Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.09.2024, Az.: 9 SLa 220/24
Darlegungs- und Beweislast eines Betriebsratsmitglieds für die Bildung einer Vergleichsgruppe hinsichtlich Höhergruppierung
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 17.09.2024
- Aktenzeichen
- 9 SLa 220/24
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2024, 31812
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2024:0917.9SLa220.24.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hannover - 25.01.2024 - AZ: 10 Ca 163/23 E
Rechtsgrundlage
- § 37 Abs. 4 S. 1 BetrVG
Fundstelle
- NZA-RR 2025, 207-210
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die Darlegungs- und Beweislast im Rahmen von § 37 Abs. 4 BetrVG für die Bildung einer Vergleichsgruppe und die betriebsübliche berufliche Entwicklung der an sich vergleichbaren Arbeitnehmer trägt das Betriebsratsmitglied (BAG vom 20.01.2021 - 7 AZR 52/20).
- 2.
Hat der Arbeitgeber dem Betriebsratsmitglied die Entscheidung über eine Höhergruppierung durch eine von ihm eingesetzte Kommission mitgeteilt, genügt das Betriebsratsmitglied im Falle einer Herabstufung durch den Arbeitgeber seiner Darlegungslast, indem er auf diese Mitteilung - und deren jahrelange Umsetzung - verweist. Der Arbeitgeber hat sodann im Wege seiner abgestuften Darlegungslast darzulegen, auf welchen Erwägungen die Entscheidung der Kommission beruhte, um dem Betriebsratsmitglied die Möglichkeit zu geben, seiner weiteren Darlegungslast nachzukommen und die Richtigkeit der Vergütungserhöhung darzulegen
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 25.01.2024 - 10 Ca 163/23 E wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Vergütung des Beklagten gemäß § 37 Abs. 4 BetrVG. Die Klägerin, ein Unternehmen der Automobilindustrie, stufte den Beklagten mit Wirkung zum 01. Februar 2023 von Entgeltstufe 14 nach Entgeltstufe 13 der Anlage 1 zum Entgelttarifvertrag zwischen der Klägerin und der IG Metall Bezirksleitung Niedersachsen und Sachsen-Anhalt vom 05.03.2018 in der Fassung vom 01.05.2021, ab dem 01.06.2023 in der Fassung vom 23.11.2022 (Anlage 1 zum Verhandlungsergebnis) zurück.
Der am 00.00.1965 geborene Beklagte ist bei der Klägerin seit dem 11.10.1989 beschäftigt. Er ist ausgebildeter Betriebsschlosser und als Güteprüfer beschäftigt. Der Beklagte wurde am 04.05.2002 zum Mitglied des Betriebsrats der Klägerin gewählt und von der beruflichen Tätigkeit vollständig freigestellt. Zum Zeitpunkt der Amtsübernahme war er in die Entgeltstufe 11 des bei der Klägerin angewendeten, mit der Gewerkschaft IG Metall geschlossenen Haustarifvertrages eingruppiert. Der Beklagte erhält ein sogenanntes Leistungsentgelt nach dem Tarifvertrag.
Bei der Klägerin bestand zunächst seit 01.10.1991 eine Regelung über die Einsetzung einer Kommission zu § 37 Abs. 4 BetrVG, die mit Vertretern des Unternehmens und des Gesamtbetriebsrates paritätisch besetzt war. Aufgabe der Kommission war die Festlegung und laufende Anpassung der individuell richtigen, der Qualifikation und Persönlichkeit des Betriebsratmitglieds entsprechende Entgelt im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern des Betriebes. Für den Inhalt der Regelung wird auf Bl. 157 d. A. des Arbeitsgerichts Bezug genommen. Eine Gesamtbetriebsvereinbarung vom 01. April 2012 löste diese Regelung ab. Diese Gesamtbetriebsvereinbarung bestimmte die Grundsätze und Verfahrensweisen für die Festlegung der Vergütung der Betriebsräte. Für den Inhalt der Gesamtbetriebsvereinbarung wird auf Bl. 155 der arbeitsgerichtlichen Akte Bezug genommen. Auch nach dieser Regelung wurde eine paritätisch besetzte Kommission gebildet, die für jede Entgeltveränderung eines Betriebsratsmitgliedes zuständig war.
Die Klägerin teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 18.03.2010 mit, dass die Kommission Betriebsratsvergütung das Arbeitsentgelt entsprechend der mit ihm vergleichbaren Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung gemäß § 37 Abs. 4 BetrVG angepasst und rückwirkend zum 01.01.2010 nach Entgeltstufe 14 erhöht wird. Für den Inhalt des Schreibens wird auf Bl. 424 der arbeitsgerichtlichen Akte Bezug genommen.
In der Zeit vom 12.06.2013 bis 25.09.2013 bestand bei der Klägerin wegen erfolgreicher Wahlanfechtung kein Betriebsrat. Während dieser Zeit wurde der Kläger als Güteprüfer im Bereich Montage beschäftigt und mit Entgeltstufe 14 vergütet. Der Kläger wurde erneut zum Betriebsratsmitglied gewählt und freigestellt. Mit Schreiben vom 25.09.2013 teilte die Klägerin dem Beklagten u. a. mit, dass die Kommission Betriebsratsvergütung festgestellt hat, dass gemäß der Vergütungsregelung für freigestellte Betriebsratsmitglieder die Vergütung weiterhin in der bisherigen Entgeltstufe 14 erfolgt. Für den Inhalt des Schreibens wird auf Bl. 423 der arbeitsgerichtlichen Akte Bezug genommen.
Mit Wirkung ab 01.12.2020 vereinbarten die Betriebspartner eine Betriebsvereinbarung zur Bestimmung der Entgeltentwicklung von Betriebsratsmitgliedern, in der u. a. die Kriterien für die Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern und eine hypothetische Karriere geregelt wurden (GBV-Vergütung).
Für den Inhalt der Betriebsvereinbarung wird auf Bl. 23 ff. der arbeitsgerichtlichen Akte, Anlage K2 Bezug genommen. Die Gesamtbetriebsvereinbarung wird durch eine interne Durchführungsanweisung zur GBV-Vergütung ("DA-Vergütung") ergänzt. Diese wird fortlaufend fortgeführt und ist noch nicht vollständig (vgl. Anlage K3, Bl. 29 ff. der arbeitsgerichtlichen Akte).
Vor dem Hintergrund der im Jahr 2017 begonnenen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen über den Tatbestand der Untreue im Zusammenhang mit der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern und der Entscheidung des Bundesgerichtshofes mit Urteil vom 10. Januar 2023 zum Aktenzeichen 6 STR 133/22 überprüfte die Klägerin die Vergütung ihrer Betriebsratsmitglieder und teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 30. Januar 2023 mit, dass eine Prüfung seiner Vergütung erfolgen und ggf. eine Rückzahlung überzahlter Vergütung innerhalb der 3-monatigen Ausschlussfrist für Oktober bis Dezember 2022 vorgenommen werden müsse. Für den Inhalt des Schreibens wird auf Bl. 108 und 109 der arbeitsgerichtlichen Akte verwiesen. Mit Schreiben vom 27. Februar 2023 teilte die Klägerin sodann mit, dass die zutreffend ermittelte Vergütung für den Beklagten nach Entgeltstufe 13 erfolgen und die höhere Vergütung für die Monate Oktober 2022 bis Januar 2023 zurückgezahlt werden müsse. Für den Inhalt des Schreibens wird auf Bl. 117 ff. der arbeitsgerichtlichen Akte verwiesen. In der Folge behielt die Klägerin von der Vergütung für Mai 2023 einen Betrag von 505,47 €, nämlich 126,37 € monatlich ein.
Grundlage für die Rückstufung des Beklagten durch die Klägerin ist eine aufgrund der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 01.12.2020 vorgenommene Vergleichsgruppenbildung. Hierzu hat die Klägerin verschiedene Anlagen vorgelegt.
Güteprüfer werden in unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens tätig, beispielsweise in der Montage, im Labor, in der Lackiererei. Es handelt sich nicht um einen Ausbildungsberuf. Die Qualifizierung zum Güteprüfer erfolgt durch entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen. Die Vorbildung der bei der Klägerin beschäftigten Güteprüfer ist höchst unterschiedlich. Die Klägerin hat zunächst 46 Vergleichspersonen in der Anlage K5, Bl. 104 der arbeitsgerichtlichen Akte aufgelistet. Für alle dort aufgeführten Personen ist aufgeführt, dass sie zum Zeitpunkt der Amtsübernahme am 04.05.2002 im Standort D-Stadt in Entgeltstufe 11 als Güteprüfer eingruppiert waren. In einer weiteren Auflistung von nunmehr 33 potentiellen Vergleichspersonen wurden die Güteprüfer aufgeführt, die ebenfalls eine technisch, handwerkliche Ausbildung abgeschlossen haben und sich in Bezug auf die Betriebszugehörigkeit und das Lebensalter in einem Korridor von +/- 10 Jahren bewegen. Für den Inhalt der Aufstellung wird auf die Anlage K6 Bl. 106 der arbeitsgerichtlichen Akte Bezug genommen. Letztere Aufstellung wurde nochmals mit namentlicher Benennung der potentiellen Vergleichspersonen mit der Anlage K13, Bl. 390 der arbeitsgerichtlichen Akte vorgelegt.
Die Klägerin hat behauptet, die Mehrheit der Personen der Vergleichsgruppe habe sich lediglich in Entgeltstufe 13 entwickelt. Die Vergleichsgruppe sei zutreffend gebildet worden und Arbeitnehmer, die das Lebensalter um +/- 10 Jahre des Beklagten überschreiten, nach dem Tarifvertrag aus der Vergleichsbetrachtung zutreffend herausgenommen worden. Da die Güteprüfer im wesentlichen dieselben Tätigkeiten ausüben würden, dürfte die Vergleichsgruppe auch nicht kleiner gefasst werden.
Sie hat beantragt,
festzustellen, dass der Beklagte zutreffend in der Entgeltgruppe 13 eingruppiert und entsprechend dieser Entgeltgruppe zu vergüten ist.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen und widerklagend
- 1.
die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten für den Monat Mai 505,47 EUR netto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2023 zu zahlen.
- 2.
festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, den Beklagten seit dem 01.02.2023 nach Entgeltstufe (ES) 14 der Anlage 1 zum Entgelttarifvertrag zwischen der Volkswagen AG und der IG Metall Bezirksleitung Niedersachsen und Sachsen-Anhalt vom 05. März 2018 in der Fassung vom 01.05.2021, ab dem 01.06.2023 in der Fassung vom 23.11.2022 (Anlage 1 zum Verhandlungsergebnis), zu vergüten und die Bruttonachzahlungsbeträge gem. § 22.2 Abs. 2 MTV für die Beschäftigten der Volkswagen AG (Anlage B 1) ab dem jeweils auf den letzten Arbeitstag des Abrechnungsmonats folgenden Tag mit 5%-Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, auf die Entgeltmitteilungen aus den Jahren 2010 und 2013 habe vertrauen zu dürfen. Die Klägerin sei zudem ihrer Darlegungs- und Beweislast entsprechend der Rechtsprechung zur korrigierenden Rückgruppierung nicht nachgekommen. Im Übrigen sei für die Vergleichsgruppenbildung auf seine Wiederwahl zum 25.09.2013 abzustellen und nicht auf die erste Amtsübernahme. Zudem seien nicht sämtliche Güteprüfer untereinander vergleichbar, da diese in unterschiedlichen Organisationseinheiten tätig seien. Auch differenziere die Klägerin bei den Güteprüfern nicht zwischen Zeitentgelt und Leistungsentgelt. Nach seiner Auffassung sei er lediglich mit Herrn Hauk vergleichbar. Dementsprechend habe er Anspruch auf Rückzahlung des Einbehaltes in Höhe von 505,47 € aus Mai 2023.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 25.01.2024 abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Hierzu hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Vergleichsgruppenbildung durch die Klägerin unzutreffend sei. Für die Einzelheiten wird auf die arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe verwiesen (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 21.03.2024 Berufung gegen das am 27.02.2024 zugestellte Urteil eingelegt. Die Berufungsbegründung ging am 29.05.2024 ein, nachdem die Berufungsbegründungsfrist gemäß Beschluss vom 25.04.2024 bis 29.05.2024 verlängert wurde.
Die Klägerin wendet sich gegen das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründung. Sie verteidigt ihre Vergleichsgruppenbildung und legt erneut eine Auflistung von 46 potentiellen Vergleichspersonen samt deren Vergütung mit Stand zum 22. Mai 2024 sowie eine Vergleichsgruppe bei Nichtberücksichtigung des 10-Jahres-Korridors bezüglich des Alters und der Betriebszugehörigkeit vor. Auf die Anlagen K13 und K14 zu Bl. 116 und 117 der Berufungsakte wird Bezug genommen.
In beiden Vergleichsgruppenbildungen liege der Median bei der Entgeltstufe 13. Zudem verteidigt sie ihre Auffassung, wonach bei der Vergleichsgruppenbildung ein Alterskorridor gebildet werden dürfe.
Sie beantragt,
- 1.
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hannover vom 25. Januar 2024, Az.10 Ca 163/23E, festzustellen, dass der Beklagte zutreffend in Entgeltgruppe 13 eingruppiert und entsprechend dieser Entgeltgruppe, vorbehaltlich einer tariflichen Änderung, mit einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von EUR 5.133 zu vergüten ist,
- 2.
die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung, vertritt dabei weiterhin die Auffassung, dass auf den Zeitpunkt der späteren Amtsübernahme am 25.09.2023 abzustellen sei. Außerdem vertieft er sein Vorbringen dazu, dass die Güteprüfertätigkeiten nicht alle vergleichbar sein. Es gäbe u. a. die Tätigkeitsbereiche Güteprüfer/in im Betrieb, Güteprüfer/in im Labor und Güteprüfer/in an Prüfständen sowie Güteprüfer/in in der Montage. Hierzu gäbe es auch unterschiedliche Tätigkeitsbeschreibungen. Nach Auffassung des Beklagten könnten lediglich die Personen aus der Organisationseinheit des Beklagten als Vergleichsperson herangezogen werden. Das sei ausschließlich Herr H., der Entgeltstufe 14 erhalte.
Für das gesamte Vorbringen der Parteien wird auf deren wechselseitige Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen (§ 313 Abs. 2 ZPO).
Entscheidungsgründe
A.
Die Berufung der Klägerin und Berufungsklägerin ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 64, 66 ArbGG, § 519, 520 ZPO). Sie genügt zudem den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ZPO. Die Berufung setzt sich hinreichend mit den Erwägungen des arbeitsgerichtlichen Urteils auseinander, insbesondere hinsichtlich der zutreffenden Bildung einer Vergleichsgruppe.
B.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zurecht zurückgewiesen und der Widerklage stattgegeben.
I.
Der Antrag der Klägerin auf Feststellung, dass der Beklagte zutreffend in Entgeltstufe 13 eingruppiert ist, ist zulässig, aber unbegründet.
1.
Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse - auch für einen vergangenheitsbezogenen Antrag - ist gegeben. Die Klägerin ist nicht auf eine Leistungsklage hinsichtlich Rückzahlung der aus ihrer Sicht überzahlten Beträge zu verweisen, weil damit zu rechnen ist, dass im Rahmen eines Feststellungsantrages die streitigen Fragen zwischen den Parteien geklärt werden können (vgl. BAG vom 22.01.2020 - 7 AZR 222/19 Rn. 16; LAG Nds. 2 Sa 637/23). Die Klägerin wird die festgestellte Einstufung abrechnen und an den Beklagten auszahlen.
Darüber hinaus ergibt die gebotene Auslegung des ansonsten hinreichend bestimmten Antrages im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 3 ZPO, dass es der Klägerin nicht um die Eingruppierung im Wortsinne geht. Sie verweist ausdrücklich darauf, dass die Grundsätze der korrigierenden Rückgruppierungen nicht anzuwenden sind. Ihre Formulierung "einzugruppieren" zielt ersichtlich darauf ab, dass der Beklagte entsprechend der Entgeltstufe 13 gemäß § 37 Abs. 4 BetrVG vergütet werden soll, und dies im Rahmen einer betriebsüblichen Entwicklung einer festzustellenden Vergleichsgruppe, dies rückwirkend zum 01. Februar 2023 (vgl. BAG vom 23.11.2022; 7 AZR 122/22 Rn-Nr. 22 und Rn-Nr. 24 zu § 253 und § 256 ZPO). Das ist Folge daraus, dass § 37 Abs. 4 BetrVG der Entgeltsicherung des Betriebsratsmitglieds dient.
2.
Der Feststellungsantrag ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung dahingehend, dass der Beklagte nach § 37 Abs. 4 BetrVG mit Entgeltstufe 13 zu vergüten ist.
a.
Nach § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG darf das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrates einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Mitglieder des Betriebsrates dürfen weder in wirtschaftlicher noch in beruflicher Hinsicht gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung Nachteile erleiden (BAG vom 23.11.2022 a.a.O. Rn-Nr. 27; BAG vom 22.01.2020 - 7 AZR 222/19 Rn-Nr. 21, jeweils m.w.N.). Vergleichbar sind Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Amtsübernahme ähnliche, im wesentliche gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben wie der Amtsträger und dafür in gleicher Weise wie dieser fachlich und persönlich qualifiziert waren. Üblich ist eine Entwicklung, die vergleichbare Arbeitnehmer bei Berücksichtigung der normalen betrieblichen und personellen Entwicklungen in beruflicher Hinsicht genommen haben. Die Übertragung höherwertiger Tätigkeiten ist nur dann betriebsüblich, wenn diese dem Betriebsratsmitglied nach den betrieblichen Gepflogenheiten hätten übertragen werden müssen oder die Mehrzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer einen solchen Aufstieg erreicht. Nicht ausreichend ist es, dass das Betriebsratsmitglied bei der Amtsübernahme in seiner bisherigen beruflichen Entwicklung einem vergleichbaren Arbeitnehmer vollkommen gleichgestanden hat. Eine Betriebsüblichkeit der beruflichen Entwicklung liegt nicht vor, wenn die Besserstellung eines oder mehrerer vergleichbarer Arbeitnehmer auf individuellen, nur auf diese bzw. diesen Arbeitnehmer persönlich zugeschnittenen Gründen beruht (BAG vom 23.11.2022 a.a.O. Rn.-Nr. 29).
b.
Die Klägerin beruft sich zu Unrecht auf eine aus ihrer Sicht fehlerhafte Vergütung nach Entgeltstufe 14 aufgrund der von ihr gebildeten Vergleichsgruppen gemäß Anlagen K5 und K14 (vgl. Bl. 116 und 117 der Berufungsakte).
aa.
Allerdings folgt dies nicht schon aus einer vom Beklagten behaupteten Vertragsänderung. Entgegen der Auffassung des Beklagten stellen die Schreiben vom 18.03.2010 und 25.09.2013 keine Vertragsänderung dar. Sie beinhalten eine bloße Wissensmitteilung und stellen kein Angebot auf eine Vertragsänderung dar, was der Beklagte konkludent angenommen hat. Vielmehr ist dem Beklagten durch die Schreiben der Arbeitgeberin allein eine Anpassungsentscheidung der Kommission auf Grundlage von § 37 Abs. 4 BetrVG mitgeteilt worden. Die Anpassung erforderte dabei jeweils keine vertragliche Umsetzung durch die Parteien. Vielmehr erfolgten sie auf Grundlage des § 37 Abs. 4 BetrVG und sind anschließend durch entsprechende Zahlungen umgesetzt wurden.
bb.
Entgegen der Auffassung des Beklagten kommen auch die Grundsätze einer sogenannten korrigierenden Rückgruppierung, nach denen die Arbeitgeberin die Darlegungs- und Beweislast für die objektive Fehlerhaftigkeit der bisherigen Bewertung der Tätigkeit trägt, nicht zur Anwendung. Diese Grundsätze stellen darauf ab, dass der Arbeitgeber eine Eingruppierung nicht nur mittelt, sondern aufgrund einer Bewertung die Tätigkeit zuordnet sowie die von ihm angenommene Erfüllung von Anforderungen des konkreten Tätigkeitsmerkmals einer Entgeltordnung geprüft hat. Auf die Richtigkeit gerade dieses Bewertungs- und Zuordnungsvorgangs darf der Beschäftigte vertrauen (BAG vom 16.08.2023 - 4 AZR 339/22 Rn-Nr. 27). Demgegenüber gelten diese Grundsätze ihrem Sinn und Zweck nach nicht, wenn der Beschäftigte sein Vertrauen nur auf ein Element der bisherigen tariflichen Bewertung durch die Arbeitgeberseite stützen kann, aber weitere rechtliche Folgeüberlegungen erforderlich sind, die zu der beanspruchten Entgeltgruppe führen können (BAG vom 16.08.2023 a.a.O. Rn-Nr. 26). Diese Grundsätze sind nach dem Sinn und Zweck des § 37 Abs. 4 BetrVG nicht anzuwenden. Die Klägerin bezog sich mit ihren Schreiben vom 10.03.2010 und 25.09.2013 erkennbar auf die Einschätzung der Kommission Betriebsratsvergütung im Hinblick auf die betriebsübliche Entwicklung der nach deren Sicht mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmer gemäß § 37 Abs. 4 BetrVG und nicht auf die Zuordnung der Tätigkeit zu einer bestimmten Entgeltstufe im Sinne einer Eingruppierung (vgl. auch LAG Nds. vom 08.02.2024 - 6 Sa 559/23 Rn-Nr. 45).
cc.
Die Klägerin ist jedoch ihrer auch im Rahmen des § 37 Abs. 4 BetrVG obliegenden abgestuften Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen.
aaa.
In der Regel trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast im Rahmen des § 37 Abs. 4 BetrVG für die Bildung einer Vergleichsgruppe und die betriebsübliche berufliche Entwicklung der an sich vergleichbaren Arbeitnehmer (BAG vom 20.01.2021 - 7 AZR 52/20, Rn-Nr. 23). Dasselbe gilt, wenn ein Betriebsratsmitglied eine höhere Vergütung geltend macht, weil andernfalls eine unzulässige Benachteiligung wegen des Betriebsratsamtes vorliegen würde. Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass derjenige, der ein Recht für sich in Anspruch nimmt, die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen trägt. Will der Amtsträger gelten machen, dass er ohne Ausübung seines Amtes und ohne die Freistellung durch Beförderung einen beruflichen Aufstieg genommen hätte, hat er hierzu mehrere Möglichkeiten (vgl. BAG vom 20.01.2021 - 7 AZR 52/20, Rn-Nr. 24). Soweit Darlegungsprobleme bestehen, darf durch die prozessuale Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht in unzumutbarer Weise erschwert werden, die sich ergebenden Ansprüche gerichtlich durchzusetzen (BAG vom 25.06.2014 - 7 AZR 847/14 Rn-Nr. 37). Deswegen gilt in einem Rechtsstreit eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast (BAG vom 20.01.2021 a.a.O Rn-Nr. 29 und 30 zu § 78 BetrVG). Ob die Klägerin die volle Darlegungs- und Beweislast zu tragen hat, weil sie sich mit der von ihr behaupteten überhöhten Vergütung auf eine unzulässige Begünstigung des Betriebsratsmitglieds nach § 78 S. 2 BetrVG und damit auf ein Verbotsgesetz beruft (vgl. BAG vom 29.08.2018 - 7 AZR 206/17 Rn-Nr. 44), kann dahinstehen.
(1)
Dieser abgestuften Darlegungs- und Beweislast hat der Beklagte zunächst dadurch genügt, dass er auf die ihm seit 01.01.2010 gezahlte Vergütung nach Entgeltstufe 14 und die damit verbundenen Mitteilungen verwiesen hat. Nach den damaligen Regeln der Klägerin richtete sich die den freigestellten Betriebsratsmitgliedern im Rahmen von § 37 Abs. 4 BetrVG zu zahlende Vergütung nach den Feststellungen einer paritätisch besetzten Schiedskommission. Dieses Ergebnis hat die Klägerin übernommen und dem Kläger mit Schreiben vom 18.03.2010 mitgeteilt, dass er entsprechend der Entscheidung der Kommission rückwirkend zum 01.01.2010 vergütet wird. Die Entscheidung der Kommission ist nicht begründet; die Begründung nach den Ausführungen der Klägerin zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht mehr ermittelbar. Dem Kläger ist des Weiteren mitgeteilt worden, dass er während seiner tatsächlichen Beschäftigung in der Zeit vom 12.06. bis 25.09.2013 weiterhin nach Entgeltstufe 14 vergütet werde. Mit seiner Wiederwahl und erneuten Freistellung am 25.09.2013 wurde ihm erneut mit Schreiben vom 25.09.2013 bestätigt, dass er entsprechend der Kommissionsentscheidung weiterhin Entgeltstufe 14 erhalte. Der Beklagte hatte keine Veranlassung, diese Entscheidung der Kommission und die Vergütungsmitteilungen durch die Klägerin, die sich die Kommissionsentscheidung als Arbeitgeberin zurechnen lassen muss und zu eigen gemacht hat. Infrage zu stellen und vorsorglich Anhaltspunkte dafür zu sammeln, dass er zum heutigen Zeitpunkt die ihm seit fast 14 Jahre gezahlte Vergütung rechtfertigen muss. Insofern kann von dem Beklagten nicht verlangt werden, dass er zum heutigen Zeitpunkt darlegt, welche Vergleichsgruppe zum Zeitpunkt der Amtsübernahme am 04.05.2002 zu bilden war.
(2)
Auch wenn auf den späteren Zeitpunkt der Wiederwahl des Beklagten und erneuten Freistellung ab 25.09.2013 abgestellt würde, würde nichts anders gelten. Grundsätzlich ist auf den Zeitpunkt der Amtsübernahme abzustellen, dies selbst dann, wenn das Betriebsratsmitglied zu einem späteren Zeitpunkt freigestellt wird (BAG vom 23.11.2022 a.a.O. Rn.-Nr. 28.). Im Zeitpunkt der Wiederwahl am 25.09.2013 war der Beklagte mit einer Vergütung nach Entgeltstufe 14 als Güteprüfer beschäftigt. Dies aber im Rahmen des nachwirkenden Schutzes von § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG, wonach dem Betriebsratsmitglied auch nach Beendigung der Amtszeit für ein Jahr die gleichbleibende Vergütung zusteht. Es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Klägerin für die Zeit der tatsächlichen Beschäftigung des Beklagten bis zur Wiederwahl mit dem Schreiben eine aus ihrer Sicht neue zutreffende Eingruppierung mitgeteilt hat. Es spricht viel dafür, dass die Klägerin im Hinblick auf § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG den nachwirkenden Schutz des zunächst ausgeschiedenen Betriebsratsmitglieds sichern wollte. Auch bei dem Einsatz von Ersatzmitgliedern wird dann auf den ersten Einsatz abgestellt, wenn ein fortlaufender Einsatz des Ersatzmitgliedes erfolgt und die Unterbrechung innerhalb eines Jahres erfolgt (vgl. BAG vom 23.11.2022 a.a.O. Rn.-Nr. 28). § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG stellt ausdrücklich auf einen nachwirkenden Schutz von einem Jahr ab. Insofern spricht viel dafür, auf den Zeitpunkt der ersten Amtsübernahme abzustellen. Letztendlich kann das aber dahinstehen.
bbb.
Dem Vorbringen des Beklagten ist die Klägerin im Wege der abgestuften Darlegungs- und Beweislast nicht entgegengetreten. Die Klägerin hätte im Rahmen ihrer abgestuften Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf die dem Beklagten erfolgten Mitteilungen über seine Vergütung nach Entgeltstufe 14 darlegen müssen, auf welchen Überlegungen zu welchen vergleichbaren Arbeitnehmern und deren damaliger beruflicher betriebsüblicher Entwicklung die Entscheidung der Kommission Betriebsratsvergütung basierte. Es kann nicht dem Beklagten angelastet werden, dass diese Informationen heute nicht mehr zugänglich sind. Der Beklagte hat darauf verwiesen, dass die von der Klägerin aufgeführten Güteprüfer, welcher im Zeitpunkt der Amtsübernahme am 04.05.2003 mit Entgeltstufe 11 vergütet waren, nicht vollständig sind. Es ist auch von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten worden. Der Beklagte hat darauf verwiesen, dass es weitere Güteprüfer gab, die zu früheren Zeitpunkten ausgeschieden sind und in der Liste daher nicht auftauchten. Zum Teil sind wohl auch Arbeitnehmer aus der Gruppe der vergleichbaren Arbeitnehmer ausgeschieden, weil sie eine gänzliche andere berufliche Entwicklung im Unternehmen erfahren haben. Des Weiteren ist auch nicht dargelegt, in welchen Bereichen die Güteprüfer beschäftigt waren. Unstreitig gibt es verschiedene Einsatzbereiche, zudem gibt es auch Unterschiede bei der Vergütung hinsichtlich Zeitentgelt und Leistungsentgelt. Es ist nicht ersichtlich, von der Klägerin so auch nicht vorgetragen, ob die Organisationseinheiten zum Zeitpunkt der Mitteilungen der Kommission Betriebsratsvergütung mit der aktuellen Arbeitsorganisation vergleichbar ist. Damit ist die Klägerin den Darlegungen des Beklagten nicht hinreichend entgegengetreten. Die Klägerin hat die Bildung der Vergleichsgruppe auf Grundlage der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 01.12.2020 vorgenommen. Alle aufgeführten Güteprüfer waren im Zeitpunkt der ersten Amtsübernahme des Beklagten als solche beschäftigt. Allerdings ergibt sich aus der Auflistung nicht, welche weiteren Güteprüfer, die aus anderen Gründen seit 2002 ausgeschieden sind, in die Gruppe der vergleichbaren Arbeitnehmer aufzunehmen waren. Es kann dahinstehen, ob nach der Vergleichsgruppenbildung entsprechend den aktuellen Anlagen K 13 und K 14 und dem derzeitigen Stand der beschäftigten Güteprüfer lediglich eine betriebsübliche Entwicklung in die Entgeltstufe 13 stattgefunden hat. Die Klägerin verweist darauf, dass dies je nach Vergleichsgruppenbildung stets der Fall war. Maßgeblich ist, ob die Umstände, die im Zeitpunkt der Mitteilung einer Vergütung nach Entgeltstufe 14 am 10.03.2010 die Vergütung aufgrund der zu dem Zeitpunkt zu bildenden Vergleichsgruppe und Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung zutreffend war. Selbst wenn die spätere Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer dann nur nach Entgeltstufe 13 ergeben sollte, wäre dies unbeachtlich, weil § 37 Abs. 4 BetrVG keine Rückentwicklung der Betriebsratsmitglieder vorsieht. Der Beklagte hatte auch keine Veranlassung an der Richtigkeit der Mitteilung der Kommission Betriebsratsvergütung zu zweifeln. Die Entwicklung von Entgeltstufe 11 zu Entgeltstufe 14 ist nicht derart hoch und ungewöhnlich, dass der Beklagte Anlass gehabt hätte nachzufragen oder für den Fall einer späteren Herabstufung vorsorglich Daten zu sammeln.
2.
Dementsprechend hat das Arbeitsgericht die Klägerin im Rahmen der Widerklage zu Recht verurteilt, den von ihr vorgenommenen Einbehalt für 4 Monate in Höhe von je 126,37 €, insgesamt also 505,47 € an den Beklagten zurückzuzahlen, § 611 a BGB i.V.m. § 37 Abs. 4 BGB. Die Zahlung erfolgte nicht ohne Rechtsgrund, sondern im Rahmen von § 37 Abs. 4 BetrVG. Auf obige Ausführungen wird verwiesen. Der Beklagte hat die Rückzahlung im Rahmen der Ausschlussfrist nach § 23 MTV geltend gemacht.
C.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die unterliegende Klägerin und Berufungsklägerin zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO). Die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.