Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.10.2024, Az.: 1 K 110/18

Verwendbarkeite eines pflichtwidrig erst im Klageverfahren eingeholten Beschluss eines Gutachterausschusses für Grundstückswerte durch das Finanzamt

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
29.10.2024
Aktenzeichen
1 K 110/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 33887
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE::2024:1029.1K110.18.00

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - AZ: II R 1/25

Fundstelle

  • ZEV 2025, 555-556

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Es widerspräche dem Ziel der Vorschrift des § 68 Satz 1 FGO, ein erneutes Verfahren zu verhindern, wenn ein Kläger in Fällen, in denen das Finanzamt zwecks Korrektur eines Bescheids diesen zunächst aufhebt und im Anschluss daran einen neuen Bescheid in derselben Streitsache erlässt, anstatt den rechtswidrigen Bescheid ohne vorherige Aufhebung unmittelbar zu ändern, der Kläger ein neues Verfahren gegen den neuen Bescheid anstreben müsste.

  2. 2.

    Hebt ein Finanzamt einen angefochtenen Feststellungsbescheid in der Absicht auf, zu einem späteren Zeitpunkt einen verbösernden Neubescheid zu erlassen, liegt kein Fall einer Klageabhilfe nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO vor.

  3. 3.

    Ein Finanzamt darf einen pflichtwidrig erst im Klageverfahren von ihm eingeholten Beschluss eines Gutachterausschusses für Grundstückswerte nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht zur Grundlage einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nehmen.

  4. 4.

    Bei der Bewertung im Vergleichswertverfahren nach § 182 Abs. 2 Nr. 1 BewG hat der Gesetzgeber die Ermittlung von Vergleichspreisen und -faktoren explizit den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte aufgegeben, da diesen auf Grund ihrer besonderen Sach- und Fachkenntnis und ihrer größeren Ortsnähe sowie der in hohem Maße von Beurteilungs- und Ermessenserwägungen abhängigen Wertfindung eine vorgreifliche Kompetenz bei der Feststellung von Vergleichspreisen und -faktoren zukommt. Eine fachliche Überprüfung durch - mit geringerer Sachkunde ausgestattete - Gerichte würde dem widersprechen. Die gerichtliche Überprüfung von Mitteilungen der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte ist auf offensichtliche Unrichtigkeiten beschränkt.

  5. 5.

    Die Einholung einer Mitteilung der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte von Vergleichspreisen steht nicht im Ermessen der Finanzämter. Dies folgt bereits aus den Wortlauten von § 182 Abs. 2 BewG und § 183 Abs. 1 S. 2 BewG, wonach Wohnungseigentum grundsätzlich im Vergleichswertverfahren zu bewerten ist, wobei Grundlage vorrangig die von den Gutachterausschüssen im Sinne des § 192 ff. BauGB mitgeteilten Vergleichspreise sind.

  6. 6.

    Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Beschränkung der gerichtlichen Überprüfung der Mitteilung der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte auf offensichtliche Unrichtigkeiten.

  7. 7.

    Die Regelung des § 198 Satz 1 BewG, mit der dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit gegeben wird, ggf. einen niedrigeren gemeinen Wert des übertragenen Grundbesitzes nachzuweisen, ist hinsichtlich der dadurch dem Steuerpflichtigen auferlegten Nachweislast verfassungsgemäß.

  8. 8.

    Die nach § 183 Abs. 1 S. 2 BewG erforderliche Berücksichtigung der Mitteilung von Vergleichspreisen durch die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte, auch insoweit als diese erst im finanzgerichtlichen Verfahren eingeholt wird, verstößt nicht gegen das durch das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) gebotene Bestimmtheitsgebot.

Tatbestand

Strittig ist die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 18. Januar 2016 für das Objekt xxx Wohnung 5.

Die Klägerin ist Alleinerbin ihrer am 18. Januar 2016 verstorbenen Mutter, Frau xxx, welche Alleineigentümerin des streitigen Objekts mit einer Größe von 57 qm war.

Mit Schreiben vom 2. August 2017 bat die Erbschaftsteuerstelle des Finanzamts xxx die Bewertungsstelle des Beklagten für Zwecke der Erbschaftsteuer (§ 12 Abs. 3 Erbschaftsteuergesetz - ErbStG -) unter der Bezeichnung des Einheitswerts-Aktenzeichens xxx und der Angabe einer Größe von 58 qm um Ermittlung des Grundbesitzwertes für das Objekt xxx ohne Angabe einer Wohnungsnummer.

Die Klägerin reichte am 18. Juli 2017 eine von ihr unterschriebene Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts beim Beklagten ein, in der sie beantragte, für das Objekt den Sachwert anzusetzen.

Der Beklagte erließ am 23. August 2017 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 18. Januar 2016 für Zwecke der Erbschaftsteuer, in welchem er einen Grundbesitzwert für das strittige Objekt i.H.v. 110.000 € feststellte. Zur Begründung führte er aus, die Bewertung sei auf der Grundlage von Kaufpreisen für Vergleichsgrundstücke (§ 183 Abs. 1 Bewertungsgesetz - BewG -) erfolgt und verwies als Anlage auf eine Immobilienpreisauskunft der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte in Niedersachen vom 8. August 2017 nach dem Immobilien-Preis-Kalkulator - IPK -.

Den Einspruch hiergegen wies der Beklagte mit Bescheid vom 27. April 2018 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, das Objekt sei im Vergleichswertverfahren zu bewerten. Dies sei mit dem IPK am 8. August 2017 erreicht worden. Der IPK beziehe sich dabei auf eine Analyse aus 527 Kauffällen für die Stadt xxx und komme zu dem dann festgesetzten Wert i.H.v. 110.000 €. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 27. April 2018 verwiesen.

Nachdem die Klägerin hiergegen mit Schriftsatz vom 24. Mai 2018 Klage erhoben hatte, wies der im damaligen Zeitpunkt zuständige Berichterstatter die Beteiligten darauf hin, dass nach Ansicht des Gerichts für die Frage der Feststellung des zutreffenden Grundbesitzwerts durch den Beklagten zunächst eine Auskunft des zuständigen Gutachterausschusses für Grundstückswerte xxx - GAG - nötig sei. Hieraufhin forderte der Beklagte mit Schreiben vom 27. Juni 2018 den GAG zur Mitteilung von Vergleichspreisen für das Grundstück in xxx Wohnung 5 auf den Besteuerungszeitpunkt 18. Januar 2016 auf und nannte dabei folgende Grundstücksmerkmale:

  • Objektart: Wohnungs-/Teileigentum (1.037/10.000-tel)

  • Lage: Gemarkung xxx Bl. 2301, Flurstück XXX

  • Grundstücksgröße: 107,640 qm (Anteilig von 1.038 qm insgesamt)

  • Wohnfläche: 57 qm - Baujahr (lt. Akte): 2002

  • vorgenommene Modernisierungsmaßnahmen: -,-

  • Anzahl der Geschosse: keine, die Wohnung befindet sich in einem Gesamtkomplex bestehend aus EG u. 1 OG (Mehrfamilienhaus mit 8 Wohneinheiten) im 1. OG

  • Ausstattung: mittel.

  • Garagen: Carport-XXX Nr. 5, Anzahl: 1

  • Keller: nein, Abstellraum, Anzahl: 1

  • weitere Merkmale: 2,44 qm Balkon.

Mit Schreiben vom 11. September 2018 übersandte der Beklagte den GAG-Beschluss vom 30. August 2018 über Vergleichspreise für eine steuerliche Bewertung für das Grundstück. Der Beschluss nennt 12 vergleichbare Objekte mit einem Durchschnittswert der Vergleichspreise i.H.v. 146.944 €. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 30. August 2018 verwiesen. Hierzu reichte der Beklagte mit Schreiben vom 5. Oktober 2022 ferner eine Erläuterung des GAG mit Schreiben vom 14. September 2022 zu den Gerichtsakten, auf welche wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird.

Mit Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 16. Januar 2019 wurde das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofs - BFH - in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen II R 7/18 angeordnet. Nachdem in der Sache II R 7/18 mit BFH-Urteil vom 14. Oktober 2020, BStBl II 2021, 665 [BFH 14.10.2020 - II R 7/18] eine Entscheidung ergangen war, wurde das Verfahren fortgesetzt.

Mit ihrer Klage machte die Klägerin mit Schriftsatz vom 5. Juni 2018 geltend, der Beklagte sei weder im Feststellungs- noch im Einspruchsverfahren seiner Verpflichtung zum ordnungsgemäßen Nachweis von durch den GAG mitgeteilten Vergleichswerten durch Vergleichspreise oder Vergleichsfaktoren nachgekommen. Wie sich aus dem Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 11. April 2014 I K 107/11, EFG 2014, 1364 ergebe, reiche die Anwendung des IPK der Gutachterausschüsse Niedersachsen nicht als Grundlage zur Beachtung der Vorgaben des § 183 Abs. 1 BewG aus. Aus diesem Grund hätte der Beklagte die Anwendung des beantragten Sachwertverfahrens nicht verweigern dürfen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 5. Juni 2018 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 4. Juli 2018 führte die Klägerin zur Begründung weiter aus, eine erst im finanzgerichtlichen Verfahren erfolgende Mitteilung des GAG habe keinerlei Auswirkungen auf den vorliegenden Streitfall. Gegenstand der vorliegenden Anfechtungsklage im Sinne des § 100 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - sei gemäß § 44 Abs. 2 FGO der Verwaltungsakt in Gestalt der Einspruchsentscheidung. Es komme hier nicht auf die im Zeitpunkt der Entscheidung in der Tatsacheninstanz bestehende Sach- und Rechtslage an, sondern auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Später eintretende Umstände seien nicht in die Rechtsmäßigkeitsprüfung der Behördenentscheidung einzubeziehen. Der Beklagte sei bereits im Vorverfahren von der Klägerin aufgefordert worden, die vom GAG mitgeteilten Vergleichspreise oder Vergleichsfaktoren zu benennen. Das Finanzamt habe die Einholung einer notwendigen Mitteilung des GAG unterlassen, so dass im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung (Einspruchsentscheidung) keine vom GAG mitgeteilten Vergleichspreise oder Vergleichsfaktoren vorgelegen hätten, die gegenüber einer Bewertung nach dem Sachwertverfahren vorrangig zu behandeln gewesen seien.

Außerdem fehle es vorliegend an einer Korrekturvorschrift zur Änderung der bisherigen Verwaltungsentscheidung, um diese auf Veranlassung des Niedersächsischen Finanzgerichts vom Beklagten nachgeholte Mitteilung des GAG zur Bewertung des vorliegenden Grundstücks zu verwenden. Die in einem Gutachten des Gutachterausschusses mitgeteilten Tatsachen seien keine neuen Tatsachen im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung - AO -, auch wenn sie der Sachbearbeiter des Finanzamts bei Erlass des ursprünglichen Steuerbescheides nicht gekannt habe (Hinweis auf BFH-Urteil vom 1. April 1998 X R 150/95, BStBl II 1998, 569). Denn nach dem auch im Steuerrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben sei es dem Beklagten versagt, unter Berufung auf das nachträgliche Bekanntwerden von Tatsachen oder Beweismitteln eine Steuerfestsetzung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern, wenn dem Sachbearbeiter des Finanzamts diese Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflichten bekannt gewesen wäre.

Im Lichte der Tatsache, dass dem Kläger im Feststellungsverfahren keine Auskunftsklage gegenüber dem Beklagten zustehe und ihm auch keine Mitwirkungspflicht dahingehend treffe, selbst beim GAG eine Mitteilung einzuholen, würde die sich aus § 182 BewG ergebende Ermittlungspflicht des Beklagten, welcher ja die Feststellungslast für die Anwendung des Vergleichswertverfahrens trage, dadurch ausgehöhlt werden, dass auch die nach der letzten behördlichen Entscheidung ergehende, nachgeholte Feststellung eines Vergleichswerts als neue Tatsache die Änderung der bisherigen Feststellung des Grundbesitzwertes nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gegebenenfalls zu Lasten des Steuerpflichtigen ermögliche.

Durch das Fehlverhalten des Beklagten würde damit der Steuerpflichtige dazu genötigt werden, entweder die rechtswidrige Grundbesitzwertfeststellung zu akzeptieren oder aber ihm drohe die abstrakte Gefahr, in einem anschließenden Klageverfahren bzw. selbst Jahre nach einem erfolgreichen Klageverfahren durch eine nachträgliche, nachgeholte Ermittlung des GAG eine Grundbesitzbewertung nach dem Vergleichswertverfahren mit möglicherweise deutlich ungünstigeren Wert akzeptieren zu müssen. Insbesondere wenn die nachgeholte oder nachträgliche Ermittlung des GAG von der rechtswidrigen Grundbesitzwertermittlung des Finanzamts zu Lasten des Steuerpflichtigen abweiche, würde diese Rechtsfolge gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen.

Dass im vorliegenden Fall eine Nachholung der versäumten Vorgaben der §§ 182, 183 BewG nicht möglich sei, lasse sich auch dem Wortlaut des § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG bzw. § 183 Abs. 2 Satz 1 BewG entnehmen. Soweit dort von "vorrangig" von den Gutachterausschüssen "mitgeteilten Vergleichspreisen" bzw. "mitgeteilten Vergleichsfaktoren" die Rede sei, beziehe der Gesetzeswortlaut sich auf einen Vorgang in der Vergangenheit. Folglich seien grundsätzlich nach § 182 BewG vom Finanzamt die vorrangig - und zuvor - vom GAG mitgeteilten Vergleichsfaktoren heranzuziehen, um danach die Bewertung im Vergleichswertverfahren vorzunehmen. Seien hingegen keine Vergleichswerte oder Vergleichsfaktoren mitgeteilt worden, könne, gleich aus welchem Grunde eine Mitteilung nicht vorliege, grundsätzlich § 183 BewG keine Anwendung im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung finden, so dass gemäß § 182 BewG eine Bewertung nach dem Sachwertverfahren zu erfolgen habe. Wegen den weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben der Klägerin vom 4. Juli 2018 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2018 trug die Klägerin nach Einreichung des Beschlusses des GAG vom 30. August 2018 durch den Beklagten vor, dem GAG habe offensichtlich nicht hinreichend aussagekräftiges Vergleichsmaterial zur Verfügung gestanden und den Verhältnissen des bewerteten Objekts sei nicht hinreichend Rechnung getragen worden. Für die Ermittlung von zulässigen Vergleichspreisen sei das Vorhandensein einer hinreichend großen Anzahl von Verkaufsfällen vorauszusetzen. Im Allgemeinen werde davon ausgegangen werden können, dass ein Stichprobenumfang von 30 Kaufpreisen eine statistisch zuverlässige Ableitung ermögliche. Vorliegend stünde jedoch nicht einmal die Hälfte der geforderten Kaufpreise zur statistisch zuverlässigen Ableitung zur Verfügung, so dass diesbezüglich bereits Zweifel an einem hinreichend geeigneten Vergleichspreis bestünden.

Nach § 183 Abs. 2 Satz 1 BewG seien bei Anwendung des Vergleichswertverfahrens Kaufpreise von Grundstücken heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmten. Dem Beschluss des GAG vom 30. August 2018 sei zu entnehmen, dass zur Beschaffenheit des Grundstücks (z. B. Grundstücksgröße und -gestalt) und dessen Lagemerkmalen (Verkehrsanbindung, Nachbarschaft, Wohn- und Geschäftslage, Umwelteinflüsse) keine Auskünfte gemacht werden könnten. Lediglich beim Begriff Lagewert werde offenbar der jeweilige Bodenrichtwert in €/qm angegeben. Als Umrechnungskoeffizienten werde im Vergleich zum Lagewert von 80 €/qm zu 110 €/qm eine Erhöhung mit einem Faktor von 0,1 vorgenommen, bei einem Lagewert von 110 €/qm zu 170 €/qm erfolge eine Erhöhung jedoch nur noch um einen Faktor von 0,12, obwohl ein Faktor von 0,2 naheliegend wäre.

Auch der Zustand der baulichen Anlagen werde nur hinsichtlich der Gebäudeart (Eigentumswohnung und im Baujahr) verglichen, wobei beim Baujahr abweichend vom Lagewert der Umrechnungskoeffizient für jedes Jahr um den Faktor 0,02 erhöht werde.

Zur Bauweise und Baugestaltung, Größe des Mehrfamilienhauses und Ausstattung, baulichem Zustand und Erträgen seien im Beschluss keine Angaben vorhanden.

Von den nur zwölf vorhandenen Vergleichsgrundstücken wiesen zwei Vergleichsgrundstücke (Nr. 3, 4) mit Baujahr 2009 einen um 30 € niedrigeren Lagewert auf als das Besteuerungsgrundstück. Drei Vergleichsgrundstücke (Nr. 1, 2, 11) mit Baujahr 2009 wiesen einen um 60 € höheren Lagewert auf. Keines der Vergleichsgrundstücke entspreche dem Baujahr des Besteuerungsgrundstücks und weiche hiervon mindestens zu mehr als 20 v. H. ab.

Beim Vergleich vom Kaufpreis zu Vergleichspreis zeige sich sodann, dass von allen Grundstücken mit Baujahr 2009 die beiden Grundstücke Nr. 3 und Nr. 4 mit einem niedrigeren Lagewert im Vergleich zum tatsächlichen Kaufpreis einen deutlich höheren Vergleichspreis (20 - 40 % über dem Kaufpreis) auswiesen, während die drei Grundstücke Nr. 1, 2 und 11 mit einem höheren Lagewert im Vergleich zum tatsächlichen Kaufpreis stets einen deutlich niedrigeren Vergleichspreis (2 - 8 % über dem Kaufpreis) auswiesen. Diese Diskrepanz beruhe auch nicht auf dem Unterschied bei der Wohnfläche, da das Grundstück Nr. 4 dieselbe Wohnfläche ausweise, wie die Grundstücke Nr. 2 und Nr. 11. Insbesondere beim Grundstück Nr. 11 stelle sich die Frage, warum ein Grundstück, das nur ein Jahr später als das Grundstück Nr. 4 veräußert worden sei und trotz gleichem Baujahr und gleicher Wohnfläche einen um 8.563 € niedrigeren Veräußerungspreis erzielen solle, wenn doch der Lagewert der Nr. 11 von 170 €/qm im Vergleich zum Lagewert der Nr. 4 von 80 €/qm um insgesamt 90 €/qm höher liege.

Gerade bei dieser Abweichung des Lagewerts um 113 % bei sonstiger nahezu absoluter Übereinstimmung der anderen angegebenen wertbildenden Faktoren und eines daraus folgenden niedrigeren Vergleichspreises für das Grundstück Nr. 11 bestünden erhebliche Zweifel an der Plausibilität, ob überhaupt eine ordnungsgemäße Bewertung durch den GAG vorgenommen worden sei und ob nur zwölf Vergleichsgrundstücke zur Anwendung der Ermittlung eines Vergleichspreises ohne Berücksichtigung wertbildender Faktoren wie Grundstücksgröße und -gestalt, Verkehrsanbindung, Nachbarschaft, Wohn- und Geschäftslage, Umwelteinflüsse, Bauweise und Baugestaltung, Ausstattung, baulicher Zustand und Erträge den Anforderungen des Gesetzgebers zur hinreichenden Vergleichbarkeit genügten. Hinzutrete, dass nicht ein einziges der angegebenen zwölf Vergleichsgrundstücke bei sämtlichen angegebenen wertbildenden Faktoren (Lagewert, Baujahr, Wohnfläche) eine Abweichung von weniger als 20 % zum Besteuerungsgrundstück aufweise. Das einzige Grundstück Nr. 12 mit dem exakt gleichen Lagewert, das nicht um mehr als 20 % vom Besteuerungsgrundstück abweiche, weiche bereits beim Alter des Objekts im Zeitpunkt des Verkaufs um mehr als 40 % ab.

Erstaunlicherweise ergebe sich beim Grundstück Nr. 12 ein Vergleichspreis von 112.985 €, der um etwa 34.000 € niedriger liege, als das Besteuerungsgrundstück (146.944 €), obwohl Nr. 12 im Vergleich zum Besteuerungsgrundstück bei gleichem Lagewert (110 €/qm) ein deutlich höheres Baujahr (2008) und eine größere Wohnfläche (61 qm) aufweise. Diese um 24 v. H. bestehende Preisabweichung widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, wenn es sich bei dem Objekt Nr. 12 um ein hinreichendes Vergleichsobjekt handeln solle. Insgesamt zeige sich damit, dass entgegen § 9 Abs. 2 Immobilienwertverordnung die vom GAG genannten Kaufpreise der zwölf Grundstücke, die in ihren Grundstücksmerkmalen allesamt um mehr als 20 % voneinander abwichen, auch nicht durch die Zu- oder Abschläge (Indexreihe, Umrechnungskoeffizienten) als Vergleichsgrundstücke geeignet seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 1. Oktober 2018 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2019 machte die Klägerin weiter geltend, nach dem Wortlaut von § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG seien Kaufpreise von Grundstücken heranzuzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmalen mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmten. Ob die den Wert beeinflussenden Merkmale der vom GAG angegebenen Vergleichsobjekte hinreichend mit dem streitigen Objekt übereinstimmten, sei damit explizit einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Die mitgeteilten Vergleichspreise seien nur Grundlage, müssten aber nicht zwingend den Gesetzesvorgaben in § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG entsprechen, denn es sei nicht hoheitliche Aufgabe der Gutachterausschüsse, die korrekte Anwendung der gesetzlichen Vorgaben des § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG zu beachten, sondern den Vorgaben des § 193 Abs. 1 BauGB zu entsprechen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 9. Januar 2019 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2021 vertrat die Klägerin die Auffassung, eine etwaige Bindungswirkung der Mitteilungen von Gutachterausschüssen zur Höhe von Vergleichspreisen widerspreche dem effektiven Rechtsschutz des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz - GG -. Die Bindung einer Behörde an eine vorangehende Feststellung oder Entscheidung einer anderen Behörde müsse sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BverfG - hinreichend klar aus einer gesetzlichen Bestimmung ergeben. Außerdem müsse gegen die mit Bindungswirkung ausgestatte Teil- oder Vorentscheidung ihrerseits effektiver Rechtsschutz zur Verfügung stehen und die Aufspaltung des Rechtsschutzes mit einer etwaigen Anfechtungsfrist gegenüber der Vorentscheidung für den Bürger klar erkennbar und nicht mit unzumutbaren Risiken und Lasten verbunden sein.

Diese vom BVerfG genannten Voraussetzungen seien bei Annahme einer verbindlichen und bindenden Vorentscheidung der Gutachterausschüsse über die Höhe des Vergleichspreises für die Finanzverwaltung nicht erfüllt, da es sowohl an einer hinreichend klaren Bestimmung und Erkennbarkeit der Bindungswirkung, als auch an einem effektiven Rechtsschutz gegen die Entscheidung des Gutachterausschusses selbst fehle und der Bürger unter Verweis auf § 198 BewG bei auch nur geringfügigen Abweichungen mit hohen Gutachterkosten und damit unzumutbaren Risiken und Lasten belastet werde, um einen vom Gutachterausschuss abweichenden Vergleichspreis zu belegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 22. Dezember 2021 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 11. Februar 2022 führte die Klägerin an, die offensichtlich fehlerhafte Berechnung der vom GAG mitgeteilten Vergleichspreise führe nach der Rechtsprechung des Finanzgerichts München vom 29. Januar 2020, 4 K 2487/19DStRE 2021, 867 dazu, dass aufgrund der dargelegten offensichtlichen Berechnungsfehler geeignete Vergleichspreise bzw. Vergleichsfaktoren fehlten und damit eine Bewertung im Sachwertverfahren zuzulassen sei. In Entsprechung zu den Beschlüssen des Finanzgerichts Köln vom 11. April 2019, 4 V 405/19, EFG 2019, 1258 und des Finanzgerichts Hamburg vom 7. Juli 2015, 3 K 244/14, juris bestehe somit auch keine eingeschränkte finanzgerichtliche Überprüfbarkeit hinsichtlich der Fragen, ob die vom GAG mitgeteilten Vergleichspreise bzw. Vergleichsfaktoren überhaupt als geeignet qualifiziert werden könnten. Wegen den weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 11. Februar 2022 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 18. März 2022 trug die Klägerin weiter vor, der Beklagte habe sich erstmals im Klageverfahren um die Einreichung der Mitteilung des Gutachterausschusses zur Anwendung eines Vergleichswertverfahrens bemüht. Ein Nachschieben von Gründen durch den Beklagten sei bei einer Ermessensentscheidung nach § 102 FGO nicht zulässig, wenn der Verwaltungsakt dadurch eine vollständig neue Begründung erhalte. Bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung könne das Finanzgericht nur die Tatsachen zugrunde legen, die zur Zeit der letzten Verwaltungsentscheidung gegeben gewesen seien. § 102 S. 2 FGO gestattet es dem Beklagten nur, bereits an- oder dargestellte Ermessensentscheidung zu vertiefen, zu verbreitern oder zu verdeutlichen, nicht jedoch Ermessenserwägungen erstmals anzustellen, Ermessensgründe auszuwechseln oder vollständig nachzuholen.

Vorliegend habe der Beklagte in der Einspruchsentscheidung von der Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, eine Mitteilung des Gutachterausschusses einzuholen, um eine Anwendung des Vergleichswertverfahren zu begründen, sondern sich allein auf eine IPK-Analyse berufen. Hierbei handele es sich jedoch nicht um vom GAG mitgeteilte Vergleichspreise, die eine Anwendung des Sachwertverfahrens ausschlössen. Mithin hätten zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung keine mitgeteilten Vergleichswerte des GAG vorgelegen. Der Änderung des Bescheids vom 23. August 2017 über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 18. Januar 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. April 2018 durch Nachholung der von dem GAG mitgeteilten Vergleichspreisen stehe das sich aus der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 3 GG ergebende sogenannte Verböserungsverbot entgegen. Wegen den weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 18. März 2022 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 29. April 2022 führte die Klägerin weiter aus, in Analogie zur Entscheidung des BFH-Urteils vom 18. September 2019, II R 13/16, BStBl II 2020, 760 über die Anwendung von geeigneten Liegenschaftszinssätzen nach § 188 Abs. 2 BewG in der Fassung vor dem 23. Juli 2021 müsse auch für die vorliegende, streitentscheidende Frage der Anwendung des § 182 Abs. 4 Nr. 1 BewG der Grundsatz gelten, dass die Anwendung des Sachwertverfahrens heranzuziehen sei, wenn zum Zeitpunkt der Feststellung des Grundbesitzwerts für Zwecke der Erbschaftssteuer den Finanzbehörden keine geeigneten Vergleichswerte oder Vergleichsfaktoren gemäß § 183 Abs. 1 Satz 2 BewG durch den Gutachterausschuss mitgeteilt worden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 29. April 2022 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 10. Juni 2022 trug die Klägerin vor, nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG gelte für alle Abgaben als allgemeiner Grundsatz, dass abgabenbegründende Tatbestände so bestimmt sein müssten, dass der Abgabenpflichtige die auf ihn entfallende Abgaben in gewissem Umfang vorausberechnen könne (Hinweis auf BVerG-Beschluss vom 17. Juli 2003, 2 BvL 1/99, BVerfGE 108,186). In Ermangelung einer Mitteilung von Vergleichspreisen des Gutachterausschusses Aurich zum Zeitpunkt des Erlasses des Grundbesitzwertfeststellungsbescheids, verstoße eine Berücksichtigung der nachträglichen, erst im Klageverfahren erfolgten Mitteilung von Vergleichspreisen des Gutachterausschusses Aurich gegen den vom BVerfG geforderten allgemeinen Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips im Bereich des Abgabewesens (Art. 20 Abs. 3 GG). Die Nichtbeachtung dieses Grundsatzes führe im vorliegenden Fall dazu, dass dem Beklagten rechtswidrig bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch im Klageverfahren die Möglichkeit eröffnet werde, statt des Sachwertverfahrens das Vergleichswertverfahren zur Begründung einer fehlerhaften, erhöhten Steuerfestsetzung heranzuziehen. Eine Beachtung der in §§ 182 Abs. 4 Nr. 1, 183 Abs. 1 Satz 2 BewG enthaltenen steuerbegründende Tatbestandsmäßigkeit führe dazu, dass spätestens zum Zeitpunkt der Feststellung des Grundbesitzwertes einer Mitteilung von Vergleichspreisen durch den GAG vorliege, die es der Klägerin ermögliche, die auf sie entfallende Steuerlast vorausberechnen zu können. Die Ermöglichung einer erst im Klageverfahren erfolgten Anwendung des Vergleichswertverfahrens nach § 183 BewG lasse es jedoch nicht zu, dass die Klägerin sich über Grund und Umfang ihrer Steuerpflicht im Voraus vergewissern könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 10. Juni 2022 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 12. August 2022 machte die Klägerin geltend, auch in Analogie zur Entscheidung des BFH mit Urteil vom 25. August 2010, II R 42/09, BStBl II 2011, 205 zur Berücksichtigung der von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Bodenrichtwerten führe die fehlende Mitteilung von geeigneten Vergleichspreisen/-faktoren durch den GAG im Zeitpunkt der Feststellung des Grundstückwertes "auffangweise" aufgrund des Gesetzesvorbehalts in § 182 Abs. 4 Nr. 1 BewG zur Anwendung des Sachwertverfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 12. August 2022 verwiesen.

Nachdem der jetzige Berichterstatter den Beklagten mit Schriftsatz vom 12. August 2022 darauf hinwies, dass die Mitteilung des GAG vom 30. August 2018 keine genaue Beschreibung des Objekts enthalte, trug die Klägerin vor, das Gericht habe hiermit gegen den Neutralitätsgrundsatz verstoßen und verletze ferner die gesetzlich normierte Unabhängigkeit des GAG gemäß § 192 Abs. 1 BauGB. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 16. August 2022 verwiesen.

Mit Schreiben vom 2. November 2022 rügte die Klägerin die Amtsermittlungspflicht des Gerichts und die Gewährleistung eines fairen Verfahrens. Eine Verwendung der vom GAG genannten Umrechnungskoeffizienten sei nicht sachgerecht, da die Grundstücksmerkmale zu stark voneinander abwichen, so dass sich die Abweichungen nach Anwendung der Grundstückskoeffizienten nochmals verstärkten. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 2. November 2022 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 17. April 2023 begründet die Klägerin ihre Ansicht weiter, dass die vom Niedersächsischen Finanzgericht in seinem Urteil vom 1. Dezember 2022, 1 K 90/19 angenommene nur eingeschränkte Überprüfbarkeit der vom GAG ermittelten Vergleichswerte rechtsfehlerhaft sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Klägerin vom 17. April 2023 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2023 machte die Klägerin unter Hinweis auf das Urteil des BFH vom 24. August 2022, II R 14/20, BStBl II 2023, 693 erneut geltend, dass für den Beklagten ein Auswahlermessen zwischen einer Bewertung nach Vergleichspreisen oder Vergleichsfaktoren bestanden habe. Diese Rechtsauffassung vertrete auch die Finanzverwaltung in R B 183 Erbschaftsteuerrichtlinien - ErbStrR -, wonach Vergleichspreis- und Vergleichsfaktorenverfahren gesetzessystematisch gleichrangig nebeneinanderstünden und somit ein Auswahlermessen bestünde. In Entsprechung zum Sachverhalt, der dem BFH in seiner Entscheidung vom 24. August 2022 II R 14/20, BStBl II 2023, 693 zugrunde gelegen habe, habe im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt des Erlasses des Grundbesitzwertfeststellungsbescheids keine Mitteilung des GAG zum Vergleichswertverfahren vorgelegen, so dass in Ermangelung der vorrangig vom Gutachterausschuss mitgeteilten Vergleichswerte eine Nachholung des fehlenden Auswahlermessens im gerichtlichen Verfahren nach § 102 FGO ausgeschlossen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 22. Mai 2023 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 11. Juli 2023 berief die Klägerin sich darauf, dass der Beklagte die Rechtsauffassung der Klägerin teile, dass die Anwendung des § 183 BewG ein Auswahlermessen zur Anwendung von durch den GAG mitgeteilten Vergleichspreisen oder Vergleichsfaktoren beinhalte. Da sämtliche vorrangigen Wertermittlungsmethoden nach § 183 BewG zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung nicht vorgelegen hätten bzw. angewendet worden seien, müsse vorliegend das Sachwertverfahren zur Anwendungen gelangen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 11. Juli 2023 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 11. September 2023 machte die Klägerin ferner geltend, die Auslegung der §§ 182, 183 Abs. 1, 2 BewG im Sinne eines übergeordneten normativen Befehls zur zwangsläufigen Verpflichtung aller Finanzämter, stets von Gutachterausschüssen die Mitteilung von Vergleichswerten zu fordern, würde ein normatives Defizit im Sinne eines widersprüchlichen auf Ineffektivität angelegtes Normengefüges zur Folge haben und gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung verstoßen. Wolle man der Auffassung des erkennenden Senats folgen, dass die Finanzbehörden verpflichtet seien, aktive Anfragen zur Mitteilung von Vergleichspreisen vom Gutachterausschuss zu fordern, seien die beiden ehrenamtlichen Mitglieder des GAG zeitlich und personell völlig überfordert, diese Auskünfte in sachlicher Hinsicht in angemessener Zeit zu bearbeiten, so dass ein sogenanntes strukturelles Vollzugsdefizit die Folge sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 11. September 2023 verwiesen.

Nachdem der Berichterstatter den Beklagten mit Schreiben vom 21. Juli 2023 darauf hingewiesen hatte, dass ausgehend von dem vom Beklagten angenommenen ihm zustehenden Auswahlermessen das Abstellen in der Einspruchsentscheidung vom 27. April 2018 auf die Bewertung nach dem IPK ermessensfehlerhaft gewesen sein dürfte, teilte der Beklagte mit Schreiben vom 17. November 2023 mit, dass er an dem angefochtenen Bescheid nicht weiter festhalte und diesen deshalb aufheben werde. Durch den Aufhebungsbescheid würde sich der Rechtsstreit aus Sicht des Beklagten erledigt.

Mit Schriftsatz vom 21. November 2023 beantragte die Klägerin das Verfahren auch bei Erlass des angekündigten Aufhebungsbescheids nach § 68 Satz 1 FGO i.V.m. Art 20 Abs. 3 GG fortzusetzen. Ihrem Klageantrag aus dem Schriftsatz vom 24. Mai 2018 sei zu entnehmen, dass sie neben ihrem Begehren der Anfechtung des Vergleichswertverfahrens zugleich eine Verpflichtungsklage zur Festsetzung eines Grundbesitzwertes nach dem Sachwertverfahren erhoben habe. Dieses Verpflichtungsbegehren sei von ihr mit dem Einspruch im vorliegenden Verfahren erfolglos geltend gemacht und damit das nach § 44 Abs. 1 FGO erforderliche Vorverfahren durchgeführt worden. Der Aufhebung müsse und solle aus der Sicht des Beklagten eine erneute Sachentscheidung in derselben Steuersache nachfolgen, denn dem Klagebegehren der Klägerin werde durch den Aufhebungsakt allein nicht Rechnung getragen. Einer Erledigung der Hauptsache werde die Klägerin nicht zustimmen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 21. November 2023 verwiesen.

Mit Bescheid vom 12. Dezember 2023 hob der Beklagte den Bescheid vom 23. August 2017 nach § 130 AO auf und führte zur Erläuterung aus, die Aufhebung erfolge im Rahmen des anhängigen Klageverfahrens. Ferner teilte der Beklagte mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2023 mit, er beabsichtige einen neuen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 18. Januar 2016 für Zwecke der Erbschaftsteuer zu erlassen, in dem er den Grundbesitzwert erneut nach dem Vergleichswertverfahren ermitteln werde.

Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2023 beantragte die Klägerin den rechtswidrigen Aufhebungsbescheid vom 12. Dezember 2023 aufzuheben. Kraft ausdrücklicher Vorschrift in § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 d) 2. Halbsatz AO seien die §§ 130, 131 AO auf Steuerbescheide nicht anwendbar. Die Änderung bzw. Aufhebung des Bescheids über die gesonderte Feststellung könne nur nach den Korrekturvorschriften der §§ 172 ff. AO erfolgen. Die Klägerin habe ihre Einwilligung zur Aufhebung des Bescheids auch nicht nach § 172 AO erteilt, da sie die Änderung des Bescheids unter Ansatz der Bewertung nach dem Sachwertverfahren begehre. Es lägen keine neuen Tatsachen i.S.d. § 173 AO vor, die eine Aufhebung des Bescheids rechtfertigten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 14. Dezember 2023 verwiesen.

Mit Bescheid vom 27. Februar 2024 setzte der Beklagte den Grundbesitzwert auf 146.944 € fest und verwies in den Erläuterungen auf die in der Anlage beigefügte Mitteilung des Gutachterausschusses vom 30. August 2018.

Mit Schriftsatz vom 29. Februar 2024 machte die Klägerin geltend, der Feststellungsbescheid vom 27. Februar 2024 enthalte keine neuen Streitpunkte und sei kraft Gesetzes Gegenstand des Verfahrens nach § 68 S. 1 FGO geworden. Der Klageantrag auf Herabsetzung des Werts auf 80.955 € bleibe unverändert bestehen.

Nachdem der jetzige Berichterstatter mit Schreiben vom 23. Juli 2024 darauf hingewiesen hatte, dass die wertbeeinflussenden Umstände eines zu bewertenden Objekts aus dem GAG-Beschluss selbst hervorgehen müssten, übersandte der Beklagte mit Schreiben vom 22. August 2024 einen neugefassten Beschluss über Vergleichspreise für eine steuerliche Bewertung des GAG vom 13. August 2024, in dem die wertbeeinflussenden Umstände des strittigen Objekts (Baujahr, Wohnfläche, etc.) - anders als in dem Beschluss vom 30. August 2018 - aufgeführt werden. Im Übrigen nennt der Beschluss wie schon der Beschluss vom 30. August 2018 12 Objekte und einen Durchschnittswert der Vergleichspreise i.H.v. 146.944 €. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des GAG vom 13. August 2024 verwiesen.

Nach den Erläuterungen in dem ebenfalls übersandten Begleitschreiben des GAG vom 13. August 2024 führte dieser eine Selektion in der Kaufpreissammlung durch, um evtl. vergleichbare Objekte ausfindig zu machen, wobei Selektionseinschränkungen, die bei der Selektion verwendet worden seien, auf den vom Beklagten mitgeteilten Angaben zum Bewertungsobjekt basierten. Es seien nur solche Eigentumswohnungen als Vergleichsobjekte verwendet worden, die sich in xxx befänden. Es werde darauf hingewiesen, dass das Besteuerungsobjekt nicht besichtigt worden sei. Die beschreibenden Merkmale des Besteuerungsobjektes seien in dem Beschluss dargestellt. Die zum Vergleich geeigneten Kauffälle seien zusammen mit den originären wertbeeinflussenden Merkmalen in der Tabelle des Beschlusses aufgeführt. Die dazu aufgeführten Merkmale beruhten auf den vom Finanzamt mitgeteilten Daten. Die wertrelevanten Abweichungen in den Grundstücksmerkmalen der Vergleichsobjekte vom Wertermittlungsobjekt seien durch Anpassung der Kaufpreise berücksichtigt worden. Dafür würden die in den Grundstücksmarktberichten des GAG veröffentlichten Umrechnungskoeffizienten benutzt. Die zeitliche Preisentwicklung werde mit Hilfe der Indexreihe für Eigentumswohnungen, welche ebenfalls dort veröffentlicht sei, berücksichtigt.

Die Klägerin trug hieraufhin weiter wie folgt vor: Der nunmehr nachträglich gefasste GAG-Beschluss vom 13. August 2024 sei in Bezug auf das in § 183 Abs. 1 und Abs. 2 BewG normierte Auswahlermessen des Beklagten unbeachtlich, da die fehlende Erwägung des Beklagten zur Anforderung von Vergleichspreisen oder Vergleichsfaktoren vor Erlass der Einspruchsentscheidung niemals einen allein formalen Mangel darstelle, sondern zwingend materiell-rechtliche Auswirkung habe.

Schon dem Wortlaut des § 183 Abs. 1 BewG ("...sind vorrangig die von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreise") sei zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die Zeitform des Verbs "mitteilen" im Plusquamperfekt (hatte mitgeteilt) gesetzt habe. Das Plusquamperfekt drücke Vergangenheit aus in Bezug auf einen vergangenen Zeitpunkt (Vorvergangenheit). Es besage, dass ein Geschehen zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen gewesen sei, aber noch nachwirke. Da zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung im Rahmen des Auswahlermessens keine Vergleichspreise oder Vergleichsfaktoren ("anstelle von...") vom GAG vorgelegen hätten, bestehe mithin eine Ermessensreduzierung auf Null zur zwingenden Anwendung des Sachwertverfahrens.

Die Klägerin beantragt,

xxx

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Für die Ermittlung des Grundstückwertes anhand des Sachwertverfahrens bestehe aufgrund der Nachrangigkeit dieses Verfahrens kein Anlass (vgl. § 182 Abs. 4 BewG). Selbst wenn - was bestritten werde - der von dem GAG übermittelte Vergleichspreis der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden dürfe, müssten vorrangig (vor Anwendung des Sachwertverfahrens) gegebenenfalls durch den GAG ermittelte Vergleichsfaktoren bei der Berechnung des Grundstückswertes zugrunde gelegt werden. Für eine Anforderung von Vergleichsfaktoren bestehe aufgrund des vorliegenden Vergleichspreises aber keine Veranlassung.

Die Abweichungen der Vergleichsgrundstücke zu dem angefragten Objekt seien durch den GAG mittels Umrechnungskoeffizienten auf das Vergleichsgrundstück angepasst worden. Die von der Klägerin vorgetragenen Abweichungen der wertbildenden Faktoren (Lagerwert, Baujahr, Wohnfläche) seien daher durch den GAG berücksichtigt worden. Eine weitere Differenzierung nach Verkehrsanbindung, Nachbarschaft, Wohnungen Geschäftslage, Umwelteinflüsse etc., sei nicht erforderlich und im Übrigen auch nicht leistbar, da dieses im Ergebnis auf eine Einzelwertermittlung für dieses Grundstück hinauslaufen würde

Die von der Klägerin vorgetragenen offenbaren Unrichtigkeiten sowie Berechnungsfehler lägen nicht vor. Beim Grundvermögen gebe es keinen absoluten und sicher realisierbaren Marktwert, sondern allenfalls ein Marktniveau, auf dem sich mit mehr oder weniger großen Abweichungen vertretbare Verkehrswerte bildeten. Die Verkehrswertermittlung von Grundvermögen könne von vornherein nur Annäherungswerte an den ohnehin nicht exakt zu bestimmenden Wert erreichen. Einer Schätzung immanent seien zu berücksichtigende Streuungsbreiten. Ein Verkaufspreis/Marktpreis für das betroffene Grundstück auf den Stichtag sei ja gerade nicht vorhanden.

Die Anpassungsfaktoren dienten einer Wertanpassung und nicht zu einer auf den Cent genauen Umrechnungsermittlung. Bei unterschiedlichen Ausgangsgrundstücken sei es geradezu unwahrscheinlich, zu immer exakt demselben Grundstückswert für das Vergleichsgrundstück zu gelangen. Ausgangspunkt der Anpassungsfaktoren seien schließlich die vereinbarten Kaufpreise. Diese seien u.a. auch von dem Verhandlungsgeschick der Vertragsparteien abhängig. Ein Grundstücksverkauf desselben Grundstücks würde daher bei unterschiedlichen Vertragsparteien mit hoher Wahrscheinlichkeit nie dasselbe Ergebnis erzielen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben des Beklagten vom 27. Juni 2018, 11. September 2018, 19. Dezember 2018, 10. November 2021, 9. Februar 2022, 17. März 2022, 20. Mai 2022, 8. August 2022, 4. Oktober 2022, 19. Januar 2023, 16. Mai 2023 und vom 30. Juni 2023 verwiesen.

Das Gericht hat neben der Bedarfswertakte die Einheitswertakte mit dem Aktenzeichen XXX beigezogen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Die Bescheide vom 27. Februar 2024 und vom 12. Dezember 2023 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 18. Januar 2016 für Zwecke der Erbschaftsteuer in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. April 2018 ist rechtmäßig. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die strittige Immobilie im Vergleichswertverfahren zu bewerten ist; die Festsetzung eines höheren Werts durch das Gericht ist ausgeschlossen.

I. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig.

Begehrt ein Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder wie vorliegend eine drauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht nach § 100 Abs. 2 S. 1 FGO den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Statthafte Klageart für ein Klagebegehren, mit dem in einem sogenannten Geldbescheid der Geldbetrag nicht antragsgemäß festgesetzt wird, ist daher die Anfechtungsklage in Form der Abänderungsklage, die gegenüber der Verpflichtungsklage vorrangig ist (vgl. m.w.N. BFH-Urteil vom 21. März 2002 III R 30/99, BStBl II 2002, 547; Teller in Gräber, FGO, 9 Aufl., § 40 Rz 17).

Vorliegend begehrt die Klägerin eine Abänderung der vom Beklagten vorgenommenen Feststellung des Grundbesitzwertes des strittigen Objekts, so dass sie im Termin zur mündlichen Verhandlung zu Recht einen entsprechenden Anfechtungsantrag gestellt hat.

II. Der Senat kann auch über die Rechtmäßigkeit der im finanzgerichtlichen Verfahren ergangenen Bescheide vom 27. Februar 2024 und vom 12. Dezember 2023 entscheiden, da diese gemäß § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Verfahrens geworden sind.

Gem. § 68 Satz 1 FGO wird ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens, wenn der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oderersetzt wird. Die Begriffe "ändern" und "ersetzen" sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH entsprechend dem Sinn und Zweck der Vorschrift, ein erneutes Verfahren zu vermeiden, weit auszulegen (vgl. BFH-Urteile vom 24. Mai 1991 III R 105/89, BStBl II 1992, 123; vom 27. April 2004 X R 28/02, BFH/NV 2004, 1287; vom 9. Mai 2012 I R 91/10, BFH/NV 2012, 2004). Entscheidend ist die Identität des Adressaten und des Regelungsbereichs beim ursprünglich angefochtenen Bescheid einerseits und beim neuen Bescheid andererseits. Es reicht aus, dass der ursprüngliche Verwaltungsakt durch Erlass des neuen Verwaltungsaktes seine Wirkung verliert und das sowohl Beteiligter als auch Besteuerungsgegenstand hinsichtlich beider Verwaltungsakte identisch sind (vgl. BFH-Urteil vom 26. November 2008 X R 15/07, BStBl II 2009, 710; BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2013 X B 160/12, BFH/NV 2014, 558). Letzteres liegt vor, wenn Steuerart und Besteuerungszeitraum identisch sind (vgl. m.w.N. Herbert in Gräber, FGO, 9. Aufl., § 68 Rz 20).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Bescheide vom 27. Februar 2024 und vom 12. Dezember 2023 gem. § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden, da beide Bescheide dieselbe Streitsache und die gleichen Beteiligten betreffen. Der Aufhebung des angefochtenen Bescheids sollte aus Sicht des Beklagten wie aus dessen Schriftsatz vom 12. Dezember 2023 hervorging eine erneute Sachentscheidung in derselben Steuersache nachfolgen, wobei der Grundbesitzwert erneut nach dem Vergleichswertverfahren ermittelt werden sollte. Es widerspräche dem Ziel der Vorschrift, ein erneutes Verfahren zu verhindern, wenn ein Kläger in Fällen, in denen das Finanzamt zwecks Korrektur eines Bescheids diesen zunächst aufhebt und im Anschluss daran einen neuen Bescheid in derselben Streitsache erlässt, anstatt den rechtswidrigen Bescheid ohne vorherige Aufhebung unmittelbar zu ändern, der Kläger ein neues Verfahren gegen den neuen Bescheid anstreben müsste (vgl. FG Münster Urteil vom 24. Juni 2020 13 K 1482/19 AO, juris).

III. Die Bescheide vom 27. Februar 2024 und vom 12. Dezember 2023 sind rechtswidrig.

1. Der Beklagte durfte den Bescheid vom 12. Dezember 2023 mangels Rechtsgrundlage nicht erlassen.

a) Entgegen der vom Beklagten im Bescheid vom 12. Dezember 2023 angegebenen Rechtsgrundlage durfte der Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 18. Januar 2016 für das strittige Objekt nicht nach § 130 AO aufgehoben werden. Nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst d 2. Hs. AO gelten die §§ 130 und 131 FGO für die Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden nicht. Kraft Verweisung in § 181 Abs. 1 S. 1 AO, wonach für die gesonderte Feststellung die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß gelten, gilt dies auch im vorliegenden Fall.

b) Eine Aufhebungsbefugnis ergibt sich auch nicht aus § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO.

Nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO kann ein Steuerbescheid nur aufgehoben oder geändert werden, soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird; dies gilt jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen nur, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat oder soweit die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft.

Der Senat ist der Ansicht, dass in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Beklagte einen angefochtenen Feststellungsbescheid in der Absicht aufhebt, zu einem späteren Zeitpunkt einen verbösernden Neubescheid zu erlassen, kein Fall einer Klageabhilfe vorliegt. Nicht nur wurde dem Klagebegehren der Klägerin durch den Aufhebungsbescheid vom 12. Dezember 2023 und dem nachfolgenden Bescheid vom 27. Februar 2024 - auch nicht teilweise - abgeholfen, sondern die Klägerin wurde durch den verbösernden Bescheid vom 27. Februar 2024 sogar schlechter gestellt. Eine Aufhebungsbefugnis nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO war aus diesem Grund für den Beklagten nicht gegeben.

In der Rechtsprechung des BFH, welcher der Senat folgt, ist überdies anerkannt, dass eine Änderung eines Steuerbescheides sich nicht nur dann zu Ungunsten des Steuerpflichtigen auswirkt, wenn die Steuer heraufgesetzt wird, sondern auch schon dann, wenn die verfahrensrechtliche Stellung des Steuerpflichtigen verschlechtert wird (vgl. m.w.N. BFH-Urteil vom 9. Dezember 2009 II R 39/07, BFH/NV 2010, 821). Auch aus diesem Grund ist eine Befugnis des Beklagten zum Erlass des streitgegenständlichen Aufhebungsbescheids nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO im vorliegenden Fall zu verneinen, denn der streitgegenständliche Aufhebungsbescheid war geeignet, die verfahrensrechtliche Stellung der Klägerin zu verschlechtern wie die in der Folgezeit vom Beklagten ja tatsächlich vorgenommenen Verböserung zeigt (zum finanzgerichtlichen Verböserungsverbot vgl. BFH-Urteil vom 16. Juli 2020 IV R 30/18, BStBl 2021, 939).

c) Der Beklagte durfte den angefochtenen Bescheid auch nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO aufheben, wonach Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern sind, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen.

Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 AO ist alles, was Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Steuertatbestands sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art. Keine Tatsachen i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind demgegenüber Schlussfolgerungen aller Art, insbesondere juristische Subsumtionen (ständige Rechtsprechung, z.B. m.w.N. BFH-Urteil vom 21. Februar 2017 VIII R 46/13, BStBl II 2017, 745). Nachträglich bekannt geworden ist eine Tatsache, wenn sie das Finanzamt beim Erlass des geänderten Steuerbescheids noch nicht kannte (vgl. m.w.N. BFH-Urteil vom 21. Februar 2017 VIII R 46/13, BStBl II 2017, 745).

Ob es sich bei dem GAG-Beschluss vom 30. August 2018 über Vergleichspreise für eine steuerliche Bewertung für das strittige Objekt um eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache i.S.d. Vorschrift handelt, kann vorliegend offenbleiben. Denn der Beklagte war jedenfalls nach den Grundsätzen von Treu und Glauben daran gehindert, einen Änderungsbescheid hierauf zu stützen.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass das Finanzamt nach den Grundsätzen von Treu und Glauben daran gehindert ist, einen Bescheid gestützt auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern, wenn ihm die tatsächlich erst später bekannt gewordenen Tatsachen trotz ordnungsgemäßer Mitwirkung des Steuerpflichtigen bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Amtsermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wären (vgl. m.w.N. BFH-Urteile vom 29. November 2017 II R 52/15, BStBl II 2018, 419; vom 8. Dezember 2011 VI R 49/09 VI R 49/09, BFH/NV 2012, 692 [BFH 08.12.2011 - VI R 49/09]). Dies ist hier der Fall. Denn nach Auffassung des erkennenden Senats (vgl. Urteile vom 11. April 2014 1 K 107/11, EFG 2014, 1364; vom 7. Dezember 2017 1 K 219/15, EFG 2018, 619; vom 1. Dezember 2022 1 K 90/19, EFG 2023, 760) bestand eine Verpflichtung für den Beklagten bereits im Verwaltungsverfahren einen entsprechenden Beschluss des GAG einzuholen (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 24. August 2022 II R 14/20, BStBl II 2023, 693). Mithin durfte der Beklagte den pflichtwidrig erst im Klageverfahren von ihm eingeholten Beschluss des GAG nicht zur Grundlage einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nehmen.

2. Mangels zulässigem Aufhebungsbescheid hätte auch der Bescheid vom 27. Februar 2024 nicht ergehen dürfen.

Da der Bescheid vom 12. Dezember 2023, wie oben ausgeführt, rechtswidrig ist und daher keinen Bestand haben kann, tritt der ursprünglich angefochtene Feststellungsbescheid vom 23. August 2017 wieder in Kraft (vgl. m.w.N. Herbert in Gräber, FGO, 9. Aufl., § 68 Rz 76), so dass aufgrund der Bindungswirkung dieses zuletzt genannten Bescheids für einen neuen Erstbescheid kein Raum ist.

Ob sich der Bescheid vom 27. Februar 2024, welcher vom Beklagte in der unzutreffenden Annahme erlassen wurde, dass es sich hierbei um einen neuen Erstbescheid handelt, in einen Änderungsbescheid umdeuten lässt (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 22. August 2007 II R 44/05, BStBl II 2009, 754), kann vorliegend offenbleiben. Denn eine Änderungsbefugnis nach §§ 172 ff. AO ist nicht gegeben. Insbesondere hätte ein entsprechender Änderungsbescheid wegen Treu und Glauben nicht auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützt werden dürfen. Auf die obigen Ausführungen unter III.1.c) zur fehlenden Aufhebungsbefugnis für den Bescheid vom 12. Dezember 2023 wird verwiesen.

IV. Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 18. Januar 2016 für das strittige Objekt in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. April 2018 ist rechtmäßig; aufgrund des im finanzgerichtlichen Verfahrens geltenden sog. Verböserungsverbots ist die Festsetzung eines höheren Werts durch das Gericht ausgeschlossen.

Das FA hat den Grundbesitzwert des strittigen Objekts gemäß §§ 157 Abs. 3 S. 1, 177, 180 Abs. 1 S. 1, 181 Abs. 1 Nr. 4, 182 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 183 Abs. 1 BewG zutreffend nach dem typisierten Vergleichswertverfahren ermittelt.

1. Für Zwecke der Schenkungsteuer ist nach § 12 Abs. 3 ErbStG Grundbesitz i. S. d. § 19 Abs. 1 BewG mit dem nach § 151 ff. BewG auf den Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) festgestellten Wert anzusetzen, auch Bedarfswert genannt (vgl. § 12 Abs. 3 ErbStG i. V. m. § 138 Abs. 5 Satz 1 BewG).

In diesem Verfahren der Bedarfsbewertung entscheidet die für die Besteuerung zuständige Stelle, hier Erbschaftsteuerstelle, durch den verwaltungsinternen Vorgang der Anforderung des Bedarfswerts gegenüber der Bewertungsstelle des Lagefinanzamts bindend über den Bedarf für den Bedarfswert-Feststellungsbescheid, hier den Grundbesitzwertbescheid, das heißt darüber, ob dieser erforderlich bzw. für die Besteuerung von Bedeutung ist (§ 151 Abs. 1 letzter Satz BewG).

Im Streitfall hat die für die Erbschaftsteuer zuständige Stelle des Finanzamts xxx mit Schreiben vom 2. August 2017 den Bedarfswert des durch Erwerb von Todes wegen auf die Kläger übergegangenen Grundbesitzes, des Wohnungseigentums an dem strittigen Objekt (§ 19 Abs. 1 i.V.m. § 68 Abs. 1 Nr. 3 BewG) zum Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) angefordert.

Da die Anfrage unter Angabe des richtigen Einheitswerts-Aktenzeichens (xxx) für das strittige Objekt erfolgte, ließ sich aus dem Schreiben des Finanzamts xxx hinreichend genau entnehmen, dass sich diese auf das strittige Objekt bezog. Die fehlende Angabe der Nummer der Wohnung sowie die ungenaue Angabe der Größe (58 qm statt richtig 57 qm) ist unschädlich.

2. Der Beklagte hat zu Recht angenommen, dass das vorliegende Objekt als Wohnungseigentum nach § 182 Abs. 2 Nr. 1 BewG im Vergleichswertverfahren zu bewerten ist. Der Ansicht der Klägerin, dass vorliegend nach § 182 Abs. 4 Nr. 1 BewG das Sachwertverfahren Anwendung findet, weil kein Vergleichswert vorliege, ist nicht zu folgen. Der vom Beklagten angesetzte Grundbesitzwert ist danach auch nicht zu hoch.

Gemäß § 182 Abs. 2 Nr. 1 BewG ist Wohnungseigentum grundsätzlich im Vergleichswertverfahren zu bewerten.

a) Bei Anwendung des Vergleichswertverfahrens sind nach § 183 Abs. 1 BewG Kaufpreise von Grundstücken heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmalen mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen (Vergleichsgrundstücke). Grundlage sind vorrangig die von den Gutachterausschüssen im Sinne der §§ 192 ff. BauGB mitgeteilten Vergleichspreise. Die Ermittlung unter Heranziehung von Vergleichsgrundstücken ist auch vorrangig; der Rückgriff auf die nachrangigen Verfahren zur Ermittlung des Grundbesitzwertes bebauter Grundstücke - Bewertung anhand von dem Finanzamt bekannten Vergleichspreisen (inzidenter § 183 Abs. 1 Satz 2 BewG), bei fehlenden Vergleichspreisen Bewertung anhand von vom Gutachterausschuss ermittelten und mitgeteilten Vergleichsfaktoren (§ 183 Abs. 2 BewG) oder als letztes Mittel Bewertung im Sachwertverfahren (§ 182 Abs. 4 i.V.m. § 189 BewG) ist nur möglich, wenn keine Vergleichspreise vorliegen (vgl. Senats-Urteil vom 11. April 2014, 1 K 107/11, EFG 2014, 1364).

b) Der Gesetzgeber hat die Ermittlung von Vergleichspreisen und -faktoren explizit den Gutachterausschüssen aufgegeben, da diesen auf Grund ihrer besonderen Sach- und Fachkenntnis und ihrer größeren Ortsnähe sowie der in hohem Maße von Beurteilungs- und Ermessenserwägungen abhängigen Wertfindung eine vorgreifliche Kompetenz bei der Feststellung von Vergleichspreisen und -faktoren zukommt. Eine fachliche Überprüfung durch - mit geringerer Sachkunde ausgestattete - Gerichte würde dem widersprechen. Mit diesem Rechtsgedanken hat der BFH (vgl. Urteile vom 11. Mai 2005 II R 21/02, BStBl II 2005, 686; vom 26. April 2006 II R 58/04, BFHE 213, 207, BStBl II 2006, 793 und vom 16. Dezember 2009 II R 15/09, BFH/NV 2010, 1085) auch entschieden, dass die von den Gutachterausschüssen nach § 145 Abs. 3 Satz 2 BewG ermittelten und den Finanzämtern mitgeteilten Bodenrichtwerte für die Beteiligten im Steuerrechtsverhältnis verbindlich und einer gerichtlichen Überprüfung regelmäßig nicht zugänglich sind (vgl. Senatsurteile vom 17. September 2015 1 K 147/12, EFG 2016, 185; vom 7. Dezember 2017 1 K 219/15, EFG 2018, 619). Die gerichtliche Überprüfung von Mitteilungen der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte ist auf offensichtliche Unrichtigkeiten beschränkt (vgl. Senatsurteile vom 17. September 2015 1 K 147/12, EFG 2016, 185; vom 24. März 2022 1 K 267/19, DStRE 2023, 288; vom 17. November 2022 1 K 136/18, EFG 2023, 621; FG Köln-Beschluss vom 11. April 2019 4 V 405/19, EFG 2019, 1288; Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 183 Rn. 6; Vorbeck DStR 2020, 322).

c) Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich eine weitergehende Überprüfbarkeit der Mitteilung von Gutachterausschüssen auch nicht aus dem Wortlaut von § 183 Abs. 1 Satz 2 BewG, wonach Grundlage für die Bewertung im Vergleichswertverfahren vorrangig die von den Gutachterausschüssen im Sinne der §§ 192 ff. des BauGB mitgeteilten Vergleichspreise sind. Diesem Wortlaut ist vielmehr die Bindung an eine vorangehende Entscheidung einer anderen Behörde hinreichend klar zu entnehmen (vgl. Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 183 Rz 6). Mit der Vorrangigkeit der von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreise ist in § 183 Abs. 1 Satz 2 BewG gemeint, dass diese vorrangig vor anderen geeigneten Vergleichspreisen bei der Wertermittlung zugrunde zu legen sind und letztere nur Berücksichtigung finden können, soweit von den Gutachterausschüssen keine Vergleichspreise vorliegen (vgl. Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 183 Rz 10).

d) Eine weitergehende gerichtliche Überprüfungspflicht der Mitteilung des GAG mit Beschluss vom 13. August 2024 ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin vorliegend auch nicht aus den Ausführungen des FG Köln in seinem Beschluss vom 11. April 2019 4 V 405/19, EFG 2019, 1258 sowie des FG Hamburg in seinem Beschluss vom 7. Juli 2015 3 K 244/14, juris.

Ausweislich der Ausführungen in der Begründung dieser beiden Entscheidungen sind auch nach Ansicht des FG Köln sowie des FG Hamburg die dem Finanzamt vom Gutachterausschuss mitgeteilten Werte für die Beteiligten im Steuerrechtsverhältnis verbindlich und einer gerichtlichen Überprüfung regelmäßig nicht zugänglich, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine auf ein konkretes Grundstück bezogene Mitteilung des zuständigen Gutachterausschusses vorliegt und die Wertableitungen von diesem ausdrücklich als Vergleichspreis oder Vergleichsfaktor bezeichnet wird.

e) Danach sind die vom GAG mitgeteilten Vergleichspreise vom 13. August 2024 im Streitfall maßgeblich. Denn diese mitgeteilten Vergleichspreise sind nicht offensichtlich unrichtig.

Das in dem Beschluss vom 13. August 2024 gem. § 183 Abs. 1 BewG bezeichnete Bewertungsobjekt, bei dem es sich um die streitgegenständliche Eigentumswohnung handelt, stimmt mit dem in dem Antragsschreiben des Beklagten an den GAG genannten Objekt überein. Die Mitteilung ist auch auf den vom Beklagten angefragten Bewertungszeitpunkt, dem 18. Januar 2016, ergangen. Im Übrigen nennt der Beschluss das richtige Steuerobjekt (Eigentumswohnung in xxx Nr. 5) sowie die wertbeeinflussenden Umstände (Baujahr, Wohnfläche, etc.).

Der GAG hat die von ihm aufgeführten 12 Vergleichsobjekte mit dem strittigen Objekt als vergleichbar angesehen. Im Übrigen wurden Abweichungen der Vergleichsgrundstücke hinsichtlich ihrer wertbeeinflussenden Grundstücksmerkmale mit Hilfe von Korrekturfaktoren bzw. Umrechnungskoeffizienten durch den GAG berücksichtigt.

f) Wie oben dargestellt, müssen die Finanzämter vorrangig auf die von den Gutachterausschüssen für Grundstückwerte mitgeteilten Vergleichspreise zurückgreifen. Liegen - wie im vorliegenden Fall - mehrere Vergleichspreise vor, ist der Durchschnittswert anzusetzen. Der Wortlaut des § 183 Abs. 1 Satz 2 BewG geht von einer Mehrzahl von Vergleichspreisen aus, die von den Gutachterausschüssen mitgeteilt werden. Dabei ist es nicht zu beanstanden, wenn die Finanzämter insoweit aus sämtlichen mitgeteilten Vergleichspreisen einen Durchschnittswert bilden und diesen ansetzen, denn keinem der mitgeteilten Vergleichspreise kommt eine höhere "Richtigkeit" zu als den anderen. Danach wäre vorliegend für das streitige Objekt ein Vergleichspreis 146.944 € zugrundezulegen. Jedoch darf das Gericht die Rechtsposition der Klägerin im Vergleich zum Zustand vor Klageerhebung nicht verschlechtern (Verbot der reformatio in peius: vgl. m.w.N. BFH X R 146/94, BFH/NV 1998, 961). Da der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung vom 27. April 2018 einen niedrigeren Wert i.H.v. 110.000 € festgesetzt hatte, ist dem Gericht eine höhere Festsetzung verwehrt.

g) Entgegen der Auffassung der Klägerin steht einem Zurückgreifen auf die vom GAG mit Beschluss vom 13. August 2024 mitgeteilten Vergleichspreise nicht entgegen, dass dieser Beschluss vom Beklagten erst im finanzgerichtlichen Verfahren eingeholt wurde.

aa) In Fällen - wie vorliegend- einer Anfechtungsklage kommt es für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts nach § 100 Abs. 1 S. 1 FGO auf die Sach- und Rechtlage nicht der letzten Behördenentscheidung, sondern auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an (vgl. m.w.N. BFH-Beschluss vom 30. Juni 2004 III 6/04, BFH/NV 2005, 63 [BFH 30.06.2004 - III B 6/04]; BFH-Urteile vom 28. Juli 2005 III R 68/04, BStBl II 2008, 350; vom 16. April 2013 VII R 44/12, BStBl II 2013, 778; Stapperfend in Gräber, FGO, 9. Aufl., § 100 Rz 10).

Demgegenüber kommt es zwar in Fällen der Überprüfung einer Ermessensentscheidung nach § 102 FGO grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an (vgl. m.w.N. Stapperfend, FGO, § 102 Rz 13). Im vorliegenden Fall stand die Einholung einer Mitteilung des GAG von Vergleichspreisen entgegen der Auffassung der Klägerin jedoch nicht im Ermessen des Beklagten. Dies folgt bereits aus den Wortlauten von § 182 Abs. 2 BewG und § 183 Abs. 1 S. 2 BewG, wonach Wohnungseigentum grundsätzlich im Vergleichswertverfahren zu bewerten ist, wobei Grundlage vorrangig die von den Gutachterausschüssen im Sinne des § 192 ff. BauGB mitgeteilten Vergleichspreise sind. Zur sich hieraus ergebenden Verpflichtung der Finanzämter bei der Bewertung im Vergleichswertverfahren eine Mitteilung des zuständigen Gutachterausschusses über Vergleichspreise einzuholen wird auf das Urteil des Senats vom 11. April 2014 1 K 107/11 sowie auf das ebenfalls in diesem Sinne entgegen der Meinung der Klägerin zu verstehende Urteil des BFH vom 24. August 2022 II R 14/20, BStBl II 2023, 693 verwiesen (teilweise a.A. FG Düsseldorf-Beschluss vom 12. März 2024 11 V 78/24 A (BG), juris).

Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es daher für die Frage der Zugrundelegung der vom GAG-Beschluss vom 13. August 2024 mitgeteilten Vergleichspreise nicht auf den Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung vom 27. April 2018, sondern auf den Zeitpunkt der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung an. Etwas anderes ist auch den von der Klägerin für ihre gegenteilige Ansicht herangezogenen BFH-Urteilen vom 25. August 2010 II R 42/09, BStBl II 2011, 205 und vom 18. September 2019 II R 13/16, BStBl II 2020, 760 sowie dem Urteil des FG München vom 29. Januar 2020 4 K 2487/9, DStRE 2021, 867 [FG München 29.01.2020 - 4 K 2487/19] nicht zu entnehmen. In diesen von der Klägerin für ihre Rechtsansicht herangezogenen Urteilen stellte sich die Frage der Zulässigkeit eines Zurückgreifens auf erst im finanzgerichtlichen Verfahren von Finanzämtern eingereichte GAG- Mitteilungen nicht; dementsprechend finden sich in in diesen Urteilen hierzu auch keine Ausführungen.

bb) Einem Zurückgreifen auf den erst im finanzgerichtliche Verfahren ergangenen GAG-Beschluss vom 31. August 2024 steht, anders als die Klägerin meint, auch nicht die Gesetzesformulierung in § 183 Abs. 1 Satz 2 BewG entgegen, soweit dort in der Vergangenheitsform von "mitgeteilten" Vergleichspreisen die Rede ist.

Zum einen ist der GAG-Beschluss vom 13. August 2024 bezogen auf den - wie oben dargestellt -maßgebenden Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Vergangenheit ergangen, so dass insoweit dem Wortlaut der Vorschrift auch nach dem Verständnis der Klägerin genüge getan ist. Zum anderen ist bei der Auslegung nicht auf den Wortlaut, sondern auf den Wortsinn einer Vorschrift abzustellen, nach dem der Gesetzgeber mit der von ihm gewählten Formulierung erkennbar nicht die Möglichkeit für die Finanzämter ausschließen wollte, Mitteilungen von Gutachterausschüssen erst im finanzgerichtlichen Verfahren einzuholen.

Dies wird auch durch eine historische Auslegung der Vorschrift gestützt, da ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien der Gesetzgeber mit § 183 Abs. 1 BewG nur den Vorrang der von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreise für die Bewertung festschreiben wollte (vgl. Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Erbschaftssteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz), Bundestagsdrucksache 16/1107, S. 17).

cc) Die Aufforderungen der zuständigen Berichterstatter an den Beklagten eine ordnungsgemäße Mitteilung des GAG über Vergleichspreise vorzulegen sowie die hiermit im Zusammenhang stehenden richterlichen Hinweise waren im Übrigen durch den Untersuchungsgrundsatz nach § 76 Abs. 1 FGO gedeckt, so dass das Gericht hierdurch weder gegen seine Neutralitätspflicht verstoßen, noch die Unabhängigkeit des GAG verletzt hat.

h) Soweit die Klägerin geltend macht, dem GAG habe offensichtlich nicht hinreichend aussagekräftiges Vergleichsmaterial zur Verfügung gestanden und den Verhältnissen des bewerteten Objekts sei nicht hinreichend Rechnung getragen worden, vermag dies keine offensichtliche Unrichtigkeit der mitgeteilten Vergleichspreise begründen.

aa) Das Erfordernis hinreichender (nicht absoluter) Übereinstimmung der Vergleichsgrundstücke mit dem zu bewertenden Objekt ist nach den Angaben des GAG im Beschluss vom 31. August 2024 gewahrt. Die Klägerin verkennt, dass eine Übereinstimmung in jeglicher Hinsicht vom Gesetz nicht gefordert wird, wie sich aus der Formulierung in § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG "hinreichend übereinstimmen" ergibt. Das Erfordernis hinreichender und eben gerade nicht absoluter Übereinstimmung dient neben der Verwaltungsvereinfachung auch dazu, den Kreis der Vergleichsgrundstücke nicht über Gebühr einzuengen (vgl. Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 183 Rz 3; Senatsurteil vom 17. November 2022 1 K 136/18, EFG 2023, 621). Vielmehr können und sollen Abweichungen durch Zu- und Abschläge berücksichtigt werden.

Daher kann eine offenbare Unrichtigkeit des GAG-Beschluss entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht mit der besonderen Lage bzw. dem besonderen Charakter des Objekts begründet werden. Im Übrigen hat der GAG bei der Vergleichspreisermittlung auch die Lage des zu bewertenden Objekts berücksichtigt.

bb) Inwieweit die vom GAG herangezogenen Vergleichsgrundstücke hinsichtlich ihrer wertbildenden Faktoren, wie die Klägerin meint, zu mehr als 20 % vom zu bewertenden Objekt abweichen, kann offenbleiben. Denn eine solche Abweichung vermag keine offenbare Unrichtigkeit der Mitteilung des GAG mit Beschluss vom 13. August 2024 zu begründen. In Fällen - wie dem vorliegenden - einer Ermittlung von Vergleichspreisen mittels Umrechnungskoeffizient, bei der Abweichungen der wertrelevanten Eigenschaften berücksichtigt werden, kann die 20%-Grenze aufgrund der direkten Vergleichbarkeit der umgerechneten Vergleichspreise keine Anwendung finden (vgl. m.w.N. Senats-Urteil vom 1. Dezember 2022 1 K 90/19, EFG 2023, 760).

cc) Soweit die Klägerin die Angemessenheit einzelner vom GAG angenommenen Umrechnungskoeffizienten bzw. die Plausibilität einzelner Vergleichspreise angreift, vermag auch dies keine offenbare Unrichtigkeit des GAG-Beschlusses zu begründen. Die vom GAG vorliegend verwendeten Umrechnungskoeffizienten und die von ihm zugrunde gelegten Vergleichspreise fallen in die vorgreifliche Kompetenz des GAG und sind von dessen Beurteilungsspielraum bzw. Ermessen gedeckt. Anders verhielte es sich nur, wenn die Klägerin geltend machte, dass der GAG bei seiner Bewertung von einem falschen Bewertungsobjekt bzw. falschen wertbeeinflussenden Umstände ausgegangen ist, was vorliegend von der Klägerin jedoch nicht vorgebracht wird.

dd) Eine Anwendung des Vergleichswertverfahrens scheidet entgegen der Ansicht der Klägerin vorliegend auch nicht deshalb aus, weil keine ausreichende Anzahl geeigneter Vergleichspreise vorliegt. Beim hier verwendeten indirekten Vergleichsverfahren (mit Umrechnungskoeffizienten) sind die Vergleichspreise anschließend direkt vergleichbar, so dass die mitgeteilten zwölf Vergleichspreise mehr als ausreichend sind, um einen Vergleichswert zu ermitteln (vgl. Senats-Urteil vom 1. Dezember 2022 1 K 90/19, EFG 760).

3. Einen niedrigeren gemeinen Wert hat die Klägerin nicht nachgewiesen.

Nach § 198 BewG ist ein geringerer Wert anzusetzen, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag niedriger ist als der nach den §§ 179, 182 bis 196 BewG ermittelte Wert.

In der Wahl der Mittel zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ist der Steuerpflichtige grundsätzlich frei (vgl. BFH-Urteile vom 8. Oktober 2003 II R 27/02, BStBl II 2004, 179 und vom 2. Juli 2004 II R 55/01, BStBl II 2004, 703). Ein solcher Nachweis kann sowohl durch Vorlage eines Gutachtens des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken geführt werden als auch durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zeitnah zum maßgeblichen Besteuerungsstichtag erzielten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück (vgl. BFH-Urteil vom 2. Juli 2004 II R 55/01, BStBl II 2004, 703). Das vom Steuerpflichtigen gewählte Mittel zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts muss allerdings von einer Aussagekraft sein, die der eines Gutachtens des Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen bzw. von Kaufpreisen für entsprechende Grundstücke vergleichbar ist. Für jedes der zum Nachweis gewählten Mittel gilt, dass es grundsätzlich der freien Beweiswürdigung des Gerichts unterliegt (vgl. BFH-Urteil vom 10. November 2004 II R 69/01, BStBl II 2005, 259 und BFH-Beschluss vom 31. August 2006 II B 115/05, BFH/NV 2007, 11).

Eine zeitnahe Veräußerung des Objektes hat nicht stattgefunden. Ein Gutachten hat die Klägerin nicht eingereicht.

4. Verfassungsgerichtliche Bedenken bestehen nicht.

a) Solche ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass die Überprüfung der Mitteilung des GAG auf offensichtliche Unrichtigkeiten beschränkt ist.

Aus der Garantie effektiven Rechtsschutzes folgt zwar grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, die angefochtenen Verwaltungsakte in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Das schließt eine Bindung der rechtsprechenden Gewalt an tatsächliche oder rechtliche Feststellungen und Wertungen seitens anderer Gewalten hinsichtlich dessen, was im Einzelfall rechtens ist, im Grundsatz aus (vgl. BVerfG-Beschluss vom 31. Mai 2011 1 BvR 857/07, BVerfGE 129, 1). Das Gebot effektiven Rechtsschutzes lässt es aber zu, dass durch den Gesetzgeber eröffnete Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräume sowie die Tatbestandswirkung von Exekutivakten die Durchführung der Rechtskontrolle durch die Gerichte einschränken (vgl. BVerfG-Beschluss vom 31. Mai 2011 1 BvR 857/07, BVerfGE 129, 1). Ob dies der Fall ist, muss sich ausdrücklich aus dem Gesetz ergeben oder durch Auslegung hinreichend deutlich zu ermitteln sein (vgl. BVerfG-Beschluss vom 31. Mai 2011 1 BvR 857/07, BVerfGE 129, 1). § 183 Abs. 1 BewG gibt ausdrücklich vor: "Grundlage sind vorrangig die von den GAG im Sinne der §§ 192 ff des Baugesetzbuchs mitgeteilten Vergleichspreise". Damit ergibt sich die Bindung an eine vorangehende Entscheidung einer anderen Behörde hinreichend klar aus dem Gesetz.

Die Rechtsschutzmöglichkeit des Bürgers wird so auch nicht über Gebühr eingeschränkt. Zwar hat der Steuerpflichtige nicht die Möglichkeit, (isoliert) gegen eine Mitteilung des zuständigen Gutachterausschusses vorzugehen, denn diese Mitteilung ist kein selbstständig angreifbarer Grundlagenbescheid. Für den Fall, dass ein Gutachterausschuss einen konkreten Vergleichspreis mitteilt, hat der Gesetzgeber in § 198 BewG jedoch vorgesehen, dass ein geringerer Wert anzusetzen ist, wenn der Steuerpflichtige einen solchen nachweist. Damit hat er in ausreichendem Umfang die Möglichkeit eröffnet, (spätestens) im gerichtlichen Verfahren einen vom Gutachterausschuss gefundenen Wert zu prüfen und ggf. zu korrigieren (vgl. Senatsurteil vom 17. November 2022 1 K 136/18, EFG 2023, 621).

b) Auch die Regelung des § 198 Satz 1 BewG, mit der dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit gegeben wird, ggf. einen niedrigeren gemeinen Wert des übertragenen Grundbesitzes nachzuweisen, ist hinsichtlich der dadurch dem Steuerpflichtigen auferlegten Nachweislast verfassungsgemäß (vgl. BFH-Urteil vom 17. November 2021 II R 26/20, BFH/NV 2022, 822 m.w.N. und Senatsurteil vom 17. November 2022 1 K 136/18, EFG 2023, 621).

Denn der mittels der Typisierung vom Gesetzgeber angestrebte Vereinfachungseffekt würde verloren gehen, wenn bei der Rechtsüberprüfung einer solchermaßen vorgenommenen Bewertung über die richtige Höhe der Werte gestritten würde. Der Steuerpflichtige hat nur Anspruch auf eine Wertermittlung, die dem typisierenden Verfahren entspricht, nicht jedoch auf den Ansatz eines anderen, von ihm für richtiger gehaltenen Grundbesitzwertes. Ihm bleibt nur der Nachweis eines tatsächlich niedrigeren gemeinen Werts des Grundbesitzes nach § 198 BewG. Vor dem Hintergrund der jeder Grundstücksbewertung innewohnenden Unsicherheiten und der Tatsache, dass mit den von den Gutachterausschüssen ermittelten Vergleichspreisen eine anerkannte objektive Bewertungsgrundlage vorgegeben wird, ist es im Rahmen eines typisierenden Bewertungsverfahrens nicht zu beanstanden, dass dem Steuerpflichtigen die Nachweislast für einen niedrigeren gemeinen Wert des Grundstücks insgesamt aufgebürdet wird (vgl. BFH-Urteil vom 11. Mai 2005 II R 21/02, BStBl II 2005, 686 - zu Bodenrichtwerten ergangen).

c) Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die nach § 183 Abs. 1 S. 2 BewG erforderliche Berücksichtigung der Mitteilung von Vergleichspreisen durch den GAG, auch insoweit als diese erst im finanzgerichtlichen Verfahren eingeholt wird, nicht gegen das durch das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) gebotene Bestimmtheitsgebot.

Das in Art. 20 Abs. 3 GG und in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip begründet das Gebot hinreichender Bestimmtheit der Gesetze (vgl. m.w.N. BVerfG-Beschluss vom 17. Juli 2003 BvL 1/99, BVerfGE 108, 186). Gesetzliche Tatbestände sind so zu fassen, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten daran ausrichten können. Welche Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen sind, lässt sich indes nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt auch von der Eigenart des Regelungsgegenstands und dem Zweck der betroffenen Norm ab sowie davon, in welchem Ausmaß Grundrechte betroffen sind. Auch für öffentlich-rechtliche Abgaben gelten keine einheitlichen, generell-abstrakt formulierbaren Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit des Gesetzes; vielmehr kommt es auch hier auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs wie auf das Betroffensein von Grundrechten an. Für alle Abgaben gilt als allgemeiner Grundsatz, dass abgabebegründende Tatbestände so bestimmt sein müssen, dass der Abgabepflichtige die auf ihn entfallende Abgabe - in gewissem Umfang - vorausberechnen kann (vgl. m.w.N. BVerfG-Beschluss vom 17. Juli 2003 BvL 1/99, BVerfGE 108, 186).

Vorliegend konnte die Klägerin aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 177 Abs. 1 BewG, wonach der Bewertung der gemeine Wert nach § 9 BewG zu Grunde zu legen ist, die vorzunehmende Bewertung hinreichend vorausberechnen. Die Wahrung des allgemeinen Grundsatzes der Tatbestandsmäßigkeit als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips im Bereich des Abgabewesens (Art. 20 Abs. 3 GG) ist dabei auch dadurch gewahrt, dass der Gesetzgeber der Klägerin nach § 198 BewG die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren gemeinen Werts eröffnet. So hätte es der Klägerin freigestanden, noch im Verwaltungsverfahren den gemeinen Wert des strittigen Objekts durch ein Sachverständigengutachten bestimmten zu lassen.

d) Die vom erkennenden Senat angenommene Notwendigkeit für die Finanzämter zur Einholung einer Mitteilung des zuständigen Gutachterausschusses zum Vorliegen von Vergleichspreisen führt - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch nicht zu einem nach Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrigen strukturellen Vollzugsdefizit.

Der Gleichheitssatz verlangt für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Dazu gehören die Gleichheit der normativen Steuerpflicht sowie die Gleichheit bei deren Durchsetzung in der Steuererhebung. Das materielle Steuergesetz muss in ein normatives Umfeld eingebettet sein, welches die Gleichheit der Belastung auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges prinzipiell gewährleistet. Wirkt sich eine Erhebungsregelung gegenüber einem Besteuerungstatbestand in der Weise strukturell gegenläufig aus, dass der Besteuerungsanspruch weitgehend nicht durchgesetzt werden kann, und liegen die Voraussetzungen dafür vor, dass dieses Ergebnis dem Gesetzgeber zuzurechnen ist, so führt die dadurch bewirkte Gleichheitswidrigkeit zur Verfassungswidrigkeit auch der materiellen Steuernorm. Zur Gleichheitswidrigkeit führt nicht ohne weiteres die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen, wohl aber das normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts (BVerfG-Urteile vom 27.06.1991 - 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654 und vom 09.03.2004 - 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56 [BVerfG 09.03.2004 - 2 BvL 17/02]).

Ein derartiges normatives Defizit eines widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Bewertungsrechts ist vorliegend nicht gegeben. Die Klägerin hat ihre Behauptung, die ehrenamtlichen Mitglieder des GAG seien bei Zugrundlegung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats, dass die Finanzbehörden verpflichtet seien, aktive Anfragen zur Mitteilung von Vergleichspreisen vom den Gutachterausschüssen zu fordern, zeitlich und personell völlig überfordert, die Auskünfte in sachlicher Hinsicht in angemessener Zeit zu bearbeiten, bereits in keiner Weise belegt. Eine solche Überforderung der Gutachterausschüsse ist dem erkennenden Senat auch nicht bekannt.

Im Übrigen würde eine zeitliche und personelle Überforderung der Gutachterausschüsse, für die aktuell nichts spricht, aber auch nur zu einer empirischen Ineffizienz des Vollzugs führen, was für sich allein eine Verfassungswidrigkeit nicht zu begründen vermag. In normativer Hinsicht hat der Gesetzgeber durch die Anordnung Vorsorge getroffen, dass nach § 183 Abs. 1 S. 2 BewG von den Gutachterausschüssen mitgeteilte Vergleichspreise nur vorrangig zugrunde zu legen sind. Für den Fall, dass ein Gutachterausschuss keine Vergleichspreise mitteilt, besteht somit die Möglichkeit auf eine andere Bewertungsmethode zurückzugreifen. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber durch Eröffnung der Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren gemeinen Werts nach § 198 BewG Vorsorge für den Fall getroffen, dass der im typisierten Verfahren ermittelte Wert zu Lasten des betreffenden Steuerpflichtigen vom Verkehrswert nach oben abweicht. Der Steuerpflichtige hat somit durch den Nachweis eines niedrigeren Werts die Möglichkeit, eine von ihm gerügte Ungleichbehandlung auf ein unter dem Gesichtspunkt von Art. 3 Abs. 1 GG noch gerechtfertigtes Maß zu reduzieren (vgl. BFH-Beschluss vom 30. August 2023 II B 35/22, BFH/NV 2023, 1300).

V. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Eine Entscheidung des BFH über die Frage, ob die von den Gutachterausschüssen ermittelten und den Finanzämtern mitgeteilten Vergleichspreise nach § 183 Abs. 1 BewG für die Beteiligten im Steuerrechtsverhältnis verbindlich und einer gerichtlichen Überprüfung regelmäßig nicht zugänglich sind, ist aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse (vgl. Senatsurteile vom 14. Dezember 2017 1 K 210/14, EFG 2018, 819; vom 17. November 2022 1 K 136/18, EFG 2023, 621; 1. Dezember 2022 1 K 90/19, EFG 2023, 760 sowie das hierzu anhängige Revisionsverfahren BFH II R 6/23).

VI. Die Kostentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.

Dem Beklagten waren, soweit er obsiegt, die Kosten aufgrund des verspäteten Einreichens des GAG-Beschlusses nicht nach § 137 Satz 1 FGO aufzuerlegen.

Nach § 137 Satz 1 FGO können einem Beteiligten die Kosten auferlegt werden, wenn er obsiegt hat, die Entscheidung aber auf Tatsachen beruht, die er früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen. Vorliegend wäre der Beklagte zwar verpflichtet gewesen, bereits im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung einen Beschluss des GAG einzuholen. Die Vorschrift des § 137 Satz 1 FGO ist jedoch nicht anwendbar, wenn die gerichtliche Entscheidung bei rechtzeitigem Tatsachenvortrag oder Beweis genauso ausgefallen wäre (vgl. BFH-Urteil vom 22. April 2004 V R 72/03, BStBl II 2004, 684; Morsch in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 137 FGO Rz 20). Dies ist hier der Fall, da die Klage der Klägerin, soweit der Beklagte obsiegt hat, auch dann abgewiesen worden wäre, wenn der Beklagte eine Mitteilung des GAG bereits im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung eingeholt gehabt hätte.

VII. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.