Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.04.2025, Az.: 3 LD 16/23
Entfernung eines Beamten aus dem Beamtenverhältnis wegen Begehung eines Dienstvergehens (hier: Begehung von zwei Straftaten)
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 28.04.2025
- Aktenzeichen
- 3 LD 16/23
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2025, 14369
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2025:0428.3LD16.23.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 20.11.2023 - AZ: 18 A 2064/23
Rechtsgrundlage
- § 47 Abs. 1 S. 1, 2 BeamtStG
Redaktioneller Leitsatz
Durch den Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe ohne Erlaubnis hat ein Beamter schuldhaft die ihm obliegende Dienstpflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verletzt.
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 18. Kammer - vom 20. November 2023 geändert.
Der Beklagte wird aus dem Beamtenverhältnis entfernt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.
Der 1982 geborene Beklagte schloss ... 2008 erfolgreich eine Fachhochschulausbildung zum "Diplom Fitnessökonom" ab und war zunächst in diesem Bereich tätig. Zum ... 2011 trat er in den Landesdienst ein und absolvierte zunächst seinen Vorbereitungsdienst für die Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt (ehem. mittlerer Dienst) der Fachrichtung Justiz. Mit Wirkung vom ... 2013 wurde er zum Obersekretär im Justizvollzugsdienst (Bes.-Gr. A 7) ernannt und in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen. Zum ... 2016 wurde ihm die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen. Er versah seinen Dienst in der Justizvollzugsanstalt A. (Region C-Stadt).
Bei der letzten dienstlichen Beurteilung vom 5. Juni 2018 erhielt er die Notenstufe "C - die Leistungsanforderungen werden gut erfüllt" (mittlere von fünf Notenstufen). Bei den dienstlichen Beurteilungen vom 15. Januar 2015 und vom 30. Mai 2016 wurden seine Leistungen nach den damals geltenden Beurteilungsrichtlinien mit der Notenstufe "C - entspricht voll den Anforderungen"" (mittlere von fünf Notenstufen) bewertet.
Der Beklagte ist verheiratet. Er hat eine Stieftochter im Alter von elf Jahren sowie zwei leibliche Söhne im Alter von drei und vier Jahren.
Bis zu den Vorwürfen in dem vorliegenden Disziplinarverfahren ist der Beklagte disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten.
Seit Oktober 2018 verdichteten sich Hinweise auf einen verbotenen Betäubungs- und Arzneimittelhandel sowie einen Handel von Bediensteten mit Mobiltelefonen, Filmen und weiteren verbotenen Gegenständen in der Justizvollzugsanstalt A.. Im November 2018 wurde der Sachverhalt bei der Staatsanwaltschaft G. -Stadt zur Anzeige gebracht. U. a. wurde gegen den Beklagten wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt. Im Rahmen dieser Ermittlungen stellten Polizeibeamte bei der Hausdurchsuchung beim Beklagten am ... eine geladene Pistole nebst Munition (verwahrt in einer verschlossenen Kassette im Schlafzimmer) sowie die Mobilfunkgeräte des Beklagten und seiner Ehefrau sicher. Auf dem Mobilfunkgerät der Ehefrau des Beklagten fanden sich Bild- und Filmaufnahmen von einem Gefangenen der Justizvollzugsanstalt A. in hilfloser Lage, die vom Beklagten herrührten.
Die Klägerin verbot dem Beklagten mit Verfügung vom 2. September 2019 unter Verweis auf das Ermittlungsverfahren die Führung der Dienstgeschäfte (§§ 39 BeamtStG, 48 NBG) und ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Nachfolgend leitete sie mit Verfügung vom 17. Oktober 2019 gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren mit dem Vorwurf ein, er habe seit Anfang 2018 mit näher bezeichneten Gefangenen vereinbart, gegen entsprechende Bezahlung verbotene bzw. nicht genehmigungsfähige Gegenstände wie Handys, Betäubungsmittel und Anabolika in die Justizvollzugsanstalt einzubringen. Zugleich setzte sie das Disziplinarverfahren im Hinblick auf das anhängige Ermittlungsverfahren nach § 23 Abs. 1 Satz 3 NDiszG aus.
Die Staatsanwaltschaft C-Stadt - Zentralstelle für E. - stellte das gegen den Beklagten gerichtete Ermittlungsverfahren wegen Bestechlichkeit im Februar 2021 ein.
Wegen der im Laufe dieses Ermittlungsverfahren bekanntgewordenen Straftaten (illegaler Waffenbesitz und Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen) wurde der Beklagte jedoch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen: Zunächst verurteilte das Amtsgerichts H. -Stadt den Beklagten durch rechtskräftig gewordenes Urteil vom ... - I. - zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen das Waffengesetz nach §§ 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b), 1 Abs. 2, 2 Abs. 2 WaffG; die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem verhängte das Amtsgericht C-Stadt gegen den Beklagten durch rechtskräftig gewordenen Strafbefehl vom ... - J. - eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 50,00 EUR, mithin eine Geldstrafe von insgesamt 2.500,00 EUR, wegen eines Vergehens nach § 201a Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3, Abs. 2, Abs. 5, 205, 52, 74 StGB (durch dieselbe Handlung Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellen, unbefugt hergestellt zu haben und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt zu haben, die durch eine Tat nach § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB hergestellte Bildaufnahme einer dritten Personen zugänglich gemacht zu haben sowie unbefugt von einer anderen Person Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, einer dritten Person zugänglich gemacht zu haben).
Mit Verfügung vom 19. November 2020 dehnte die Klägerin das gegen den Beklagten am 17. Oktober 2019 eingeleitete Disziplinarverfahren auf die Vorwürfe "Verstoß gegen das Waffengesetz" und "Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen" aus und führte es nach § 23 Abs. 2 Satz 3 NDiszG fort.
Unter dem 24. November 2020 hörte sie den Beklagten zur beabsichtigten vorläufigen Dienstenthebung (§ 38 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG) sowie zum Einbehalt von 50 % seiner Dienstbezüge (§ 38 Abs. 2 NDiszG) an. Erst mit bestandskräftig gewordener Verfügung vom 17. November 2022 enthob die Klägerin den Beklagten vorläufig des Dienstes und ordnete die Einbehaltung von 50 % der Dienstbezüge an.
Die Klägerin fasste das wesentliche Ergebnis der disziplinarbehördlichen Ermittlungen in einem Vermerk vom 5. Januar 2023 zusammen. Durch die Begehung der Straftat des unerlaubten Waffenbesitzes habe der Beklagte ein schweres Dienstvergehen außerhalb des Dienstes begangen, das im besonderen Maße dazu geeignet sei, das Vertrauen des Dienstherrn in den Beklagten zu beeinträchtigen. Durch die Anfertigung von Bild- und Filmaufnahmen eines Gefangenen während einer Notfallfahrt habe der Beklagte zudem eine Straftat während der Dienstausübung begangen. Die Tathandlungen führten zu einem erheblichen Ansehensschaden für den Beklagten selbst, aber auch für die Beamtenschaft an sich. Die Klägerin gab dem Beklagten Gelegenheit zur abschließenden Äußerung und gewährte hierzu Akteneinsicht. Der Beklagte nahm zu den Vorwürfen Stellung.
Die Klägerin hat am 16. März 2023 Disziplinarklage bei dem Verwaltungsgericht Hannover erhoben. Bei der Disziplinarklageschrift handelt es sich um ein pdf-Dokument einer Ablichtung eines Schriftstückes, dass mit "Gez. K." schließt und mit einem Beglaubigungsvermerk einer Verwaltungsbeschäftigten der Klägerin nebst Unterschrift (ohne Namensangabe) versehen worden ist.
Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Es liege ein schwerwiegendes Dienstvergehen vor, welches von derart erheblichem disziplinarischem Gewicht sei, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Dienstherrn und dem Beklagten unwiederbringlich erschüttert sei, so dass seine Entfernung aus dem Dienst erforderlich sei. Er habe zwei Straftaten begangen, für die er rechtskräftig verurteilt worden sei. Durch die Begehung der Straftat des unerlaubten Waffenbesitzes habe er außerhalb des Dienstes ein schweres Dienstvergehen begangen, das im besonderen Maße geeignet sei, das Vertrauen des Dienstherrn in ihm in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Durch den unerlaubten Besitz einer Waffe, die zudem nicht sicher gelagert worden sei, habe der Beklagte gegen Strafvorschriften verstoßen, die wichtige Gemeinschaftsbelange schützen sollten, nämlich die Unversehrtheit von Leib und Leben anderer. Er sei in dem Besitz der Waffe gewesen, um eine - angebliche - Gefahr von sich und seiner Familie abzuwenden. Er habe damit bewiesen, dass er das staatliche Gewaltmonopol nicht anerkenne, in den Rechtsstaat und dessen Institutionen kein Vertrauen habe sowie Streitigkeiten und Bedrohungslagen vorzugsweise durch Selbsthilfe regle. Er habe anscheinend zuvor weder den Versuch unternommen, den Polizeibehörden seine angeblichen Sorgen um die Sicherheit seiner Familie zu schildern, noch diese Situation seinem Dienstherrn angezeigt. Besonders schwer wiege, dass er als Justizvollzugsbeamter, der in einem sicherheitsrelevanten Bereich tätig sei, die gesetzlichen Regelungen des Waffenrechts nicht anerkenne und dabei nicht einmal vor der Verletzung strafbewehrter Verbote zurückschrecke. Dieses außerdienstliche Dienstvergehen weise einen Bezug zum Statusamt des Beklagten auf. Bei Justizvollzugsbeamten ergebe sich der Amtsbezug aus der ihrem Statusamt eigenen Pflicht, Sicherheit und Ordnung in der Justizvollzugsanstalt nach innen und außen zu gewährleisten. Hinzu komme, dass die Aufgaben- und Pflichtenstellung eines Justizvollzugsbeamten einen Achtungs- und Autoritätsanspruch bedinge, der unverzichtbare Voraussetzung für die ordnungsgemäße Erfüllung der Dienstpflichten sei. Sobald, insbesondere bei den durch den Beklagten zu betreuenden Gefangenen, bekannt werden würde, dass er im Besitz einer nicht registrierten Handfeuerwaffe gewesen sei und offenbar über Kontakte in ein Milieu verfüge, das die Beschaffung einer solchen Waffe möglich mache, sei die Verwendung des Beklagten im Strafvollzug unmöglich. Es bestünde die Gefahr, dass der Beklagte von Gefangenen unter Druck gesetzt würde, sodass eine ordnungsgemäße und vertrauensvolle Ausübung des Dienstes nicht mehr möglich wäre. Durch die Anfertigung von Bild- und Filmaufnahmen eines Gefangenen während einer Notfallfahrt ins Krankenhaus habe der Beklagte zudem eine Straftat während seiner Dienstausübung begangen. Die Tat habe zu einem erheblichen Ansehensschaden der eigenen Person des Beklagten und der Beamtenschaft als solcher geführt. Von Justizvollzugsbeamten werde erwartet, dass sie den persönlichen Lebens- und Geheimbereich der ihnen anvertrauten Gefangenen achteten. Die Bemühungen des Justizvollzugs um die Reintegration von Gefangenen verlören an Glaubwürdigkeit, wenn die Beamten selbst Straftaten begingen. Eigenart und Schwere des Dienstvergehens würden hier dadurch bestimmt, dass sich der Beklagte in einer außerordentlichen Vertrauensstellung zu dem Gefangenen befunden habe. Der Gefangene habe aufgrund der durch psychoaktive Stoffe herbeigeführten psychischen Ausnahmesituation nicht die Möglichkeit gehabt, den Bild- und Filmaufnahmen zuzustimmen oder sich dagegen zur Wehr zu setzen. Dass der Beklagte nicht nur Bild- und Filmaufnahmen angefertigt, sondern diese an seine Ehefrau weitergeleitet habe, verschärfe den Pflichtenverstoß. Durch das Anfertigen und Versenden der Bild- und Filmaufnahmen habe der Beklagte zudem gegen Dienst- und Sicherheitsvorschriften für den Strafvollzug verstoßen und damit ein Dienstvergehen begangen. Durch das Versenden dieser Aufnahmen an seine Ehefrau habe der Beklagte vorsätzlich gegen seine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, zur rechtmäßigen Amtsführung, zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten sowie zur völligen Hingabe an den Beruf verstoßen. Der Beklagte habe schuldhaft gehandelt. Milderungsgründe, die von einer Entfernung aus dem Dienst absehen lassen könnten, seien nicht ersichtlich.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten aus dem Dienst zu entfernen.
Der Beklagte hat beantragt,
auf eine mildere Maßnahme als die Entfernung aus dem Dienst zu erkennen.
Die Entfernung aus dem Dienst sei aufgrund gewichtiger Einzelfallumstände nicht angemessen. Von einer unwiderruflichen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses sei nicht auszugehen. Eine Nichtberücksichtigung der vom Strafgericht festgestellten tatsächlichen (strafmildernden) Umstände führte zu einem Verstoß gegen die Bindungswirkung eines rechtskräftigen Strafurteils gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 NDiszG. Es sei daher zu berücksichtigen, dass er sich [die Waffe deshalb beschafft habe, weil er sich] aufgrund der massiven Bedrohungen in einer ausweglosen Situation gesehen habe. Die Waffe habe er in der Vorstellung einer Notwehrsituation für den Fall einer erforderlichen und gebotenen Verteidigung gegen einen lebensbedrohlichen Angriff besessen. Sein Verhalten sei als persönlichkeitsfremdes, aus einer tiefen Verzweiflung und Angst erwachsenes Verhalten in einer Notlage einzuordnen. Die Anfertigung von Bild- und Filmaufnahmen seien nicht in der Absicht erfolgt, sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Aufnahmen habe er auf seinem Mobiltelefon vollständig gelöscht. Als mildernde Umstände seien zu berücksichtigen, dass er nie disziplinarisch in Erscheinung getreten sei, er seine Tätigkeit stets ohne Beanstandungen ausgeübt und gute dienstliche Leistungen erbracht habe, ein wiederholt einschlägiges Fehlverhalten nicht vorliege, er sich umfassend geständig und kooperativ gezeigt habe, sich bewusst sei, seinerzeit falsche und unüberlegte Entscheidungen getroffen zu haben sowie er sein Verhalten nicht verharmlose, sondern sich einsichtig zeige und tiefe Reue empfinde. Er habe aus den Verurteilungen seine Lehren gezogen und wolle die ihm obliegenden Pflichten sorgsam und pflichtgemäß ausüben. Er befinde sich in einer finanziell schwierigen Situation. Die Existenz seiner Familie sei ernsthaft bedroht.
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten in der mündlichen Verhandlung befragt; wegen der Aussagen des Beklagten im Einzelnen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Mit Urteil vom 20. November 2023 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten zurückgestuft, indem ihm für einen Zeitraum von fünf Jahren Bezüge aus der Besoldungsgruppe A 6 gezahlt werden. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte habe vorsätzlich handelnd ein einheitliches, teilweise innerdienstliches, teilweise außerdienstliches Dienstvergehen begangen, indem er einen Gefangenen in einer hilflosen Situation mit seinem Handy aufgenommen und die hierbei entstandenen Bilddateien an seine Ehefrau weitergeleitet habe sowie indem er sich im Besitz einer Schusswaffe befunden habe, ohne über die erforderliche Erlaubnis zu verfügen. Die erhobenen Vorwürfe seien in tatsächlicher Hinsicht aufgrund der tatsächlichen Feststellungen in dem strafgerichtlichen Urteil des Amtsgerichts H. -Stadt und in dem Strafbefehl des Amtsgerichts C-Stadt als erwiesen anzusehen. Hiernach habe der Beklagten gegen seine Wohlverhaltenspflicht, gegen seine Verschwiegenheitspflicht und seine Folgepflicht verstoßen. Das Dienstvergehen habe der Beklagte vorsätzlich und schuldhaft begangen. Hinsichtlich der Bemessung der Disziplinarmaßnahme wiege das Dienstvergehen schwer, weil er zwei Straftaten, darunter einen Verstoß gegen das Waffengesetz, begangen habe, für den ein ganz erheblicher Strafrahmen von einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorgesehen sei. Bei der Straftat gegen § 201a Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB sei von einer mittelschweren Straftat auszugehen. Zu Lasten des Beklagten sei anzuführen, dass er auf Befragen des Gerichts keine genauen Angaben zur Herkunft der Schusswaffe gemacht habe. Der Beklagte habe mit seiner Aussage nicht den Verdacht ausräumen können, dass er über Kontakte in ein kriminelles Milieu verfüge; allerdings sei ihm das auch nicht nachzuweisen. In die Abwägung sei einzustellen, dass der Beklagte disziplinarisch unbescholten und bislang nicht negativ in Erscheinung getreten sei. In den Blick zu nehmen seien auch die "relativ guten, jedenfalls nicht unterdurchschnittlich schlechten Beurteilungen" des Beklagten. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Strafgerichte bei ihren Entscheidungen jeweils am unteren Ende der möglichen Strafzumessung geblieben seien. Der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane könne als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens heranzogen werden. Zu berücksichtigen sei weiterhin, wie sich der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zu den Gründen geäußert habe, aus denen er sich eine Waffe beschafft habe. Er habe nachvollziehbar dargelegt, dass er sich in einer bedrückenden Situation befunden habe. Er habe die Bedrohungslage anschaulich und überzeugend dargestellt und dabei auch seine unmittelbare Privatsphäre betreffende Informationen über die Beziehung des Kindes zu seinem "andere[n] Vater" offenbart. Dem Beklagten sei es nach seiner Darstellung darum gegangen, bei einem befürchteten Überfall ggf. eine abschreckende Wirkung zu erzielen und darum, mögliche Angreifer so lange zurückzuhalten, bis die herbeigerufenen Einsatzkräfte der Polizei eingetroffen wären. Der Beklagte habe sich zudem bereits in der Vergangenheit angesichts der Bedrohungen durch den ehemaligen Lebensgefährten seiner Ehefrau an die Polizei gewandt und habe wegen des Umgangs der Stieftochter mit deren leiblichem Vater auch regelmäßig Kontakt mit dem Jugendamt gehabt. Die Verfehlung des Beklagten wiege gleichwohl schwer, sie erscheine aber im Hinblick auf die bedrückende Situation persönlicher Bedrohung seiner Familie in einem anderen Licht als die Disziplinarklageschrift nahelege. Die unrechtmäßige Anfertigung und Weiterleitung von Bildaufnahmen eines Strafgefangenen stelle ebenfalls eine schwerwiegende Dienstpflichtverletzung dar. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte die Aufnahmen nur an seine Ehefrau übersandt und diese sie auch nicht an andere Personen weitergeleitet habe. Es habe "den privaten Rahmen des Beklagten" nicht verlassen. Der Gefangene habe eine OP-Maske getragen und sei deshalb nicht ohne Weiteres zu erkennen gewesen. Die Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Gefangenen hätte deshalb eher geringere Auswirkungen. Dies lasse die Dienstpflichtverletzung weniger gravierend erscheinen. Schließlich habe sich das Gericht von dem persönlichen Eindruck leiten lassen, den es von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung gewonnen habe. Es habe nicht den Eindruck gewonnen, dass es sich bei dem Beklagten um einen "pflichtvergessenen Beamten handelt, der uneinsichtig und unbelehrbar ist und keine ,zweite Chance' verdient hätte". Das Gericht gehe davon aus, dass sich der Beklagte von der verhängten Disziplinarmaßnahme beeindrucken lasse und er "keine schweren Dienstpflichtverletzungen" mehr begehen werde.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 13. Dezember 2023 zugestellte Urteil am 28. Dezember 2023 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Das Verwaltungsgericht habe die Tragweite "beider Dienstvergehen" verkannt. Fehl gehe dessen Annahme, die im Strafverfahren verhängte Strafe habe eine Indizwirkung für das Disziplinarverfahren. Das Verwaltungsgericht habe zwar festgestellt, dass sich der Beklagte zum Zeitpunkt der Beschaffung der Schusswaffe nach eigenen Angaben in einer psychischen und emotionalen Ausnahmesituation befunden habe. Insoweit verhielten sich die Darstellungen des Beklagten vor dem Verwaltungsgericht nicht zu den Feststellungen des Amtsgerichts H. -Stadt im Urteil vom ...und seien widersprüchlich. Das Strafgericht habe festgestellt, dass sich die Bedrohungslage nach einiger Zeit beruhigt habe und die Stieftochter des Beklagten ihren (leiblichen) Vater auch habe wiedersehen können. Hingegen habe der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht die Bedrohungssituation dramatischer und nachhaltiger bzw. als weiterhin vorliegend dargestellt. Diese vom Strafurteil inhaltlich abweichende Einschätzung durch das Verwaltungsgericht hätte aber wegen der Bindungswirkung nach § 24 Abs. 1 NDiszG nicht erfolgen dürfen, weil sie insoweit den tatsächlichen Feststellungen zur Beurteilung und Bewertung im Strafurteil nicht entspreche und durch eine eigene Einschätzung des Verwaltungsgerichts ersetzt würde. Eine offenkundige Unrichtigkeit in den bindenden Tatsachenfeststellungen liege aber nicht vor, selbst wenn die bloße Möglichkeit bestünde, dass das Geschehen um die inzwischen beendete oder noch bestehende Bedrohungssituation objektiv auch anders gewesen sein könnte. Dennoch habe der Beklagte die Schusswaffe in seinem Besitz behalten, obgleich es ihm ohne Weiteres möglich gewesen wäre, diese bei den zuständigen Behörden abzugeben. Dies habe das Verwaltungsgericht verkannt. Gerade aber dieser Umstand, dass der Beklagte die Schusswaffe nach Abklingen der Bedrohungssituation nicht abgegeben habe, wiege besonders schwer und sei mit der vom Beklagten behaupteten Ausnahmesituation nicht mehr zu rechtfertigen. Allein dieses Dienstvergehen wiege derart schwer, dass eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis angezeigt sei. Die weitere Straftat nach § 201a StGB sei mit einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe bewehrt. Weise ein Dienstvergehen - wie hier diese Straftat - hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten auf, reiche der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme schon für mittelschwere Taten, für die eine Strafandrohung bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe gelte, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Dies habe das Verwaltungsgericht verkannt. Der Persönlichkeitsmangel des Beklagten zeige sich bei dieser Tat allzu deutlich in der Art und Weise, wie er sich gemeinsam mit seiner Ehefrau im Chatverlauf in der App WhatsApp darüber belustigt habe und wie sich der Chatverlauf entwickelt habe und mit Videomaterial "angereichert" worden sei. Es handele sich nicht um eine einmalige abfällige Bemerkung, sondern um einen sich ergänzenden und steigernden Verlauf über einen Zeitraum von nahezu 1 1/2 Stunden. Gründe, die gegen eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sprächen, seien - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - nicht erkennbar. Einer der von der Rechtsprechung anerkannten Milderungsgründen komme dem Beklagten nicht zugute. Geringfügig mildernd könne allenfalls das Geständnis des Beklagten und dessen Einlassung zu den Umständen des illegalen Waffenbesitzes berücksichtigt werden. Dass der Beklagte disziplinarisch nicht vorbelastet sei und ordentliche dienstlichen Leistungen erbracht habe, sei regelmäßig nicht geeignet, gravierende Pflichtverstöße wie die vorliegenden in einem milderen Licht erscheinen zu lassen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 18. Kammer - vom 20. November 2023 - - zu ändern und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts: Entgegen dem Vorbringen der Klägerin habe er sein pflichtwidriges Verhalten eingeräumt und bedauert, und zwar bereits im Strafverfahren sowie im behördlichen Disziplinarverfahren. Das Verwaltungsgericht habe festgestellt, dass er sich in einer "bedrückenden Situation" befunden habe. Diese Einschätzung sei vor dem Hintergrund nachvollziehbar, dass der frühere Lebensgefährte seiner Ehefrau, der aus einer arabischstämmigen Großfamilie stamme, diese wiederholt und auf verschiedenen Wegen bedroht hätte. Im dem Urteil des Amtsgerichts H. -Stadt werde nicht nur - wie die Klägerin vortrage - festgestellt, dass sich die Situation nach einiger Zeit beruhigt hätte und die Stieftochter deren Vater auch habe wiedersehen können. Denn in dem Urteil werde unmittelbar davor festgehalten, dass die Drohung darin bestanden habe, "Familienmitgliedern den Kopf abzuschlagen bzw. sie zu erschießen". Soweit das Verwaltungsgericht weitere Angaben von ihm aus der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht berücksichtigt habe, wichen diese nicht von den tatsächlichen Feststellungen in dem strafgerichtlichen Urteil ab. Diese ergänzten nämlich vielmehr die Feststellungen des Amtsgerichts, ohne diesen zu widersprechen. Eine Abweichung von den bindenden Feststellungen zum Sachverhalt durch das strafgerichtliche Urteil habe gerade nicht stattgefunden. Dass er die Waffe behalten und diese zusammen mit der Munition verwahrt habe, habe das Verwaltungsgericht berücksichtigt, wenn auch nicht ausdrücklich in den Urteilsgründen angeführt. Ferner habe das Verwaltungsgericht die unrechtmäßige Anfertigung und Weiterleitung der Bildaufnahmen eines Strafgefangenen nicht als weniger schwerwiegende Dienstpflichtverletzung angesehen. Aufgrund besonderer Umstände habe das Verwaltungsgericht zu Recht die Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Gefangenen, die aufgrund der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzung erfolgt sei, als weniger gravierend angesehen. Auf einen nicht mehr hinnehmbaren Persönlichkeitsmangel und ein abfälliges Menschenbild ließen sich angesichts der besonderen Umstände dieser Pflichtverletzungen und entgegen der Auffassung der Klägerin aus dem Geschehen nicht schließen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
A.
Wesentliche Mängel der Disziplinarklageschrift stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen.
Die Disziplinarklageschrift erfüllt das Schriftformerfordernis nach § 48 Abs. 1 Satz 1 NDiszG. Die Klägerin hat die Disziplinarklageschrift als elektronisches Dokument beim Verwaltungsgericht eingereicht. Dieses Dokument schließt wie folgt (Grafik):

Dieses - per elektronischem Behördenpostfach der Justizvollzugsanstalt übermittelte - Dokument genügt den zwingenden Anforderungen der §§ 4 NDiszG, 55d, 55a VwGO, so dass das Erfordernis der Schriftlichkeit der Klageschrift gewahrt ist. Nach § 55d Satz 1 VwGO sind schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen von Behörden als elektronische Dokumente zu übermitteln. Das elektronische Dokument muss - wenn es, wie hier, nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen ist (vgl. § 55a Abs. 3 Satz 1, 1. Fall VwGO) - von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (§ 55a Abs. 3 Satz 1, 2. Fall VwGO). Dies ist hier geschehen. Die einfache Signatur kann durch eine bildliche Wiedergabe der eingescannten Unterschrift, aber auch - wie hier - durch schlichte Namensangabe erfolgen (Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 55a Rn. 14). Diesen Anforderungen ist durch den Zusatz "Gez. K." genügt.
Der Schriftsatz ist auch auf einem sicheren Übermittlungsweg (§ 55a Abs. 3 Satz 1, 2. Fall, Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 VwGO) übermittelt worden. Gemäß § 55a Abs. 4 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 VwGO in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV - können u. a. Behörden zur Übermittlung elektronischer Dokumente auf einem sicheren Übermittlungsweg ein besonderes elektronisches Behördenpostfach verwenden. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 ERVV steht das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach u. a. einer Justizvollzugsanstalt einem besonderen elektronischen Behördenpostfach gleich, soweit diese Stelle Aufgaben einer Behörde nach § 6 Abs. 1 ERVV wahrnimmt. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil die Klägerin bei Erhebung einer Disziplinarklage als Behörde tätig geworden ist und ausweislich des Prüfvermerkes (Bl. 7 der Gerichtsakte) das betreffende elektronische Dokument am 16. März 2023 unter Nutzung ihres elektronischen Behördenpostfaches beim Verwaltungsgericht eingereicht hat.
Dass die Disziplinarklageschrift neben der (einfachen) Signatur einen Beglaubigungsvermerk nebst Unterzeichnung der Verwaltungsbeschäftigen enthält, ist unschädlich. Dieser Umstand kann darauf hindeuten, dass Signatar der Klageschrift nicht der für die Unterzeichnung der Disziplinarklageschrift zuständige Bedienstete, sondern die Verwaltungsbeschäftigte ist, die den Beglaubigungsvermerk unterzeichnet hat. Insoweit ist nicht das Original der Disziplinarklageschrift, sondern eine beglaubigte Abschrift derselben als elektronisches Dokument an das Verwaltungsgericht übermittelt worden. In der Rechtsprechung ist aber geklärt, dass die Klageschrift einer Behörde der gesetzlichen Schriftform auch dann genügt, wenn der in Maschinenschrift wiedergegebene Name des Verfassers mit einem Beglaubigungsvermerk versehen ist (GmS-OGB, Beschluss vom 30.4.1979 - 1/78 -, juris Rn. 29 ff.). Dementsprechend ist die Schriftform bei elektronischer Übermittlung der Klage einer Behörde auch dann gewahrt, wenn die Signatur mit einem Beglaubigungsvermerk neben der (einfachen) Signatur des Verfassers versehen wird. Diese Anforderungen sind hier erfüllt.
B.
Der Beklagte hat ein (einheitliches) Dienstvergehen begangen (dazu unter I.), welches den Ausspruch der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme - der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 11 NDiszG) - erfordert (dazu unter II).
I.
Der Beklagte beging ein Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG und verletzte hierdurch schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten.
1.
Der Beklagte beging am ... durch die vorsätzlich begangene Straftat eines Verstoßes gegen das Waffengesetz nach §§ 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, 1 Abs. 2, 2 Abs. 2 WaffG eine außerdienstliche Pflichtverletzung, die im besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen, und daher als Dienstvergehen (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) zu bewerten ist.
a.
In tatsächlicher Hinsicht hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zutreffend die tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts H. -Stadt vom ... - I. - zugrunde gelegt und diese gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 NDiszG für bindend erachtet. Auch der Senat ist im Berufungsverfahren gemäß §§ 60 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 Satz 1 NDiszG an die tatsächlichen Feststellungen dieses Strafurteils gebunden. Zu den bindenden tatsächlichen Feststellungen gehören dabei nicht nur die äußeren Aspekte eines Tathergangs, sondern auch Elemente des inneren Tatbestandes.
Das Amtsgericht H. -Stadt verurteilte den Beklagten zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten; die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Aus diesem Urteil ergibt sich folgender Sachverhalt:
Ende des Jahres 2017/Anfang des Jahres 2018 kam es zu mehreren bedrohlichen Situationen für die Familie des Beklagten. Der Ex-Partner seiner Ehefrau übte erheblichen psychischen Druck aus. Der Ex-Mann seiner Ehefrau wollte die gemeinsame Tochter sehen, aber er zahlte keinen Unterhalt. Er belästigte die Familie des Beklagten massiv und bedrohte diese auch. So drohte er u. a. an, den Familienmitgliedern des Beklagten den Kopf abzuschlagen bzw. sie zu erschießen. Die Situation beruhigte sich dann allerdings nach einiger Zeit und die Stieftochter des Beklagten konnte ihren Vater auch wiedersehen. In der Hochphase dieser Bedrohungsphase besorgte sich der Beklagte eine Pistole des Herstellers ACM, Modell Mie 1935 A, Kaliber 7,65 mm lang (halbautomatische Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition im Sinne von § 1 Abs. 4 in Verbindung mit Anlage 1, Abschnitt 1, Unterabschnitt 3, Nr. 1.1 WaffG) sowie dazugehörige Patronen. Zum Zeitpunkt der Durchsuchung am ... bewahrte er die mit acht Patronen geladene und entsicherte Pistole in seinem Schlafzimmer in einer Schublade des Nachtschrankes, verschlossen in einer Kassette, auf. Der dazugehörige Schlüssel befand sich in einem Etui verpackt in derselben Schublade. Die Waffe war aufmunitioniert und Patronen steckten im Magazin der Waffe. Neben der Waffe bewahrte der Beklagte weitere Patronen in der Kassette auf. Er wusste, dass er die Schusswaffe ohne waffenrechtliche Erlaubnis nicht besitzen durfte. Nach dem Abklingen der Bedrohung hatte er vor, die Waffe zu entsorgen, letztendlich wusste er aber nicht, was er mit der Waffe machen sollte. Die Waffe war am Tag der Durchsuchung am ... in seinem Besitz. Er machte sich dadurch des vorsätzlichen Verstoßes gegen §§ 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b), 1 Abs. 2, 2 Abs. 2 WaffG schuldig.
Es liegen keine Anhaltspunkte für eine offenkundige Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen vor, zumal der Beklagte diesen Sachverhalt nicht in Abrede gestellt hat, so dass kein Anlass zur erneuten Prüfung dieser Feststellungen seitens des Senats gemäß §§ 60 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 Satz 2 NDiszG gegeben ist.
b.
Der Beklagte beging durch die vom Amtsgericht H. -Stadt bindend festgestellte Handlung ein außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG.
aa.
Dieses Fehlverhalten lag außerhalb des Dienstes, weil es weder in formeller Hinsicht in das Amt des Beklagten noch in materieller Hinsicht in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.6.2015 - BVerwG 2 C 9.14 -, juris Rn. 10; Urteil vom 24.10.2019 - BVerwG 2 C 3.18 -, juris Rn. 10; Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 16).
bb.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte durch sein Verhalten schuldhaft die ihm obliegende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verletzte.
Ein Beamter ist auch außerhalb seines Dienstes verpflichtet, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (§ 34 Satz 3 BeamtStG; vgl. BVerwG, Urteil vom 28.7.2011 - BVerwG 2 C 16.10 -, juris Rn. 21; Urteil vom 24.10.2019 - BVerwG 2 C 3.18 -, juris Rn. 11; Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 16). Außerdienstliches Verhalten kann den Pflichtenkreis des Beamten dann berühren, wenn es die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit betrifft und dadurch mittelbar dienstrechtliche Relevanz erlangt. Als Dienstvergehen ist das außerdienstliche Verhalten von Beamten gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG nur zu qualifizieren, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (BVerwG, Urteil vom 18.6.2015 - BVerwG 2 C 9.14 -, juris Rn. 12; Urteil vom 24.10.2019 - BVerwG 2 C 3.18 -, juris Rn. 10; Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 16). Unterhalb dieser Schwelle erwartet der Gesetzgeber von Beamten kein wesentlich anderes Sozialverhalten als von jedem anderen Bürger (vgl. BT-Drs. 16/7076 S. 117 zum BBG sowie BT-Drs. 16/4027 S. 34 zum BeamtStG; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 30.8.2000 - BVerwG 1 D 37.99 -, juris Rn. 21; Urteil vom 27.6.2013 - BVerwG 2 A 2.12 -, juris Rn. 24; Urteil vom 24.10.2019 - BVerwG 2 C 3.18 -, juris Rn. 11).
Ob und in welchem Umfang durch das außerdienstliche Verhalten eines Beamten das für sein Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt in maßgeblicher Weise von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.2.2003 - 2 BvR 1413/01 -, juris Rn. 30). Dabei kommt vorsätzlichen Straftaten eine besondere Bedeutung zu (BVerwG, Urteil vom 28.7.2011 - BVerwG 2 C 16.10 -, juris Rn. 24; Urteil vom 24.10.2019 - BVerwG 2 C 3.18 -, juris Rn. 12; vgl. auch § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG). Eine Bedeutung des Fehlverhaltens im vorgenannten Sinne kann sich ferner daraus ergeben, dass der Pflichtenverstoß des Beamten einen Bezug zu seinem Amt aufweist (BVerwG, Urteil vom 24.10.2019 - BVerwG 2 C 3.18 -, juris Rn. 12).
(1)
Hiernach ist ein außerdienstliches Fehlverhalten disziplinarwürdig, wenn es strafrechtlich mit einer Strafandrohung von mindestens zwei Jahren belegt ist (BVerwG, Urteil vom 19.8.2010 - BVerwG 2 C 13.10 -, juris Rn. 17 f.; Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 16). Diese Anforderungen sind hier erfüllt. Gemäß §§ 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b), 1 Abs. 2 Nr. 1, 2 Abs. 2 WaffG in der zum Tatzeitpunkt (...) geltenden Fassung war der Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 Nr. 1.1 ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 WaffG mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht.
(2)
Daneben - und insoweit selbstständig tragend - ergibt sich die Disziplinarwürdigkeit des außerdienstlichen Fehlverhaltens des Beklagten im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG aus dem hinreichenden Bezug der Dienstpflichtverletzung zu seinem Statusamt. So ist anerkannt, dass eine Disziplinarwürdigkeit eines außerdienstlichen Fehlverhaltens bei einem hinreichenden Bezug zwischen der Dienstpflichtverletzung und dem Statusamt des Beamten zu bejahen sein kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.6.2015 - BVerwG 2 C 9.14 -, juris Rn. 15 ff. [für Polizeibeamte]; Urteil vom 24.10.2019 - BVerwG 2 C 3.18 -, juris Rn. 11 ff. [für Lehrer]; Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 17, 26 ff. [für Justizvollzugsbeamte]; Nds. OVG, Urteil vom 16.4.2021 - 6 LD 4/19 -, juris Rn. 164 [für Polizeibeamte]; Urteil vom 8.3.2022 - 3 LD 3/21 -, juris Rn. 48; Urteil vom 22.3.2023 - 3 LD 10/22 -, juris Rn. 37 ff. [für Justizvollzugsbeamte]).
(a)
Mit Blick auf das Statusamt eines Justizvollzugsbeamten hat das Bundesverwaltungsgericht einen solchen Bezug für bestimmte Straftaten bejaht (BVerwG, Urteil vom 24.10.2019 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 29 ff.):
"Bei Strafvollzugsbeamten ergibt sich der erforderliche hinreichende Amtsbezug aus der ihrem Statusamt eigenen Pflicht, Sicherheit und Ordnung in der Justizvollzugsanstalt nach innen und außen zu gewährleisten. Zur Durchsetzung der Anstaltsordnung sind sie befugt, den Strafgefangenen Beschränkungen aufzuerlegen (§ 4 Abs. 2 StVollzG) und Anordnungen zu erteilen, die diese zu befolgen haben (§ 82 Abs. 1 und 2 StVollzG). Unter gesetzlich festgelegten Voraussetzungen können ihre Anordnungen mit unmittelbarem Zwang, also mit legaler Gewaltanwendung, durchgesetzt werden (§§ 94 ff. StVollzG). ...
Hinzu kommt, dass die vorstehend beschriebene Aufgaben- und Pflichtenstellung nach dem Strafvollzugsgesetz in der Person jedes einzelnen Justizvollzugsbeamten einen - gerade in seiner Amtsstellung begründeten - Achtungs- und Autoritätsanspruch bedingt, der unverzichtbare Voraussetzung für die ordnungsgemäße Erfüllung der Dienstpflichten eines Justizvollzugsbeamten ist. Wird unter den Insassen der Justizvollzugsanstalt oder unter den anderen dort tätigen Bediensteten bekannt, dass einem Justizvollzugsbeamten der Besitz kinder- oder jugendpornographischen Bild- oder Videomaterials vorgeworfen wird oder er deswegen (straf- oder disziplinarrechtlich) belangt worden ist, hat dies schwerwiegende Folgen für dessen Achtungs- und Autoritätsanspruch und damit für seine Verwendbarkeit im Strafvollzug. ...
Hiervon ausgehend ist das hier in Rede stehende Dienstvergehen [Anm. des Senats: außerdienstlicher Besitz kinderpornografischer Schriften] mit einem derartigen Ansehens- und Achtungsverlust - auch unter den Strafgefangenen - verbunden, dass der betreffende Justizvollzugsbeamte seine Aufgaben nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen kann. Hinzu kommt die Gefahr der Erpressbarkeit des Beamten, etwa durch die Drohung eines Strafgefangenen, das Fehlverhalten des Beklagten in dessen privatem Umfeld weiter zu verbreiten, wenn der Beamte nicht zu pflichtwidrigen ,Gefälligkeiten' zugunsten des Strafgefangenen und anderen Verstößen gegen die Anstaltsordnung bereit sein sollte.
Schließlich wäre der Beamte auch in der ihm gesetzlich als Aufgabe (§ 155 Abs. 1 Satz 1 StVollzG) und damit als Dienstpflicht (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) übertragenen Mitwirkung am Vollzugsziel des Strafvollzugs beeinträchtigt. Dieses Vollzugsziel besteht darin, den Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (§ 2 Satz 1 StVollzG).
(2) Jenseits des streitgegenständlichen Besitzes kinder- (und jugend-)pornographischen Bild- und Videomaterials können weitere Fallkonstellationen außerdienstlicher Straftaten identifiziert werden, in denen ein hinreichender Amtsbezug zu den statusamtsgemäßen Dienstpflichten eines Strafvollzugsbeamten zu bejahen sein kann. ...
Dies sind zum einen außerdienstliche Betäubungsmitteldelikte, also Verstöße gegen die §§ 29 ff. des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) und damit im Zusammenhang stehende Straftaten. Dies ergibt sich normativ nicht zuletzt daraus, dass eine Besonderheit des Betäubungsmittelstrafrechts darin besteht, dass die Vollstreckung auch einer nicht zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe ausgesetzt wird, wenn die Freiheitsstrafe unter zwei Jahren beträgt, der Verurteilte eine Therapie in einer Entziehungseinrichtung macht und sich wegen seiner Drogenabhängigkeit behandeln lässt (vgl. § 61 Nr. 2, § 67 ff. StGB; § 35 Abs. 1 BtMG). Zum anderen sind dies sämtliche außerdienstlich begangenen Straftatbestände, die mit einer Form von Gewaltanwendung verbunden sind (für unerlaubte Gewaltanwendung im Dienst versteht sich das Disziplinarbedürfnis von selbst). Wie der Senat bereits entschieden hat, ist das Statusamt eines Justizvollzugsbeamten dadurch geprägt, dass der Beamte in einem Zweig der Staatsverwaltung tätig ist, die sich durch eine besondere Form der staatlichen Gewaltausübung auszeichnet: In diesem Bereich ist es dem Staat ausnahmsweise und in besonders gravierender Weise gestattet, Menschen mit den Mitteln staatlicher, legaler Macht festzuhalten und in ihrer Bewegungsfreiheit einzuschränken. Dies begründet zugleich eine Schutzpflicht des Staates gegenüber den in seinem Gewahrsam befindlichen Gefangenen und schließt es aus, dass (Aufsichts-)Personen mit einer Bereitschaft oder Neigung zu Gewaltanwendung in einem Bereich eingesetzt werden, in denen ihnen legale Gewaltausübung möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2019 - 2 B 19.18 - Buchholz 232.01 § 33 BeamtStG Nr. 3 Leitsatz 2 und Rn. 19, dort zu Gewalt- und Tötungsphantasien)."
Dem folgt der Senat und bejaht einen hinreichenden Bezug der Straftat des unerlaubten Waffenbesitzes zum Statusamt eines Justizvollzugsbeamten. Ein Justizvollzugsbeamter wie der Beklagte kann seine Dienstpflichten nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen, wenn er - wie hier - den hierfür erforderlichen Achtungs- und Autoritätsanspruch gegenüber den Gefangenen der Anstalt verloren hat, weil er durch sein strafbares Verhalten zu erkennen gegeben hat, dass er bereit ist, Strafvorschriften, die wichtige Gemeinschaftsbelange schützen sollen, vorsätzlich zu verletzen und weil er es für gerechtfertigt angesehen hat, eigene Belange außerhalb der Grenzen des Rechtsstaates selbst durchzusetzen. Das Statusamt von Strafvollzugsbeamten beinhaltet - wie vorstehend bereits ausgeführt - die Pflicht, Sicherheit und Ordnung in der Justizvollzugsanstalt nach innen und außen zu gewährleisen. Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt sind sie berechtigt, den Strafgefangenen Beschränkungen aufzuerlegen (§ 3 Satz 2 NJVollzG). Die von ihnen erteilten rechtmäßigen Anordnungen haben die Strafgefangenen zu befolgen (§ 75 Abs. 1 NJVollzG). Unter gesetzlich festgelegten Voraussetzungen können ihre Anordnungen mit unmittelbarem Zwang, also mit legaler Gewaltanwendung, durchgesetzt werden (§§ 87 ff. NJVollzG). Diesen weitreichenden Eingriffsbefugnissen muss ein hohes Maß an persönlicher Integrität gegenüberstehen, insbesondere muss jeder Anschein des Offenseins für pflichtwidrige Gefälligkeitsersuchen zugunsten einzelner Strafgefangener vermieden werden, um das Vertrauen der Strafgefangenen, der Kollegenschaft und der Öffentlichkeit in die Rechtsstaatlichkeit des Strafvollzugs zu gewährleisten. Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene befähigt werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (§ 5 Satz 1 NJVollzG); außerdem dient der Vollzug der Freiheitsstrafe dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten (§ 5 Satz 2 NJVollzG). Im hochsicherheitsrelevanten Bereich des Justizvollzugs ist der Dienstherr in besonderer Weise auf ein unbedingtes Vertrauen in das Pflichtbewusstsein und die Zuverlässigkeit seiner Beamten angewiesen. Ein Justizvollzugsbeamter, der nicht von der Begehung einer schwerwiegenden Vorsatzstraftat wie des illegalen Waffenbesitzes zurückschreckt, die gerade im Bereich der Schwerstkriminalität häufig verübt wird, bewirkt einen derart starken Ansehens- und Achtungsverlust sowohl gegenüber der Kollegenschaft als auch gegenüber den Strafgefangenen und der Allgemeinheit, dass er grundsätzlich nicht mehr im Dienst einer Justizvollzugsanstalt verbleiben kann.
Daneben verliert ein Justizvollzugsbeamter den erforderlichen Achtungs- und Autoritätsanspruch gegenüber den Gefangenen, wenn er im Verdacht steht, Kontakt zum kriminellen Milieu zu haben und hierdurch in den Besitz einer nicht registrierten Schusswaffe zu gelangen. Einen solchen Verdacht hat der Beklagten nicht auszuräumen vermocht. Außerdem besteht ein hinreichender Bezug dieser Straftat zum Statusamt eines Justizvollzugsbeamten, weil hierdurch seine Mitwirkung am Ziel des Strafvollzugs erheblich beeinträchtigt wird, nämlich die Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (§ 2 Satz 1 StVollzG). In den Dienst- und Sicherheitsvorschriften für den Strafvollzug (AV d. MJ v. 1.7.1976 - 4400-402.20 -, Nds. Rpfl. S. 168 in der Fassung der AV v. 2.2.2006, Nds. Rpfl. S. 82, im Folgenden: DSVollz) gehört es zu den Grundpflichten von Justizvollzugsbeamten in Niedersachsen, dass sie durch gewissenhafte Pflichterfüllung und durch ihre Lebensführung vorbildlich wirken und so die Gefangenen nicht nur durch Anordnungen, sondern durch eigenes Beispiel zur Mitarbeit im Vollzug und zu geordneter Lebensführung hinführen (Abschnitt 1 Abs. 2 DSVollz). Hiermit verträgt es sich nicht, wenn der Justizvollzugsbeamte selbst schwere Vorsatzstraftaten begangen hat, insbesondere Straftaten gegen das Waffengesetz, die gerade im kriminellen Milieu szenetypisch sind und dort Ausdruck von Selbstjustiz und Gewaltanwendung sind. Damit stellt er das Vertrauen in das staatliche Gewaltmonopol, den Rechtsstaat und dessen Institutionen grundlegend infrage und stützt die Auffassung, dass es gerechtfertigt wäre, Streitigkeiten und Bedrohungslagen durch Beschaffung und Anwendung illegaler Schusswaffen selbst abzuwehren. Die Bemühungen des Strafvollzugs, die Gefangenen zu reintegrieren in ein Leben ohne Straftaten wären gegenüber dem Gefangenen und der Allgemeinheit nicht glaubhaft.
c.
Der Beklagte handelte nach den auch insoweit bindenden Feststellungen des Amtsgerichts H. -Stadt in dem angeführten Strafurteil vorsätzlich und daher schuldhaft.
2.
Außerdem beging der Beklagte durch eine weitere Straftat, nämlich durch das vorsätzlich begangene Vergehen nach §§ 201a Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2, Abs. 5, 205, 52, 74 StGB in der zum Tatzeitpunkt - ... - geltenden Fassung (durch dieselbe Handlung Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellen, unbefugt hergestellt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt zu haben [§ 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB], die durch eine Tat nach § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB hergestellte Bildaufnahme einer dritten Personen zugänglich gemacht zu haben [§ 201a Abs. 1 Nr. 3. StGB] sowie unbefugt von einer anderen Person Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, einer dritten Person zugänglich gemacht zu haben [§ 201a Abs. 2 StGB]) ein (innerdienstliches) Dienstvergehen (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG).
a.
In tatsächlicher Hinsicht hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zutreffend die tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts C-Stadt vom ... - J. - zugrunde gelegt und diese gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 NDiszG für bindend erachtet. Auch der Senat ist im Berufungsverfahren gemäß §§ 60 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall NDiszG an die tatsächlichen Feststellungen dieses Strafbefehls gebunden. Zu den bindenden tatsächlichen Feststellungen gehören nicht nur die äußeren Aspekte eines Tathergangs, sondern auch die Elemente des inneren Tatbestandes.
Aus dem vorgenannten Strafbefehl ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Gefangene der Justizvollzugsanstalt L. musste am ... als Notfall in der M. C-Stadt medizinisch behandelt werden. Er lag auf einem Krankenhausbett und war mit Stahlhand- und fußfesseln fixiert. Unter Einfluss berauschender Mittel gab er Tierlaute bzw. Zuggeräusche von sich. Der Beklagte als begleitender Justizvollzugsbeamter fotografierte einmal und filmte dreimal gegen 18.00 Uhr mit seinem Mobiltelefon den Gefangenen in dieser kompromittierenden Lage ohne dessen Einverständnis. Die Bildaufnahme und die drei Filmaufnahmen versandte der Beklagte per WhatsApp an seine Ehefrau zu deren Belustigung.
Es liegen keine Anhaltspunkte für eine offenkundige Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen vor, zumal der Beklagte diesen Sachverhalt nicht in Abrede gestellt hat, so dass kein Anlass zur erneuten Prüfung dieser Feststellungen seitens des Senats gemäß §§ 60 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 Satz 2 NDiszG gegeben ist.
b.
Der Beklagte beging durch die vom Amtsgericht C-Stadt bindend festgestellte Handlungen ein innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, weil sie in seine dienstliche Tätigkeit (Begleitung eines Strafgefangenen bei der medizinischen Behandlung in einem Krankenhause) eingebunden waren (vgl. zur Abgrenzung zum außerdienstlichen Dienstvergehen: BVerwG, Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 16; Urteil vom 24.10.2019 - BVerwG 2 C 3.18 -, juris Rn. 10; Urteil vom 18.6.2015 - BVerwG 2 C 9.14 -, juris Rn. 10).
c.
Der Beklagte handelte nach den auch insoweit bindenden Feststellungen des Amtsgerichts C-Stadt in dem angeführten Strafbefehl vorsätzlich und schuldhaft.
d.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte durch sein Verhalten schuldhaft die ihm obliegende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung) und Verschwiegenheitspflicht (§ 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) sowie zur gewissenhaften und rechtmäßigen Amtsführung (§§ 34 Satz 2, 36 Abs. 1 BeamtStG) verletzt hat.
II.
Der erkennende Senat erachtet für das von dem Beklagten begangene (einheitliche) Dienstvergehen den Ausspruch der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme für erforderlich.
1.
Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens (§ 14 Abs. 1 Satz 2 NDiszG) unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten (§ 14 Abs. 1 Satz 3 NDiszG) und des Umfangs, in dem der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beschädigt hat (§ 14 Abs. 1 Satz 4 NDiszG). Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese drei Bemessungskriterien - Schwere des Dienstvergehens, Persönlichkeitsbild, Vertrauensbeeinträchtigung - mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Danach muss die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - BVerwG 2 C 12.04 -, juris Rn. 22; Nds. OVG, Urteil vom 10.12.2019 - 3 LD 3/19 -, juris Rn. 88).
Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung ist das Kriterium der Schwere des Dienstvergehens. Bei der Auslegung des Begriffs "Schwere des Dienstvergehens" ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z. B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z. B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte, z. B. materieller Schaden (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - BVerwG 2 C 12.04 -, juris Rn. 24; Urteil vom 11.1.2007 - BVerwG 1 D 16.05 -, juris Rn. 55; Urteil vom 3.5.2007 - BVerwG 2 C 9.06 -, juris Rn. 13; Urteil vom 7.2.2008 - BVerwG 1 D 4.07 -, juris Rn. 14; Urteil vom 10.12.2015 - BVerwG 2 C 6.14 -, juris Rn. 16; Nds. OVG, Urteil vom 10.12.2019 - 3 LD 3/19 -, juris Rn. 89).
Die angemessene Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten (§ 14 Abs. 1 Satz 3 NDiszG) bedeutet, dass es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme auch auf die persönlichen Verhältnisse und das sonstige dienstliche Verhalten des Beamten vor, bei und nach dem Dienstvergehen ankommt, insbesondere soweit es mit seinem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - BVerwG 2 C 12.04 -, juris Rn. 25; Urteil vom 3.5.2007 - BVerwG 2 C 9.06 -, juris Rn. 14; Nds. OVG, Urteil vom 10.12.2019 - 3 LD 3/19 -, juris Rn. 89).
Die prognostische Frage nach dem Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit (§ 14 Abs. 1 Satz 4 NDiszG) schließlich betrifft die Erwartung, dass sich der Beamte aus Sicht des Dienstherrn und der Allgemeinheit so verhält, wie es von ihm im Hinblick auf seine Dienstpflichten als berufserforderlich erwartet wird. Hat ein Beamter durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren, ist er aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§ 14 Abs. 2 Satz 1 NDiszG).
2.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hält auch der erkennende Senat die Disziplinarmaßnahme der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis für geboten.
a.
Das in Rede stehende Dienstvergehen ist von besonders schwerem Gewicht.
aa.
Besteht das zu bewertende inner- bzw. außerdienstliche Fehlverhalten eines Beamen in der Begehung einer vorsätzlichen Straftat, so ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bestimmung des Eigengewichts der Verfehlung bzw. des Umfangs des Vertrauensverlusts der gesetzliche Strafrahmen in den Blick zu nehmen, weil der Gesetzgeber mit der abstrakten Strafandrohung seine Einschätzung vom grundsätzlichen Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat (BVerwG, Urteil vom 18.6.2015 - BVerwG 2 C 9.14 -, juris Rn. 31 [zum außerdienstlichen Besitz kinderpornographischer Schriften bei einem Polizeibeamten]; Urteil vom 10.12.2015 - BVerwG 2 C 6.14 -, juris Rn. 16 bis 19 [zu einem innerdienstlichen Dienstvergehen], Nds. OVG, Urteil vom 8.3.2022 - 3 LD 3/21 -, juris Rn. 58 [zum außerdienstlichen Besitz kinderpornographischer Schriften bei einem Justizvollzugsbeamten]). Den Umfang des Vertrauensverlusts am gesetzlichen Strafrahmen zu orientieren, gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von inner- und außerdienstlichen Straftaten und verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene (sei es strengere, sei es mildere) Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, Urteil vom 18.6.2015 - BVerwG 2 C 9.14 -, juris Rn. 31; Urteil vom 10.12.2015 - BVerwG 2 C 6.14 -, juris Rn. 17; Urteil vom 24.10.2019 - BVerwG 2 C 3.18 -, juris Rn. 28; Nds. OVG, Urteil vom 8.3.2022 - 3 LD 3/21 -, juris Rn. 58). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind. Angesichts des Umstands, dass das Strafgesetzbuch das Höchstmaß der zeitigen Freiheitsstrafen mit 15 Jahren bestimmt (§ 38 Abs. 2 StGB), ordnet das Bundesverwaltungsgericht eine vorsätzliche Straftat, die mit einer Strafandrohung von bis zu 2 Jahren Freiheitsstrafe bewehrt ist, als mittelschwere Straftat ein mit der Folge, dass für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.8.2010 - BVerwG 2 C 13.10 -, juris Rn. 17 f.; Urteil vom 18.6.2015 - BVerwG 2 C 9.14 -, juris Rn. 32; Urteil vom 24.10.2019 - BVerwG 2 C 3.18 -, juris Rn. 28 f.). Beinhaltet diese Straftat ein außerdienstliches Dienstvergehen, das einen hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten aufweist, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme auch bei mittelschweren Straftaten - also solchen, für die eine Strafandrohung von Freiheitstrafen bis zu 2 Jahren gilt - bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, Urteil vom 18.6.2015 - BVerwG 2 C 9.14 -, juris Rn. 33). Begeht ein Beamter indes inner- oder außerdienstlich eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren - oder höher - vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 - BVerwG 2 C 6.14 -, juris Rn. 20 [in Bezug auf ein innerdienstliches Dienstvergehen]; Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 22 [in Bezug auf ein außerdienstliches Dienstvergehen]).
bb.
Nach Maßgabe dessen ist sowohl die vorsätzliche Straftat nach dem Waffengesetz als auch die Vorsatzstraftat nach § 201a StGB - dieses wegen des Bezugs zum Statusamt des Beklagten - jeweils für sich genommen derart schwerwiegend, dass der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis reicht.
(1)
Für die Straftat des unerlaubten Waffenbesitzes nach dem Waffengesetz ergibt sich dies bereits daraus, dass der Strafrahmen der betreffenden Strafnorm eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren vorsieht.
(2)
Auch der Vorsatzstraftat der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen kommt hier ein erhebliches Gewicht zu. Zwar handelt es sich hierbei um eine mittelschwere Straftat, weil der Strafrahmen auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren beschränkt ist. Allerdings kommt dieser Straftat bei ihrer disziplinaren Einordnung ein erhebliches Gewicht zu, weil sie einen hinreichenden Bezug zu dem Statusamt eines Justizvollzugsbeamten aufweist. Das Statusamt von Strafvollzugsbeamten beinhaltet die Pflicht, Sicherheit und Ordnung in der Justizvollzugsanstalt nach innen und außen zu gewährleisen. Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt sind sie berechtigt, den Strafgefangenen Beschränkungen aufzuerlegen (§ 3 Satz 2 NJVollzG). Die von ihnen erteilten rechtmäßigen Anordnungen haben die Strafgefangenen zu befolgen (§ 75 Abs. 1 NJVollzG). Unter gesetzlich festgelegten Voraussetzungen können ihre Anordnungen mit unmittelbarem Zwang, also mit legaler Gewaltanwendung, durchgesetzt werden (§§ 87 ff. NJVollzG). Hieraus ergibt sich, dass Gefangene der Obhut und der Gewalt der Justizvollzugsbeamten unterliegen mit der Folge, dass diese das Persönlichkeitsrecht des jeweiligen Gefangenen und deren Anspruch auf Rücksichtnahme zu achten haben (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 22.7.2022 - 2 BvR 1630/21 -, juris Rn. 27).
cc.
Erschwerend bei der Maßnahmebemessung ist zu berücksichtigen, dass der Beklagten innerhalb weniger Monate (Mai 2019 und September 2019) wiederholt straffällig wurde und zwei schwere Vorsatzstraftaten beging.
dd.
Weiter erschwerend ist dem Beklagten anzulasten, dass er bei der Straftat der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten nicht nur Bildaufnahmen vom einem ihm anvertrauten Gefangenen in hilfloser und kompromittierender Lage herstellte, sondern zudem diese Bildaufnahmen einer anderen Person zugänglich machte. Dabei ist außerdem die Motivation für diese Straftat erschwerend zu berücksichtigen, weil - nach den insoweit bindenden Feststellungen des Strafgerichts - der Beklagte die Bild- und Filmaufnahmen seiner Ehefrau zum Zwecke der Belustigung übersandte und damit die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten des ihm anvertrauten Gefangenen intensivierte. Dass er die Bild- und Filmaufnahmen nicht darüber hinaus weiteren Personen zugänglich machte, vermag allein diesen erschwerenden Aspekt seiner Dienstpflichtverletzung nicht zu relativieren. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts rechtfertigt dieser Umstand genau so wenig wie der Umstand, dass das Gesicht des Gefangenen durch einen Mundschutz teilweise verdeckt war, die Vorsatzstraftat der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen (§ 201a StGB) insgesamt als weniger gravierend anzusehen.
ee.
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane nicht als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens heranzogen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt - sowohl für außerdienstlich als auch innerdienstlich begangene Straftaten - der im konkreten Fall im Wege der Strafzumessung ausgesprochenen Strafe allein strafrechtliche Relevanz, nicht aber eine weitergehende, die disziplinare Maßnahmebemessung begrenzende Indizwirkung zu. Dies beruht auf den unterschiedlichen Zwecken von Straf- und Disziplinarrecht. Während die konkrete Strafzumessung strafrechtlichen Kriterien folgt, wird die disziplinarrechtliche Maßnahmebemessung nach § 13 BDG oder den entsprechenden Landesgesetzen - hier § 14 NDiszG - insbesondere durch den Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.10.2019 - BVerwG 2 C 3.18 -, juris Rn. 34; Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 40; Beschluss vom 9.1.2024 - BVerwG 2 B 34.23 -, juris Rn. 13; ebenso: Hamb. OVG, Urteil vom 27.4.2023 - 12 Bf 189/21.F -, juris Rn. 46; VGH Ba.-Wü. Urteil vom 2.5.2022 - DL 16 S 1567/20 -, juris Rn. 47). Dementsprechend ist auch die Annahme, bei der Verurteilung zu einer Geldstrafe im unteren Bereich komme die Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht, mit den Zumessungsmaßstäben des § 14 NDiszG unvereinbar. Aus der konkreten strafgerichtlichen Ahndung einer Straftat mit einer Geldstrafe kann nicht indiziell auf eine geringe disziplinare Schwere des Dienstvergehens geschlossen werden. Auch die Geldstrafe ist eine Hauptstrafe von Gewicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.10.2019 - BVerwG 2 C 3.18 -, juris Rn. 35).
ff.
Das Vorbringendes Beklagten zu den Gründen, aus denen er sich eine Waffe beschafft hatte, vermag die Schwere der Straftat des unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe nach § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b) WaffG nicht zu relativieren.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist ein Beamter - wie jeder andere Bürger - selbst in besonderen Bedrohungslagen verpflichtet, sich im Rahmen der Rechtsordnung an die zuständigen Stellen, hier insbesondere an die Polizei, zu wenden und nicht im Wege der "Selbsthilfe mit Blick auf eine möglicherweise zum Tragen kommende Notwehrsituation" eine schwere Straftat zu begehen, indem er sich eine illegale Schusswaffe beschafft. Auch nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten gegenüber dem erkennenden Senat in der mündlichen Verhandlung ist die Polizeistation B-Stadt nicht untätig geblieben, sondern ist der Anzeige des Beklagten nachgegangen und hat Weiteres veranlasst.
Ob sich mit Blick hierauf überhaupt feststellen lässt, dass zum Zeitpunkt des Sich-Verschaffens der Waffe staatliche Hilfe nicht mit Erfolg zu erlangen war, erscheint fraglich, bedarf aber letztlich keiner Vertiefung. Denn jedenfalls lag die vom Verwaltungsgericht als Motiv für die illegale Beschaffung der Waffe angenommene Bedrohungslage durch den früheren Lebenspartner der Ehefrau des Beklagten zum Zeitpunkt des hier in Rede stehenden Disziplinarvorwurfs - dem illegalen Besitz der Schusswaffe am Tag der Wohnungsdurchsuchung am ... - nicht vor. Nach den insoweit bindenden Feststellungen des Strafgerichts hatte sich die Situation nach einiger Zeit beruhigt und nach dem Abklingen der Bedrohungslage hatte der Beklagte vorgehabt, die Waffe zu entsorgen, letztlich aber nicht gewusst, was er mit der Waffe machen sollte. Danach bestand die besondere Bedrohungslage am ... nicht mehr, wobei nicht erheblich ist, ob seit dem Abklingen der Bedrohungslage ein längerer oder kürzerer Zeitraum verstrichen ist. Weil die Bedrohungslage für den Beklagten und seine Familie nicht mehr vorlag, war es ihm ohne Weiteres möglich, die Schusswaffe bei der zuständigen Behörde (oder der Polizei) abzugeben oder unbrauchbar zu machen. Dementsprechend kommt der vom Beklagten - auch in der Berufungsverhandlung erneut angeführten - besonderen Bedrohungslage als Milderungsgrund ein maßgebliches Gewicht bei der Maßnahmebemessung nicht zu. Der Beklagte hat die Waffe nach Wegfall der Bedrohungslage nicht nur nicht abgegeben oder unbrauchbar gemacht, sondern sie weiterhin im geladenen Zustand mit weiterer Munition nicht hinreichend sicher im Schlafzimmer aufbewahrt, so dass die Ehefrau und die Stieftochter ohne größeren Aufwand Zugriff auf die geladene Schusswaffe hatten. Dieser Gesichtspunkt gibt dem Fehlverhalten des Beklagten eher ein größeres Gewicht.
gg.
Darin, dass der Beklagte innerhalb eines Jahres wiederholt erheblich vorsätzlich straffällig geworden ist und es sich hierbei zudem um gravierende Vorsatzstraftaten handelt, offenbart sich bei ihm ein gravierender Persönlichkeitsmangel.
b.
Was das Persönlichkeitsbild des Beklagten betrifft, so vermag der Senat erheblich entlastende Gesichtspunkte nicht zu erkennen.
aa.
Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Straftaten im Zusammenhang mit einer psychischen Ausnahmesituation gestanden oder es sich um eine einmalige persönlichkeitsfremde Gelegenheitstat gehandelt hätte. Wie bereits ausgeführt, ist der angeführte Grund für die Beschaffung der Schusswaffe im Laufe der Zeit durch Abklingen der Bedrohungslage entfallen. Außerdem handelt es sich nicht um ein einmaliges Fehlverhalten, sondern der Beklagte wurde innerhalb eines Jahres wiederholt erheblich straffällig. Aus diesem Grunde können die Straftaten nicht als Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase verstanden werden.
bb.
Der Beklagte ist zwar bis zu den Vorwürfen, die Gegenstand der vorliegenden Disziplinarklage sind, weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten. Dieser Umstand fällt indes nicht mildernd ins Gewicht (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 23.2.2016 - 6 LD 3/15 -; Urteil vom 8.3.2016 - 20 LD 6/15 -, juris Rn. 133). Eine langjährige pflichtgemäße Dienstausübung ist selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, gravierende Pflichtenverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BVerwG, Urteil vom 28.2.2013 - BVerwG 2 C 3.12 -, juris Rn. 43 m. w. N.; Beschluss vom 12.2.2019 - BVerwG 2 B 6.19 -, juris Rn. 4; Nds. OVG, Urteil vom 10.12.2019 - 3 LD 3/19 -, juris Rn. 133); überdies sind die dienstlichen Leistungen des Beklagten schon nicht als überdurchschnittlich anzusehen. Soweit das Verwaltungsgericht meint, "nicht unterdurchschnittlich schlechte Beurteilungen" seien bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme "in den Blick zu nehmen", hat es nicht aufgezeigt, welche Bedeutung solchen dienstlichen Leistungen eines Beamten bei der Maßnahmebestimmung überhaupt beizumessen ist. Nach dem Vorstehenden vermögen sie gravierende Pflichtverstöße - wie hier - nicht in einem milderen Licht erscheinen zu lassen.
cc.
Dass sich der Beklagten während der Ermittlungsverfahren vorbehaltlos geständig und kooperativ zeigte, seine Einsicht in sein Fehlverhalten sowie seine tiefe Reue beteuert hat, rechtfertigt es nicht, von der disziplinaren Höchstmaßnahme abzusehen.
Der anerkannte Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens liegt hier nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat diesen Milderungsgrund zunächst für die Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder entwickelt und sodann auch auf andere Fallkonstellationen ausgeweitet (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.7.2011 - BVerwG 2 C 16.10 -, juris Rn. 36 [Anwendung auf Steuerhinterziehungen]). Dieser Milderungsgrund setzt voraus, dass der Beamte das Dienstvergehen zeitlich vor seiner Aufdeckung aus eigenem Antrieb ohne Furcht vor konkreter Entdeckung vorbehaltlos und vollständig offenlegt (BVerwG, Urteil vom 23.2.2005 - BVerwG 1 D 13.04 -, juris Rn. 18; Urteil vom 28.7.2011 - BVerwG 2 C 16.10 -, juris Rn. 36). Eine solche Fallkonstellation ist hier nicht gegeben, der sich der Beklagte erst zeitlich nach Bekanntwerden der Vorwürfe, nämlich erstmals im Ermittlungsverfahren, äußerte.
Daneben kann mildernd ins Gewicht fallen, wenn ein Beamter durch eine Selbstanzeige und die vorbehaltlose Bereitschaft, den Umfang seiner Verfehlung offen zu legen, die Beweislage entscheidend zu seinen Ungunsten geändert (BVerwG, Urteil vom 6.6.2000 - BVerwG 1 D 66.98 -, juris Rn. 24; Nds. OVG, Urteil vom 10.12.2019 - 3 LD 3/19 -, juris Rn. 131) oder wenn er durch seine Mitwirkung die Aufklärung des Dienstvergehens ermöglicht oder erheblich vereinfacht hat (BVerwG, Urteil vom 28.7.2011 - BVerwG 2 C 16.10 -, juris Rn. 39; Urteil vom 10.12.2019 - 3 LD 3/19 -, juris Rn. 131). Dies ist hier, bezogen auf die Tatsachen, welche dem Disziplinarvorwurf zugrunde liegen, nicht der Fall. Denn die Beweislage bei der Straftat des unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe (§ 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG) war nach dem Ergebnis der Durchsuchung der Wohnung des Beklagten als geklärt anzusehen. Gleiches gilt nach der Auswertung des bei der Wohnungsdurchsuchung beschlagnahmten Mobiltelefons der Ehefrau des Beklagten hinsichtlich der Straftat nach § 201a Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 StGB (a. F.).
Zwar ist seine Einsichtigkeit und Reue positiv zu anzuerkennen; gleichwohl kann dem wegen der beschriebenen besonderen Schwere des Dienstvergehens kein für die Maßnahmebemessung erhebliches Gewicht beigemessen werden.
3.
Die Gesamtwürdigung aller Umstände ergibt für den Senat, dass sich der Beklagte im Hinblick auf die Erfüllung seiner Dienstpflichten in so hohem Maße als unzuverlässig erwiesen hat, dass das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in ihn endgültig verloren ist.
Das Verhalten des Beklagten, entgegen den Bestimmungen des Waffengesetzes eine schussbereite Schusswaffe nebst Munition unerlaubt zu besitzen sowie unerlaubt kompromittierende Bild- und Filmaufnahmen eines Gefangenen seiner Justizvollzugsanstalt in hilfloser Situation anzufertigen und einer anderen Person zugänglich zu machen, entspricht nicht ansatzweise dem Bild eines Justizvollzugsbeamten, wie es für einen rechtsstaatlichen Strafvollzug unabdingbare Voraussetzung ist. Das Statusamt von Strafvollzugsbeamten beinhaltet die Pflicht, Sicherheit und Ordnung in der Justizvollzugsanstalt nach innen und außen zu gewährleisen (BVerwG, Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 29). Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt sind sie berechtigt, den Strafgefangenen Beschränkungen aufzuerlegen (§ 3 Satz 2 NJVollzG), zugleich aber verpflichtet, die verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechte der ihm anvertrauten Gefangenen zu achten. Wegen der damit verbundenen besonderen Verantwortung der Justizvollzugsbeamten muss von ihnen ein hohes Maß an persönlicher Integrität erwartet werden können, um das Vertrauen der Strafgefangenen, der Kollegenschaft und der Öffentlichkeit in die Rechtsstaatlichkeit des Strafvollzugs zu gewährleisten. Im hochsicherheitsrelevanten Bereich des Justizvollzugs ist der Dienstherr in besonderer Weise auf ein unbedingtes Vertrauen in das Pflichtbewusstsein und die Zuverlässigkeit seiner Beamten angewiesen. Ein Justizvollzugsbeamter, der wiederholt vorsätzlich gegen Strafgesetze verstoßen hat, u. a. zu Lasten eines Gefangenen der Justizvollzugsanstalt, bewirkt einen derart starken Ansehens- und Achtungsverlust sowohl gegenüber den Strafgefangenen und dem Dienstherrn als auch gegenüber der Allgemeinheit, dass er nicht mehr im Beamtenverhältnis verbleiben kann.
Somit ist bei prognostischer Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastender Gesichtspunkte der Schluss zu ziehen, dass die durch das Dienstvergehen des Beklagten herbeigeführte Schädigung des Berufsbeamtentums bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wiedergutzumachen ist. Im Interesse der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und der Integrität des Berufsbeamtentums, das durch das persönliche Ansehen eines jeden Beamten bestimmt wird, muss das Beamtenverhältnis daher beendet werden.
4.
Die getroffene Disziplinarmaßnahme der Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis verstößt schließlich nicht gegen den auch im Disziplinarverfahren geltenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Insoweit kommt es nicht auf die finanziellen oder sozialen Auswirkungen der Disziplinarmaßnahme für den Beamten an, und auch die Auswirkungen auf dessen Familie sind nicht in den Blick zu nehmen (Nds. OVG, Urteil vom 22.6.2010 - 20 LD 3/08 -, juris Rn. 62). In das Verhältnis zu setzen sind vielmehr die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses, zu der das Fehlverhalten geführt hat, und die beabsichtigte Disziplinarmaßnahme. Ist ein Beamter - wie hier der Beklagte - durch ein ihm vorwerfbares Verhalten vertrauensunwürdig geworden und fehlt ihm damit eine entscheidende Grundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses, ist seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für den Betroffenen ist nicht unverhältnismäßig, weil sie auf ihm zurechenbarem Verhalten beruht (BVerwG, Urteil vom 12.2.1992 - BVerwG 1 D 2.91 -, juris Rn. 60; Nds. OVG, Urteil vom 1.12.2014 - 6 LD 5/13 -; Urteil vom 22.6.2010 - 20 LD 3/08 -, juris Rn. 62).
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 69 Abs. 1 NDiszG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieses Urteil ist rechtskräftig (§ 61 Abs. 2 NDiszG).