Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.01.2025, Az.: 7 SLa 68/24
Vergütungsanspruch eines freigestellten Betriebsratsmitglieds
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 13.01.2025
- Aktenzeichen
- 7 SLa 68/24
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2025, 12048
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2025:0113.7SLa68.24.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Braunschweig - 08.12.2023 - AZ: 4 Ca 237/23
Rechtsgrundlage
- § 78 S. 1, 2 BetrVG
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Aus § 78 Satz 2 BetrVG kann sich iVm. § 611a Abs. 2 BGB ein unmittelbarer Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf eine bestimmte Vergütung ergeben, wenn sich die Zahlung einer geringeren Vergütung als Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds wegen seiner Betriebsratstätigkeit darstellt. § 37 Abs. 4 BetrVG enthält insoweit keine abschließende Regelung über die Höhe des Arbeitsentgelts des Amtsträgers
- 2.
Der Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast für einen Verstoß gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG, wenn er gegenüber dem Betriebsratsmitglied geltend macht, eine in der Vergangenheit zugesagte und gezahlte Vergütung begünstige das Betriebsratsmitglied unzulässig.
- 3.
Zur Frage der Berücksichtigungsfähigkeit während der Betriebsratstätigkeit erworbener Kenntnisse und Fähigkeiten bei der beruflichen Entwicklung des Betriebsratsmitglieds.
- 4.
Allein die Bezeichnung als "Manager"-Stelle hindert nicht, dass eine hypothetische Karriere eines Betriebsratsmitglieds auf diese Stelle möglich ist.
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 8. Dezember 2023 - 4 Ca 237/23 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - zu einem ganz geringen Teil abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
- 1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 77.829,97 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2023 auf 3.319,29 € brutto, auf weitere 3.210,68 € brutto seit dem 03.04.2023 und auf weitere 71.300,00 € brutto seit dem 01.06.2023 zu zahlen.
- 2.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte ab dem 01.12.2013 bis zum 31.3.2023 verpflichtet ist, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger entsprechend den jeweils geltenden betrieblichen Regelungen für Beschäftigte im Management-Kreis Entgeltstufe 29 durchzuführen.
- 3.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 113.193,94 € brutto sowie weitere 8.801,00 € brutto zzgl. Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.10.2023 zu zahlen.
- 4.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger mit dem Gehalt für Mai 2024 einen Bonus nach den für den Management-Kreis geltenden Regelungen ausgehend von einem 100%igen Bonusniveau in Höhe von 20.500,00 € brutto auch für den Zeitraum von Januar 2023 bis März 2023 zu zahlen.
- 5.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- 6.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist freigestelltes Betriebsratsmitglied bei der Beklagten. Die Parteien streiten insbesondere über seine Vergütungsansprüche.
Seit dem 00.00.1978 ist der Kläger bei der Beklagten beschäftigt. Nach dem Abschluss seiner Berufsausbildung zum Maschinenschlosser im Jahr 1982 war der Kläger zunächst als Maschinenschlosser in der Motorenentwicklung bei der Beklagten eingesetzt und in die Entgeltstufe 7 eingruppiert. Seit 1983 war der Kläger als Vorsitzender der Jugend- und Auszubildendenvertretung der Beklagten von der Arbeit freigestellt. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger in die Entgeltstufe 9 eingruppiert.
Seit Mai 1987 ist der Kläger Mitglied des Betriebsrates der Beklagten im Werk W. und für diese Tätigkeit freigestellt. Zu diesem Zeitpunkt erhielt der Kläger Vergütung nach der Entgeltstufe 12.
Das im Zeitpunkt der Amtsübernahme vorhandene Personalinformationssystem der Beklagten wurde durch ein neues System abgelöst. Daten aus dem alten System wurden nur eingeschränkt in das neue System übertragen und sind aus Datenschutzgründen zwischenzeitlich endgültig gelöscht. Wegen Fehlens der relevanten Daten lässt sich die Personengruppe der zum Zeitpunkt der Amtsübernahme mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmer nicht mehr ermitteln. Der frühestmögliche Zeitpunkt, zu dem entsprechende Daten verfügbar sind, ist der 00.00.2002.
Im September 1987 absolvierte der Kläger erfolgreich die externe Ausbildereignungsprüfung.
Im Jahr 1988 schloss der Kläger eine unternehmensexterne Fortbildung zum Industriemeister Fachrichtung Metall erfolgreich ab.
Im Jahr 1992 schloss der Kläger eine externe Ausbildung zum Personalkaufmann erfolgreich ab.
Seit dem 01.01.2005 war der Kläger in die Entgeltstufe 20 eingruppiert.
Ab dem 01.08.2006 erhielt der Kläger Vergütung nach der Entgeltstufe 23, ab dem 01.07.2009 folgte die Entgeltstufe 24 und ab dem 01.01.2011 die Entgeltstufe 25. Mit der Entgeltstufe 23 war ein Wechsel des Klägers in den Rahmentarifvertrag für Beschäftigte mit Spezialisten- oder Führungsfunktion - Tarif Plus - verbunden.
Von 2005 bis 2013 war der Kläger Mitglied im Aufsichtsrat der V. GmbH die zum 01.01.2013 in die V. AG eingegliedert wurde. Außerdem war er von 2005 bis 2020 Vorstandsmitglied des "Regional Verbund für Ausbildung e.V.".
Darüber hinaus war der Kläger während seiner Zugehörigkeit zum Betriebsrat bei der Beklagten unter anderem an folgenden Vorhaben und Projekten beteiligt:
Der Kläger engagierte sich im Leistungs- und Bildungsbereich.
In diesem Rahmen trug er maßgeblich zur Qualifizierung und dem dazugehörigen Kompetenzaufbau und -ausbau der Mitarbeitenden bei, indem er entsprechende Regelungen und Vereinbarungen initiierte, verhandelte und abschloss. Er verhandelte auch die leistungsorientierte Übernahme von Auszubildenden mit der Beklagten. Pro Jahr fanden nahezu 500 gemeinsame, strukturierte Qualifizierungsmaßnahmen statt.
Im Rahmen seines Engagements im Bildungsbereich erarbeitete der Kläger folgende Grundsatz- und Grundlagenpapiere sowie Regelungen: Grundlagenpapier der Berufsfamilienakademien bei V., Grundsatzpapier "Qualifizierungszeit ist Arbeitszeit", Regelung zur Einstellung und Entwicklung von Auszubildenden und Studierenden im Praxisverbund und das Regelungspapier zur Internationalisierung der dualen Ausbildung im V-Konzern.
Der Kläger war an der Gründung und dem Aufbau einer Berufsfamilienakademie zum Kompetenzaufbau und -ausbau in der technischen Entwicklung beteiligt.
Der Kläger war verantwortlich für die Koordination sämtlicher Funktionen und Themenstellungen zwischen dem Personalwesen, dem Fachbereich und dem Betriebsrat der Beklagten. Er fungierte in diesem Zusammenhang zudem als Ansprechpartner für den Monitor bei der Beklagten bei Freigaben an die US-amerikanischen Behörden.
Ein weiterer Schwerpunkt seiner Tätigkeit lag in seiner Mitarbeit bei der Projektierung und der mit ihr einhergehenden erfolgreichen Implementierung der Baureihen G1 bis G4, die alle planenden, durchführenden und steuernden Tätigkeiten im Rahmen der Produktentstehung und Betreuung der Fahrzeugprojekte der Marke V. P. umfasste.
Der Kläger bewirkte in seinem Aufgabengebiet als Koordinator für den Bereich B5 und als Vorsitzender des konzernweiten Bildungsausschusses die Schaffung einer Vielzahl von Schwerpunkten. Er verantwortete für mehr als 15.000 Beschäftigte die Koordination in den Bereichen technische Entwicklung, Forschung, Beschaffung, Baureihe, Nutzfahrzeugentwicklung, in sechs Bereichen beim Vorstand (Strategie) einschließlich Bugatti und Motorsport.
Als Koordinator für den Bereich B5 koordinierte der Kläger die zuständigen Betriebsräte in den Bereichen technische Entwicklung, Baureihe und Beschaffung mit ca. 13.000 bis 14.000 Beschäftigten und ca. 13 bis 15 Betriebsräten. Pendant zum Kläger als Koordinator des Bereichs B5 war auf Unternehmensseite der damalige Vorstand technische Entwicklung.
Der Fokus im konzernweiten Bildungsausschusses lag auf Beratung, Konsultation und Information. Es existieren konzerneinheitliche Richtlinien zur Ausbildung und zur Weiterbildung. Ziel war es, die gleichen Bildungsformate konzernweit in den unterschiedlichen Ländern sicherzustellen.
Im Fachausschuss Bildung koordinierte der Kläger 22.000 Auszubildende und dual Studierende sowie die Jugend- und Auszubildendenvertretung mit 15 Personen. Dazu zählten auch die Weiterbildung und die dazugehörigen Berufsfamilienakademien bei der Beklagten. Bildungsaktivitäten sind sämtlich mitbestimmungspflichtig. Es wurde besprochen und festgelegt, wie die Berufsausbildung gestaltet und umgesetzt wird. So ging es beispielsweise darum, welcher Standort welche Kompetenzen umsetzt, z. B. hinsichtlich der Ausbildung oder des dualen Studiums. Außerdem wurde in der Zeit in China eine duale Ausbildung aufgebaut. Aus diesem Grund war der Kläger mehrfach im Auftrag der Betriebsratsgremien mit dem damaligen Personalvorstand und Vorsitzenden des Aufsichtsrats der V. C. GmbH, Herrn N., in China. Pendant für die Funktion des Klägers auf Unternehmensseite waren die Zuständigen für die Berufsausbildung in W. für V. Marke, für den Konzern Deutschland und für den Konzern Welt.
Zu den vom Kläger in seinen verschiedenen Tätigkeiten erworbenen Kenntnissen zählen ua. das Entwickeln und Umsetzen von Bildungsstrategien für die Fachbereiche, die Budgetplanung für die Ausbildungsaktivitäten und die Verteilung der Planstellen auf die Standorte der Beklagten. Der Kläger erarbeitete Transformationskonzepte für Zukunftsbausteine. Durch den damaligen Leiter der Personalabteilung wurde der Kläger zudem als Vermittler für Fachbereiche und Baureihen eingesetzt (Matrixorganisation für die Entwicklung, Produktion, Beschaffung und den Vertrieb).
Der Kläger wurde von der Beklagten über den Betriebsrat in Landes- und Bundeskommissionen der beruflichen Neuordnung als Sachverständiger berufen.
Der Kläger war außerdem in Projekten der Stadt W. zum Thema Digitalisierung und neue Bildungskonzepte aktiv. Er hielt Referate über neue Technologien und Kompetenzen in der Berufsausbildung an Schulen, bei politischen Parteien sowie in verschiedenen Verbänden. Er ist als Referent der IG-Metall W. sowie unter anderem in der Berufsausbildung tätig.
Im Jahr 2009 erhielt der Kläger - so sein Vortrag - von dem damaligen Personalvorstand der Beklagten und Vorsitzenden des Aufsichtsrats der V. C. GmbH, Herrn N., das Angebot, die Leitung der Abteilung "Berufsbildung" der Beklagten am Standort W. zu übernehmen. Erstinstanzlich hat die Beklagte diesen Vortrag des Klägers bestätigt. Zweitinstanzlich hat die Beklagte in der Berufungsbegründung vorgetragen, dass von einem verbindlichen Angebot auszugehen sei, da Herr N., die Kompetenz gehabt habe, ein solches Angebot abzugeben und dass Herr N. den Kläger für den bestgeeigneten Kandidaten gehalten habe, da er ihm andernfalls die Stelle nicht angeboten hätte. Nach weiterem zweitinstanzlichen Vortrag der Beklagten mit Schriftsatz vom 02.01.2025 teilte Herr N. auf Befragen seitens der Beklagten mit, dass er keine genaue Erinnerung mehr an einen entsprechenden Vorgang habe. Herr N. habe aber bestätigt, dass er den Kläger als sehr kompetent in seiner Rolle als Betriebs- und Aufsichtsratsmitglied wahrgenommen habe und dem Kläger zutraue, die Leitung der Abteilung "Berufsbildung" am Standort W. auf dem Niveau des Management- bzw. Oberen Management-Kreises wahrzunehmen. Es ist nicht mehr nachvollziehbar, ob die Stelle seinerzeit ausgeschrieben wurde.
Die Stelle als Leiter "Berufsbildung" beinhaltete Aufgaben, die der Kläger aus seiner Betriebsratstätigkeit kannte - auf Unternehmensseite mit der damit einhergehenden unternehmerischen Verantwortung. Der Kläger erfüllte die Qualifikationsanforderungen der Stelle. Die erforderlichen Kenntnisse erwarb der Kläger - auch - im Betriebsratsamt. Die Stelle war dem Management-Kreis zugeordnet. Bei Aufstieg in den Management-Kreis war sie mit der Entgeltstufe 29 verbunden und hätte darüber hinaus das Potenzial zur Entwicklung in den Oberen Management-Kreis der Beklagten geboten. Die wahrzunehmenden Aufgaben waren nicht die eines leitenden Angestellten. Der Kläger lehnte das Stellenangebot ab, da er in seinem Betriebsratsamt verbleiben wollte.
Das Management gliedert sich bei der Beklagten in den Management-Kreis, den Oberen Management-Kreis, den Top-Management-Kreis sowie den Vorstand. Einstiegsstufe für die Vergütung im Management-Kreis ist die Entgeltstufe 29.
Eine Voraussetzung für den Erhalt einer Vergütung nach Entgeltstufe 29 ist das Innehaben einer Stelle, die ein Grading für die Entgeltstufe 29 hat. Es ist möglich, eine für den Management-Kreis gegradete Stelle innezuhaben, ohne in den Management-Kreis berufen zu sein. Die Besetzung einer für den Management-Kreis gegradeten Stelle hat nicht die automatische Berufung in den Management-Kreis mit einer Vergütung nach Entgeltstufe 29 zur Folge. Die Stelle kann auch mit einer Person besetzt werden, die die Voraussetzungen für den Management-Kreis (noch) nicht erfüllt und dementsprechend auch (noch) nicht Vergütung nach Entgeltstufe 29 erhält. Neben dem Innehaben einer Stelle mit Management-Grading sind Voraussetzungen für die Aufnahme in den Management-Kreis die erfolgreiche Teilnahme am Management Assessment Center sowie die Berufung durch den Vorstand.
Im Jahr 2013 nahm der Kläger erfolgreich am Management Assessment Center teil.
Die Parteien vereinbarten in einem neuen Arbeitsvertrag, dass der Kläger mit Wirkung zum 01.12.2013 in den Management-Kreis der Beklagten berufen wurde. Der Arbeitsvertrag wurde vom Kläger nicht unterschrieben, der Kläger war aber mit ihm einverstanden. Das Arbeitsverhältnis wurde anschließend als ein Arbeitsverhältnis nach Entgeltstufe 29 im Management-Kreis von den Parteien durchgeführt.
In dem Arbeitsvertrag vom 26.11.2013 heißt es ua. (Anlage K4, Bl. 29 bis 33 ArbG):
"Sehr geehrter Herr...,
wir freuen uns, Sie in den Management-Kreis der V. AG zu berufen und treffen mit Ihnen folgende arbeitsvertragliche Vereinbarungen:
1. Tätigkeit
Sie werden mit Wirkung zum 1. Dezember 2013 als außertariflicher Mitarbeiter in den Management-Kreis der V. AG berufen. Derzeit sind sie als freigestellter Betriebsrat nach § 38 Betriebsverfassungsgesetz tätig.
2. Vergütung
Sie erhalten für Ihre Tätigkeit eine Vergütung, die sich aus monatlichen Entgeltzahlungen (Fixum) und jährlichen erfolgsabhängigen variablen Vergütungsbestandteilen (zurzeit: Persönlicher Leistungsbonus, Unternehmensbonus und Langzeitbonus/LTI) zusammensetzt.
...
3. Geschäftsfahrzeug
Sie sind berechtigt, ein Geschäftsfahrzeug der V. AG dienstlich und privat zu nutzen. Es gelten die Geschäftsfahrzeug-Regelungen in der jeweils gültigen Fassung.
..."
Im Jahr 2018 verständigten sich die Parteien darauf, im Rahmen eines freiwilligen Schiedsverfahrens die Vergütung des Klägers einschließlich der Ansprüche auf Betriebsrente, Entgeltumwandlung, gebildeter Zeit-Werte und etwaiger statusbezogener Nebenleistungen durch Herrn B. und Herrn K., beide Vorsitzende Richter am Bundesarbeitsgericht a.D., als Schiedsrichter überprüfen zu lassen.
Die Schiedsrichter gelangten in ihrem Schiedsgutachten aus Dezember 2018 zu dem Ergebnis, dass die bisherige Vergütung des Klägers (Stand 11/2017) rechtmäßig gewesen sei. Sie führten aus (Anlage K6, Bl. 90 ArbG),
dass die Eingruppierung des Klägers in die Entgeltstufe 29 gesetzeskonform sei, das monatliche Gehalt des Klägers innerhalb der Bandbreite der Entgeltstufe 29 auf 8.590,00 € brutto festgesetzt werde und dass künftige Entwicklungen entsprechend der Entwicklung des Medians der Berufungsgruppe möglich seien,
das 100-%-Niveau seiner Boni auf 20.500,00 € brutto festgesetzt werde und dass künftige Entwicklungen entsprechend der Entwicklung des Medians seiner Berufungsgruppe möglich seien,
der Grad der Zielerreichung für den persönlichen Leistungsbonus jeweils auf den Median der Vergleichsgruppe festgesetzt werde,
die Summe der Rentenbausteine des Klägers nach der BV Nr. 3/2010 ungekürzt bleibe.
Unter "Berufungsgruppe" versteht das Gutachten die Personen, die in derselben "Berufungsrunde" wie der Kläger in den Management-Kreis aufgenommen wurden. Stand April 2018 lag der Median dieser Berufungsgruppe ausweislich des Gutachtens bei Entgeltgruppe 30 und einem Monatsverdienst in Höhe von 9.074,00 € brutto. Stand September 2018 lag das 100%-Bonus-Niveau des Medians für das Jahr 2016 bei 22.900,00 € brutto (Anlage K6, Bl. 84 ArbG).
In Anbetracht der Ergebnisse des Schiedsgutachtens erhob der Kläger am 29.01.2019 vor dem Arbeitsgericht B. Klage gegen die Beklagte. Er machte ua. die gerichtliche Feststellung der Eingruppierung in die Entgeltstufe 29 und die damit einhergehende Vergütung geltend (ArbG B. - 8 Ca 45/19 B -).
Die Beklagte gab gegenüber dem Kläger unter dem Datum 18.01.2019 vor dem Hintergrund eines in dem gerichtlichen Verfahren abzuschließenden Vergleichs eine detaillierte "Umsetzungszusage" zu Abrechnung und Vergütung des Klägers ab, wegen deren Inhalt auf Bl. 152 bis Bl. 156 der arbeitsgerichtlichen Akte Bezug genommen wird.
Die Parteien schlossen am 26.02.2019 einen Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO, dessen Inhalt dem Ergebnis des Schiedsgutachtens entspricht (Anlage B1, Bl. 206 f. ArbG). Darin heißt es ua.:
"I.
Die Parteien sind sich einig, dass folgender Vertragsinhalt (Stand November 2017) gesetzeskonform ist:
1.
Der Kläger bleibt in Entgeltgruppe 29 eingruppiert; künftige Entwicklungen entsprechend der Entwicklung des Medians seiner Berufungsgruppe sind möglich.
2.
Innerhalb der Bandbreite der Entgeltgruppe 29 wird das Monatsgehalt des Klägers auf derzeit 8.590,00 festgesetzt; künftige Entwicklungen entsprechend der Entwicklung des Medians seiner Berufungsgruppe sind möglich.
3.
Es besteht Einigkeit zwischen den Parteien, dass das 100%-Niveau der Boni des Klägers auf EUR 20.500,00 festgesetzt wird; künftige Entwicklungen entsprechend der Entwicklung des Medians seiner Berufungsgruppe sind möglich.
4.
Die Parteien sind sich außerdem einig, dass der Grad der Zielerreichung für den persönlichen Leistungsbonus des Klägers jeweils auf den Median der Berufungsgruppe festgesetzt wird.
5.
Die Summe der Rentenbausteine für die Betriebsrente nach der Betriebsvereinbarung Nr.
3/2010 bleibt ungekürzt.
6.
Das bis zum 30. November 2017 aus der Umwandlung von Entgeltansprüchen in die Beteiligungsrente II entstandene Versorgungskapital und das auf diesem Weg gebildete Zeit-Wertguthaben bleiben unverändert bestehen.
II.
Die Parteien sind sich schließlich darüber einig, dass keine Ansprüche der Beklagten gegen den Kläger auf Rückzahlung von Vergütungsanteilen bestehen. Die Beklagte wird die Zeit ab dem 1. Dezember 2017 incl. des Bonus für das Jahr 2016 nach Maßgabe der unter I. festgestellten Bedingungen abrechnen und vergüten.
Das Verfahren ist damit beendet.
..."
Bei der Beklagten besteht eine Gesamtbetriebsvereinbarung Nr. 08/20 zur Bestimmung der Entgeltentwicklung von Betriebsratsmitgliedern ("GBV-Vergütung"), gültig ab 01.12.2020 (Anlage B4, Bl. 215 bis 219 ArbG). Neben der GBV-Vergütung existiert eine interne Durchführungsanweisung zur GBV-Vergütung ("DA-Vergütung") im Entwurfsstadium (Anlage B5, Bl. 221 bis 238 ArbG). Die DA-Vergütung sollte als Auslegungshilfe der überwiegend eher deskriptiv an der Gesetzeslage orientierten GBV-Vergütung dienen.
Das monatliche Bruttogehalt des Klägers in der Entgeltstufe 29 betrug im Zeitraum von Februar 2022 bis März 2023 9.960,00 €. Das 100%-Bonus-Niveau, das Grundlage für die Berechnung des Bonus des Klägers ist, beträgt 20.500,00 € brutto.
Mit Schreiben vom 02.02.2022 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie im Hinblick auf das Urteil des Landgerichts B. in dem gegen verschiedene Personalverantwortliche der Beklagten geführten Strafverfahren wegen des Vorwurfs der Untreue im Zusammenhang mit der Festlegung der Höhe der Betriebsratsvergütung zu prüfen habe, ob die Ermittlung der Betriebsratsvergütung unter anderem im Fall des Klägers zutreffend erfolgt sei.
In der Folgezeit zahlte die Beklagte an den Kläger bis einschließlich Januar 2023 ein Gehalt in Höhe von 9.960,00 € brutto und mit dem Gehalt für Mai 2022 einen Bonus für das Geschäftsjahr 2021 in Höhe von 70.200,00 € brutto.
Die Beklagte sieht sich im Hinblick auf das Urteil des BGH vom 10.01.2023 (6 StR 133/22) gezwungen, die Vergütung des Klägers als freigestelltes Betriebsratsmitglied zu kürzen. Sie teilte dem Kläger mit Schreiben vom 30.01.2023 mit, dass die Auszahlung seines Gehaltes ab Januar 2023 unter dem Vorbehalt der rückwirkenden Anpassung auf den Median der Vergleichsgruppe erfolge. Mit Schreiben vom 27.02.2023 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie im Rahmen der Prüfung einer Vergleichsgruppe nach § 37 Abs. 4 BetrVG zu dem Ergebnis gelangt sei, dass der Kläger in die Entgeltstufe 18 einzugruppieren sei und deshalb ab Februar 2023 ein entsprechend gekürztes Gehalt gezahlt werde. Zudem machte die Beklagte mit dem Schreiben ua. die Rückforderung der überzahlten Vergütung für die Monate Februar 2022 bis Januar 2023 geltend, ohne diese näher zu beziffern.
Wie angekündigt zahlte die Beklagte an den Kläger für Februar 2023 lediglich 6.454,00 € brutto, zuzüglich einer tariflichen Zulage in Höhe von 153,50 € brutto und einer hypothetischen Mehrarbeitspauschale in Höhe von 33,24 € brutto.
Mit Schreiben vom 29.03.2023 machte die Beklagte gegenüber dem Kläger die Rückforderung für in den Monaten Februar 2022 bis Januar 2023 überzahlte Vergütung in Höhe von insgesamt 113.193,94 € brutto geltend. Außerdem machte die Beklagte in diesem Schreiben für diesen Zeitraum eine Kostenbeteiligung für die Nutzung des Geschäftsfahrzeugs in Höhe von 8.801,00 € gegenüber dem Kläger geltend. Im März 2023 sah die Beklagte noch von einer Verrechnung mit Gehaltsansprüchen des Klägers ab. Bis September 2023 behielt die Beklagte die vorgenannten Beträge vom Gehalt des Klägers tatsächlich ein.
Für den Monat März 2023 zahlte die Beklagte dem Kläger erneut lediglich 6.454,00 € brutto, zuzüglich einer tariflichen Zulage in Höhe von 153,50 € brutto und einer hypothetischen Mehrarbeitspauschale in Höhe von 141,82 € brutto.
Mit Schreiben vom 13.03.2023 trat der Kläger mit Wirkung zum 14.03.2023 von seinem Betriebsratsmandat zurück. Seit dem 01.04.2023 ist der Kläger bei der Beklagten als Geschäftsführer des Konzernbetriebsrats beschäftigt und in die Entgeltstufe 29 eingruppiert. Vom 15.03.2023 bis 31.03.2023 wurde der Kläger von seinem Vorgänger, dem vormaligen Geschäftsführer des Konzernbetriebsrats, in die neue Funktion eingearbeitet. Ab dem 01.04.2023 zahlt die Beklagte an den Kläger Vergütung nach den Vorgaben, wie sie für die Entgeltstufe 29 bestehen. Ab diesem Zeitpunkt besteht zwischen den Parteien kein Streit über die Vergütung des Klägers.
Als Geschäftsführer des Konzernbetriebsrats hat der Kläger ein Team von fünf Personen. Aufgaben sind die Vorbereitung von Unterlagen für den Konzernbetriebsrat. Beispielsweise betrifft dies die Vorbereitung der Planungsrunde, die Vorbereitung zur Belegung der Standorte von V., dh. für die Produktion. Außerdem gibt es Themen zur Nachhaltigkeit, zum Umweltschutz und zu sozialen Projekten - sowohl auf Unternehmensseite als auch auf Betriebsratsseite.
Im Mai 2023 zahlte die Beklagte an den Kläger eine tarifliche Ergebnisbeteiligung für das Jahr 2022 in Höhe von 1.900,00 € brutto.
Mit Schreiben vom 04.05.2023 kündigte die Beklagte ua. an, dass sie dem Kläger für das Jahr 2023 den Bonus für den Management-Kreis nur für den Zeitraum vom 01.04. bis 31.12.2023 zahlen werde, für den Zeitraum vom 01.01. bis 31.03.2023 erhalte der Kläger die anteilige Ergebnisbeteiligung Tarif.
Die Beklagte verzichtete - seit der Überprüfung der Betriebsratsvergütung im Jahr 2017 - im Hinblick auf daraus resultierende streitige Ansprüche auf die Einhaltung der tariflichen Ausschlussfristen.
Mit seiner am 30.06.2023 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 05.07.2023 zugestellten Klage hat der Kläger ab dem 01.12.2013 die Durchführung seines Arbeitsverhältnisses nach den Regelungen für Beschäftigte im Management-Kreis Entgeltstufe 29 begehrt und verschiedene Zahlungsansprüche geltend gemacht. Für den Fall, dass der Kläger in die Entgeltstufe 18 einzugruppieren sei, habe er pro Arbeitstag 1,2 Stunden zu viel gearbeitet. Zudem habe ihm eine tarifliche Zulage sowie eine Ergebnisbeteiligung Tarif zugestanden. Diese Entgeltansprüche macht der Kläger mit seinem Hilfsantrag geltend.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte verpflichtet sei, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger durchgehend seit dem 01.12.2013 nach den Regelungen für den Management-Kreis in der Entgeltstufe 29 durchzuführen. Die Parteien hätten im Jahr 2013 eine entsprechende vertragliche Abrede getroffen, an die die Beklagte weiterhin gebunden sei. Das Schiedsgutachten im Jahr 2018 habe die Richtigkeit der Eingruppierung bestätigt. Die Beklagte habe die Nichtigkeit der Vereinbarung nicht dargelegt. Das Urteil des BGH vom 10.01.2023 rechtfertige nicht die Rückgruppierung des Klägers. Der BGH habe die Ermittlung der Vergütungsentwicklung von Betriebsräten anhand einer Vergleichsgruppe nach § 37 Abs. 4 BetrVG nicht als den einzig möglichen Weg angesehen. Auch der BGH halte eine hypothetische Karriereentwicklung für möglich. Voraussetzung sei, dass das Betriebsratsmitglied nur infolge der Amtsübernahme nicht in die entsprechend vergütete Position aufgestiegen sei. Eine Abweichung von der Rechtsprechung des BAG liege nicht vor, andernfalls habe der BGH den gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes anrufen müssen. Das Stellenangebot aus dem Jahr 2009 belege, dass die Vergütung mit der Entgeltstufe 29 seiner hypothetischen Karriereentwicklung entspreche. Der Kläger könne sich auf einen fiktiven Beförderungsanspruch berufen. Zudem belege der Stellenwechsel ab dem 01.04.2023 auf eine Position im Management-Kreis mit der Entgeltstufe 29, dass die bisherige Vergütung gerechtfertigt sei.
Der Kläger führt aus, dass er sich darüber hinaus im September 2010 erfolgreich auf die ausgeschriebene Stelle als Unterabteilungsleiter der OE EGFT/6 Fahrzeugrecycling habe bewerben können. Er erfülle die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen für diese Stelle und ihm wäre die freie Stelle aufgrund seiner Qualifikation zugewiesen worden, wenn er sich auf diese Stelle beworben hätte. Diese Stelle wäre zunächst mit Entgeltstufe 29 vergütet gewesen und - unstreitig - nicht als leitende Angestellten-Stelle einzuordnen gewesen.
Der Kläger hat beantragt,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 77.829,97 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2023 auf 3.319,29 €, auf weitere 3.210,68 € brutto seit dem 01.04.2023 und auf weitere 71.300,00 € brutto seit dem 01.06.2023 zu zahlen;
- 2.
festzustellen, dass die Beklagte ab dem 01.12.2013 verpflichtet ist, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger entsprechend den jeweils geltenden betrieblichen Regelungen für Beschäftigte im Management-Kreis Entgeltgruppe 29 durchzuführen;
- 3.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 113.193,94 € brutto sowie weitere 8.801,00 € zzgl. Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2023 zu zahlen;
- 4.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger mit dem Gehalt für Mai 2024 einen Bonus nach den für den Management-Kreis geltenden Regelungen ausgehend von einem 100%igen Bonusniveau in Höhe von 20.500,00 € brutto auch für den Zeitraum von Januar 2023 bis März 2023 zu zahlen;
- 5.
hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 22.694,91 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2022 auf 1.063,68 € brutto, auf weitere 1.223,23 € brutto seit dem 01.04.2022, auf weitere 1.116,86 € brutto seit dem 01.05.2022, auf weitere 1.170,05 € brutto seit dem 01.06.2022, auf weitere 1.170,05 € brutto seit dem 01.07.2022, auf weitere 1.116,86 € brutto seit dem 01.08.2022, auf weitere 1.223,23 € brutto seit dem 01.09.2022, auf weitere 1.170,05 € brutto seit dem 01.10.2022, auf weitere 1.116,86 € brutto seit dem 01.11.2022, auf weitere 1.170,05 € brutto seit dem 01.12.2022, auf weitere 1.170,05 € brutto seit dem 01.01.2023, auf weitere 1.170,05 € brutto seit dem 01.02.2023, auf weitere 1.063,68 € brutto seit dem 01.03.2023 und auf weitere 7.750,21 € brutto seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Widerklagend hat die Beklagte beantragt,
festzustellen, dass der Kläger in der Zeit seiner Freistellung zur Ausübung seiner Betriebsratstätigkeit zutreffend in Entgeltgruppe 18 eingruppiert und entsprechend dieser Entgeltgruppe zu vergüten war.
Der Kläger hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die nochmalige Überprüfung der Vergütung des Klägers habe ergeben, dass der Kläger in die Entgeltstufe 18 einzugruppieren sei. Diese Bewertung beruhe auf einer Vergleichsgruppenbildung. Wegen fehlender Daten habe die Beklagte nicht auf den Zeitpunkt der Amtsübernahme abstellen können, sondern auf den 00.00.2002. Als Vergleichspersonen seien nur die Personen berücksichtigt worden, die zum maßgeblichen Zeitpunkt (00.00.2002) in Entgeltstufe 12 eingruppiert gewesen seien. Im ersten Schritt seien aus dieser Gruppe die Personen betrachtet worden, die zum 00.00.2002 am Standort W. als "Motorenschlosser/in" in der Entgeltstufe 12 eingruppiert gewesen seien, wodurch sechs Vergleichspersonen identifiziert worden seien. Die so identifizierten potenziellen Vergleichspersonen seien auf die Arbeitnehmer reduziert worden, die ebenfalls eine vergleichbare Ausbildung abgeschlossen hätten und sich hinsichtlich ihrer Betriebszugehörigkeit und ihres Lebensalters in einem Zeitkorridor von plus 13 Jahren im Vergleich zum Kläger befunden hätten. Auf diese Weise seien fünf Vergleichspersonen ermittelt worden. Von diesen fünf Personen hätten sich drei Personen in Entgeltstufe 18 und zwei Personen in Entgeltstufe 23 entwickelt. Da sich die Mehrheit der vergleichbaren Personen in Entgeltstufe 18 entwickelt habe, liege der Median der Vergleichsgruppe damit bei Entgeltstufe 18. Die Beklagte sehe sich aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen gehindert, die Namen der Vergleichspersonen offenzulegen.
Die Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass es anhand einer hypothetischen Karriereentwicklung aber gerechtfertigt sei, den Kläger in die Entgeltstufe 29 einzugruppieren. Dies belege letztlich auch der Umstand, dass der Kläger im April 2023 auf eine Stabsstelle gewechselt sei, die dem Management-Kreis zugeordnet und mit einer Vergütung nach Entgeltstufe 29 verbunden sei. Die Beklagte ist der Ansicht, dass die hypothetische Entwicklung der Bemessung der Vergütung freigestellter Betriebsratsmitglieder zulässigerweise zugrunde gelegt werden könne. Sie sehe sich lediglich durch das seit der BGH-Entscheidung bestehende Strafbarkeitsrisiko an der tatsächlichen Umsetzung gehindert.
Der klägerische Vortrag zu einer möglichen erfolgreichen Bewerbung auf die Stelle als Unterabteilungsleiter der OE EGFT/6 Fahrzeugrecycling im Jahr 2010 könne derzeit nicht bestätigt werden. Darauf komme es aber auch nicht an.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die von der Beklagten vorgenommene Vergleichsgruppenbildung fehlerhaft sei. So habe die Beklagte nicht auf das Jahr der Amtsübernahme (1987) abgestellt, sondern auf das Jahr 2002. Des Weiteren habe die Beklagte bei der Bildung der Vergleichsgruppe außer Acht gelassen, dass der Kläger 1988 eine unternehmensexterne Fortbildung zum Industriemeister Fachrichtung Metall und im Jahr 1992 eine externe Ausbildung zum Personalkaufmann erfolgreich absolviert habe. Außerdem sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte bei der von ihr gebildeten Vergleichsgruppe hinsichtlich Betriebszugehörigkeit und Lebensalter einen Zeitkorridor von 13 Jahren berücksichtigt habe und nicht wie in anderen Fällen von fünf oder zehn Jahren. Schließlich sei der Vortrag der Beklagten zur Vergleichsgruppenbildung nicht einlassungsfähig, da er ohne namentliche Nennung der vergleichbaren Personen erfolgt sei.
Mit Urteil vom 08.12.2023 hat das Arbeitsgericht B. der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Da das Arbeitsgericht den Hauptanträgen stattgegeben hat, fiel der Hilfsantrag nicht zur Entscheidung an.
Der Antrag zu 1. sei begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch über 77.829,97 € brutto aus § 611a Abs. 2 BGB iVm. § 78 Satz 2 BetrVG entsprechend der arbeitsvertraglichen Vereinbarung vom 26.11.2013. In diesem Arbeitsvertrag hätten die Parteien geregelt, dass der Kläger mit Wirkung zum 01.12.2013 in den Management-Kreis der Beklagten berufen und in Entgeltstufe 29 eingruppiert werde. Für den Monat Februar 2023 verbleibe ein Differenzvergütungsanspruch in Höhe von 3.319,29 € brutto, für März 2023 in Höhe von 3.210,68 € brutto. Darüber hinaus ergebe sich auf der Basis des individuellen 100%-igen Bonus-Niveaus von 20.500,00 € brutto ein Bonusanspruch für das Jahr 2022 in Höhe von 73.200,00 € brutto.
Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass die Vergütungsabrede wegen eines Verstoßes gegen das Begünstigungsverbot gemäß § 78 Satz 2 BetrVG nichtig sei. Bestehe zwischen einem Betriebsratsmitglied und dem Arbeitgeber Streit darüber, ob eine Vergütungsvereinbarung, auf die das Betriebsratsmitglied eine Zahlungsverpflichtung des Arbeitgebers stütze, wegen eines Verstoßes gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG nach § 134 BGB nichtig sei, trage der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer unzulässigen Begünstigung. Der Darlegungslast sei die Beklagte nicht nachgekommen. Vielmehr sei die Beklagte selbst der Ansicht, dass die Vergütung des Klägers nach Entgeltstufe 29 aufgrund einer hypothetischen Karriere des Klägers nach § 78 Satz 2 BetrVG gerechtfertigt sei.
Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass der Kläger im Jahr 2009 von dem damaligen Personalvorstand der Beklagten und Vorsitzenden des Aufsichtsrats der V. C. GmbH, Herrn N., das Angebot erhalten habe, die Leitung der Abteilung "Berufsbildung" der Beklagten am Standort W. zu übernehmen. Diese Stelle sei zunächst mit einer Eingruppierung in den Management-Kreis in die Entgeltgruppe 29 verbunden gewesen und habe darüber hinaus sogar das Potenzial zur Entwicklung in den Oberen Management-Kreis der Beklagten gehabt. Der Kläger habe dieses Angebot abgelehnt, da er in seinem Betriebsratsamt habe verbleiben wollen. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass es sich tatsächlich nicht um ein ernst gemeintes Stellenangebot gehandelt habe oder eine entsprechende Stelle dem Kläger im Jahre 2009 nicht habe übertragen werden können. Die Beklagte habe auch nicht vortragen, dass dem Kläger subjektive oder objektive Voraussetzungen für die auszuübenden Tätigkeiten auf dem angebotenen Arbeitsplatz gefehlt hätten. Darüber hinaus stelle der zum 01.04.2023 vollzogene Wechsel des Klägers vom Betriebsratsamt auf eine Stabsstelle als sogenannter Geschäftsführer des Konzernbetriebsrats, die dem Management-Kreis der Beklagten zugeordnet und mit einer Vergütung nach Entgeltstufe 29 verbunden sei, ein starkes Indiz dafür dar, dass die hypothetische Karriere im Bereich der für ihn erreichbaren Entwicklung gelegen habe.
Der Feststellungsantrag zu 2. sei begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien sei ab dem 01.12.2013 entsprechend den jeweils geltenden betrieblichen Regelungen für Beschäftigte im Management-Kreis nach Entgeltstufe 29 durchzuführen. Dies folge aus der Vergütungsvereinbarung im Arbeitsvertrag vom 26.11.2013, deren Nichtigkeit die Beklagte nicht dargelegt habe.
Auch der Antrag zu 3. sei begründet. Der Kläger könne gemäß § 611a Abs. 2 BGB iVm. § 78 Satz 2 BetrVG die weitere Zahlung von 113.193,94 € brutto sie von 8.801,00 € brutto verlangen. Die Beklagte habe die Vergütung des Klägers zu Unrecht rückwirkend für die Monate Februar 2022 bis Januar 2023 gekürzt und einen Betrag iHv. insgesamt 113.193,94 € brutto einbehalten. Zudem habe sie zu Unrecht als Kostenbeteiligung für die Nutzung des Geschäftsfahrzeugs einen Betrag in Höhe von 8.801,00 € einbehalten.
Schließlich habe der Kläger mit dem Antrag zu 4. Anspruch auf die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, an den Kläger mit dem Gehalt für Mai 2024 einen Bonus nach den für den Management-Kreis geltenden Regelungen auch für den Zeitraum von Januar bis März 2023 zu zahlen. Der Anspruch folge wiederum daraus, dass das Gericht die Nichtigkeit der Vergütungsvereinbarung nicht feststellen könne.
Die Widerklage - gerichtet auf die Feststellung einer Vergütung des Klägers nach Entgeltgruppe 18 für die Zeit der Freistellung zur Ausübung der Betriebsratstätigkeit - sei unbegründet. Dies folge aus den Ausführungen, wonach der Kläger zutreffend in Entgeltstufe 29 eingruppiert sei.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 04.01.2024 zugestellte Urteil am 29.01.2024 Berufung eingelegt und diese am 06.05.2024 begründet, nachdem zuvor auf ihren Antrag vom 29.01.2024 die Berufungsbegründungsfrist durch Beschluss vom 30.01.2024 bis zum 06.05.2024 verlängert worden war.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hat der Klägervertreter erklärt, dass sich der Feststellungsantrag zu 2. auf einen Zeitraum vom 01.12.2013 bis 31.03.2023 beziehe, da die Vergütung ab dem 01.04.2023 nach Entgeltstufe 29 unstreitig sei.
Die Beklagte verfolgt ihr Ziel einer Klageabweisung sowie widerklagend - zweitinstanzlich in der Formulierung abgeändert - der Feststellung der Zahlung eines monatlichen Bruttoentgelts nach Entgeltstufe 18 für die Zeit vom 01.12.2013 bis zum 31.03.2023 weiter.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass eine Managerkarriere eines Betriebsratsmitglieds nach der Rechtsprechung des BGH ausgeschlossen sei. Zwar erschließe sich aus Sicht der Beklagten nicht, warum nicht auch Angebote in Managementpositionen im Rahmen einer hypothetischen Karrierebetrachtung möglich sein sollten, wenn das Betriebsratsmitglied die erforderlichen Fähigkeiten und Qualifikationen vorweisen könne und auch sonst die Voraussetzungen einer hypothetischen Karriere vorliegen würden. Vor dem Hintergrund der strafrechtlichen Drohungen nach der Entscheidung des BGH sei die Beklagte gehalten, in dieser Frage Rechtssicherheit möglichst durch höchstrichterliche Entscheidungen zu erlangen. Einer hypothetischen Karriere stehe die Rechtsprechung des BGH auch deshalb entgegen, weil der Kläger die Qualifikationen für die Stelle - unstreitig - im Betriebsratsamt erworben habe. Aus Sicht der Beklagten könne zwar die Auffassung nicht überzeugen, wonach Fähigkeiten und Kenntnisse, die ein Arbeitnehmer als Betriebsratsmitglied erworben habe, für eine Beförderungsstelle nicht zu berücksichtigen seien. Denn dies bewirke eine Schlechterstellung von Betriebsratsmitgliedern. Aufgrund der Entscheidung des BGH sehe man sich jedoch an einer Berücksichtigung gehindert. Zudem sei fraglich, ob im Jahr 2009 oder im Berufungszeitpunkt von einer freien Stelle ausgegangen werden könne. Die Stelle des Leiters "Berufsbildung" sei in den Jahren 2007/2008 und 2015 jeweils neu besetzt worden. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Neubesetzung der Stelle schon jeweils vorher festgestanden habe und erst umgesetzt worden sei, nachdem ein geeigneter Kandidat gefunden worden sei. Was das Stellenangebot an den Kläger im Jahr 2009 angeht, könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Stelle bei einer Zusage des Klägers für ihn im Rahmen einer Personalrotation frei geworden wäre. Jedenfalls habe der Kläger bei der Berufung in den Management-Kreis im Jahr 2013 als freigestelltes Betriebsratsmitglied eine solche Stelle nicht bekleiden können. Die vom Kläger vorgetragene Möglichkeit, die Stelle des Unterabteilungsleiters der Abteilung OE EGFT/6 Fahrzeugrecycling im Jahr 2010 einzunehmen, könne nicht bestätigt werden. Der Vortrag des Klägers sei unsubstantiiert.
Die Beklagte vertritt den Standpunkt, dass bei fehlender hypothetischer Karriere in Entgeltstufe 29 eine Vergütung nach der Vergleichsgruppenbildung zu zahlen sei. Aus der Vergleichsgruppenbildung folge eine Vergütung nach Entgeltstufe 18. Die Beklagte habe 92 Arbeitnehmer ermittelt, die am 01.01.2002 am Standort W. als Motorenschlosser tätig gewesen seien. Die Vergleichsgruppe sei auf die Vergleichspersonen reduziert worden, die am 01.01.2002 nach der Entgeltstufe 12 vergütet worden seien und eine Ausbildung als Meister oder Techniker gehabt hätte. Es sei davon ausgegangen worden, dass sich der Kläger bis zum 01.01.2002 ebenfalls in die Entgeltstufe 12 entwickelt hätte. Anhand der Tarifautomatik habe plausibilisiert werden können, dass der Kläger sich vom Abschluss seiner Ausbildung bis zum Zeitpunkt der Auswertung am 01.01.2002 in die Entgeltstufe 12 entwickelt hätte. Die so ermittelte Vergleichsgruppe habe aus fünf Personen bestanden, von denen sich drei in Entgeltstufe 18 und zwei in Entgeltstufe 23 entwickelt hätten, sodass sich als Median die Entgeltstufe 18 ergebe.
Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger trage die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer hypothetischen Karriere. Weder der Vereinbarung aus dem Jahr 2013 noch der Umsetzungszusage oder dem Vergleich aus dem Jahr 2019 komme konstitutive Wirkung zu. Es sei lediglich Einvernehmen darüber hergestellt worden, was gesetzeskonform sei.
Die Beklagte beantragt,
- 1.
das Urteil des Arbeitsgerichts B. vom 08.12.2023 - Az.: 4 Ca 237/23 - abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen;
- 2.
auf die Widerklage hin festzustellen, dass dem Kläger in der Zeit vom 01.12.2013 bis zum 31.03.2023 ein monatliches Bruttoentgelt nach der Entgeltstufe 18 zu zahlen war.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger steht auf dem Standpunkt, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Verbotsverletzung - hier: eine unzulässige Begünstigung des Klägers - bei der Beklagten liege. Der Arbeitsvertrag vom 26.11.2013 habe konstitutiven Charakter. Zweifel am Rechtsbindungswillen der Beklagten seien jedenfalls durch die Umsetzungszusage vom 18.01.2019 und den Vergleich vom 26.02.2019 ausgeräumt. Ziel dieser Regelung sei es gerade gewesen, eine rechtsverbindliche Grundlage für die Vergütung des Klägers zu schaffen. Wenn man dem Vorliegen einer konstitutiven Vereinbarung nicht folge, ergebe sich die Darlegungs- und Beweislast der Beklagten aus entsprechender Anwendung der Rechtsgedanken zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei korrigierenden Rückgruppierungen.
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe nicht dargelegt, dass eine Vergleichsgruppenbetrachtung zu einer geringeren Vergütung des Klägers als der nach Entgeltstufe 29 führe. Die Beklagte stellte mit dem 01.01.2002 weiterhin auf den falschen Zeitpunkt ab. Sie lasse unberücksichtigt, dass der Kläger im Jahr 1992 eine externe Ausbildung zum Personalkaufmann erfolgreich absolviert habe. Schließlich sei weiterhin nicht nachvollziehbar, warum die Beklagten bei der von ihr gebildeten Vergleichsgruppe hinsichtlich Betriebszugehörigkeit und Lebensalter einen Zeitkorridor von plus 13 Jahren angewandt habe und ob auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit bei der Bildung der Vergleichsgruppe überhaupt abgestellt werden könne.
Demgegenüber führe die hypothetische Karriereentwicklung des Klägers zu einer Vergütung nach Entgeltstufe 29. Die vom BAG entwickelten Grundsätze zur hypothetischen Karriereentwicklung seien auch nach dem Urteil des BGH weiter anwendbar. Es sei hier positiv davon auszugehen, dass sich der Kläger tatsächlich im Rahmen einer hypothetischen Karriere in die Entgeltstufe 29 entwickelt hätte. Der Kläger behauptet, die Stelle als Leitung der Abteilung "Berufsbildung" am Standort W. sei im Zeitpunkt des Angebots seitens Herrn Dr.N. im Jahr 2009 frei gewesen. Zudem habe sich der Kläger im Jahr 2010 erfolgreich auf die damals ausgeschriebene, mindestens mit Entgeltstufe 29 vergütete Stelle als Unterabteilungsleiter der OE EGFT/6 Fahrzeugrecycling bewerben können. Der Kläger habe über die notwendigen fachlichen und persönlichen Voraussetzungen für die Stelle verfügt. Er habe nur deshalb von einer Bewerbung auf die Stelle abgesehen, weil er sich weiterhin seiner Arbeit als Betriebsratsmitglied habe widmen wollen. Dass der Kläger nach Rücktritt von seinem Betriebsratsamt auf einer Stabsstelle als Geschäftsführer des Konzernbetriebsrats beschäftigt sei, die dem Management-Kreis zugeordnet und mit Entgeltstufe 29 vergütet werde, zeige, dass die Karriereentwicklung des Klägers in Entgeltstufe 29 nicht ausgeschlossen gewesen sei. Von einer generellen Unzulässigkeit einer Manager-Karriere sei in dem BGH-Urteil nicht die Rede. Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, warum eine Entwicklung in den Managementbereich generell unzulässig sein solle. Der Begriff "Management" sei rechtlich schon zu unbestimmt. Etwas anderes könne ggf. gelten, wenn sich ein Betriebsratsmitglied auf die Stelle eines leitenden Angestellten iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG (hypothetisch) entwickle. Diese Fallkonstellation liege nicht vor, da der Kläger auf den von ihm benannten Stellen - unstreitig - kein leitender Angestellter gewesen wäre. Im Betriebsratsamt erworbene Kompetenzen und Fähigkeiten des Klägers seien zu berücksichtigen. Dies gelte für die berufsbegleitend erworbenen Kenntnisse wie seine externe Fortbildung zum Industriemeister Metall und die Ausbildung zum Personalkaufmann, aber auch für die während der Betriebsratstätigkeit erworbenen Kenntnisse. Für diese Sichtweise spreche auch die Gesetzesbegründung der zwischenzeitlich verabschiedeten klarstellenden Reform des § 78 BetrVG (BT-Drs. 20/9469, Seite 11), wonach es sachlich gerechtfertigt sein könne, bei Stellenbesetzungen auch die durch und während der Amtstätigkeit erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Qualifikationen zu berücksichtigen, soweit sie im Unternehmen auch außerhalb des Betriebsratsamtes für die jeweilige Stelle karriere- und vergütungsrelevant seien.
Mit Schriftsatz vom 02.01.2025 vertritt die Beklagte ua. weiterhin die Auffassung, dass der Kläger nach einer Vergleichsgruppenbildung in Entgeltstufe 18 eingruppiert sei. Hierzu teilt die Beklagte erstmals im Verfahren die Namen der von ihr ermittelten Vergleichspersonen mit. Die Beklagte stellt in dem Schriftsatz darüber hinaus verschiedene Alternativen zur Bildung von Vergleichsgruppen dar. Bei keiner der alternativen Vergleichsgruppenbetrachtungen ergibt sich ein Median über der Entgeltstufe 18. Wegen der verschiedenen Vergleichsbetrachtungen der Beklagten wird auf Seite 2 bis 6 des Schriftsatzes der Beklagten vom 02.01.2025 (Bl. 236 bis Bl. 240 LAG) Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 02.01.2025 hat die Beklagte zudem erstmals zu Vergütungserhöhungen des Klägers in Entgeltstufe 29 ab dem 01.07.2019, 01.01.2020 sowie 01.07.2021 vorgetragen. In den dazugehörigen Erhöhungsschreiben verwies die Beklagte jeweils darauf, dass die Vergütung nach Maßgabe des Schiedsverfahrens und unter Berücksichtigung der Vergleichsgruppe entsprechend der mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung angepasst werde. Insoweit wird auf Seite 10 bis 12 des Schriftsatzes der Beklagten vom 02.01.2025 (Bl. 244 bis Bl. 246 LAG) und die Anlagen B 23 und B 24 (Bl. 269 und 270 LAG) Bezug genommen. Die Beklagte führt aus, dass hierbei als Vergleichsgruppe von den Beschäftigten ausgegangen worden sei, die zusammen mit dem Kläger zum selben Zeitpunkt in den Management-Kreis berufen worden seien. Dadurch habe der Kläger eine mit diesen Beschäftigten vergleichbare Entgeltentwicklung machen können.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 13.01.2025 ausgeführt, es habe neben den weitergegebenen Tariflohnerhöhungen individuelle Erhöhungen im Rahmen der Bandbreite der Entgeltstufe 29 gegeben. Innerhalb der Entgeltstufe 29 gebe es unterschiedliche Bandbreiten und in diesen Bandbreiten könne man sich individuell verändern. Soweit es Schreiben zu Vergütungserhöhungen gebe, handele es sich hierbei um individuelle Erhöhungen. Für die Weitergabe der Tariflohnerhöhungen seien keine entsprechenden Schreiben erstellt worden. Der Kläger konnte sich hierzu in der mündlichen Verhandlung am 13.01.2025 nicht erklären. Zu dem kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz der Beklagten vom 02.01.2025, in dem diese Vergütungserhöhungen erstmals thematisiert wurden, hat der Klägervertreter Schriftsatznachlass beantragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitgegenstandes wird auf den Akteninhalt erster und zweiter Instanz, insbesondere auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die gem. § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete und deshalb zulässige Berufung (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO) ist weit überwiegend unbegründet.
Auf die Berufung der Beklagten erfolgte lediglich eine geringe Abänderung hinsichtlich des Zinsbeginns bei den Klageanträgen zu 1. und 3. sowie eine Klarstellung hinsichtlich des von dem Feststellungsantrag zu 2. umfassten Zeitabschnitts.
II.
Das am 25.07.2024 in Kraft getretene Zweite Gesetz zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes vom 19.07.2024 ist auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden, da sämtliche Ansprüche bzw. streitige Zeiträume des Rechtsverhältnisses der Parteien in der Zeit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes liegen. Allerdings kann die Neuregelung bei der Auslegung der §§ 37, 78 BetrVG Berücksichtigung finden, da nach der Gesetzesbegründung Klarstellungen und Konkretisierungen der bisherigen Rechtslage erfolgten (vgl. BT-Drs. 20/9469, Seite 7).
III.
Der Kläger hat Anspruch auf die Zahlung restlichen Arbeitsentgelts für den Monat Februar 2023 iHv. 3.319,29 € brutto, für den Monat März 2023 iHv. 3.210,68 € brutto sowie auf eine restliche Bonuszahlung für das Jahr 2022 iHv. 71.300 € brutto.
1.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung nach der für Beschäftigte im Management-Kreis geltenden Entgeltstufe 29 gemäß § 611a Abs. 2 BGB, § 78 Satz 2 BetrVG iVm. der arbeitsvertraglichen Vereinbarung vom 26.11.2013, der Umsetzungszusage vom 18.01.2019 und dem Vergleich vom 26.02.2019. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Zusage und die Vereinbarungen wegen eines Verstoßes gegen das Begünstigungsverbot nach § 78 Satz 2 BetrVG iVm. § 134 BGB nichtig sind.
a)
Die Vereinbarungen und die Umsetzungszusage haben konstitutiven Charakter. Arbeitsvertragliche Vereinbarungen und Zusagen sind auch gegenüber freigestellten Betriebsratsmitgliedern möglich. Hinzu kommt hier, dass die Umsetzungszusage und der Vergleich aus dem Jahr 2019 gerade dem Zweck dienten, etwaige Unsicherheiten zur Frage der für das Arbeitsverhältnis der Parteien geltenden Regelungen, insbesondere der Vergütung des Klägers zu beseitigen. Verstoßen Vereinbarungen oder Zusagen gegen das Begünstigungs- oder Benachteiligungsverbot, sind sie nach § 134 BGB nichtig (vgl. BAG 29. August 2018 - 7 AZR 206/17 - Rn. 34).
b)
Besteht zwischen einem Betriebsratsmitglied und dem Arbeitgeber Streit darüber, ob eine Vergütungsvereinbarung, auf die das Betriebsratsmitglied eine Zahlungsverpflichtung des Arbeitgebers stützt, wegen eines Verstoßes gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG nach § 134 BGB nichtig ist, trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer unzulässigen Begünstigung. Das entspricht dem allgemeinen Grundsatz, wonach derjenige, der eine Verbotsverletzung geltend macht, dafür die Darlegungs- und Beweislast trägt (BAG 29. August 2018 - 7 AZR 206/17 - Rn. 44).
c)
Dieser Darlegungslast ist die Beklagte nicht nachgekommen. Der Kläger hat sich aufgrund einer hypothetischen Karriere in den Management-Kreis mit einer Vergütung nach Entgeltstufe 29 entwickelt, § 78 Satz 2 BetrVG. Auf die Frage, wie eine Vergleichsgruppe nach § 37 Abs. 4 BetrVG zu bilden ist und welche Vergütungshöhe sich daraus ergibt, kommt es nicht entscheidungserheblich an.
aa)
§ 37 Abs. 4 BetrVG stellt keine abschließende Regelung über die Höhe des Arbeitsentgelts eines Amtsträgers dar. Die Vorschrift soll allein die Durchsetzung des Benachteiligungsverbotes durch einfach nachzuweisende Anspruchsvoraussetzungen erleichtern. Daneben kann sich ein unmittelbarer Anspruch des Betriebsrates auf eine bestimmte Vergütung aus § 611 a Abs. 2 BGB iVm. § 78 Satz 2 BetrVG ergeben, wenn sich die Zahlung einer geringeren Vergütung als Benachteiligung des Betriebsratsmitgliedes wegen seiner Betriebsratstätigkeit darstellt. Die Vorschrift enthält ein an den Arbeitgeber gerichtetes allgemeines Verbot, ein Betriebsratsmitglied wegen der Amtstätigkeit in seiner beruflichen Entwicklung zu benachteiligen. Der Arbeitgeber muss den Mitgliedern der in § 78 Satz 1 BetrVG genannten Arbeitnehmervertretungen eine berufliche Entwicklung gewährleisten, die derjenigen entspricht, die sie ohne ihre Amtstätigkeit durchlaufen hätten. Dabei erfasst das Benachteiligungsverbot nicht nur die berufliche Tätigkeit, sondern auch das sich aus ihr ergebende Entgelt. Ein Betriebsratsmitglied, das nur wegen der Amtsübernahme nicht in eine Position mit höherer Vergütung aufgestiegen ist, kann daher den Arbeitgeber unmittelbar auf Zahlung der höheren Vergütung in Anspruch nehmen (vgl. nur BAG 20. Januar 2021 - 7 AZR 52/20 - Rn. 23; BAG 22. Januar 2020 - 7 AZR 222/19 - Rn. 29).
Für Fälle, in denen die Darlegungs- und Beweislast beim Betriebsratsmitglied lag, hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt: Will der Amtsträger geltend machen, dass er ohne Ausübung seines Amts oder ohne die Freistellung durch Beförderung einen beruflichen Aufstieg genommen hätte, hat er hierzu mehrere Möglichkeiten. Er kann vortragen, dass seine Bewerbung auf eine bestimmte Stelle gerade wegen seiner Freistellung und/oder seiner Betriebsratstätigkeit erfolglos geblieben ist. Hat sich ein freigestellter Amtsträger auf eine bestimmte Stelle tatsächlich nicht beworben, kann und muss er zur Begründung des fiktiven Beförderungsanspruchs darlegen, dass er die Bewerbung gerade wegen seiner Freistellung unterlassen hat und eine Bewerbung ohne die Freistellung erfolgreich gewesen wäre. Aber auch wenn eine tatsächliche oder eine fiktive Bewerbung danach keinen Erfolg gehabt hätte oder hätte haben müssen, steht dies einem Anspruch nicht zwingend entgegen. Scheitert nämlich eine tatsächliche oder eine fiktive Bewerbung des freigestellten Amtsträgers an fehlenden aktuellen Fachkenntnissen oder daran, dass der Arbeitgeber sich zur Beurteilung der fachlichen und beruflichen Qualifikation infolge der Freistellung außerstande gesehen hat, so ist zwar die Entscheidung des Arbeitgebers für den als qualifizierter erachteten Bewerber nicht zu beanstanden. Gleichwohl kann in einem solchen Fall ein fiktiver Beförderungsanspruch des Amtsträgers bestehen, wenn das Fehlen von feststellbarem aktuellen Fachwissen gerade aufgrund der Freistellung eingetreten ist (vgl. BAG 20. Januar 2021 - 7 AZR 52/20 - Rn. 24).
Macht der Arbeitgeber geltend, die dem Betriebsratsmitglied zugesagte Vergütung verstoße gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG, wechseln die oben dargestellten Darlegungsanforderungen spiegelbildlich auf den Arbeitgeber (vgl. LAG Baden-Württemberg 7. August 2024 - 8 Sa 18/24 - Rn. 54).
bb)
Die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Voraussetzungen für eine Vergütung des Klägers nach den Regelungen für den Management-Kreis mit Entgeltstufe 29 ab dem 01.12.2013 nicht vorlagen. Insbesondere hat sie nicht dargelegt, dass eine fiktive Bewerbung des Klägers auf die Stelle als Leiter der Abteilung "Berufsbildung" der Beklagten am Standort W. ohne Erfolg gewesen wäre oder dass der Kläger nur wegen seiner Betriebsratstätigkeit in den Management-Kreis mit einer Vergütung nach Entgeltstufe 29 aufgenommen wurde.
cc)
Der Kläger erhielt nach seinem Vortrag im Jahr 2009 von dem damaligen Personalvorstand der Beklagten und Vorsitzenden des Aufsichtsrats der V. C. GmbH, Herrn N., das Angebot, die Leitung der Abteilung "Berufsbildung" der Beklagten am Standort W. zu übernehmen. Sollte Herr N. dieses Angebot abgegeben haben, geht auch die Beklagte davon aus, dass es sich um ein verbindliches Angebot handelte, da Herr N. als Personalvorstand die Kompetenz hatte, ein solches Angebot gegenüber dem Kläger als aus seiner Sicht Bestgeeignetem für die Position abzugeben. Mit Schriftsatz vom 02.01.2025 hat die Beklagte zweitinstanzlich erstmals vorgetragen, dass Herr N. auf Befragen seitens der Beklagten mitgeteilt habe, dass er keine genaue Erinnerung mehr an einen entsprechenden Vorgang habe. Herr N. habe aber bestätigt, dass er den Kläger als sehr kompetent in seiner Rolle als Betriebs- und Aufsichtsratsmitglied wahrgenommen habe und dem Kläger zutraue, die Leitung der Abteilung "Berufsbildung" am Standort W. auf dem Niveau des Management- bzw. Oberen Management-Kreises wahrzunehmen. Dieser Vortrag der Beklagte enthält kein Bestreiten des klägerischen Vortrags zum Stellenangebot; die Beklagte hat lediglich ausgeführt, Herr N. könne sich an das konkrete Angebot nicht mehr erinnern. Da Herr N. den Kläger auch nach Vortrag der Beklagten für die Stelle als geeignet ansah, kann auch nach dem Vortrag der Beklagten nicht ausgeschlossen werden, dass Herr N. dem Kläger das Angebot tatsächlich unterbreitete.
dd)
Nach Vortrag des Klägers war die Stelle im Jahr 2009 frei. Die Beklagte trägt vor, dass jeweils in den Jahren 2007/2008 und 2015 eine Neubesetzung der Stelle erfolgt sei, dh. die Stelle jeweils zur Neubesetzung frei gewesen sein müsse. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Neubesetzung der Stelle schon jeweils vorher festgestanden habe und erst umgesetzt worden sei, nachdem ein geeigneter Kandidat gefunden worden sei. Daher sei es denkbar, dass der Kläger ein Angebot erhalten habe, dass bei entsprechender Zusage seitens des Klägers zeitnah durch Personalrotation umgesetzt worden wäre. Auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten wäre danach zeitnah nach dem Angebot im Jahr 2009 - bei entsprechender Zusage des Klägers - die Stelle mit dem Kläger tatsächlich besetzt worden. Dabei ist davon auszugehen, dass unter dem Begriff "zeitnah" im Zusammenhang mit einer Stellenbesetzung ggf. ein Abstand von mehreren Monaten, aber nicht von ca. vier Jahren bis zum 01.12.2013 gemeint gewesen ist.
ee)
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger die fachlichen und persönlichen Qualifikationen für die Stelle erfüllte.
Unschädlich ist, dass der Kläger die erforderlichen fachlichen und persönlichen Voraussetzungen für die Stelle jedenfalls in erheblichem Maße durch seine Betriebsratstätigkeit erwarb.
Die Frage, ob und in welchem Umfang während der Betriebsratstätigkeit erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten bei der Beurteilung der beruflichen Entwicklung des Betriebsratsmitglieds zu berücksichtigen sind, ist zwar nach wie vor umstritten (zum Streitstand: Fitting, BetrVG, 32. Aufl. 2024, § 78 BetrVG, Rn. 20). Denn dies könnte als unzulässige Begünstigung anzusehen sein, weil der Arbeitnehmer von den im Rahmen der Amtstätigkeit erworbenen Kenntnissen und Qualifikationen profitiert. Allerdings sind ihm diese Kenntnisse nicht ohne Weiteres zugeflossen, sondern Ergebnis seines Lernprozesses und damit Ausdruck seiner Befähigung. Zudem ist zu berücksichtigen, dass für Stellenbesetzungen regelmäßig in erster Linie die aktuellen Kenntnisse und Fähigkeiten maßgeblich sind, ohne dass es darauf ankommt, wann, bei welcher Gelegenheit und auf welche Weise der Arbeitnehmer diese erworben hat. Blieben die im Rahmen der Amtstätigkeit erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten unberücksichtigt, könnte dies zu einer Benachteiligung eines Betriebsratsmitglieds führen (vgl. Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg 7. August 2024 - 8 Sa 18/24 - Rn. 69 mit Verweis auf Gräfl/Rennpferdt, RdA 2023, 245, 249).
Der Gesetzgeber hat sich ausweislich der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 20/9469, Seiten 11 und 12) zu folgender differenzierender Lösung entschieden: Berücksichtigungsfähig sind Kenntnisse, Qualifikationen und Fähigkeiten, soweit sie im Unternehmen auch außerhalb des Betriebsratsamts für die jeweilige Stelle karriere- und vergütungsrelevant sind. Dies kann etwa der Fall sein, wenn ein Betriebsratsmitglied während der Betriebsratstätigkeit englische Sprachkenntnisse erworben hat, gelernt hat, Bilanzen zu lesen, oder zum Experten für ein kompliziertes Eingruppierungssystem geworden ist. Derartige Kenntnisse, Qualifikationen und Fähigkeiten sind das Ergebnis eines individuellen persönlichen Lernprozesses des Betriebsratsmitglieds und nicht ohne Weiteres durch eine Funktion im Betriebsrat oder einem seiner Ausschüsse oder Gremien vorgegeben. Nicht berücksichtigungsfähig ist dagegen, wenn ein Betriebsratsmitglied etwa mit Vorständen und Managern "auf Augenhöhe verhandelt", "komplexe Aufgaben" wahrgenommen hat oder in "unternehmerische Entscheidungskomplexe eingebunden" ist. Zur Differenzierung stellt die Gesetzesbegründung klar, dass solche Erwägungen in unzulässiger Weise allein an die Betriebsratstätigkeit als solche anknüpfen würden, es sich also nicht um während der Betriebsratstätigkeit erworbene Kenntnisse, Qualifikationen und Fähigkeiten handelt (vgl. Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg 7. August 2024 - 8 Sa 18/24 - Rn. 70).
Die vom Kläger durch unternehmensexterne Fortbildungen parallel zum Betriebsratsamt erworbenen Qualifikationen des Industriemeisters Fachrichtung Metall und des Personalkaufmanns sind für eine Stelle als Leiter "Berufsbildung" in der Automobilbranche auch außerhalb des Betriebsratsamtes karriere- und vergütungsrelevant. Zwar mag es nicht zwingend sein, dass ein Leiter "Berufsbildung" zugleich Industriemeister ist, allerdings ist es für die Position hilfreich, verschiedene Ausbildungs- und Weiterbildungsstationen sowie die dazugehörigen Arbeitsabläufe aus eigener Anschauung zu kennen. Auch die weiteren Qualifikationen im Zusammenhang mit der Tätigkeit im Bildungs- und Leistungsbereich, wie z. B. das Entwickeln und Umsetzen von Bildungsstrategien, Kenntnisse zur Budgetplanung sowie persönliche Vermittler-Fähigkeiten sind Ausdruck eines individuellen Lernprozesses und für die Stelle als Leiter "Berufsbildung" karriererelevant.
ff)
Der Kläger nahm die Stelle als Leiter "Berufsbildung" nicht an, weil er in seinem Betriebsratsamt verbleiben wollte.
gg)
Der Kläger erfüllte unstreitig die weiteren Voraussetzungen zur Aufnahme in den Management-Kreis. Er schloss das Management Assessment Center erfolgreich ab. Zudem wurde der Kläger durch den Vorstand in den Management-Kreis berufen. Dass eine Berufung erfolgte, ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag. Der Arbeitsvertrag vom 26.11.2013 spricht davon, dass der Kläger mit Wirkung zum 1.12.2013 in den Management-Kreis berufen wird. Ab dem 01.12.2013 wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien als ein solches im Management-Kreis gelebt. Die Entgeltstufe 29, die der Kläger erhält, ist die Einstiegsstufe für die Vergütung im Management-Kreis. Wer in den Management-Kreis berufen wird, erhält also mindestens Vergütung nach Entgeltstufe 29.
Unschädlich ist, dass dem Kläger bereits im Jahr 2009 eine für den Management-Kreis gegradete Stelle angeboten wurde, er aber erst im Jahr 2013 die weiteren Voraussetzungen für die Aufnahme in den Management-Kreis erfüllte. Denn es entspricht der üblichen Vorgehensweise der Beklagten, dass Beschäftigte bereits eine Stelle besetzen können, die für den Management-Kreis gegradet ist; die mit der Aufnahme in den Management-Kreis verbundene Vergütung aber erst nach Erfüllen der weiteren Voraussetzungen und der Berufung in den Management-Kreis erhalten. Der Kläger erhielt Vergütung nach Entgeltstufe 29 erst ab der Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen. Für die davorliegende Zeit verlangt der Kläger nicht die Durchführung seines Arbeitsverhältnisses nach den Regelungen für den Management-Kreis mit Entgeltstufe 29.
Dass der Kläger die Stelle als Leiter "Berufsbildung" tatsächlich nicht innehatte, ist unerheblich. Dies ist Folge davon, dass er freigestelltes Betriebsratsmitglied war. Entscheidend ist, dass er die Stelle vor der Berufung in den Management-Kreis im Wege einer hypothetischen Karriereentwicklung hätte innehaben können.
hh)
Irrelevant ist auch, dass die Stelle als zum "Management"-Kreis zugehörig bezeichnet wird. Dem Begriff "Management" oder "Manager" wohnt keine spezifische arbeitsrechtliche Bedeutung inne. Arbeitsrechtliche Bedeutung gerade auch mit Blick auf das Betriebsratsamt hat die Position eines leitenden Angestellten iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG(vgl. Gräfl/Rennpferdt, RdA 2023, 245, 249). Die Stelle des Leiters "Berufsbildung" der Beklagten am Standort W. ist jedoch unstreitig keine Beförderungsposition eines leitenden Angestellten iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG.
ii)
Da von einer hypothetischen Karriere des Klägers in Entgeltstufe 29 im Management-Kreis aufgrund des Angebots der Stelle als Leiter "Berufsbildung" auszugehen ist, kommt es auf die weitere vom Kläger genannte Stelle als Unterabteilungsleiter der OE EGFT/6 Fahrzeugrecycling nicht an.
d)
Die für Februar und März 2023 an den Kläger nach Entgeltstufe 29 zu zahlende Bruttomonatsvergütung baut nach dem Vortrag der Beklagten ua. auf individuellen Entgelterhöhungen auf. Diese haben sich nach Vortrag der Beklagten im Rahmen der Bandbreite der Entgeltstufe 29 gehalten. Dabei habe man sich - entsprechend dem Schiedsgutachten - an der Lohnentwicklung anderer im selben Zeitpunkt wie der Kläger in den Management-Kreis Berufener orientiert. Dadurch habe der Kläger eine mit diesen Beschäftigten vergleichbare Entgeltentwicklung machen können.
Diese Entgeltentwicklung verstößt nicht gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG. Denn das Arbeitsentgelt ist nach dem Lohnausfallprinzip fortzuzahlen. Die Berechnung der geschuldeten Vergütung nach dem Lohnausfallprinzip erfordert eine hypothetische Betrachtung, welches Arbeitsentgelt das Betriebsratsmitglied ohne die Arbeitsbefreiung verdient hätte. Zur Berechnung der hypothetischen Vergütung ist die Methode zu wählen, die dem Lohnausfallprinzip am besten gerecht wird. Dabei sind die Besonderheiten des jeweiligen Vergütungsbestandteils zu berücksichtigen. Gegebenenfalls ist bei schwankenden Bezügen eine Schätzung nach den Grundsätzen des § 287 Abs. 2 ZPO vorzunehmen (vgl. [zu einem Zielerreichungs-Bonus] BAG 12. Juni 2024 - 7 AZR 141/23 - Rn. 24).
Danach konnte hier eine hypothetische Betrachtung der Entgeltentwicklung des Klägers anhand der Personen vorgenommen werden, die zum selben Zeitpunkt wie er in den Management-Kreis berufen wurde. Diese Betrachtung wird dem Lohnausfallprinzip mangels anderer Anhaltspunkte am besten gerecht und verhindert eine Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds durch eine Nicht-Teilnahme an individuellen Lohnerhöhungen innerhalb der Bandbreite der Entgeltstufe.
e)
Die oben unter d) gemachten Ausführungen sind auf die Bonus-Berechnung des Klägers zu übertragen. Hier hat auch die Beklagte nicht vorgetragen, dass ihre in der Vergangenheit vorgenommene Bonus-Berechnung auf Grundlage des vom Kläger verlangten 100%-Niveaus in Entgeltstufe 29 gegen die og. Grundsätze verstoßen hätte. Die Beklagte beruft sich lediglich darauf, dass der Kläger in Entgeltstufe 18 einzugruppieren sei und in dieser Entgeltstufe keinen Anspruch auf die vom Kläger geforderte Bonus-Zahlung für Entgeltstufe 29 habe.
f)
Der Kläger legte mit Wirkung zum 14.03.2023 sein Betriebsratsamt nieder, § 24 Nr. 2 BetrVG. Er hat auch ab diesem Zeitpunkt weiterhin Anspruch auf Vergütung nach Entgeltstufe 29. Der Kläger wurde vom 15.03. bis 31.03.2023 von seinem Vorgänger in seine neue Funktion als Geschäftsführer des Konzernbetriebsrats eingearbeitet. Der Kläger ist seit dem 01.04.2023 als Geschäftsführer des Konzernbetriebsrats tätig und in dieser Funktion in Entgeltstufe 29 eingruppiert.
g)
Wegen der Berechnung der mit dem Antrag zu Ziffer 1. vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts unter I. 7. des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Berufungsgericht macht sich diese Ausführungen zu eigen und stellt dies fest, § 69 Abs. 2 ArbGG.
h)
Es kommt nicht darauf an, ob der Kläger die Ausschlussfristen für die im Jahr 2023 fälligen Zahlungsansprüche gewahrt hat. Denn die Beklagte hat auf die Einhaltung der Ausschlussfristen verzichtet.
i)
Die auf die monatlichen Differenzbeträge bezogen Zinszahlungsverpflichtungen haben ihre Grundlage jeweils in §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1, 193 BGB.
IV.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte ab dem 01.12.2013 bis zum 31.03.2023 verpflichtet ist, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger entsprechend den jeweils geltenden betrieblichen Regelungen für Beschäftigte im Management-Kreis Entgeltstufe 29 durchzuführen.
1.
Der Antrag ist zulässig.
Der Klageantrag zu 2. ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet.
Für den Feststellungantrag besteht auch das erforderliche Feststellungsinteresse. Die Beklagte stellt für den genannten Zeitraum die Verpflichtung in Abrede, das Arbeitsverhältnis zum Kläger nach den Regelungen der Entgeltstufe 29 im Management-Kreis durchzuführen, sodass ein rechtliches Interesse des Klägers daran besteht, die Bedingungen zu klären, nach denen sich sein Arbeitsverhältnis im genannten Zeitraum richtete. Eine Feststellungsklage ist trotz der Möglichkeit einer bezifferten Leistungsklage zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 988/11 - Rn. 44).
Das danach auch vergangenheitsbezogene Feststellungsinteresse trotz möglicher Leistungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO folgt insbesondere daraus, dass sich die Berechnung der Betriebsrente danach richtet, zu welchen Bedingungen das Arbeitsverhältnis in dem genannten Zeitraum bestand. Der Kläger ist nicht verpflichtet bzw. dürfte dazu nicht in der Lage sein, eine hypothetische Rentenberechnung für die Vergangenheit vorzunehmen. Die Feststellungsklage ist trotz Möglichkeit einer bezifferten Leistungsklage zulässig, wenn mit ihr - wie hier - eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen den Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 22. Januar 2020 - 7 AZR 222/19 - Rn.16; Landesarbeitsgericht Niedersachsen 31. Juli 2024 - 2 Sa 637/23 - Rn. 43).
2.
Der Antrag ist begründet. Die Parteien haben eine entsprechende arbeitsvertragliche Vereinbarung ab dem 01.12.2013 geschlossen. Im Jahr 2019 gab die Beklagte unter dem 18.01.2019 eine entsprechende Umsetzungszusage ab. Unter dem 26.02.2019 schlossen die Parteien zudem einen Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO, wonach der Kläger in Entgeltgruppe 29 eingruppiert bleibt. Erst für einen Zeitraum ab dem 01.04.2023 ist zwischen den Parteien unstreitig, dass sich das Arbeitsverhältnis nach den Regelungen im Management-Kreis Entgeltstufe 29 richtet. Die Beklagte hat die Nichtigkeit der Vereinbarungen und der Umsetzungszusage nicht dargelegt. Es wird auf die Ausführungen unter III. Bezug genommen.
V.
Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 611a Abs. 2 BGB iVm. § 78 Satz 2 BetrVG die Zahlung weiterer 113.193,94 € brutto sowie 8.801,00 € brutto verlangen.
1.
Der Kläger hat einen restlichen Vergütungsanspruch iHv. 113.193,94 € brutto und 8.801,00 € brutto aus § 611a Abs. 2 BGB. Die Kammer legt zugrunde, dass die Beklagte im Zeitraum von April 2023 bis September 2023 die der Höhe nach zwischen den Parteien unstreitigen Beträge von der Vergütung des Klägers einbehielt, wobei der Kläger abschließend mit diesem Antrag - neben dem im Antrag zu Ziffer 1. enthaltenen Bonusanspruch - seine im Zeitraum von April 2023 bis September 2023 fälligen Vergütungsansprüche geltend macht (vgl. BAG 20. Dezember 2022 - 9 AZR 266/20 - Rn. 12). Die Beklagte berief sich auf die rückwirkende Kürzung der Vergütung des Klägers für den Zeitraum von Februar 2022 bis Januar 2023 sowie auf eine mit Entgeltstufe 18 einhergehende geringere Kostenbeteiligung für die Nutzung des Geschäftsfahrzeugs. Da der Kläger im Gesamtzeitraum Anspruch auf Vergütung nach Entgeltstufe 29 sowie Anspruch auf Zurverfügungstellung eines Geschäftsfahrzeugs nach den Bedingungen der Entgeltstufe 29 hatte, erfolgten die Kürzungen zu Unrecht, sodass der Zahlungsanspruch besteht. Auf die Einhaltung der Ausschlussfristen durch den Kläger kommt es nicht an, da die Beklagte auf die Einhaltung der Ausschlussfristen verzichtet hat.
2.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB iVm. § 193 BGB.
VI.
Der Kläger hat einen Anspruch auf die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger mit dem Gehalt für Mai 2024 einen Bonus nach den für den Management-Kreis geltenden Regelungen ausgehend von einem 100%-igen Bonus-Niveau iHv. 20.500 € brutto auch für den Zeitraum von Januar 2023 bis März 2023 zu zahlen.
1.
Der Feststellungsantrag ist zulässig. Der Klageantrag zu 2. ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Eine Feststellungsklage muss sich nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 22. Januar 2020 - 7 AZR 222/19 - Rn.16; LAG Niedersachsen 8. Februar 2024 - 6 Sa 559/23 - Rn. 74).
Für den Feststellungantrag besteht auch das erforderliche Feststellungsinteresse. Die Möglichkeit der Leistungsklage schließt das Feststellungsinteresse nicht schlechthin aus. Die Prozesswirtschaftlichkeit gestattet Ausnahmen. Die - wie hier - im Rechtsmittelverfahren eintretende Möglichkeit der Bezifferung nötigt nicht dazu, zur Leistungsklage überzugehen (vgl. BAG 18. März 1997 - 9 AZR 84/96 - Rn. 11).
2.
Der Anspruch folgt aus § 611a Abs. 2 BGB iVm. § 78 Satz 2 BetrVG iVm. den geschlossenen Vereinbarungen und der Umsetzungszusage. Die Beklagte hat die Nichtigkeit der Vereinbarungen und der Umsetzungszusage nicht dargelegt. Es wird auf die Ausführungen unter III. Bezug genommen.
VII.
Da der Kläger mit seinen Hauptanträgen und darin enthaltenen Hauptforderungen obsiegt hat, fiel der Hilfsantrag nicht zur Entscheidung an.
VIII.
Die Widerklage ist unbegründet. Da der Kläger nach Entgeltstufe 29 zu vergüten war, kann die Beklagte nicht die Feststellung begehren, dass dem Kläger in der Zeit vom 01.12.2013 bis zum 31.03.2023 ein monatliches Bruttoentgelt nach der Entgeltstufe 18 zu zahlen war. Es wird auf die Ausführungen unter III. Bezug genommen.
IX.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Danach waren die Kosten der Berufung insgesamt der Beklagten aufzuerlegen. Das verhältnismäßig geringfügige Unterliegen des Klägers in Bezug auf die als Nebenforderung streitwert- und damit kostenneutrale Zinsforderung (vgl. § 4 Abs. 1 ZPO) wirkt sich nicht in einer anteiligen Kostenbelastung des Klägers aus.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.