). Die Bewertung erfolgt somit nach einem Punktesystem, in dem eine Kommune bepunktet wird, wenn ihr Wert bei einem Indikator in Richtung Anspannung vom Landeswert abweicht.

    Dementsprechend wurde in einem ersten Schritt bei den einzelnen Indikatoren der Landeswert (erster Indikatoren-Grenzwert) ermittelt. Dabei wurde wie folgt vorgegangen:

    • Indikator 1 ,Miethöhe (der Angebotsmieten) 2022ʻ:

      Verwendung des Medians aller im Jahr 2022 in Niedersachsen inserierten Mietwohnungen.

    • Indikator 2 ,Mietdynamik (der Angebotsmieten) 2019 bis 2022ʻ:

      Berechnung der jährlichen mittleren absoluten Differenz der Veränderungen 2019 bis 2022; Berechnung der Jahreswerte analog zum Indikator 1 ,Miethöhe (der Angebotsmieten) 2022ʻ.

    • Indikator 3 ,Rechnerische Mietbelastung 2022ʻ:

      Die rechnerische Mietbelastung wurde indiziert, der Landeswert wurde entsprechend mit 100 bewertet. Zur Ermittlung der rechnerischen Mietbelastung im Land wurden die Haushaltseinkommen im Land mit der Miethöhe in Beziehung gesetzt (ausführliche Beschreibung der Berechnung unter Nummer 3.2 Indikator 3).

    • Indikator 4 ,Mittleres Bodenrichtwertniveau von Mehrfamilienhausgrundstücken 2021ʻ:

      Verwendung des mittleren Bodenrichtwertes für Mehrfamilienhausgrundstücke; die Daten wurden nach Flächenumsatz gewichtet.

    • Indikator 5 ,Anteil der KdU-konformen Mietangebote 2022ʻ:

      Verwendung des von der Datenlieferantin FUB IGES Wohnen+Immobilien+Umwelt GmbH angegebenen Wertes für das Land Niedersachsen.

    • Indikator 6 ,Anteil der Mietangebote am Wohnungsbestand in Mehrfamilienhäusern 2022ʻ:

      Alle in Niedersachsen inserierten Mietwohnungen 2022 wurden ins Verhältnis mit dem niedersächsischen Bestand an Wohnungen in Mehrfamilienhäusern gesetzt.

    Nach der Berechnung des jeweiligen Landeswertes (erster Indikatoren-Grenzwert) wurde bei jedem Indikator ein weiterer Grenzwert (zweiter Indikatoren-Grenzwert) bestimmt. Hierzu wurden jeweils die Werte der Kommunen herangezogen, die vom Landeswert in Richtung Anspannung abweichen. Aus diesen Werten wurde der Median gebildet.

    Bei den einzelnen Indikatoren ergaben sich folgende Grenzwerte:

    Tabelle 1: Indikatoren-Grenzwerte

    IndikatorLandeswert, d. h. Indikatoren-Grenzwert, für einen PunktIndikatoren-Grenzwert für einen weiteren Punkt
    1. 1

      Miethöhe (der Angebotsmieten) 2022

    8,46 Euro/m29,10 Euro/m2
    1. 2

      Mietdynamik (der Angebotsmieten) 2019 bis 2022

    0,49 Euro/m20,55 Euro/m2
    1. 3

      Rechnerische Mietbelastung 2022

    100109,2
    1. 4

      Mittleres Bodenrichtwertniveau von Mehrfamilienhausgrundstücken 2021

    180,00 Euro/m2242,50 Euro/m2
    1. 5

      Anteil der KdU-konformen Mietangebote 2022

    13,59 %6,99 %
    1. 6

      Anteil der Mietangebote am Wohnungsbestand in Mehrfamilienhäusern 2022

    5,89 %4,86 %
  2. b)

    Punktevergabe

    Die Punktevergabe wurde wie folgt vorgenommen: Alle Einheits- und Samtgemeinden, deren Wert vom Landeswert (erster Indikatoren-Grenzwert) in Richtung Anspannung abweicht, erhielten einen Punkt. Die Kommunen, deren Wert außerdem vom zweiten Indikatoren-Grenzwert in Richtung Anspannung abweicht, bekamen einen weiteren, also insgesamt zwei Punkte. Alle übrigen Kommunen erhielten null Punkte.

    Durch dieses Vorgehen wurde bei jeder Einheits- und Samtgemeinde je Indikator bestimmt, ob - gemessen am Landeswert - eine überdurchschnittliche Anspannung (ein Punkt), eine deutlich überdurchschnittliche Anspannung (zwei Punkte) oder keine Anspannung (null Punkte) vorliegt.

4.2 Gewichtung der Indikatoren

Nach der Punktevergabe verfügte jede Einheits- und Samtgemeinde je Indikator über null bis zwei Punkte. Im nächsten Schritt wurden bei jeder Kommune die einzelnen Punktwerte in einer Punktsumme zusammengeführt, wobei eine Gewichtung der Indikatoren erfolgte. Die Indikatoren 1 ,Miethöhe (der Angebotsmieten) 2022ʻ und 3 ,Rechnerische Mietbelastung 2022ʻ wurden aufgrund ihrer hohen Relevanz - sie treffen eine sehr unmittelbare Aussage über die aktuelle Anspannung am Wohnungsmarkt - doppelt gewichtet. D. h., die bei diesen Indikatoren erzielten Punkte wurden vor der Summenbildung verdoppelt. Es konnten somit maximal 16 Punkte je Einheits- und Samtgemeinde erreicht werden.

Tabelle 2: Indikatoren und deren Gewichtung

IndikatorPunkteFaktorMaximal erreichbare Punktzahl
  1. 1

    Miethöhe (der Angebotsmieten) 2022

0 bis 224
  1. 2

    Mietdynamik (der Angebotsmieten) 2019 bis 2022

0 bis 212
  1. 3

    Rechnerische Mietbelastung 2022

0 bis 224
  1. 4

    Mittleres Bodenrichtwertniveau von Mehrfamilienhausgrundstücken 2021

0 bis 212
  1. 5

    Anteil der KdU-konformen Mietangebote 2022

0 bis 212
  1. 6

    Anteil der Mietangebote am Wohnungsbestand in Mehrfamilienhäusern 2022

0 bis 212
gesamt16

Tatsächlich erreichte keine Einheits- und Samtgemeinde die maximale Punktzahl. Der höchste erreichte Wert waren 14 Punkte.

4.3 Schwellenwert für die Gebietskulisse

Eine Aufnahme in die Gebietskulisse erfolgte ab acht Punkten (Kulissen-Schwellenwert). Der Wert liegt oberhalb von sieben Punkten, d. h. oberhalb der Hälfte der mit 14 Punkten erreichten höchsten Punktzahl.

Von den Einheits- und Samtgemeinden mit einer Mindestanzahl von 30 Mietangeboten im Jahr 2022 (zur Mindestfallgrenze siehe Nummer 2.5) erreichten 38 mindestens acht Punkte und liegen damit in der Gebietskulisse Die betreffenden Einheits- und Samtgemeinden ergeben sich aus der Tabelle in Nummer 6.

5. Prüffälle und Ergebnis des Stellungnahmeverfahrens

5.1 Prüffälle

Mithilfe des indikatorgestützten Bewertungssystems für alle Kommunen lassen sich diejenigen identifizieren, in denen eine Anspannung im Wohnungsmarkt besteht. Gleichwohl gibt es weitere Sachverhalte, die eine genauere Prüfung erforderlich machen, weil Anzeichen und Hinweise für eine Anspannung vorliegen, diese aber aufgrund der verwendeten Datengrundlagen nicht sicher festgestellt wurde. Diese Kommunen wurden daher als Prüffälle eingeordnet.

Im Einzelnen wurden Kommunen aufgrund folgender Sachverhalte als Prüffälle identifiziert:

  1. a)

    Einheits- und Samtgemeinden mit sechs oder sieben Punkten

    Die Punktsumme aus der indikatorgestützten Betrachtung lag unterhalb des Kulissen-Schwellenwertes, betrug aber mindestens sechs Punkte.

  2. b)

    Hohe Einzelwerte bei Prüfindikatoren

    Einige Kommunen erreichten bei einem besonders relevanten Indikator die höchste Punktzahl, aber insgesamt weniger als sechs Punkte. Als besonders relevant gelten hierbei die in der indikatorgestützten Berechnung doppelt gewichteten Indikatoren 1 ,Miethöhe (der Angebotsmieten) 2022ʻ und 3 ,Rechnerische Mietbelastung 2022ʻ. Aus dem Austausch mit den kommunalen Spitzenverbänden ist zusätzlich der Indikator 4 ,Mittleres Bodenrichtwertniveau von Mehrfamilienhausgrundstücken 2021ʻ als weiterer Prüfindikator hervorgegangen. Das Erreichen der höchsten Punktzahl in einem dieser drei Prüfindikatoren zeigt an, dass hier möglicherweise eine Anspannung vorliegen könnte.

  3. c)

    Kommunen mit nicht ausreichender Datenlage

    Wie bereits unter Nummer 2.5 dargestellt, wurde eine Anzahl von 30 Mietangeboten als Mindestfallzahl formuliert, um eine Untergrenze für eine stabile Datenbasis festzulegen. Gleichwohl wurden alle Kommunen (nachrichtlich) bepunktet. In einem Fall ergab sich dabei eine Punktsumme oberhalb von acht Punkten und in einem anderen in Höhe von sechs Punkten.

  4. d)

    Berücksichtigung des vorangegangenen Analyseergebnisses und der bisherigen Gebietsfestlegung

    Bei einer Kommune, die in der Gebietskulisse der Niedersächsischen Mieterschutzverordnung vom 22. Dezember 2020 (Nds. GVBl. S. 566) war, und einer weiteren, die von der NBank mit Gutachten vom März 2020 als Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt identifiziert worden war, lag die Punktsumme nach der aktuellen statistischen Analyse unter sechs Punkten.

Die im Zuge der Prüffallbetrachtung identifizierten Einheits- und Samtgemeinden erhielten die Möglichkeit, im Zuge einer Stellungnahme selbst weitere quantitativ begründete Argumente vorzubringen.

5.2 Ergebnis des Stellungnahmeverfahrens

Von den 35 angeschriebenen Einheits- und Samtgemeinden, haben sich 16 Gemeinden geäußert. Eine Kommune hat erklärt, dass sie von einer Stellungnahme absieht. Drei Kommunen haben mitgeteilt, dass sie den Wohnungsmarkt im Gebiet ihrer Kommune für nicht angespannt halten. Die übrigen zwölf Einheits- und Samtgemeinden beurteilten den Wohnungsmarkt im Gebiet ihrer Kommune als angespannt.

Nach Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen hat die RegioKontext GmbH die Aufnahme in die Gebietskulisse empfohlen, wenn die vorliegenden indikatorenbasierten Hinweise auf einen angespannten Wohnungsmarkt seitens der Einheits- oder Samtgemeinde durch eigene nachvollziehbare Darlegungen der Situation vor Ort bestätigt werden konnten. Dies war bei allen zwölf Kommunen, die den Wohnungsmarkt im Gebiet ihrer Kommune im Ergebnis als angespannt beurteilten, der Fall. Auf die nachstehenden Ausführungen zu den einzelnen Kommunen wird verwiesen. Die insgesamt 23 Kommunen, die die indikatorenbasierten Hinweise auf einen angespannten Wohnungsmarkt nicht durch eigene Darlegungen der Situation vor Ort bestätigt haben, wurden nicht für eine Aufnahme in die Gebietskulisse empfohlen.

  • Bardowick, Samtgemeinde

    Die Samtgemeinde Bardowick im Landkreis Lüneburg liegt zwischen dem Oberzentrum Lüneburg und dem Mittelzentrum Winsen (Luhe). In der statistischen Analyse hat die Samtgemeinde beim Indikator 1 ,Miethöhe (der Angebotsmieten) 2022ʻ und beim Indikator 5 ,Anteil der KdU-konformen Mietangebote 2022ʻ jeweils zwei Punkte erhalten. Das sind insgesamt sechs Punkte wegen der doppelten Gewichtung von Indikator 1. Diese indikatorenbasierten Hinweise auf einen angespannten Wohnungsmarkt konnten seitens der Samtgemeinde ergänzend durch eigene nachvollziehbare Darlegungen der Situation vor Ort bestätigt werden. Nach der Stellungnahme der Samtgemeinde Bardowick gibt es eine hohe Nachfrage nach Bauland. Eigentumswohnungen und Eigenheime sind auf dem freien Markt kaum vorhanden. Ebenso besteht ein Mangel an verfügbaren Mietwohnungen und anzumietenden Häusern. Wohnungen, die der Samtgemeinde oder den Mitgliedsgemeinden gehören, gibt es nur einige wenige. Sie werden bisher in der Regel als Notwohnungen oder für die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden genutzt. Sozialwohnungen, die eine wichtige Rolle in der Wohnraumversorgung spielen könnten, sind nicht vorhanden.

  • Emsbüren

    Die Gemeinde Emsbüren im Landkreis Emsland liegt zentral im Dreieck der Städte und Mittelzentren Lingen (Ems), Nordhorn und Rheine. Beim Indikator 2 ,Mietdynamik (der Angebotsmieten) 2019 bis 2022ʻ, beim Indikator 5 ,Anteil der KdU-konformen Mietangebote 2022ʻ und beim Indikator 6 ,Anteil der Mietangebote am Wohnungsbestand in Mehrfamilienhäusern 2022ʻ hat die Gemeinde jeweils zwei Punkte erhalten. In der Summe sind das sechs Punkte, allerdings bei eingeschränkter Datenlage (siehe hierzu die Nummern 2.5 und 5.1 Buchst. c). Diese indikatorenbasierten Hinweise auf einen angespannten Wohnungsmarkt konnten seitens der Gemeinde ergänzend durch eigene nachvollziehbare Darlegungen der Situation vor Ort bestätigt werden. Aufgrund der Stellungnahme der Gemeinde ist festzuhalten, dass Emsbüren sich in einer Phase eines anhaltenden Bevölkerungswachstums befindet, weshalb die Nachfrage nach Wohnraum sowohl im Bereich der Einfamilienhäuser als auch bei Mehrfamilienhäusern erheblich erhöht ist. Bis zum Jahr 2040 ist eine deutliche Zunahme der Haushalte prognostiziert. Trotz einer hohen Anzahl erteilter Baugenehmigungen kann der vorhandene Bedarf beim Eigentum und an Mietwohnraum nicht gedeckt werden. Hinzu kommt, dass es in der Gemeinde derzeit keinen Bestand an Sozialwohnungen gibt. Nach dem Wohnraumversorgungskonzept für den Landkreis Emsland von 2021 besteht für die Gemeinde Emsbüren bis 2040 ein Bedarf an Ein- und Zweifamilienhäusern, Mehrfamilienhäusern und preisgebundenen Wohnungen.

  • Hanstedt, Samtgemeinde

    Die Samtgemeinde Hanstedt im direkt an Hamburg angrenzenden Landkreis Harburg hat in der statistischen Analyse beim Indikator 1 ,Miethöhe (der Angebotsmieten) 2022ʻ und beim Indikator 5 ,Anteil der KdU-konformen Mietangebote 2022ʻ jeweils zwei Punkte erhalten und beim Indikator 2 ,Mietdynamik (der Angebotsmieten) 2019 bis 2022ʻ einen Punkt. Das sind insgesamt sieben Punkte wegen der doppelten Gewichtung von Indikator 1. Diese indikatorenbasierten Hinweise auf einen angespannten Wohnungsmarkt konnten seitens der Samtgemeinde ergänzend durch eigene nachvollziehbare Darlegungen der Situation vor Ort bestätigt werden. Nach der Stellungnahme der Samtgemeinde ist die Anzahl verfügbarer Mietwohnungen sehr begrenzt. Bei der Kommunalen Wohnungsbaugesellschaft KWG gibt es eine lange Warteliste. Einwohnerinnen und Einwohnern mit Wohnberechtigungsschein kann kein örtliches Angebot unterbreitet werden. Außerdem leben in den zentralen Flüchtlingsunterkünften der Samtgemeinde viele Flüchtlinge mit einem gesicherten Status, die auch für Wohnraum auf dem freien Wohnungsmarkt anstehen.

  • Hatten

    Die Gemeinde Hatten im Landkreis Oldenburg grenzt direkt an die Stadt Oldenburg (Oldenburg) an. Daneben besteht eine gute Anbindung nach Bremen. In der statistischen Analyse hat die Gemeinde beim Indikator 2 ,Mietdynamik (der Angebotsmieten) 2019 bis 2022ʻ und beim Indikator 5 ,Anteil der KdU-konformen Mietangebote 2022ʻ jeweils zwei Punkte erhalten. Beim Indikator 1 ,Miethöhe (der Angebotsmieten) 2022ʻ und beim Indikator 4 ,Mittleres Bodenrichtwertniveau von Mehrfamilienhausgrundstücken 2021ʻ hat sie jeweils einen Punkt bekommen. Das ergibt wegen der doppelten Gewichtung von Indikator 1 in der Summe sieben Punkte. Diese indikatorenbasierten Hinweise auf einen angespannten Wohnungsmarkt konnten seitens der Gemeinde ergänzend durch eigene nachvollziehbare Darlegungen der Situation vor Ort bestätigt werden. Wie der Stellungnahme der Gemeinde Hatten zu entnehmen ist, ist die Bevölkerung in der Kommune in den letzten Jahren stetig gewachsen und der Bestand an Haushalten gestiegen. Für die nächsten Jahre ist eine weitere positive Entwicklung prognostiziert. Es besteht eine hohe Nachfrage nach Bauland. Im Zeitraum von 2015 bis 2020 sind die Bestandsmieten signifikant um 9 Prozent gestiegen. Die Versorgungslage mit preisgünstigem Wohnraum verschlechtert sich zunehmend. Seit 2016 wurden in der Gemeinde Hatten keine geförderten Wohnungen fertiggestellt. Es besteht insbesondere ein Mangel an barrierefreien, vor allem kleinen und möglichst preiswerten Wohnungen. Der Wohnungsbestand ist geprägt von größeren Wohnungen mit mindestens vier Zimmern. Bei der Haushaltsstruktur dominieren hingegen die Ein- bis Zwei-Personenhaushalte. Die beiden Haushaltsgrößen werden in den nächsten Jahren weiter wachsen, so dass das bestehende Missverhältnis noch größer werden wird. Der zu erwartende Anstieg bei den Einwohnerzahlen der Altersgruppen von 18 bis 29 Jahren und bei Menschen über 75 verstärkt den Bedarf an kleineren Wohnungen zusätzlich.

  • Leer (Ostfriesland), Stadt

    Die Stadt Leer (Ostfriesland) ist die Kreisstadt des Landkreises Leer. Sie ist ein Mittelzentrum und die drittgrößte Stadt Ostfrieslands. In der statistischen Analyse hat die Stadt beim Indikator 3 ,Rechnerische Mietbelastung 2022ʻ zwei Punkte und beim Indikator 5 ,Anteil der KdU-konformen Mietangebote 2022ʻ einen Punkt erhalten. Das sind wegen der doppelten Gewichtung von Indikator 3 insgesamt fünf Punkte. Diese indikatorenbasierten Hinweise auf einen angespannten Wohnungsmarkt konnten seitens der Stadt ergänzend durch eigene nachvollziehbare Darlegungen der Situation vor Ort bestätigt werden. Aus der Stellungnahme der Stadt Leer (Ostfriesland) ergibt sich, dass die Kommune in den vergangenen Jahren stets Einwohnerinnen und Einwohner hinzugewonnen hat. Die für das Wohnraumversorgungskonzept von 2023 erfolgte Berechnung eines sogenannten mittleren Pfades für die Bevölkerungsprognose sieht weiterhin ein positives Wachstum bis zum Jahr 2030 vor. Auf dieser Basis ist zugleich eine Zunahme der Haushalte prognostiziert. Nach den Daten der Stadt liegt der Leerstand unter der kritischen Fluktuationsreserve und weist damit auf eine erhöhte Nachfrage hin. Es besteht ein dringender Wohnungsbedarf im bezahlbaren Sektor. Zwischen den Jahren 2016 und 2022 war ein starker Rückgang des zweckgebundenen Wohnungsbestandes auf etwa die Hälfte zu verzeichnen. Außerdem werden kleine und barrierefreie (preisgünstige) Wohnungen stark nachgefragt. Bereits aktuell gibt es schon viele kleine Haushalte (insbesondere Seniorinnen und Senioren, aber auch junge Singles oder Empfängerinnen und Empfänger von SGB II-Leistungen), welche keine kleine preiswerte Wohnung finden. Diese Situation wird sich aufgrund des prognostizierten Anstiegs der Altersgruppen ab 60 Jahren (,empty nestʻ-Haushalte) verschärfen.

  • Lilienthal

    Die Gemeinde Lilienthal im Landkreis Osterholz liegt im Speckgürtel der Freien Hansestadt Bremen. In der statistischen Analyse hat die Gemeinde beim Indikator 1 ,Miethöhe (der Angebotsmieten) 2022ʻ und beim Indikator 5 ,Anteil der KdU-konformen Mietangebote 2022ʻ jeweils zwei Punkte erhalten. Beim Indikator 4 ,Mittleres Bodenrichtwertniveau von Mehrfamilienhausgrundstücken 2021ʻ hat sie einen Punkt bekommen. Das ergibt wegen der doppelten Gewichtung von Indikator 1 in der Summe sieben Punkte. Diese indikatorenbasierten Hinweise auf einen angespannten Wohnungsmarkt konnten seitens der Gemeinde ergänzend durch eigene nachvollziehbare Darlegungen der Situation vor Ort bestätigt werden. Wie der Stellungnahme der Gemeinde Lilienthal zu entnehmen ist, gab es aufgrund der an Bremen angrenzenden Lage in den zurückliegenden Jahren eine hohe Nachfrage nach Bauland. Es besteht ein deutlicher Mangel an verfügbaren Mietwohnungen. Angebote für Mietwohnungen sind kaum vorhanden. Die Mietwohnungen der Kommunalen Wohnungsbau- und Entwicklungsgesellschaft Lilienthal mbH sind voll belegt. Für die Wohnungen gibt es eine lange Warteliste. Aus der Sozialabteilung der Gemeinde wurde ebenfalls eine starke Nachfrage nach Wohnraum gemeldet. Aufgrund fehlender Wohnungen mussten für die Flüchtlingsunterbringung Containerwohnungen eingerichtet werden.

  • Lingen (Ems), Stadt

    Die Stadt Lingen (Ems) ist nach der Einwohnerzahl die größte Gemeinde im Landkreis Emsland. Sie ist ein Mittelzentrum mit oberzentraler Teilfunktion, u. a. für den Bereich Arbeitsmarkt. In der statistischen Analyse hat die Stadt Lingen (Ems) beim Indikator 4 ,Mittleres Bodenrichtwertniveau von Mehrfamilienhausgrundstücken 2021ʻ und beim Indikator 6 ,Anteil der Mietangebote am Wohnungsbestand in Mehrfamilienhäusern 2022ʻ jeweils zwei Punkte erhalten. Beim Indikator 5 ,Anteil der KdU-konformen Mietangebote 2022ʻ hat sie einen Punkt bekommen. Das sind insgesamt fünf Punkte. Diese indikatorenbasierten Hinweise auf einen angespannten Wohnungsmarkt konnten seitens der Stadt ergänzend durch eigene nachvollziehbare Darlegungen der Situation vor Ort bestätigt werden. Wie die Stadt Lingen (Ems) in ihrer Stellungnahme ausführt, ist die Einwohnerzahl in den zurückliegenden Jahren deutlich gestiegen und nach der Bevölkerungsprognose im Wohnraumversorgungskonzept (Fortschreibung 2022) ist auch in den nächsten Jahren noch von einem zumindest leichten Wachstum auszugehen. Die Zahl der Haushalte wird ebenfalls weiter steigen. Nach Aussage der Stadt Lingen (Ems) werden aktuell aber auch zukünftig sämtliche Wohnungsgrößen im Stadtgebiet verstärkt nachgefragt werden. Hervorgehoben wurde, dass ein Angebot an größeren Wohnungen für Familien und Alleinerziehende mit Kindern kaum vorhanden ist, da entsprechende Wohnungen aufgrund des Hochschulstandortes auch von studentischen Wohngemeinschaften nachgefragt werden und die zimmerweise Vermietung lukrativer ist. Auch der Trend zur Vermietung solch größerer Wohnungen oder Wohnhäuser an Monteure hat sich nach Mitteilung der Stadt Lingen (Ems) in den letzten Jahren sehr stark bemerkbar gemacht. Kontinuierliche Nachfrage besteht nach barrierefreiem Wohnraum. Der Druck auf den Wohnungsmarkt erhöht sich dadurch, dass es in der Stadt einen Mangel an sozial geförderten Wohnungen gibt. Trotz Bauprojekten der Lingener Wohnbau eG ist das Angebot an gebundenem Wohnraum sehr gering, weil in den letzten Jahren viele Bindungen ausgelaufen sind. Sowohl bei der Stadt Lingen (Ems) als auch bei der Lingener Wohnbau eG liegen Bewerberlisten zur Anmietung von preisgünstigem Wohnraum vor.

  • Norden, Stadt

    Die Stadt Norden ist ein Mittelzentrum im Landkreis Aurich. In der statistischen Analyse hat sie beim Indikator 3 ,Rechnerische Mietbelastung 2022ʻ zwei Punkte erhalten. Wegen der doppelten Gewichtung von Indikator 3 ergeben sich insgesamt vier Punkte. Diese indikatorenbasierten Hinweise auf einen angespannten Wohnungsmarkt konnten seitens der Stadt ergänzend durch eigene nachvollziehbare Darlegungen der Situation vor Ort bestätigt werden. Der Stellungnahme der Stadt Norden ist zu entnehmen, dass beim Wohnraum eine Dominanz von Einfamilienhäusern besteht. Wohnungen in Mehrfamilienhäusern machen nur rund ein Viertel des Wohnungsbestandes aus. Derzeit werden kaum Mietwohnungen inseriert. Eine von der Stadt Norden durchgeführte Recherche hat ergeben, dass es bei Mietwohnungen quasi keinen Leerstand gibt. Die Umzugsquote ist dementsprechend niedrig. In den letzten Jahren ist die Anzahl der Haushalte mit dringlichem Wohnungsbedarf signifikant angestiegen. Erschwerend kommt hinzu, dass aus dem Bestand an Wohnungen mit Beleg- und Mietpreisbindung rund zwei Drittel zum 31. Dezember 2024 herausfallen werden, weil für diese Wohnungen die Förderungsperiode ausläuft. Aktuelle Bauvorhaben, deren Pläne neuen sozialen Wohnungsbau beinhalten, können nach Einschätzung der Stadt Norden voraussichtlich erst in fünf bis zehn Jahren realisiert sein und den Verlust nur zu knapp 25 Prozent auffangen. Der Mangel an verfügbaren Mietwohnungen zeigt sich auch darin, dass die Anwerbung geeigneter Fachkräfte für die Bereiche Handel und Gastronomie fast unmöglich geworden ist. Das Fehlen von Mietwohnraum hat mithin auch negative Auswirkungen auf den in der Stadt Norden wichtigen Wirtschaftsfaktor Tourismus.

  • Rastede

    Die Gemeinde Rastede im Landkreis Ammerland liegt nördlich der Stadt Oldenburg (Oldenburg) und damit im direkten Umfeld eines Oberzentrums. In der statistischen Analyse hat die Gemeinde beim Indikator 4 ,Mittleres Bodenrichtwertniveau von Mehrfamilienhausgrundstücken 2021ʻ und beim Indikator 5 ,Anteil der KdU-konformen Mietangebote 2022ʻ jeweils zwei Punkte erhalten. Beim Indikator 1 ,Miethöhe (der Angebotsmieten) 2022ʻ hat sie einen Punkt bekommen. Das sind in der Summe sechs Punkte wegen der doppelten Gewichtung von Indikator 1. Diese indikatorenbasierten Hinweise auf einen angespannten Wohnungsmarkt konnten seitens der Gemeinde ergänzend durch eigene nachvollziehbare Darlegungen der Situation vor Ort bestätigt werden. Aus der Stellungnahme der Gemeinde Rastede ergibt sich, dass der Ort aufgrund seiner Lage ein präferierter Wohnstandort für viele Personen ist, die in der Stadt Oldenburg (Oldenburg) arbeiten. In den vergangenen Jahren gab es eine hohe Nachfrage nach Bauland, die trotz Bereitstellung einer vergleichsweise hohen Zahl an Grundstücken nicht befriedigt werden konnte. In der Gemeinde dominieren mit einem Bestand von 70 bis 80 Prozent die Ein- und Zweifamilienhäuser. Die weit überwiegende Anzahl von Wohnhäusern und auch Wohnungen in Mehrfamilienhäusern ist durch Eigentum gekennzeichnet. Auf dem freien Markt sind Eigenheime und Eigentumswohnungen kaum vorhanden. Die überhöhte Nachfrage hatte jedenfalls vor der Veränderung der Bedingungen am Kreditmarkt dazu geführt, dass das Preisniveau vergleichbar dem der Stadt Oldenburg (Oldenburg) angestiegen ist. Niedrigpreisige Wohnungen sind in Rastede kaum vorhanden. Bereits das Wohnraumversorgungskonzept für den Landkreis Ammerland von 2019 weist eine zunehmende Anzahl an sogenannten Single-Haushalten aus. Demgegenüber stehen kleinere Wohnungen aufgrund der Dominanz von Ein- und Zweifamilienhäusern nur sehr eingeschränkt zur Verfügung, vor allem, soweit es um bezahlbare Wohnungen geht. Das führt zwischenzeitlich dazu, dass insbesondere alleinstehende und vor allem jüngere Personen die Gemeinde - vermutlich auch dauerhaft - verlassen, vor allem aber auch die jüngeren alleinstehenden Personen, die nach Ausbildung und/oder Studium in die Gemeinde zurückkehren möchten, dort keinen passenden Wohnraum finden. Aufgrund der demografischen Entwicklung gibt es auch einen zunehmenden, deutlichen Bedarf an barrierefreien Wohnungen, dem derzeit nicht begegnet werden kann. Das knappe Angebot an Mietwohnraum zeigt sich auch darin, dass für die Unterbringung von Geflüchteten derzeit nicht genutzte Gewerbeimmobilien und Containeranlagen angemietet oder erworben werden mussten.

  • Rotenburg (Wümme), Stadt

    Die Stadt Rotenburg (Wümme) ist Kreisstadt des Landkreises Rotenburg (Wümme) und ein Mittelzentrum. Sie liegt zwischen den Großräumen Bremen und Hamburg. In der statistischen Analyse hat die Stadt Rotenburg (Wümme) beim Indikator 3 ,Rechnerische Mietbelastung 2022ʻ zwei Punkte und beim Indikator 5 ,Anteil der KdU-konformen Mietangebote 2022ʻ einen Punkt erhalten. Das ergibt insgesamt fünf Punkte wegen der doppelten Gewichtung von Indikator 3. Diese indikatorenbasierten Hinweise auf einen angespannten Wohnungsmarkt konnten seitens der Stadt ergänzend durch eigene nachvollziehbare Darlegungen der Situation vor Ort bestätigt werden. Unter Bezugnahme auf das Wohnraumversorgungskonzept des Landkreises Rotenburg (Wümme) von 2022 führt die Stadt in ihrer Stellungnahme aus, dass der Wohnungsmarkt aufgrund der verkehrlich guten Anbindung an die beiden benachbarten Wirtschaftszentren Bremen und Hamburg, aber auch aufgrund eines größeren eigenen Arbeitsplatzangebots nachgefragt ist. Die Bevölkerung war in den zurückliegenden Jahren gewachsen und wächst auch weiterhin. Für die Zahl der Haushalte ist ein weiterer Anstieg prognostiziert. Beim Mietwohnraum besteht insbesondere ein Mangel an kleinen, preisgünstigen Wohnungen. Nachfragende sind vor allem Seniorinnen und Senioren sowie einkommensschwache Haushalte. Der Anteil einkommensschwacher Haushalte ist in Rotenburg (Wümme) im Vergleich zum Landkreis überdurchschnittlich hoch. In den städtischen Gemeinschaftsunterkünften lebten im August 2023 rund 200 Personen, u. a. zugewiesene Geflüchtete, weil kein angemessener Mietwohnraum zur Verfügung steht. Personen, die zunächst mit Wohnsitzauflage in den umliegenden Ortschaften untergebracht werden können, versuchen nach Aussage der Stadt wieder in die Kernstadt zu ziehen, sobald dies rechtlich möglich ist. Darüber hinaus ist eine Verstetigung des Zuzugs älterer Menschen zu verzeichnen, die aus dem Umland in die Kernstadt ziehen, weil sie auf die hier bessere Infrastruktur angewiesen sind. Der Zuzug älterer Personen wird längerfristig anhalten. Er geht mit einer erhöhten Nachfrage an barrierefreien Wohnungen einher. Der Trend zu Ein- bis Zwei-Personen-Haushalten verstärkt den Druck auf den Mietwohnungsmarkt zusätzlich.

  • Tostedt, Samtgemeinde

    Die Samtgemeinde Tostedt liegt im direkt an Hamburg angrenzenden Landkreis Harburg. In der statistischen Analyse hat die Samtgemeinde Tostedt beim Indikator 1 ,Miethöhe (der Angebotsmieten) 2022ʻ und beim Indikator 5 ,Anteil der KdU-konformen Mietangebote 2022ʻ jeweils zwei Punkte erhalten. Das sind in der Summe sechs Punkte wegen der doppelten Gewichtung von Indikator 1. Diese indikatorenbasierten Hinweise auf einen angespannten Wohnungsmarkt konnten seitens der Samtgemeinde ergänzend durch eigene nachvollziehbare Darlegungen der Situation vor Ort bestätigt werden. Wie sich aus der Stellungnahme ergibt, ist die aktuelle Marktsituation durch ein knappes Angebot, insbesondere im unteren Preissegment gekennzeichnet. Die Samtgemeinde hat mehrere Personen in Notunterkünften untergebracht, obwohl sie sich eine Wohnung aufgrund von Arbeitseinkommen leisten könnten. Es besteht vor allem ein Bedarf an Sozialwohnungen sowie bezahlbaren kleinen, barrierefreien Wohnungen, insbesondere für ältere Menschen. Dass der Markt nicht ausreichend Wohnraum zur Verfügung stellt, zeigt sich auch an den Schwierigkeiten bei der Unterbringung von Geflüchteten.

  • Wolfsburg, Stadt

    Für die kreisfreie Stadt Wolfsburg ergibt sich nach der statistischen Analyse folgendes Ergebnis: Beim Indikator 5 ,Anteil der KdU-konformen Mietangebote 2022ʻ hat die Stadt Wolfsburg zwei Punkte erhalten. Beim Indikator 1 ,Miethöhe (der Angebotsmieten) 2022ʻ und beim Indikator 4 ,Mittleres Bodenrichtwertniveau von Mehrfamilienhausgrundstücken 2021ʻ hat sie jeweils einen Punkt bekommen. Damit ergeben sich insgesamt fünf Punkte wegen der doppelten Gewichtung von Indikator 1. Diese indikatorenbasierten Hinweise auf einen angespannten Wohnungsmarkt konnten seitens der Stadt ergänzend durch eigene nachvollziehbare Darlegungen der Situation vor Ort bestätigt werden. Wie die Stadt Wolfsburg in ihrer Stellungnahme ausführt, liegt der marktbedingte Leerstand bei den Wohnungsgesellschaften im Jahr 2022 mit 1,7 Prozent immer noch unterhalb der Fluktuationsreserve. Die im Bereich des geförderten Wohnungsbaus nach wie vor hohe Anzahl sowohl an Beratungsgesprächen als auch ausgestellten Wohnberechtigungsscheinen belegen einen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum. Dies umso mehr als Belegungsbindungen auslaufen, die nur schwer durch neue kompensiert werden können. Erschwerend kommt hinzu, dass in Wolfsburg für einen großen Teil des Wohnungsbestandes ein umfassender Modernisierungsbedarf besteht, insbesondere unter energetischen Gesichtspunkten. Dieser erklärt sich aus der Entstehungsgeschichte der Stadt. Über 60 Prozent des Wohnungsbestandes wurde in den Jahren 1950 bis 1979 errichtet. Das Fehlen von Mietwohnungen und der umfassende Modernisierungsbedarf an einer Vielzahl von Gebäuden lässt einen Anstieg des Mietniveaus erwarten

6. Gebietskulisse

Im Ergebnis wurden die Gebiete von 57 Einheits- und Samtgemeinden in Niedersachsen als Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt identifiziert, d. h. als Gebiete, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Bei den 57 Einheits- und Samtgemeinden handelt es sich um

  • die sieben ostfriesischen Inselgemeinden (siehe hierzu auch Nummer 2.6),

  • die 38 Einheits- und Samtgemeinden, die nach der statistischen Analyse mindestens acht Punkte (Kulissen-Schwellenwert) erreichten (siehe hierzu auch Nummer 4.3) und

  • die zwölf Einheits- und Samtgemeinden, die in dem für die identifizierten Prüffälle durchgeführten Stellungnahmeverfahren die indikatorenbasierten Hinweise auf einen angespannten Wohnungsmarkt ergänzend durch eigene nachvollziehbare Darlegungen der Situation vor Ort bestätigen konnten (siehe hierzu auch Nummer 5.2).

In der nachstehenden Tabelle sind die jeweiligen Einheits- und Samtgemeinden ausgewiesen.

Tabelle 3: Gebietskulisse - Einheits- und Samtgemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt

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7. Verhältnismäßigkeit der Gebietsbestimmungen

Die Landesregierung sieht die Gebietsbestimmungen und die durch die Bestimmung zur Anwendung kommenden baurechtlichen Regelungen und Instrumente als verhältnismäßig an. Es handelt sich um zulässige und verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne von Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes, durch die die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Artikel 14 Abs. 2 des Grundgesetzes näher ausgestaltet wird.

Die Gebietsbestimmungen und die dadurch in den Gebieten zur Anwendung kommenden Regelungen und Instrumente sind geeignet und erforderlich, um das mit den §§ 201 a und 250 BauGB verfolgte Ziel, die Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen zu versorgen, zu erreichen. In den bestimmten Gebieten ist die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet. Durch die Bestimmung der Gebiete können dort zum einen auf der Grundlage der in § 201 a Satz 2 BauGB genannten Vorschriften die Voraussetzungen für die Errichtung von zusätzlichem Wohnraum leichter geschaffen werden und zum anderen ist es aufgrund des Genehmigungsvorbehalts für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nach § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB möglich, Mietwohnraum zu erhalten und damit einer Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung aus ihren Wohnquartieren entgegenzuwirken.

In den bestimmten Gebieten kommen die in § 201 a Satz 2 BauGB genannten baurechtlichen Regelungen (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 31 Abs. 3, § 175 Abs. 2 Satz 2 und § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB) zur Anwendung, die darauf ausgerichtet sind, den Flächenzugriff der Gemeinde durch ein Vorkaufsrecht zu verbessern (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB) und die Schaffung von Wohnraum zu erleichtern durch die Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus (§ 31 Abs. 3 BauGB) und durch die Verpflichtung der Eigentümerinnen und Eigentümer, ein Grundstück entsprechend dem Bebauungsplan mit Wohnungsbauten zu bebauen (§ 175 Abs. 2 Satz 2 und § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB).

Diese baurechtlichen Instrumente enthalten zulässige und verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne von Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes.

Im Einzelnen:

  • Zu § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB:

    Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB kann die Gemeinde in einem durch Verordnung bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt durch Satzung ein Vorkaufsrecht der Gemeinde begründen an brachliegenden Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplans und an unbebauten oder brachliegenden Grundstücken innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 BauGB), wenn die Grundstücke vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können. Dieses besondere Vorkaufsrecht greift in die durch Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes geschützte Verfügungsbefugnis über das Eigentum ein, denn durch die Ausübung des Vorkaufsrechts wird der Eigentümerin oder dem Eigentümer mit der Gemeinde eine neue Vertragspartnerin zugewiesen (vgl. EZBK/Stock BauGB § 24 Rn. 83, § 25 Rn. 1 a). Es ist jedoch wie das allgemeine Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 BauGB eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne von Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (vgl. EZBK/Stock BauGB § 24 Rn. 83, § 25 Rn. 1 a unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 5. Mai 1988, NJW 1989, 37 [38]).

    Mit dem besonderen Vorkaufsrecht wird ein legitimes, im öffentlichen Interesse liegendes wohnungs- und sozialpolitisches Ziel des Städtebaus verfolgt, nämlich bei einem angespannten Wohnungsmarkt mehr Wohnbebauung zu schaffen. Das besondere Vorkaufsrecht ist zur Erreichung dieses Ziels geeignet. Es erleichtert den Gemeinden, deren Gebiet als ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt bestimmt ist, Grundstücke zu erwerben, die vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können.

    Das Instrument ist auch erforderlich. In den Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt besteht ein dringender Bedarf an zusätzlichen Wohnungen. Damit die betroffenen Gemeinden diesem effektiv begegnen können, ist es notwendig, ihnen über die bereits bestehenden Vorkaufsrechte hinaus ein besonderes Vorkaufrecht für Grundstücke einzuräumen, auf denen Wohnnutzung realisiert werden kann. Es gibt kein milderes Mittel mit gleicher Wirkung zur Stärkung des unmittelbaren Zugriffs der Gemeinden auf zur Veräußerung stehende, vorwiegend mit Wohngebäuden bebaubare Grundstücke.

    Der Eingriff in die Verfügungsbefugnis ist auch angemessen und den Eigentümerinnen und Eigentümern zumutbar. Der Eingriff durch ein Vorkaufsrecht ist als nur geringfügig belastend anzusehen, da sich die Eigentümerin oder der Eigentümer durch den zuerst abgeschlossenen Kaufvertrag verkaufsbereit gezeigt hat (vgl. EZBK/Stock BauGB § 24 Rn. 83, § 25 Rn. 1 a). Darüber hinaus erhält die Eigentümerin oder der Eigentümer mit der Ausübung des Vorkaufsrechts zwar einen anderen Vertragspartner, die Veräußerungsabsicht kann aber verwirklicht werden. Die Gemeinde hat im Übrigen im Rahmen des Aufstellungsverfahrens für eine Satzung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB zu prüfen und zu entscheiden, ob die Satzung zur Umsetzung ihrer städtebaulichen Absichten für den Geltungsbereich der Satzung erforderlich und angemessen ist.

    Zudem ist hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit auch zu berücksichtigen, dass das Vorkaufsrecht auf den Geltungszeitraum der Verordnung nach § 201 a BauGB begrenzt ist. Das Vorkaufsrecht erlischt nach § 25 Abs. 1 Satz 3 BauGB mit dem Außerkrafttreten der Verordnung.

  • Zu § 31 Abs. 3 BauGB:

    Nach § 31 Abs. 3 BauGB kann in einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201 a BauGB bestimmt ist, mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Damit ist sichergestellt, dass etwaige nachbarliche Interessen in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Da nachbarliche Abwehrrechte grundsätzlich durch einfaches Gesetz und dem Gebot der Rücksichtnahme ausgestaltet sind, besteht in der Regel kein weitergehender unmittelbar auf Artikel 14 Abs. 1 des Grundgesetzes beruhender Anspruch (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr/Reidt BauGB Vorbemerkungen zu den §§ 29 bis 38 Rn. 60 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 26. September 1991, NVwZ 1992, 977 [979]).

    Die Befreiungsmöglichkeit nach § 31 Abs. 3 BauGB ist zudem zeitlich begrenzt. Von ihr kann nur bis zum Außerkrafttreten der Verordnung nach § 201 a BauGB Gebrauch gemacht werden (§ 31 Abs. 3 Sätze 2 und 3 BauGB).

  • Zu § 175 Abs. 2 Satz 2 und § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB:

    Nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB in Verbindung mit § 175 Abs. 2 Satz 2 BauGB kann die Gemeinde in einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, Eigentümerinnen und Eigentümer verpflichten, ein Grundstück mit einer oder mehreren Wohneinheiten zu bebauen, wenn für das Gebiet ein Bebauungsplan besteht, der Wohnnutzung zulässt.

    Dieses Baugebot greift in die durch Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes geschützte Nutzungs- und Verfügungsbefugnis über das Eigentum ein. Es handelt sich jedoch um eine zulässige und verhältnismäßige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nach Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (vgl. EZBK/Stock BauGB § 176 Rn. 105 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990, NVwZ 1990, 658 [659f.]).

    Mit dem Baugebot wird ein legitimes, im öffentlichen Interesse liegendes wohnungs- und sozialpolitisches Ziel verfolgt, nämlich bei einem angespannten Wohnungsmarkt mehr Wohnbebauung zu schaffen. Das Baugebot ist ein geeignetes, effektives und angemessenes Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, und ergänzt die vorgenannten Instrumente sinnvoll. Es ist geeignet, zur Erhöhung der Anzahl an Wohnungen in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt beizutragen. Es besteht kein gleich wirksames, weniger beeinträchtigendes Mittel, um die Eigentümerinnen und Eigentümer zur Schaffung von Wohnraum anzuhalten. Der Eingriff in die Verfügungs- und Nutzungsbefugnis der Eigentümerin oder des Eigentümers durch ein Baugebot ist auch angemessen. Sofern ein Baugebot im Einzelfall unzumutbar ist, ist rechtlich sichergestellt, dass von diesem abgesehen wird oder die Eigentümerin oder der Eigentümer von der Gemeinde die Übernahme des Grundstücks verlangen kann (§ 176 Abs. 3 und 4 BauGB).

    Zudem ist im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit zu beachten, dass die Möglichkeit, ein Baugebot zu erlassen, zeitlich auf die Geltungsdauer der Verordnung nach § 201 a BauGB begrenzt ist.

  • Zu § 250 BauGB:

    Nach § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB bedarf in den bestimmten Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt bei Wohngebäuden, die bereits am Tag des Inkrafttretens der Verordnung nach § 250 Abs. 1 Satz 3 BauGB bestanden, die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nach § 1 des Wohnungseigentumsgesetzes der Genehmigung. Gemäß § 250 Abs. 1 Satz 2 BauGB gilt das Genehmigungserfordernis nach § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht, wenn sich in dem Wohngebäude nicht mehr als fünf Wohnungen befinden. Der Genehmigung nach § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB bedürfen auch die in § 250 Abs. 6 Satz 1 BauGB genannten Fälle, in denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 1 Satz 1 sonst umgangen werden könnte.

    Das Genehmigungserfordernis ist ein Eingriff in die durch Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes geschützte Verfügungsbefugnis über das Eigentum. Es ist jedoch eine zulässige und verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes.

    Mit dem Genehmigungserfordernis wird ein legitimes, im öffentlichen Interesse bestehendes wohnungs- und sozialpolitisches Ziel verfolgt. Das Genehmigungserfordernis ist darauf gerichtet, in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt der Verdrängungsgefahr zu begegnen, die aus der Änderung der Eigentümerstruktur folgt, die mit der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen einhergeht. Dadurch soll ein ausreichendes Angebot an bezahlbaren Mietwohnungen erhalten werden (vgl. BT-Drs. 19/24838, S. 20 und 32). Entsprechend den vom Bundesverfassungsgericht zur Vereinbarkeit von Miethöhenbegrenzungen mit Artikel 14 des Grundgesetzes entwickelten Grundsätzen stellt das gesetzgeberische Ziel, der direkten oder indirekten Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegenzuwirken, ein legitimes Ziel dar, das geeignet ist, Eingriffe in Artikel 14 Abs. 1 des Grundgesetzes zu rechtfertigen (BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2019 - 1 BvL 1/18 u. a., Rn. 60).

    Der Genehmigungsvorbehalt ist geeignet, die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen. Er ermöglicht, negative Auswirkungen auf den Mietwohnungsmarkt infolge der Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum oder infolge der in § 250 Abs. 6 Satz 1 BauGB genannten Fälle zu begrenzen und dadurch der Verdrängung von Mieterinnen und Mietern zu begegnen.

    Das Genehmigungserfordernis ist auch erforderlich. Mit einem milderen Mittel lässt sich das angestrebte Ziel nicht erreichen. Das bestehende Instrumentarium genügt nicht, um der Problematik der Verdrängung effektiv zu begegnen. Die Möglichkeit eines Genehmigungsvorbehalts für die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum eröffnet das BauGB bislang nur für Gebiete mit sogenannten Milieuschutzsatzungen (§ 172 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 4 BauGB). Auch die mietrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind nicht ausreichend, um das beschriebene Ziel zu erreichen. § 577 a Abs. 1 BGB schützt die Mietenden vor einer Kündigung durch eine Kündigungssperrfrist, wenn Mietwohnraum in Wohnungseigentum umgewandelt und anschließend veräußert wurde. Geschützt sind allerdings nur die Mietenden, denen der Wohnraum bei Begründung und Veräußerung des Wohnungseigentums überlassen ist. Ziehen diese aus, so kann die neue Eigentümerin oder der neue Eigentümer selbst einziehen oder die leere Wohnung kann mit Gewinn weiterveräußert werden. Auch das Vorkaufsrecht der Mietenden gemäß § 577 BGB bietet in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt keinen wirksamen Schutz. Da die Kaufpreise dort üblicherweise sehr hoch sind, können sie in der Regel von den Mietenden nicht aufgebracht werden, sodass das Vorkaufsrecht ins Leere läuft (vgl. BT-Drs. 19/24838, S. 32).

    Der Genehmigungsvorbehalt ist auch angemessen und zumutbar. Er führt nicht zu einer Substanzgefährdung des Eigentums, die Privatnützigkeit des Eigentums wird nicht angetastet. Der aus der Bestandsgarantie des Eigentums folgenden Zumutbarkeitsschwelle wird Rechnung getragen. Nach § 250 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4, auch in Verbindung mit Abs. 6 Satz 2, BauGB besteht ein Genehmigungsanspruch, wenn auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls ein Absehen von der Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht mehr zumutbar ist.

    Die Verhältnismäßigkeit des Genehmigungsvorbehalts zeigt sich schließlich auch darin, dass die Anwendung des Instruments zeitlich auf die Geltungsdauer der Verordnung nach § 250 BauGB beschränkt ist.

Außer Kraft am 1. Januar 2027 durch § 3 Satz 1 der Verordnung vom 14. September 2022 (Nds. GVBl. S. 544)