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Abschnitt 2 VV-ROG/NROG - Untersagung - Gegenstand der Untersagung und dessen Bindung an die Ziele der Raumordnung

Bibliographie

Titel
Verwaltungsvorschriften zum ROG und zum NROG für die Untersagung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen (VV-ROG/NROG - Untersagung)
Amtliche Abkürzung
VV-ROG/NROG - Untersagung
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
23100

Gegenstand einer Untersagung nach § 12 ROG können sowohl raumbedeutsame Planungen als auch raumbedeutsame Maßnahmen (Vorhaben) sowie Entscheidungen über deren Zulässigkeit sein.

Raumbedeutsame Vorhaben bestimmen sich dadurch, dass sie "raumbeanspruchend" oder "raumbeeinflussend" sind, vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG. Ob ein Vorhaben raumbedeutsam ist, ist anhand der Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalles zu entscheiden. Für nicht raumbedeutsame Vorhaben entfalten Ziele der Raumordnung keine Steuerungswirkung, sodass für sie auch kein Untersagungsverfahren nötig werden kann.

Die Untersagungsmöglichkeit besteht jedoch nur, wenn bei der betroffenen Planung, Maßnahme oder Entscheidung Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 bis 3 ROG zu beachten sind.

Als Gegenstand von Untersagungen kommen in Betracht:

  1. a)

    raumbedeutsame Planungen (z. B. Bauleitplanung, Abfallwirtschaftsplanung) und Maßnahmen (z. B. Straßenbaumaßnahme, Erlass einer Förderrichtlinie in Bezug auf raumbedeutsame Projekte) öffentlicher Stellen,

  2. b)

    Genehmigungen, Planfeststellungen und sonstige behördlichen Entscheidungen (z. B. Erlaubnisse, Bewilligungen) über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen,

  3. c)

    behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Maßnahmen von Personen des Privatrechts, sofern diese durch Planfeststellung (z. B. nach § 68 Abs. 1 WHG bei Gewässerausbau im Rahmen eines raumbedeutsamen Kiesabbauvorhabens) oder eine Genehmigung mit gleicher Rechtswirkung (z. B. Plangenehmigung nach § 68 Abs. 2 WHG für Gewässerausbau, wenn keine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung besteht) beschieden werden, bei der eine Abwägung stattfindet,

  4. d)

    raumbedeutsame Planungen oder Maßnahmen von Personen des Privatrechts in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben (z. B. Vorhaben von Energieversorgungsunternehmen) und behördliche Entscheidungen über deren Zulässigkeit, wenn an den juristischen Personen des Privatrechts mehrheitlich öffentliche Stellen beteiligt sind (z. B. in Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung) oder die Vorhaben überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert werden,

  5. e)

    Genehmigungen über die Errichtung und den Betrieb von öffentlich zugänglichen Abfallbeseitigungsanlagen von Personen des Privatrechts nach den Vorschriften des BImSchG,

  6. f)

    behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts, sofern nach den Bestimmungen des maßgeblichen Fachrechts die Ziele der Raumordnung bei der Erteilung der Genehmigung zu beachten sind (z. B. Bauvorhaben im Außenbereich, auf die § 35 Abs. 3 BauGB Anwendung findet); einer solchen ausdrücklichen Raumordnungsklausel steht eine allgemeine Gemeinwohlklausel gleich, d. h. dass nach den fachrechtlichen Vorschriften bei der Genehmigung des Vorhabens "öffentliche Belange", "öffentliche Interessen" oder "das Wohl der Allgemeinheit/Gemeinwohl" zu prüfen sind und nicht beeinträchtigt werden oder nicht entgegenstehen dürfen.

Bezüglich einer raumbedeutsamen Planung kann sich die Untersagung entweder auf die Planung als Ganzes beziehen oder auf einzelne, konkrete Verfahrensschritte, die für die Aufstellung und Verbindlichmachung der Planung erforderlich sind (z. B. die Durchführung eines Beteiligungsverfahrens, die Beschlussfassung, die Genehmigung durch eine Aufsichtsbehörde, die Bekanntmachung). Bezüglich einer raumbedeutsamen Maßnahme kann sich die Untersagung ebenfalls auf eine Maßnahme als Ganzes, auf noch nicht abgeschlossene Teile der Maßnahme oder die für eine Maßnahme erforderliche Zulassungsentscheidung beziehen.

Vorhaben und Entscheidungen, bei denen die Ziele der Raumordnung nicht beachtet werden müssen, sind keiner Untersagung nach § 12 ROG zugänglich. Bei Vorhaben von Personen des Privatrechts ist dies der Fall, wenn keine der anzuwendenden Genehmigungsvorschriften die Ziele der Raumordnung als Genehmigungsvoraussetzung normiert. So ist beispielsweise für Bauvorhaben im Geltungsbereich eines wirksamen Bebauungsplans nach § 30 BauGB oder im Innenbereich nach § 34 BauGB die Beachtung der Ziele der Raumordnung keine Genehmigungsvoraussetzung (wohl aber nach § 35 Abs. 3 BauGB bei Vorhaben im Außenbereich oder als "öffentlicher Belang" bei Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB).

Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen des Bundes und bundesunmittelbarer Planungsträger i. S. des § 5 Abs. 1 ROG ist die Bindungswirkung der Ziele der Raumordnung nur gegeben, wenn die zuständige Behörde oder der Planungsträger bei der Aufstellung des Raumordnungsprogramms ordnungsgemäß beteiligt worden ist und den zukünftigen Zielen der Raumordnung nicht zulässigerweise widersprochen hat (§ 5 Abs. 1 und 2 ROG) oder infolge nachträglicher Veränderungen der Sachlage widersprochen hat (§ 5 Abs. 3 ROG). Bei Streitigkeiten über die Zulässigkeit des Widerspruchs muss das Nichtbestehen der Bindungswirkungen gerichtlich festgestellt werden.

Eine raumordnerische Untersagung muss immer auf einen konkreten Einzelfall bezogen werden. Sie kann sich nicht pauschal auf alle Planungen oder Maßnahmen eines Typs im Planungsraum erstrecken. Eine Untersagung in Gestalt einer Allgemeinverfügung i. S. von § 35 Satz 2 VwVfG ist nicht möglich, weil eine Untersagung immer eine individuelle Interessen- und Gefährdungsabschätzung erfordert. Untersagungen unterscheiden sich insofern von einer allgemein wirkenden Veränderungssperre, wie sie von Gemeinden in Bezug auf einen Bebauungsplan durch Satzung nach § 14 BauGB beschlossen werden könnte.

Außer Kraft am 1. Januar 2025 durch Nummer 9 des Runderlasses i.d.F. vom 2. Mai 2018 (Nds. MBl. S. 454)