Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 21.03.2025, Az.: 7 U 6/25

Schadensersatzansprüche eines Käufers eines neuen Wohnmobils gegen den Hersteller wegen Einsatzes unzulässiger Abschalteinrichtungen

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
21.03.2025
Aktenzeichen
7 U 6/25
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2025, 15246
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2025:0321.7U6.25.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - AZ: 9 O 225/23

Redaktioneller Leitsatz

Die gezogenen Nutzungen bei Wohnmobilen bestimmen sich nach einer zeitbezogenen Bewertung der Gebrauchsvorteile, weil anders als bei einem Pkw zur bestimmungsgemäßen Nutzung nicht nur das Fahren gehört, sondern auch und in erster Linie das Wohnen auf Rädern. Deshalb wäre ein Nutzungsersatz auf km-Basis (voraussichtliche Gesamtfahrleistung) nicht sachgerecht. Die voraussichtliche "Lebenszeit" bzw. Gesamtnutzungsdauer bei Wohnmobilen wird mit 15 Jahren (180 Monaten) bemessen, weil häufig sogar schon nach 10 Jahren die Lebensdauer einer Vielzahl von Teilen überschritten ist und es beispielsweise aufgrund von Undichtigkeiten und Schimmelbildung an den Aufbauten zu Einschränkungen bei der Nutzbarkeit kommt.

In dem Rechtsstreit
pp.
hat das Oberlandesgericht Celle - 7. Zivilsenat - durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... am 21.03.2025 beschlossen:

Tenor:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 65.000 € festgesetzt.

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 18.12.2024 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Dem Kläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses gegeben.

Gründe

I.

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem sog. "Diesel-Abgasskandal" geltend.

Der Kläger bestellte am 25.08.2018 bei einem Fahrzeughändler ein Wohnmobil des Typs Capron Corrado T 448 zum Kaufpreis von 66.703 €. Basisfahrzeug des am 14.05.2019 erstzugelassenen Wohnmobils ist ein Nutzfahrzeug des Typs Fiat Ducato mit einem Vier-Zylinder-2.3-Liter-Dieselmotor der Schadstoffklasse Euro 6 mit 130 kW. Das Basisfahrzeug wurde von der Beklagten entwickelt und hergestellt. Die Typgenehmigung für Fahrzeuge dieses Typs wurde durch die italienische Zulassungsbehörde, das Ministero delle Infrastrutture e dei Trasporti (MIT) erteilt.

Der Kläger hat behauptet, dass die Motorsteuerung des Fahrzeugs mit unzulässigen Abschalteinrichtungen ausgestattet sei, so mit einer Timer-Funktion und einem Thermofenster, weshalb die gesetzlichen Schadstoffgrenzwerte nur auf dem Prüfstand, nicht aber im normalen Straßenbetrieb eingehalten würden, worüber die Beklagte getäuscht habe.

Die Beklagte hat den Einsatz unzulässiger Abschalteinrichtungen beim streitgegenständlichen Fahrzeug bestritten.

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen des erstinstanzlichen Parteivortrags, der getroffenen Feststellungen und der gestellten Anträge Bezug genommen wird, hat die vorrangig auf Rückabwicklung und Feststellung von Annahmeverzug, hilfsweise auf Ersatz des Differenzschadens gerichtete Klage abgewiesen. Dies hat es im Kern damit begründet, dass der Kläger eine sittenwidrige Schädigung durch die Beklagte nicht hinreichend dargetan, insbesondere keine ausreichenden Anhaltspunkte für ein Handeln der Beklagten im Bewusstsein der Unrechtmäßigkeit aufgezeigt habe und ein etwaiger Differenzschaden durch die Anrechnung von Nutzungsentschädigung und Fahrzeugrestwert aufgezehrt sei.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 52.126,68 € zuzüglich weiterer 3.003,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs CAPRON T448 mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer .....

  2. 2.

    festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs CAPRON T448 mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer .... in Annahmeverzug befindet,

    hilfsweise,

  3. 3.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.005,45 € zu zahlen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze, insbesondere die Berufungsbegründung vom 14.03.2025 (eOLG ? ) Bezug genommen.

II.

Die Rechtssache dürfte keine grundsätzliche Bedeutung haben, eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dürfte nicht erforderlich und eine mündliche Verhandlung nicht geboten sein. Nach vorläufiger Beurteilung hat die Berufung des Klägers darüber hinaus auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg:

Jedenfalls im Ergebnis zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass dem Kläger keine (realisierbaren) Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs gegen die Beklagte zustehen. Mit seinen hiergegen erhobenen Berufungsrügen kann der Kläger nicht durchdringen.

Im Einzelnen:

1. Ein Anspruch aus §§ 826, 31 BGB - der insoweit einzig für ein auf sog. "großen Schadensersatz" gerichtetes Verlangen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage - besteht nicht.

a) Zwar kommt, wenn unter Täuschung im EG-Typgenehmigungsverfahren bewusst eine unzulässige Motorsteuerungssoftware verbaut wird, eine deliktische Haftung des Herstellers nach §§ 826, 31 BGB grundsätzlich in Betracht (vgl. BGH, Urteile vom 25.05.2020 - VI ZR 252/19, juris; vom 30.07.2020 - VI ZR 354/19, VI ZR 367/19, VI ZR 397/19 sowie VI ZR 5/20 und vom 19.01.2021 - VI ZR 8/20; jew. juris; vgl. auch OLG Celle, Urteile vom 20.11.2019 - 7 U 244/18, juris Rn. 26 ff. und vom 22.01.2020 - 7 U 445/18, juris). Es fehlt allerdings nach den Darlegungen des Klägers an dem dafür erforderlichen sittenwidrigen Verhalten der Beklagten.

aa) Ein Fahrzeughersteller handelt gegenüber dem Fahrzeugkäufer sittenwidrig, wenn er entsprechend seiner grundlegenden strategischen Entscheidung im eigenen Kosten- und Gewinninteresse unter bewusster Ausnutzung der Arglosigkeit der Erwerber, die die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und die ordnungsgemäße Durchführung des Typgenehmigungsverfahrens als selbstverständlich voraussetzen, Fahrzeuge mit einer Motorsteuerung in Verkehr bringt, deren Software bewusst und gewollt so programmiert ist, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand beachtet, im normalen Fahrbetrieb hingegen überschritten werden, und damit unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abzielt. Ein solches Verhalten steht einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Fahrzeugerwerber in der Bewertung gleich (vgl. BGH, Urteil vom 25.11.2021 - VII ZR 257/20, juris Rn. 20 mwN).

bb) Das Inverkehrbringen eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüsteten Kraftfahrzeugs durch einen Fahrzeughersteller ist aber nicht schon wegen des darin liegenden Gesetzesverstoßes als sittenwidriges Verhalten gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs anzusehen. Damit eine unzulässige Abschalteinrichtung eine Haftung des Fahrzeugherstellers wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB auslösen kann, müssen nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weitere Umstände hinzutreten, die sein Verhalten als besonders verwerflich erscheinen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 20.07.2023 - III ZR 303/20, juris Rn. 11 mwN).

b) Gemessen hieran lassen sich die Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 826 BGB im Streitfall nicht feststellen.

aa) Zwar handelt es sich bei dem Thermofenster sowie der "Timer-Funktion" - das Vorhandensein und die Funktionsweise dieser Steuerungsfunktionen in der vom Kläger behaupteten Form als gegeben vorausgesetzt - um Abschalteinrichtungen im Sinne von Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007, deren Unzulässigkeit hier zugunsten des Klägers unterstellt werden kann.

Eine den Vorwurf der Sittenwidrigkeit indizierende Prüfstanderkennung ist mit diesen technischen Maßnahmen - insbesondere auch mit der "Timer-Funktion" - indes nicht verbunden.

Der Kläger hat unter Bezugnahme auf das als Anlage K7 (PA 193 ff.) vorgelegte Rechtsgutachten von Prof. Dr. B., die Auskunft des Kraftfahrtbundesamts (KBA) vom 26.10.2023 (Anlage K6, PA 190 ff.), das Gesprächsprotokoll zwischen dem KBA und der Robert Bosch GmbH vom 14.04.2016 (Anlage K8, PA 228 ff.) und die vom Sachverständigen Be. mit Gutachten vom 24.02.2024 (eLG) in einem vor dem Senat geführten Parallelrechtsstreits zum Aktenzeichen 7 U 328/22 getroffenen Feststellungen, die nach Ansicht des Klägers auf das streitgegenständliche Fahrzeug übertragbar seien, vorgetragen, dass - neben einer Reduzierung der AGR in Abhängigkeit von der Umgebungslufttemperatur - durch eine zeitabhängige Steuerung eine Verringerung der Abgasreinigung nach Ablauf eines vom Hersteller fest definierten Zeitraums von 22 Minuten nach Motorstart bzw. nach Ablauf einer bestimmten Zahl von Zyklen im NEFZ stattfinde. Dementsprechend arbeitet nach dem eigenen Vortrag des Klägers die Steuerung der Abgasrückführung bei seinem Fahrzeug aufgrund des Thermofensters zwar an der Umgebungslufttemperatur und aufgrund der "Timer-Funktion" an der Zeit orientiert, infolgedessen also auch an solchen Parametern, die auf dem Prüfstand vorkommen, im Grundsatz aber - bei Vorliegen der entsprechenden Bedingungen - auf dem Prüfstand und im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Bedatung der Steuerungssoftware derart eng auf den Prüfstand ausgerichtet wäre, dass die von der Beklagten gewählte Emissionsstrategie die Einhaltung der Grenzwerte faktisch ausschließlich auf dem Prüfstand gewährleistet, mithin ein Fall der - einer Prüfstanderkennung gleichstehenden - Prüfstandbezogenheit vorläge. Denn wie der Kläger behauptet, soll nach den auch für das streitgegenständliche Fahrzeug übertragbaren Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Be. in dem im Verfahren 7 U 328/22 erstellten Gutachten die temperaturabhängige Reduzierung der AGR bereits bei Temperaturen von 13°C und darunter einsetzen, die zeitabhängige Reduzierung dagegen erst nach 22 Minuten nach Motorstart. Diese Parameter sind jedoch mit den Prüfstandbedingungen (Umgebungstemperaturen von 20°C - 30°C, Prüfzyklus von 1.200 Sek. ab Kaltstart) nicht vollständig kongruent und decken jedenfalls partiell auch Betriebsbedingungen außerhalb der Prüfstandbedingungen ab.

Eine hiervon abweichende rechtliche Beurteilung gebietet sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.01.2025 (Az. VIa ZR 190/23 juris); denn dem dortigen Rechtsstreit lag ein vom hiesigen Klägervorbringen abweichender Tatsachenvortrag zugrunde, der aus Sicht des BGH geeignet war, für den Fall seiner Richtigkeit das Vorliegen einer Prüfstandbezogenheit zu begründen. Die dortigen Kläger hatten nämlich anhand eines dort im Berufungsverfahren vorgelegten Software-Gutachtens zu einem Fahrzeug mit identischem Motorkennzeichen wie dem ihren unter Verweis auf ihren erstinstanzlichen Vortrag vorgebracht, die Motorsteuerung des Fahrzeugs erkenne anhand verschiedener Parameter die Prüfsituation und aktiviere in diesem Fall das "Kennfeld NEFZ". Eine weitere Strategie sorge dafür, dass innerhalb des Zeitraums von 22 Minuten, nach dem das "Kennfeld NEFZ" spätestens verlassen und die Abgasreinigung reduziert werde, im Abstand weniger Sekunden überprüft werde, ob bestimmte - im Prüfstand nicht vorkommende - Störgrößen aufträten. Bei mehrfachem Auftritt dieser Störgrößen werde das "Kennfeld NEFZ" vor Ablauf von 22 Minuten verlassen und die Abgasreinigung abgeschaltet.

An einem derartigen, eine mögliche Prüfstandbezogenheit der "Timer-Funktion" begründenden Tatsachenvortrag des hiesigen Klägers für das von ihm erworbene Wohnmobil fehlt es hier indes. Vielmehr ergibt sich aus den von ihm in Bezug genommenen Unterlagen - so insbesondere aus den nach seiner Behauptung auf das streitgegenständliche Fahrzeug übertragbaren Feststellungen des Sachverständigen Be. aus dem Gutachten vom 24.02.2024 sowie den vom Kläger vorgelegten Auskünften des KBA vom 26.10.2023 (Anlage K6) und 26.11.2021 (Anlage K16, eLG 651) -, dass bei diesem eine Verringerung der Abgasreinigung lediglich nach Ablauf eines vom Hersteller fest definierten Zeitraums von 22 Minuten nach Motorstart und damit gerade nicht anhand von auf den Realbetrieb zugeschnittenen Störgrößen oder mittels Kennfeldern erfolgt, die anhand sich am NEFZ-Verfahren orientierender Parameter wie bestimmter Temperaturen den Prüfstandlauf erkennen und die Abgasreinigung steuern.

Für sich Günstigeres kann der Kläger auch nicht aus dem Software-Gutachten herleiten, das von den dortigen Klägern in das vom BGH mit Beschluss vom 21.01.2025 an die Berufungsinstanz zurückverwiesene Verfahren eingeführt wurde und dessen Beiziehung der Kläger begehrt. Denn davon abgesehen, dass mangels Angabe des Motorkennzeichens sowohl des dort streitgegenständlichen als auch des durch das Software-Gutachten untersuchten Fahrzeugs nicht bekannt ist, ob eine Vergleichbarkeit mit dem hiesigen Basisfahrzeug besteht (der dortige Rechtsstreit betraf jedenfalls ein Basisfahrzeug mit einem 96 kW-Motor der Schadstoffklasse Euro 5), hat der Kläger insbesondere auch weiterhin keinen Sachvortrag gehalten, der unter Berücksichtigung der Sichtweise des BGH die Annahme einer Prüfstandbezogenheit rechtfertigte (vgl. BGH aaO, juris Rn. 14) - nämlich, dass die in seinem Fahrzeug verbaute Motorsteuerungssoftware anhand von auf den Realbetrieb zugeschnittenen Störgrößen erkenne, dass sich das Fahrzeug nicht mehr auf dem Prüfstand befinde und in diesem Fall bereits vor Ablauf von 22 Minuten die Abgasrückführung verringere.

bb) Vor diesem Hintergrund genügt im Streitfall allein das Vorhandensein von - unterstellt - unzulässigen Abschalteinrichtungen für die Bejahung des Vorwurfs eines sittenwidrigen Handels auf Seiten der Beklagten nicht. Denn eine objektiv sittenwidrige arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde ist lediglich dann indiziert, wenn durch eine im Fahrzeug des Käufers verbaute unzulässige Abschalteinrichtung ausschließlich im Prüfstand die Abgasreinigung grenzwertkausal verstärkt aktiviert wird (vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2024 - VIa ZR 578/21, juris Rn. 9).

Sofern dagegen die verwendete Abschalteinrichtung nicht grenzwertkausal ist oder, wie hier, auf dem Prüfstand und im normalen Fahrbetrieb im Grundsatz in gleicher Weise funktioniert - das ist der Fall, wenn unter den für den Prüfzyklus maßgebenden Bedingungen (Umgebungstemperatur, Luftfeuchtigkeit, Geschwindigkeit, Widerstand, etc., vgl. Art. 5 Abs. 3 a VO (EG) 715/2007 in Verbindung mit Art. 3 Nr. 1 und 6, Anhang III VO (EG) 692/2008 der Kommission vom 18.07.2008 zur Durchführung und Änderung der VO (EG) 715/2007 (ABl. L 199 vom 28.07.2008, S. 1 ff.) in Verbindung mit Abs. 5.3.1 und Anhang 4 Abs. 5.3.1, Abs. 6.1.1 der UN/ECE-Regelung Nr. 83 (ABl. L 375 vom 27.12.2006, S. 246 ff.)) die Rate der Abgasrückführung im normalen Fahrbetrieb derjenigen auf dem Prüfstand entspricht (vgl. zum Thermofenster BGH, Beschluss vom 19.01.2021 - VI ZR 433/19, juris Rn. 18; Beschluss vom 09.03.2021 - VI ZR 889/20, juris Rn. 27) -, kommt eine Haftung nach §§ 826, 31, 830 BGB nur in Betracht, wenn die konkrete Ausgestaltung der Abschalteinrichtung angesichts der sonstigen Umstände die Annahme eines heimlichen und manipulativen Vorgehens oder einer Überlistung der Typgenehmigungsbehörde rechtfertigen kann. Diese Annahme setzt jedenfalls voraus, dass der Motorhersteller bei der Entwicklung und/oder Verwendung der Abschalteinrichtung in dem Bewusstsein handelte, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahm (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 06.11.2023 - VIa ZR 535/21, juris Rn. 12; Urteil vom 16.01.2024 - VIa ZR 578/21, juris Rn. 9; Urteil vom 23.01.2024 - VIa ZR 165/23, juris Rn. 12 mwN).

Die vom Kläger hierzu vorgetragenen und sonstigen unstreitigen Anhaltspunkte genügen jedoch nicht, um den Schluss auf ein solches Vorstellungsbild zu tragen.

(1) Greifbare Anhaltspunkte für ein wissentliches Handeln der Beklagten folgen insbesondere nicht daraus, dass der Vortrag der Beklagten im Rahmen einer Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV nicht genügt, um einen Verbotsirrtum darzutun. Daraus kann nicht auf ein wissentliches Fehlverhalten der Beklagten geschlossen werden, weil es bei der Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB um die Widerlegung (zumindest) fahrlässigen Verhaltens geht, wofür die Beklagte beweisbelastet ist. Bei der Haftung aus § 826 BGB hat jedoch der Kläger ein vorsätzliches sittenwidriges Handeln der Beklagten zu beweisen, ohne dass er sich hierfür auf eine Vermutung stützen könnte.

(2) Die Abweichung der Messwerte im Realbetrieb von den Messwerten nach NEFZ rechtfertigt den Schluss auf ein wissentliches Handeln der Beklagten ebenfalls nicht. Eine Abweichung der Messwerte ist als Indiz für ein manipulatives Verhalten, das die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllen könnte, angesichts der unstreitigen gravierenden Unterschiede der Bedingungen, unter denen die Messung erfolgt, gleichfalls ungeeignet (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2021 - VI ZR 128/20, juris Rn. 23; Beschluss vom 15.09.2021 - VII ZR 2/21, juris Rn. 30).

(3) Aus einer etwaig unterbliebenen Offenlegung der genauen Wirkungsweise der Abschalteinrichtungen gegenüber der zuständigen Behörde folgen ebenfalls keine Anhaltspunkte, dass für die Beklagte tätige Personen in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Es ist aus den zahlreichen "Dieselverfahren" vor dem Senat und den von dem Kraftfahrtbundesamt erteilten Auskünften gerichtsbekannt, dass von den Fahrzeugherstellern zu dem damaligen Zeitpunkt keine Angaben zu den Einzelheiten der Abschalteinrichtungen im Typgenehmigungsverfahren verlangt wurden. Erst die VO (EU) 646/2016 hat weitergehende Angaben eingeführt.

(4) Schließlich reicht auch die Gesamtschau aller vom Kläger für das Vorstellungsbild der Beklagten vorgetragenen Umstände nicht aus, um dem Senat die Überzeugung eines verwerflichen Handelns der für die Beklagten verantwortlichen Personen zu erlauben oder auch nur eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten zu ihren internen Entscheidungsvorgängen auszulösen. Für die konkrete Ausgestaltung der "Modulation der Abgasrückführung" hat die Beklagte technische Aspekte angeführt, die zwar eine Zulässigkeit der Abschalteinrichtungen nicht zu begründen vermögen, jedoch der Beurteilung ihres Verhaltens als verwerflich entgegenstehen.

Hinsichtlich des Thermofensters ist zu bedenken, dass auch das Kraftfahrtbundesamt eine solche Funktion zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fahrzeugs nicht als unzulässig, sondern als Industriestandard bewertet hat (Thermofenster wurden von allen Autoherstellern eingesetzt; vgl. BMVI, Bericht der Untersuchungskommission Volkswagen, Stand April 2016). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat sich erstmals mit Urteil vom 17.12.2020 (C-693/18, NJW 2021, 1216) mit der Auslegung der vorgenannten Ausnahmevorschrift befasst. Insoweit war ein Verstoß betreffend die Auslegung der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a VO (EG) Nr. 715/2007 nicht evident (vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2022 - III ZR 205/20, juris Rn. 24).

Entsprechendes gilt auch für den "Timer", der von den italienischen Behörden ebenfalls nicht beanstandet wird. Dass die "Timer-Funktion" zudem auch aus Sicht des BGH keine evident unzulässige Abschalteinrichtung darstellt, folgt im Übrigen aus der Tatsache, dass er in vergleichbaren Fällen - wie auch dem oben erwähnten - die Frage einer etwaigen Prüfstandbezogenheit dieser Einrichtung für die Beurteilung einer Haftung der Beklagten aus § 826 BGB für aufklärungsbedürftig erachtet hat (vgl. Urteile vom 23.12.2024 - VIa ZR 598/23- und 21.01.2025 - VIa ZR 190/23). Denn der dafür erforderlichen Zurückverweisung des jeweiligen Rechtsstreits hätte es nicht bedurft, wenn aus seiner Sicht die Unzulässigkeit der Verwendung einer solchen Funktion für die Beklagte ohnehin auf der Hand gelegen hätte.

2. Das vom Kläger im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Fahrzeugerwerb verfolgte Begehren auf Rückabwicklung lässt sich auch nicht auf eine andere Anspruchsgrundlage als § 826 BGB stützen.

a) Es besteht kein Anspruch aus § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 3, § 241 Abs. 2 BGB gegen die Beklagte, weil zwischen den Parteien kein (vor-)vertragliches Schuldverhältnis zustande gekommen ist. Es ist nichts dafür dargetan oder anderweitig ersichtlich, dass die Beklagte in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst hätte (OLG München, Urteil vom 10.08.2020 - 21 U 2719/19, BeckRS 2020, 18878 Rn. 31). Dies wäre jedoch für eine Haftung aus den vorgenannten Normen erforderlich.

b) Insbesondere haftet die Beklagte wegen der fehlenden Stoffgleichheit zwischen einer etwaigen Vermögenseinbuße des Klägers und den denkbaren Vermögensvorteilen der Beklagten auch nicht nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB (BGH, Urteil vom 30.07.2020 - VI ZR 5/20, juris-Rn. 24).

c) Auch eine Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV bzw. i.V.m. Art. 5 Abs. 1 oder sonstigen Bestimmungen der VO (EG) 715/2007 auf Leistung von Schadensersatz in Höhe des an den Fahrzeugverkäufer entrichteten Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs scheidet aus.

Dabei hilft dem Kläger nicht weiter, dass nach den Grundsatzentscheidungen des BGH vom 26.06.2023 in den Verfahren VIa ZR 335/21, VIa ZR 533/21 und VIa ZR 1031/22 in Anschließung an die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-100/21 vom 21.03.2023 jedenfalls die Bestimmungen der §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV als drittschützende Normen zu qualifizieren sind und damit für den Fall der Implementierung unzulässiger Abschalteinrichtungen auch ein lediglich fahrlässiges Verhalten der Beklagten einen Schadensersatzanspruch - nämlich über § 823 Abs. 2 BGB - begründen kann.

Denn auch in Anbetracht der vorgenannten Entscheidung des BGH vom 26.06.2023 bleibt es dabei, dass § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit entsprechenden Schutzgesetzen in sachlicher Hinsicht das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, nicht umfasst und sich dementsprechend ein Anspruch auf Gewährung sog. "großen Schadensersatzes" auf diese Anspruchsnorm nicht stützen lässt (BGH, VIa ZR 335/21, Rn. 18 ff.).

Dies hat zur Folge, dass dem Kläger gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung des geleisteten Kaufpreises (ggf. unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung) Zug um Zug gegen Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs zusteht; zugleich erweist sich damit einhergehend auch der von ihm verfolgte Anspruch auf Feststellung des Vorliegens von Annahmeverzug als unbegründet.

3. Ein eventueller Differenzschadensersatz des Klägers gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV ist - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat - durch anzurechnende Vorteile ausgeglichen.

a) Beim Differenzschadensersatz sind - gleichermaßen wie beim sog. "kleinen Schadensersatz" (vgl. BGH, Urteil vom 06.07.2021 - VI ZR 40/20, juris Rn. 23 f.; Urteil vom 24.01.2022 - VIa ZR 100/21, juris Rn. 17) - Nutzungsvorteile und der Restwert des Fahrzeugs anspruchsmindernd im Wege der Vorteilsausgleichung anzurechnen, soweit sie den tatsächlichen Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags übersteigen (vgl. BGH, Urteil vom 26.06.2023 - VIa ZR 335/21, juris Rn. 80).

Dies führt rechnerisch zu einer vollständigen Aufzehrung des Differenzschadens, gleich, mit welchem Prozentsatz dieser innerhalb der Spanne von 5 % bis 15 % angenommen wird, sofern die Summe aus dem Nutzungsersatz und dem Fahrzeugrestwert den zum Erwerb des Fahrzeugs geleisteten Kaufpreis erreicht oder übersteigt.

b) Dies ist hier der Fall.

aa) In die Berechnung sind zunächst Nutzungsvorteile in Höhe von 25.940 € einzustellen.

(1) Bei der gemäß § 287 ZPO vorzunehmenden Bemessung der anzurechnenden Vorteile legt der Senat folgende Berechnungsformel zugrunde:

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Die gezogenen Nutzungen bei Wohnmobilen bestimmen sich nach einer zeitbezogenen Bewertung der Gebrauchsvorteile, weil anders als bei einem Pkw zur bestimmungsgemäßen Nutzung nicht nur das Fahren gehört, sondern auch und in erster Linie das Wohnen auf Rädern. Deshalb wäre ein Nutzungsersatz auf km-Basis (voraussichtliche Gesamtfahrleistung) nicht sachgerecht (vgl. OLG Celle, Beschlüsse vom 01.11. 2022 und 18.01.2023 in 16 U 314/22, n.v.; OLG München, Urteil vom 24.10.2012 - 3 U 297/11, juris Rn. 60; OLG Hamm, Urteil vom 18.12.2014 - 28 U 135/13, juris Rn. 30; OLG Stuttgart. 1 U 133/13, Urteil vom 12.05.2016, juris Rn. 117; Staudinger/Kaiser/Sittmann-Haury, BGB [2022], § 346 Rn. 264).

Die voraussichtliche "Lebenszeit" bzw. Gesamtnutzungsdauer bei Wohnmobilen wird vom Senat mit 15 Jahren (180 Monaten) bemessen (vgl. OLG Celle, Beschlüsse vom 01.11.2022 und 18.01.2023 in 16 U 314/22, n. v.; OLG Stuttgart, Urteil vom 12.05.2016 - 1 U 133/13, juris Rn. 123 m. w. N.), weil häufig sogar schon nach 10 Jahren die Lebensdauer einer Vielzahl von Teilen überschritten ist und es beispielsweise aufgrund von Undichtigkeiten und Schimmelbildung an den Aufbauten zu Einschränkungen bei der Nutzbarkeit kommt.

(2) Hier nutzte der Kläger das von ihm zum Kaufpreis von 66.703 € erworbene Fahrzeug seit seiner Erstzulassung am 14.05.2019. Bis einschließlich März 2025 hat er das Fahrzeug rund 70 Monate genutzt. Daraus errechnet sich ein Nutzungsvorteil von 25.940,06 €.

bb) Der Restwert des Fahrzeugs beträgt mindestens die bis zu der Höhe des vollen Kaufpreises verbleibenden 40.762,94 € (66.703 € - 25.940,06 €).

(1) Mit dem Restwert ist der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - der mangels abgeschlossener Schadensentwicklung prozessual für die Anrechnung eines Vorteils heranzuziehende Zeitpunkt (vgl. BGH, Urteil vom 13.11.2012 - XI ZR 334/11, juris Rn. 23; Urteil vom 20.07.2021 - VI ZR 533/20, juris Rn. 29) - von dem Geschädigten erzielbare Marktwert des Fahrzeugs gemeint (vgl. BGH, Urteil vom 19.09.2022 - VIa ZR 281/22, juris Rn. 12 für den Fall des Weiterverkaufs). In den Fällen der Berufungszurückweisung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO tritt an die Stelle des Zeitpunkts der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem das Berufungsgericht Vortrag der Parteien bei seinem Beschluss berücksichtigen musste (vgl. BGH, Urteil vom 28.07.2011 - VII ZR 180/10, juris Rn. 13; Beschluss vom 14.02.2023 - VIII ZR 268/21, juris Rn. 5). Auf eine tatsächliche Weiterveräußerung kommt es - wie der Senat wiederholt entschieden hat (vgl. Senat, Beschluss vom 30.11.2023 - 7 U 84/23 n.v.) - nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 27.11.2023 - VIa ZR 159/22, juris Rn. 13).

Im Unterschied zu den strengen Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO reicht bei der Entscheidung über die Schadenshöhe eine erhebliche, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit für die richterliche Überzeugungsbildung aus; dabei kann für die Bestimmung des Fahrzeugrestwerts zur Bemessung des Differenzschadens gemäß § 287 ZPO auf Verkaufsportale wie mobile.de oder autoscout.24 zurückgegriffen werden (Senat, Beschluss vom 16.10.2023 - 7 U 346/22, juris Rn. 92). Hierbei ist aber ein angemessener Abschlag vorzunehmen, weil die dort ausgewiesenen Preise (nur) die Erwartungshaltung auf Verkäuferseite widerspiegeln und der Verkauf der Fahrzeuge voraussichtlich unter Vornahme von Abzügen erfolgt (vgl. Senat, Beschluss vom 05.12.2023 - 7 U 317/22, juris Rn. 32). Ebenfalls kann auf Datenbankabfragen von DAT, ADAC oder Schwacke zurückgegriffen werden.

(2) Im Einklang hiermit hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 28.05.2024 zwei Verkaufsangebote vorgelegt, von denen jedenfalls das erste über 59.900 € ein - in Bezug auf die wesentlichen wertbildenden Faktoren: Fahrzeugtyp, Abgasnorm, Alter und Laufleistung - mit dem Klägerfahrzeug vergleichbares Fahrzeug betrifft, und einen Restwert für das streitgegenständliche Wohnmobil von mindestens 57.500 € behauptet.

Diesem von der Beklagten vorgetragenen Marktwert ist der Kläger weder erst- noch zweitinstanzlich in ausreichender Weise entgegengetreten, weswegen der Beklagtenvortrag als zugestanden anzusehen ist. So hat der Kläger weder dargetan, dass sich das im vorgenannten Vergleichsangebot der Beklagten angeführte Fahrzeug vom streitgegenständlichen in Bezug auf die wertbildenden Faktoren wesentlich unterscheide - die pauschale Behauptung, "die benannten Kaufangebote w(e)ichen evident vom Klägerfahrzeug ab", genügt dafür nicht -, noch hat er seinerseits Verkaufsangebote vorgelegt, ausweislich der vergleichbare Fahrzeuge deutlich unter dem von der Beklagten behaupteten Marktwert angeboten werden. Stattdessen hat er - was für ein Bestreiten des Beklagtenvortrags zur Höhe des Fahrzeugrestwerts indes nicht genügt, zumal auch nach dem Klägervortrag die Marktlage für Wohnmobile durch eine erhöhte Nachfrage geprägt ist - lediglich die grundsätzliche Eignung von Verkaufsangeboten auf Gebrauchtwagenportalen zur Bestimmung des Restwerts bestritten sowie in Abrede genommen, dass der Restwert mit dem Marktwert des Fahrzeugs gleichzusetzen sei.

Vor diesem Hintergrund bestehen keine Zweifel, dass der gemäß § 287 ZPO zu schätzende Restwert für das streitgegenständliche Wohnmobil - auch unter Berücksichtigung etwaiger Abschläge für die offenzulegende Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen und der Tatsache, dass die von der Beklagten vorgelegten Vergleichsangebote vom Mai 2024 stammen - noch immer mindestens 45.000 € beträgt. Entsprechendes belegen auch die nachstehend aufgeführten, auf mobile.de eingestellten Angebote, selbst wenn man von diesen einen angemessenen Abschlag vornimmt:

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Carado T448

55.500 €

Teilintegrierter - 7.346 mm - Bis 3.500 kg - EZ

04/2019 - 78.000 km - 96 kW (131 PS) - Diesel

48429 Rheine, Privatanbieter

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Carado T 448

AT/Hubstützenanlage/Dachklima/Markise/TV

59.900 €

Teilintegrierter - 7.380 mm - Bis 3.500 kg - EZ

04/2019 - 112.606 km - 110 kW (150 PS) - Diesel

Autohaus Dietz OHG (FC)

4.5 Sterne

(2)

96106 Ebern

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Carado T448*Hubbett *Markise *TV*Dusche *Klima* Sofort

59.990 €

Teilintegrierter - 7.346 mm - Bis 3.500 kg - EZ

04/2019 - 53.000 km - 96 kW (131 PS) - Diesel

Bavin Automobile

4.2 Sterne

(16)

81243 München

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NEUCarado T448 Fiat Ducato, Solar, Lithium, elek Sat TV,

56.700 €

Teilintegrierter - 7.346 mm - Bis 3.500 kg - EZ

05/2019 - 31.400 km - 96 kW (131 PS) - Diesel

48739 Legden-Asbeck, Privatanbieter

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Carado T448 voll ausgestattet TOP Zustand mit Hubbett

65.000 €

Teilintegrierter - 7.300 mm - Bis 3.500 kg - EZ

03/2019 - 70.000 km - 110 kW (150 PS) - Diesel

01744 Dippoldiswalde, Privatanbieter

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Carado T 448 EINZELBETTEN HUBBETT SAT HUBSTÜTZEN

58.990 €

Teilintegrierter - 7.346 mm - Bis 3.850 kg - EZ

09/2019 - 20.300 km - 110 kW (150 PS) - Diesel

MarkiseRückfahrkameraab 575,- mtl. 0,- Anz.

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Niese Caravan GmbH & Co. KG

4.8 Sterne

(360)

09623 Frauenstein

cc) Dies hat indes zur Folge, dass die Summe aus Nutzungsvorteil (25.940,06 €) und Fahrzeugrestwert (mindestens 45.000 €) von (mindestens) 70.940,06 € den vom Kläger bei Fahrzeugerwerb geleisteten Kaufpreis von 66.703 € übersteigt und damit kein Schaden verbleibt.

4. Klärungsbedürftige Rechtsfragen, die eine Aussetzung des Verfahrens geböten, bestehen auch vor dem Hintergrund der Vorlagebeschlüsse des Landgerichts Ravensburg und weiterer Landgerichte nicht.

Die vom BGH mit Urteil vom 26.06.2023 (Az. VIa ZR 335/21) vorgenommene Konkretisierung der Haftungsmaßstäbe eines Fahrzeugherstellers nach deutschem Recht steht mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in Einklang. Danach ist es in Ermangelung unionsrechtlicher Vorschriften über die Modalitäten für die Erlangung eines Ersatzes durch den Käufer, der vom Erwerb eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs betroffen ist, Sache jedes einzelnen Mitgliedstaats, diese Modalitäten festzulegen, sofern der unionsrechtliche Grundsatz der Effektivität gewahrt wird. Der Grundsatz der Effektivität verlangt indes selbst nach der Stellungnahme des Generalanwalts Rantos in seinem Schlussantrag vom 21.11.2024 in den Rechtssachen C-251/23 und C-308/23 (BeckRS 2024, 32031 Rn. 86) nicht, "dem Käufer einen Anspruch gegen den Hersteller einzuräumen, ihn vom Erwerb des Fahrzeugs in Gänze freizustellen, d. h., sich gegebenenfalls Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs und unter Anrechnung des Wertes seitens des Erwerbers aufgrund des Fahrzeugs erlangter Vorteile die Kosten für den Erwerb des Fahrzeugs erstatten zu lassen. Eine solche Auslegung widerspricht nicht dem Effektivitätsgrundsatz, da der Käufer einen Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens in Gestalt der betragsmäßigen Erstattung der Vermögensdifferenz hat, die durch den wirtschaftlich nachteiligen Erwerb eines nicht den Vorgaben des Unionsrechts entsprechenden Fahrzeugs entstanden ist."

Nach dem unionsrechtlichen Äquivalenzgrundsatz dürfen die im nationalen Schadensersatzrecht festgelegten Voraussetzungen für die Haftung wegen eines Verstoßes gegen Unionsrecht lediglich nicht ungünstiger sein als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen, und nach dem Effektivitätsgrundsatz nicht so ausgestaltet sein, dass sie es praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren, die Entschädigung zu erlangen (vgl. EuGH, Urteil vom 04.10.2018 - C-571/16, juris Rn. 123; Urteil vom 25.03.2021 - C-501/18, juris Rn. 113 ff.; Urteil vom 21.03.2023 - C-100/21, juris Rn. 94). Das ist hier jedoch nicht zu erkennen. Dem Kläger obliegt es lediglich, eine Abschalteinrichtung nachzuweisen, im Übrigen ist es die Sache des Fahrzeugherstellers, eine ausnahmsweise Zulässigkeit der verwendeten Abschalteinrichtung zu belegen oder sich zu exkulpieren.

Hinsichtlich eines Vorteilsausgleichs - der bereits Gegenstand der Vorlagefrage in dem Verfahren C-100/21 war - sind die nationalen Gerichte befugt, dafür Sorge zu tragen, dass der Schutz der unionsrechtlich gewährleisteten Rechte nicht zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Anspruchsberechtigten führt. Eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV zu dieser Frage bedarf es daher nicht.