Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 16.01.2025, Az.: 1 KN 123/24
Einstellung eines Verfahrens im Zusammenhang mit der Wirksamkeit eines Bebauungsplans wegen Erledigungserklärung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 16.01.2025
- Aktenzeichen
- 1 KN 123/24
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2025, 10110
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2025:0116.1KN123.24.00
Rechtsgrundlage
- § 92 Abs. 3 VwGO
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auf 20.000 € festgesetzt.
Gründe
Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und über die Verfahrenskosten gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden.
Billigem Ermessen entspricht es hier, der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Diese wäre im maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts des erledigenden Ereignisses - der Bekanntmachung des im ergänzenden Verfahren beschlossenen Bebauungsplans Nr. 38 "Hoher Sand II" am 13. Dezember 2024 - voraussichtlich unterlegen gewesen. Der streitgegenständliche Bebauungsplan war vor dem Abschluss des ergänzenden Verfahrens unstreitig rechtswidrig, weil er im mit Art. 3 Abs. 1 und 5 der Richtlinie 2001/42/EG unvereinbaren beschleunigten Verfahren gem. § 13b BauGB aufgestellt worden war (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 18.7.2023 - 4 CN 3/22 -, juris = BVerwGE 179, 348 ff. = NVwZ 2023, 1652 ff.).
Zwar trifft es zu, dass der Antragsteller vor Stellung des Normenkontrollantrages am 29. August 2024 die Absicht des Rates der Antragsgegnerin kannte, am 23. September 2024 über die Einleitung eines ergänzenden Verfahrens zu dem streitgegenständlichen Bebauungsplan zu beraten und zu entscheiden. Rechtliche Verbindlichkeit kommt dieser Ankündigung aber noch nicht zu, zumal der für die Durchführung des ergänzenden Verfahrens zuständige Rat der Antragsgegnerin hiermit offenbar noch nicht befasst war. Der Antragsteller muss sich nicht darauf verweisen lassen, ein etwaiges Scheitern des angekündigten ergänzenden Verfahrens abzuwarten, bevor er einen Normenkontrollantrag stellt. Schon im Zeitpunkt des Beschlusses über die Einleitung des ergänzenden Verfahrens am 23. September 2024 wäre der streitgegenständliche Bebauungsplan einer Normenkontrolle nicht mehr zugänglich gewesen, weil am 15. September 2024 die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ablief, innerhalb derer der Antragsteller sich gegen den am 15. September 2023 bekanntgemachten Bebauungsplan wenden konnte. Erst recht war offensichtlich, dass der erforderliche Abschluss des ergänzenden Verfahrens vor Ablauf der Jahresfrist nicht mehr möglich war. Dass die Antragsgegnerin wegen des hierfür erforderlichen Verfahrens nicht in der Lage war, der auch von ihr erkannten rechtlichen Fehlerhaftigkeit der Ausgangsplanung unmittelbar abzuhelfen, geht nicht zu Lasten des Antragstellers. Hieraus kann keine Verkürzung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten folgen. Eine solche hätte ein weiteres Zuwarten des Antragstellers aber wegen der gesetzgeberischen Entscheidung in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, den Primärrechtsschutz nach Ablauf der Jahresfrist auszuschließen, bedeutet.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen beruht auf § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 8 f der auf der Internetseite des Nds. Oberverwaltungsgerichts abrufbaren Streitwertannahmen der Bau- und Immissionsschutzsenate des Gerichts für ab dem 1. Juli 2021 eingegangene Verfahren. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sind hier auch keine Gründe ersichtlich, von der Praxis des Senats bei der Festsetzung von Streitwerten für Normenkontrollanträge eines Umweltverbandes abzuweichen. Die Größe des Plangebiets findet hierbei regelmäßig keine Berücksichtigung. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin den Rechtsfehler des Plans nicht bestritten hat, hat keinen Einfluss auf die sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebende Bedeutung der Sache im Sinne des § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 158 Abs. 2, 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).