Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.10.2024, Az.: 9 LB 46/22

Heranziehung eines Eigentümers eines als Grünland genutzten Flurstücks zu Straßenausbaubeiträgen für den Ausbau einer Gemeindeverbindungsstraße in der Samtgemeinde

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
28.10.2024
Aktenzeichen
9 LB 46/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 28069
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:1028.9LB46.22.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Stade - 22.10.2020 - AZ: 2 A 3525/17

Fundstellen

  • DÖV 2025, 316
  • GK 2025, 33-65
  • NordÖR 2025, 49

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die für das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten erforderliche Widmung kann auch noch während des Berufungsverfahrens nachgeholt werden. Die ursprünglich fehlerhaften Bescheide werden dadurch geheilt.

  2. 2.

    Eine Verbesserung setzt beitragsrechtlich nicht voraus, dass die Anforderungen der einschlägigen technischen Regelwerke erfüllt sind.

  3. 3.

    Die Beitragsfähigkeit einer Straßenausbaumaßnahme hängt nach dem NKAG nicht von einer förmlichen Ausbauentscheidung und -planung der Gemeindevertretung ab.

  4. 4.

    Ein Radweg gehört regelmäßig auch dann zur öffentlichen Straße, wenn sich zwischen Fahrbahn und parallel verlaufendem Radweg ein Trennstreifen befindet und der Radweg eine andere Flurstücksbezeichnung hat.

  5. 5.

    Rechtliche Hindernisse, die die Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Straße ausschließen, können sich aus Festsetzungen in einem Planfeststellungsbeschluss zum Sandabbau ergeben, die entlang der ausgebauten Straße eine durchgängige Anpflanzung vorsehen.

  6. 6.

    Bei entsprechenden Festsetzungen in einem Planfeststellungsbeschluss handelt es sich um nicht ausräumbare rechtliche Hindernisse. Denn es obliegt nicht allein der Verfügungsmacht des Grundstückseigentümers, die rechtlichen Hindernisse auszuräumen. Es bedarf vielmehr einer Abwägung der widerstreitenden Interessen.

  7. 7.

    Bei bestehenden rechtlichen Hindernissen können die anderen Beitragspflichtigen nicht aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse schutzwürdig eine Einbeziehung des Grundstücks in den Kreis der bevorteilten Grundstücke erwarten. Die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht ist auf das Straßenausbaubeitragsrecht nicht anwendbar.

  8. 8.

    Ausreichend für die dauerhafte Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Straße und damit die Vorteilslage ist ein Notwegerecht im Sinne des § 917 BGB bzw. ein Notwegeanspruch.

  9. 9.

    Es ist unter Vorteilsgesichtspunkten in der Regel nicht geboten, Flächen mit Windenergieanlagen mit einem erhöhten Nutzungsfaktor zu berücksichtigen. Abzustellen ist auf den Umfang der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage, nicht auf Steigerung des Nutzungs- oder Ertragswerts (Rendite) des Grundstücks.

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts J-Stadt - 2. Kammer - vom 22. Oktober 2020 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 21. September 2017 wird aufgehoben, soweit die Festsetzung des Beitrags den Betrag von 3.118,54 EUR übersteigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die darüberhinausgehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Straßenausbaubeiträgen für den Ausbau einer Gemeindeverbindungsstraße in der Samtgemeinde I. -Stadt im Landkreis J. -Stadt.

Sie ist Eigentümerin des 20.269 m2 großen und als Grünland genutzten Flurstücks K. der Flur L. der Gemarkung F. -Stadt. Dieses liegt nördlich einer 3.200 m langen Gemeindeverbindungsstraße, die sich von der Einmündung in die Kreisstraße ... (M. -Straße ( im Osten bis zum Wohngebiet von F. -Stadt im Westen erstreckt. Neben der Fahrbahn verläuft ein durch einen schmalen Grünstreifen von der Fahrbahn abgesetzter Radweg. Die Gemeindeverbindungsstraße wird teilweise - so in den Straßenausbaubeitragsbescheiden - als "E. -Straße", teilweise - so bei Google Maps - als "N. -Straße" und im weiteren Verlauf als "O. -Straße" bezeichnet.

Die Grundstücke, die nördlich und südlich der Gemeindeverbindungsstraße liegen, werden vorwiegend landwirtschaftlich genutzt. Im östlichen Bereich der Gemeindeverbindungsstraße liegen nördlich und südlich der Straße größere Flächen, auf denen Sandabbau betrieben wird.

Bei den nördlichen Flächen zum Sandabbau (Gruben 1 und 4) handelt es sich - ausweislich der Planfeststellungs- und Genehmigungsunterlagen - um die Flurstücke P., Q., R., S., T., U., V., W., X., Y., Z., AA., AB., AC., AD. sowie zusätzlich um das Flurstück AE. der Flur AF. der Gemarkung AG. -Stadt Der östliche Teilbereich dieser Flächen (Grube 1) wurde durch die wasserrechtliche Plangenehmigung des Landkreises Stade vom 1. Juni 1990 zur Herstellung eines Gewässers durch Trocken- und Nassabbau auf dem Flurstück (alt) AH. (= Flurstück (neu) R) der Flur AG der Gemarkung AH-Stadt legitimiert. Der westliche - und an die Gemeindeverbindungsstraße angrenzende - Teilbereich dieser Flächen (Grube 4) wurde durch die wasserrechtliche Plangenehmigung des Landkreises Stade vom 18. Dezember 1997 für den Ausbau eines Gewässers und Abbau von Sand und Kies auf dem Flurstück (alt) AI. tlw. (= Flurstück (neu) Y) der Flur AG der Gemarkung AH-Stadt legitimiert. Das Erweiterungsvorhaben im nordwestlichen Bereich wurde durch den Planfeststellungsbeschluss des Landkreises Stade vom 4. Februar 2013 für die Herstellung eines Gewässers durch den Abbau von Sand in der Gemeinde I-Stadt, Gemarkung AH-Stadt, Flur AG, durch die Firma AJ., I-Stadt, legitimiert.

Bei den südlichen Flächen zum Sandabbau (Grube 3) handelt es sich - ausweislich der Planfeststellungs- und Genehmigungsunterlagen - um die Flurstücke AK., AL., AM. (alt: AN.), AO. (alt: AP.), AQ. (alt: AR.) und AS. (neu wohl: AT.) der Flur AJ der Gemarkung F-Stadt. Die Bodenabbaugenehmigung des Landkreises Stade vom 28. Juni 1995 zum Abbau von Sand/Kies auf den Flurstücken (alt) AN., AP, AR, AK und AL der Flur AU. der Gemarkung F-Stadt legitimierte zunächst den Trockenabbau. Der Planfeststellungsbeschluss des Landkreises Stade vom 18. August 2011 für die Herstellung eines Gewässers durch den Abbau von Sand in der Gemeinde A-Stadt, Gemarkung F-Stadt, Flur AJ, durch die Firma AI, I-Stadt, legitimierte sodann die Vertiefung der vorhandenen Trockenabbaufläche als Nassabbau.

Auf den südlich der Gemeindeverbindungsstraße liegenden Flurstücken AV., AW. und AX. der Flur L der Gemarkung F-Stadt stehen drei Windenergieanlagen. Während die Flurstücke AV und AW südlich an der Gemeindeverbindungsstraße angrenzen, erhält das Flurstück AX. seine Verbindung zu der Gemeindeverbindungsstraße über den ca. 500 m langen Weg auf dem Flurstück AZ. der Flur L der Gemarkung F-Stadt. Die genannten drei Windenergieanlagen - sowie zwei weitere Anlagen - genehmigte der Landkreis J-Stadt mit Bescheid vom 22. Dezember 2016. Die Windenergieanlagen wurden am 21. Juni 2018 in Betrieb genommen.

Die Gemeindeverbindungsstraße wies vor den abgerechneten Ausbaumaßnahmen eine - zum Teil ausgebesserte - Asphaltfahrbahn mit einer Breite von 4,50 m auf, an deren Rändern der Asphalt teilweise abgebrochen war.

Die ersten Planungen für die Erneuerung und Verbesserung der Gemeindeverbindungsstraße wurden bereits im Jahr 2000 aufgestellt. Geplant war, die Fahrbahn von 4,50 m auf 5,50 m zu verbreitern und eine Höhenangleichung der Seitenräume sowie eine Nachräumung der Wegeseitengräben vorzunehmen. Im August 2020 wurde ein Antrag auf Gewährung einer Zuwendung für Maßnahmen zur Förderung des ländlichen Wegebaus beim Amt für Agrarstruktur in Bremerhaven gestellt; eine Förderung der geplanten Maßnahme erfolgte jedoch in den Folgejahren nicht. In seiner Sitzung vom 16. Januar 2006 fasste der Samtgemeindeausschuss der Beklagten den Beschluss, den Zuschussantrag aufrecht zu erhalten und bei einer Bewilligung der Mittel die Straße zu sanieren; hierfür wurden Ausgaben in Höhe von 320.000 EUR sowie ein Zuschuss in Höhe von 160.000 EUR in den laufenden Haushalt aufgenommen. In einem Telefonat am 19. Januar 2006 wurde der Beklagten durch das Amt für regionale Landentwicklung mitgeteilt, dass eine Bezuschussung nur für Wirtschaftswege mit einer maximalen Breite von 3,00 m gewährt werde und daher keine Bezuschussung möglich sei. Da sich die Gemeindeverbindungsstraße in einem schlechten Zustand befand, wurde der Ausbau in der Folgezeit auch ohne den Zuschuss in Auftrag gegeben. Der Samtgemeindeausschuss der Beklagten beschloss am 31. März 2008 den Ausbau des ersten Bauabschnitts, am 3. April 2012 den Ausbau des zweiten Bauabschnitts und am 15. Juli 2014 den Ausbau des dritten Bauabschnitts.

Im ersten Bauabschnitt im Jahr 2008 wurden Baumaßnahmen vom Anschluss der Gemeindeverbindungsstraße an die M-Straße bis zum Eisenbahnübergang durchgeführt (Länge 1.020 m); zudem erfolgte eine Verlängerung um rund 300 m hinter dem Eisenbahnübergang. Im zweiten Bauabschnitt im Jahr 2012 erfolgten Straßenausbauarbeiten vom Eisenbahnübergang bzw. vom Ausbauende des ersten Bauabschnitts bis zum Kreuzungsbereich der Gemeindeverbindungsstraße mit einem Wirtschaftsweg vor dem Ortseingang von F-Stadt (Länge 1.690 m). Im dritten Bauabschnitt im Jahr 2014 wurden sodann Arbeiten vom Kreuzungsbereich der Gemeindeverbindungsstraße mit einem Wirtschaftsweg vor dem Ortseingang von F-Stadt bis zur Wohnbebauung von F-Stadt durchgeführt (Länge 185 m).

Nach den Leistungsbeschreibungen des beauftragten Ingenieurbüros BA. wurde die Fahrbahn einseitig auf einer Breite von bis zu 1,50 m ausgekoffert. Dieser Teil wurde dann mit einer Frostschutz-, einer Schottertrag- und einer Asphalttragschicht auf die Höhe der bestehenden Asphaltfahrbahn gebracht und anschließend über die gesamte Breite von dann 5,50 m eine Asphaltdeckschicht aufgebracht. Zum Teil wurden die Gräben nachprofiliert und die Bankette mit Schotterrasen angedeckt. Zudem wurden Zufahrten zwischen dem Radweg und der Fahrbahn an die neue Fahrbahnhöhe angepasst. Bauliche Veränderungen an dem Radweg wurden nicht vorgenommen. Die letzte Unternehmerrechnung ging am 20. Januar 2015 bei der Beklagten ein.

Mit Schreiben vom 11. November 2016 hörte die Beklagte die Anlieger der Gemeindeverbindungsstraße zu der beabsichtigten Heranziehung zu Straßenausbaubeiträgen an und lud mit Schreiben vom 24. November 2016 zu einer Informationsveranstaltung am 7. Dezember 2016 ein.

Im Rahmen des Anhörungsverfahrens kam die Beklagte nach einem Gespräch mit der Betreiberin der Sandabbauflächen, der Firma AI, zu der Auffassung, dass der Heranziehung der nördlich und südlich der Gemeindeverbindungsstraße liegenden Sandabbauflächen zu Straßenausbaubeiträgen rechtliche Hinderungsgründe entgegenstünden. Betreffend die südlich der Gemeindeverbindungsstraße liegenden Flächen für den Sandabbau sei in der dazugehörigen Genehmigung des Landkreises Stade zum Abbau von Sand und Kies vom 28. Juni 1995 unter Ziffer 28 der Anlage I geregelt, dass entlang der abgerechneten Anlage bis zum 31. Dezember 1995 eine Heckenanpflanzung aus Weißdorn und Stieleichen (Mindesthöhe 2,50 m) anzulegen und die Weißdornheckenanpflanzung zweireihig (1,20 m in der Reihe und von Pflanze zu Pflanze) vorzunehmen sei. Unter Ziffer 34 der Anlage I dieser Genehmigung sei angeordnet, dass vor Abbaubeginn für die Anlage einer neuen Zufahrt zur M-Straße die erforderliche Sondernutzungserlaubnis einzuholen sei. Betreffend die nördlich der abgerechneten Anlage liegenden Sandabbauflächen sei im Planfeststellungsbeschluss des Landkreises Stade vom 4. Februar 2013 geregelt, dass die Erschließung über eine bestehende Zufahrt von der M-Straße aus erfolge.

Mit Bescheid vom 21. September 2017 zog die Beklagte die Klägerin aufgrund der Bestimmungen der Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 6 NKAG für straßenbaulichen Maßnahmen in der Samtgemeinde I-Stadt vom 10. Dezember 2007 (Straßenausbaubeitragssatzung - SABS -) als Eigentümerin für ihr Grundstück zu einem Straßenausbaubeitrag für die Erneuerung und Verbesserung des Gemeindeverbindungswegs "E-Straße", Abschnitt BB. -Stadt (M-Straße) bis F-Stadt in der Samtgemeinde I-Stadt, heran. Sie setzte den Straßenausbaubeitrag auf 3.131,80 EUR fest. Bei der Berechnung des Straßenausbaubeitrags ging die Beklagte von einem beitragsfähigen Aufwand von 838.397,25 EUR aus. Der Anliegeranteil am beitragsfähigen Aufwand beträgt nach den Berechnungen der Beklagten 251.519,18 EUR (= 30 % von 838.397,25 EUR). Die Beklagte ging des Weiteren von einer Gesamtverteilungsfläche von 54.206,70 m2 und danach von einem Beitragssatz von 4,64000172 EUR/m2 aus. Anhand der Grundstücksfläche des klägerischen Grundstücks von 20.269 m2 und des Nutzungsfaktors von 0,0333 (Grünland) errechnete die Beklagte für die Klägerin den Beitrag von 3.131,80 EUR.

Bei der dem Bescheid zugrundeliegenden Berechnung der Gesamtverteilungsfläche berücksichtigte die Beklagte - ausweislich der in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Verteilungstabelle - die oben genannten Flurstücke der Sandabbauflächen mit einer beitragspflichtigen Fläche von 0,00; lediglich das Flurstück AE der Flur AF der Gemarkung AH-Stadt wurde mit einer beitragspflichtigen Fläche von 204 m2 und einem Nutzungsfaktor von 0,0333 berücksichtigt. Ebenfalls mit einer beitragspflichtigen Fläche von 0,00 führte die Beklagte in der Verteilungstabelle die (Hinterlieger-)Flurstücke BC., BD., BE., BF., BG. und BH. der Flur L der Gemarkung F-Stadt auf. Die oben genannten Flurstücke AV und AW der Flur L der Gemarkung F-Stadt, auf denen sich zwei Windenergieanlagen befinden, berücksichtigte die Beklagte mit der Nutzungsart Ackerland mit einem Nutzungsfaktor von 0,0333. Das Flurstück AX der Flur L der Gemarkung F-Stadt berücksichtigte die Beklagte bei der Verteilung nicht.

Die Klägerin hat am 20. Oktober 2017 beim Verwaltungsgericht J-Stadt Klage gegen den Bescheid erhoben.

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht:

Es sei unstrittig, dass sie grundsätzlich zur Zahlung eines Anliegerbeitrags verpflichtet sei. Streitig sei jedoch, ob größere gewerblich genutzte Grundstücke von der Beitragspflicht hätten ausgenommen werden dürfen. Würden diese Grundstücke in die Berechnung mit einbezogen, würde sich ihre eigene Beitragspflicht erheblich reduzieren. Der angefochtene Bescheid werde daher nicht in seiner Gesamthöhe, sondern lediglich hinsichtlich eines Teilbetrags beklagt.

Es werde ergänzend auf die Ausführungen in dem Verfahren BI. gegen Samtgemeinde I-Stadt (Az. 2 A 3488/17 = 9 LB 45/22) verwiesen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Heranziehungsbescheid der Beklagten vom 21. September 2017 aufzuheben, soweit darin mehr als 1.141,80 EUR festgesetzt sind.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat im Wesentlichen erwidert:

Die Grundstücke, auf denen Sandabbau betrieben werde, seien zutreffend nicht berücksichtigt worden, da es aufgrund der bestandskräftigen Festsetzungen zur Heckenanpflanzung in der Bodenabbaugenehmigung des Landkreises Stade vom 28. Juni 1995 bzw. des Planfeststellungsbeschlusses nicht möglich sei, vom Gemeindeverbindungsweg auf diese Grundstücke zu fahren. Die genehmigte gewerbliche Nutzung mache es zwingend erforderlich, dass mit Lastkraftwagen auf die Grundstücke heraufgefahren werden könne. Dies wäre nur unter Zerstörung der festgesetzten - und tatsächlich vorhandenen - Heckenanpflanzung möglich. Eine weitere Zufahrt für die Sandabbauflächen über den Gemeindeverbindungsweg bedürfte aufgrund des gewerblichen Charakters der Nutzung der Zustimmung des Landkreises Stade und der Beklagten, die jedoch nicht erteilt würde, da es bereits eine Zufahrt über die M-Straße gebe.

Soweit die Sandabbauflächen über Feldwege zugänglich seien, gelte folgendes: Die Wege zum südlichen Sandabbaugebiet hätten eine Länge von 253 m bzw. 146 m und eine Breite von 6,1 m bzw. 4 m. Die Wege seien aber kaum noch befahrbar, da sie durch die angrenzende landwirtschaftliche Nutzung (Umpflügen) nur noch die Hälfte der Breite aufwiesen. Die Wege zum nördlichen Sandabbaugebiet hätten eine Länge von 191 m bzw. 87 m und eine Breite von 11,2 m bzw. 2,4 m. Die Wege seien - in weiten Teilen - nicht mehr existent, da sie ganz oder zum Teil umgepflügt worden seien.

Die Grundstücke, auf denen sich die Windenergieanlagen befinden, seien entsprechend der vom Katasteramt festgesetzten Nutzungsart bei der Berechnung der Straßenausbaubeiträge berücksichtigt worden. Eine abweichende Berücksichtigung aufgrund der Nutzung einer Teilfläche für den Betrieb einer Windenergieanlage sei weder erforderlich noch geboten. Denn bei Windkraftanlagen sei eine Inanspruchnahme der Außenbereichsanlage nur für Wartungs- und Reparaturarbeiten zu erwarten. Im Übrigen seien die Windenergieanlagen erst mit Bescheid vom 22. Dezember 2016 und damit nach Entstehen der sachlichen Beitragspflicht genehmigt worden.

Mit Urteil vom 22. Oktober 2020 hat das Verwaltungsgericht den Beitragsbescheid der Beklagten vom 21. September 2017 aufgehoben, soweit hierin ein Straßenausbaubeitrag von mehr als 1.141,80 EUR festgesetzt ist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Der angegriffene Bescheid sei formell rechtmäßig. Zwar sei nicht nachgewiesen, ob die Klägerin das Anhörungsschreiben erhalten habe. Allerdings führe eine mögliche fehlerhafte Anhörung nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids, denn die Anhörung sei zumindest durch das gerichtliche Verfahren nachgeholt worden.

Der angegriffene Bescheid sei materiell rechtswidrig. Zwar seien die vorgenommenen Baumaßnahmen zumindest als Verbesserung des Gemeindeverbindungswegs beitragsfähig. Die Fahrbahn des Gemeindeverbindungswegs sei um etwa einen Meter verbreitert und die Verbreiterung mit einem neuen Unterbau verstehen worden. Hierdurch sei die Nutzbarkeit der Straße, insbesondere bei Begegnungsverkehr, erweitert worden. Dass die Asphaltdecke auf voller Breite neu aufgetragen worden sei, gehöre zu den im Rahmen dieser Verbesserung beitragsfähigen Baumaßnahmen.

Allerdings sei die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden, denn es fehle an einem - hier erforderlichen - Aufwandsspaltungsbeschluss. Die sachliche Beitragspflicht einer Straßenausbaumaßnahme entstehe mit dem Abschluss der Arbeiten an "allen" Teileinrichtungen der öffentlichen Einrichtung. Zwar könnten Kommunen die Anlieger auch für die Kosten von Baumaßnahmen an der Teileinrichtung einer öffentlichen Einrichtung heranziehen. Sie bedürften hierfür aber aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit eines Aufwandsspaltungsbeschlusses. Ausgehend hiervon sei vorliegend die sachliche Beitragspflicht für die Teileinrichtung Fahrbahn des Gemeindeverbindungsweges (noch) nicht entstanden, denn ein entsprechender Aufwandsspaltungsbeschluss liege nicht vor. Zu den Teileinrichtungen einer öffentlichen Anlage gehörten die Teileinrichtungen, die auch tatsächlich vorhanden seien. In Bezug auf den Gemeindeverbindungsweg sei neben der Fahrbahn als weitere Teileinrichtung ein Radweg vorhanden. Der dem angegriffenen Bescheid zugrundeliegende Ausbau habe nicht die gesamte öffentliche Einrichtung umfasst, denn er habe sich lediglich auf die Teileinrichtung Fahrbahn bezogen.

Es könne insofern dahinstehen, ob der Gemeindeverbindungsweg zutreffend gewidmet sei und ob die Sandabbauflächen bei der Verteilung der umlagefähigen Kosten einzubeziehen seien. Ob die zu den Sandabbauflächen führenden Feldwege aufgrund ihrer Länge von mehr als 100 m auch im baurechtlichen Außenbereich als eigenständige Anlagen im Sinne des Straßenausbaubeitragsrechts anzusehen seien, bedürfe hier ebenfalls keiner Entscheidung mehr. Über die - in der Satzung der Beklagten nicht gesondert vorgesehene - Einbeziehung von Flächen für Windenergieanlagen mit einem darauf abgestimmten Vervielfältigungsfaktor wäre nur zu entscheiden, wenn die sachliche Beitragspflicht nach der Genehmigung der Windenergieanlagen entstünde.

Der Beitragsbescheid sei trotz des Umstands, dass die sachliche Beitragspflicht nicht entstanden sei, nur teilweise aufzuheben, da die Klägerin diesen auch nur teilweise angefochten habe.

Am 18. Februar 2021 hat die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen (Az. 9 LA 65/21).

Noch vor Anhängigkeit des Berufungszulassungsverfahrens hat der Rat der Beklagten am 15. Dezember 2020 den Beschluss gefasst, dass zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen für den Ausbau der Gemeindeverbindungsstraße zwischen der Kreisstraße M-Straße (BB-Stadt) und F-Stadt die Kosten für den Fahrbahnausbau gemäß § 6 Abs. 2 NKAG i. V. m. § 6 Nr. 3 der Straßenausbaubeitragssatzung in der derzeit gültigen Fassung gesondert ermittelt und kostenmäßig gespalten werden.

Ferner hat der Rat der Beklagten in seiner Sitzung am 15. Dezember 2020 die 1. Änderungssatzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 6 NKAG für straßenbauliche Maßnahmen in der Samtgemeinde I-Stadt (1. Änderungssatzung zur Straßenausbaubeitragssatzung) beschlossen. In § 5 Abs. 4 Nr. 1 der Satzung sind Grundstücke, auf denen Windenergieanlagen oder Photovoltaikanlagen vorhanden sind, berücksichtigt worden. Die 1. Änderungssatzung ist im Amtsblatt für den Landkreis J-Stadt vom 28. Januar 2021 veröffentlicht worden und ist gemäß ihrem Artikel 2 rückwirkend zum 1. Oktober 2017 in Kraft getreten.

Schließlich hat der Samtgemeindeausschuss der Beklagten in seiner Sitzung vom 30. März 2021 beschlossen, dass die in der Baulast der Beklagten stehenden Samtgemeindeverbindungswege, so auch die streitgegenständliche Anlage, gemäß § 6 NStrG als Gemeindeverbindungstraßen nach § 47 Nr. 2 NStrG gewidmet werden. Die Widmung ist im Amtsblatt für den Landkreis J-Stadt vom 22. April 2021 bekannt gemacht worden.

Der Senat hat mit Beschluss vom 6. April 2022 (Az. 9 LA 65/21) die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen folgendes vor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts erweise sich aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Rechtslage als rechtswidrig. Sofern das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten habe, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei, da sie, die Beklagte, nicht sämtliche Teileinrichtungen der Anlage ausgebaut habe und es für das Entstehen von Teilbeitragspflichten an einem Aufwandsspaltungsbeschluss fehle, könne dem nicht (mehr) gefolgt werden. Sie, die Beklagte, habe die von ihr ausgebaute Teileinrichtung Fahrbahn, die Gegenstand der Veranlagung gewesen sei, beitragsrechtlich durch den Ratsbeschluss vom 15. Dezember 2020 verselbständigt. Die sachliche Teilbeitragspflicht sei danach entstanden.

Andere Gründe, die zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids führen würden, seien nicht ersichtlich. Insbesondere sei es nicht zu beanstanden, dass sie, die Beklagte, die an die Anlage angrenzenden Sandabbaugrundstücke unberücksichtigt gelassen habe. Diese würden von der Anlage beitragsrechtlich nicht bevorteilt, da aufgrund der Festsetzungen in der Sandabbaugenehmigung und im Planfeststellungsbeschluss des Landkreises Stade zur Heckenanpflanzung eine Zufahrt von der abgerechneten Anlage auf das Grundstück tatsächlich unmöglich sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts J-Stadt vom 22. Oktober 2020 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie die Gerichtsakten und Beiakten der Verfahren 9 LB 44/22 bis 9 LB 45/22 sowie 9 LB 47/22 bis 9 LB 85/22 verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten, über die trotz des Ausbleibens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 28. Oktober 2024 verhandelt und entschieden werden kann (§ 125 Abs. 1 i. V. m. § 102 Abs. 2 VwGO), hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Zwar hat das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden, dass der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 21. September 2017 über die Heranziehung der Klägerin zu Straßenausbaubeiträgen für die Erneuerung und Verbesserung der Gemeindeverbindungsstraße "E-Straße", Abschnitt BB-Stadt (M-Straße) bis F-Stadt in der Samtgemeinde I-Stadt, in Höhe von 3.131,80 EUR bei seinem Erlass rechtswidrig war, da es an einem - hier erforderlichen - Aufwandsspaltungsbeschluss fehlte. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats erweist sich der Bescheid der Beklagten jedoch in Höhe von 3.118,54 EUR als rechtmäßig und verletzt die Klägerin insoweit nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist deshalb auf die Berufung der Beklagten entsprechend zu ändern. Hinsichtlich des übersteigenden Betrags von 13,26 EUR erweist sich der Bescheid der Beklagten vom 21. September 2017 als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Insoweit ist die Berufung der Beklagten daher zurückzuweisen.

Rechtsgrundlage für den angegriffenen Straßenausbaubeitragsbescheid ist § 6 NKAG in Verbindung mit der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 10. Dezember 2007 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 15. Dezember 2020, die rückwirkend zum 1. Oktober 2017 in Kraft getreten ist.

Die Anwendbarkeit der 1. Änderungssatzung vom 15. Dezember 2020 ergibt sich daraus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Heranziehung zu Beiträgen auf die im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten geltende Satzung abzustellen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.8.1975 - IV C 11.73 - juris Rn. 24; Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 11. Auflage 2022, § 12 Rn. 34). Das ist hier der 22. April 2021. Denn die sachlichen Beitragspflichten konnten erst mit dem Vorliegen des Aufwandsspaltungsbeschlusses vom 15. Dezember 2020 und der am 30. März 2021 beschlossenen Widmung der Straße entstehen, die am 22. April 2021 im Amtsblatt für den Landkreis J-Stadt bekannt gemacht wurde und damit an diesem Tag wirksam geworden ist, vgl. § 11 Abs. 7 Satz 1 i. V. m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 NKomVG (vgl. dazu unter II. 1. b) und 8.). Zu diesem Zeitpunkt galt die am 15. Dezember 2020 beschlossene 1. Änderungssatzung. Soweit nach der Rechtsprechung des Senats zudem für den Zeitpunkt des Entstehens der Vorteilslage eine wirksame - gegebenenfalls rückwirkend erlassene - Satzung vorhanden sein muss (vgl. Senatsbeschluss vom 19.12.2008 - 9 LA 99/06 - juris Rn. 5), ist auch diese Voraussetzung erfüllt. Die Vorteilslage ist vorliegend mit dem Aufwandsspaltungsbeschluss vom 15. Dezember 2020 entstanden. Auch zu diesem Zeitpunkt galt die am 15. Dezember 2020 beschlossene 1. Änderungssatzung, die rückwirkend zum 1. Oktober 2017 in Kraft getreten ist.

I.

Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass zwar nicht nachgewiesen sei, ob die Klägerin das von der Beklagten erstellte Anhörungsschreiben erhalten habe. Allerdings führe eine mögliche fehlerhafte Anhörung nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids, da die Anhörung zumindest durch das gerichtliche Verfahren nachgeholt worden sei, vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 3 b) NKAG i. V. m. § 126 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 AO. Dem ist nichts hinzuzufügen.

II.

Der streitgegenständliche Straßenausbaubeitragsbescheid ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ganz überwiegend - nämlich in Höhe von 3.118,54 EUR - auch materiell rechtmäßig; lediglich in Höhe des übersteigenden Betrags von 13,26 EUR erweist sich der Bescheid als rechtswidrig.

Nach § 6 Abs. 1 NKAG i. V. m. § 1 Abs. 1 SABS erhebt die Beklagte zur teilweisen Deckung ihres Aufwands für die Herstellung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen Gemeindeverbindungsstraßen - insgesamt, in Abschnitten oder Teilen - (öffentliche Einrichtungen) nach Maßgabe ihrer Straßenausbaubeitragssatzung Beiträge von denjenigen Grundstückseigentümern, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet (Anlieger).

Die Voraussetzungen für eine Erhebung von Straßenausbaubeiträgen sind vorliegend - in der oben aufgeführten Höhe - gegeben. Bei der abgerechneten Anlage handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung (dazu unter 1.). Bei den von der Beklagten an der öffentlichen Einrichtung "E-Straße" vorgenommenen und hier zur Abrechnung stehenden Baumaßnahmen handelt es sich um beitragsfähige Maßnahmen (dazu unter 2.). Der beitragsfähige Aufwand beläuft sich auf insgesamt 838.397,25 EUR (dazu unter 3.) und der umlagefähige Aufwand beträgt 251.519,18 EUR (dazu unter 4.). Die Beklagte hat die bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands zu berücksichtigenden Grundstücke, d. h. das Verteilungsgebiet, allerdings nicht völlig fehlerfrei ermittelt (dazu unter 5.). Die in der Straßenausbaubeitragssatzung vorgesehene Verteilungsregelung bzw. der Verteilungsmaßstab ist wirksam; es ist jedoch in einem Einzelfall eine fehlerhafte Anwendung erfolgt (dazu unter 6.). Bei korrekter Ermittlung des Verteilungsgebiets und richtiger Anwendung des Verteilungsmaßstabs ergibt sich unter Zugrundelegung einer Beitragsfläche von insgesamt 54.437,42 m2 (statt 54.206,70 m2) ein neuer Beitragssatz von 4,62033616 EUR/m2 (statt 4,6400017 EUR/m2) (dazu unter 7.). Die sachlichen Beitragspflichten sind mit dem Aufwandsspaltungsbeschluss vom 15. Dezember 2020 und der am 30. März 2021 nachgeholten und am 22. April 2021 bekanntgemachten Widmung am 22. April 2021 entstanden (dazu unter 8.). Die Frage einer Festsetzungsverjährung stellt sich vor diesem Hintergrund nicht (dazu unter 9.). Schließlich ist die Klägerin als Eigentümerin des Flurstücks K. der Flur L der Gemarkung F-Stadt persönlich beitragspflichtig (dazu unter 10.).

1.

Die abgerechnete Anlage "E-Straße", Abschnitt BB-Stadt (M-Straße) bis F-Stadt in der Samtgemeinde I-Stadt, ist eine öffentliche Einrichtung im Sinne des § 6 Abs. 1 NKAG. Die Beklagte hat die maßgebliche einheitliche öffentliche Einrichtung zutreffend bestimmt (dazu unter a)). Zudem liegt eine wirksame Widmung als Gemeindeverbindungsstraße vor, so dass auch das Merkmal "öffentlich" erfüllt ist (dazu unter b)).

a)

Die Gemeindeverbindungsstraße "E-Straße" in der Samtgemeinde I-Stadt, beginnend im Westen am Ortseingang von F-Stadt und endend im Osten an der Kreuzung mit der M-Straße bei BB-Stadt, stellt eine einheitliche öffentliche Einrichtung dar.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht ist für die Beurteilung der Frage, wo eine selbständige Erschließungsanlage beginnt und endet, das durch die tatsächlichen Gegebenheiten geprägte Erscheinungsbild maßgebend. Abzustellen ist auf die tatsächlich sichtbaren Verhältnisse, wie sie z. B. durch Straßenführung, -breite, -länge und -ausstattung geprägt werden und wie sie sich im Zeitpunkt des Entstehens sachlicher Beitragspflichten einem unbefangenen Beobachter bei natürlicher Betrachtungsweise darstellen. Erforderlich ist eine Würdigung aller dafür relevanten Umstände. Die natürliche Betrachtungsweise ist nicht aus einer Vogelperspektive anzustellen; vielmehr ist grundsätzlich der Blickwinkel eines Betrachters am Boden einzunehmen. Wegen der damit unter Umständen verbundenen Einengung des Horizonts kann gegebenenfalls ergänzend auch der sich aus Plänen oder Luftbildaufnahmen ergebende Straßenverlauf mit in die Betrachtung einzubeziehen sein (vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht: BVerwG, Urteil vom 7.3.2017 - 9 C 20.15 - juris Rn. 12; Senatsurteil vom 24.1.2024 - 9 LC 85/18 - juris Rn. 104). Dieser natürlichen Betrachtungsweise folgt der Senat im Regelfall auch für die Festlegung der öffentlichen Einrichtung im Straßenausbaubeitragsrecht (vgl. Senatsurteile vom 19.2.2020 - 9 LB 132/17 - juris Rn. 103 und vom 9.4.2015 - 9 LC 320/13 - juris Rn. 25 m. w. N.).

Hier stellt sich die in drei Bauabschnitten ausgebaute und abgerechnete Straße "E-Straße" in der Samtgemeinde I-Stadt bei natürlicher Betrachtungsweise als eine einheitliche öffentliche Einrichtung im Sinne einer Gemeindeverbindungsstraße dar.

Diese beginnt im Westen am Ortseingang von F-Stadt. Denn nach der Rechtsprechung des Senats beginnt bzw. endet eine öffentliche Einrichtung immer dort, wo sie in den Außenbereich eintritt bzw. zur Innerortsstraße wird. In solchen Fällen hat das sonst maßgebliche tatsächliche Erscheinungsbild der Anlage keine ausschlaggebende Bedeutung mehr, weil straßenausbaubeitragsrechtlich dem Umstand Rechnung getragen werden muss, dass verschiedene Straßentypen (einerseits Innerortsstraße, andererseits Außenbereichsstraße), für die unterschiedliche Anliegeranteile gelten, bestehen (vgl. Senatsbeschluss vom 19.12.2008 - 9 LA 99/06 - juris Rn. 4).

Sie endet im Osten an der Kreuzung mit der M-Straße bei BB-Stadt. Zwar setzt sich die Gemeindeverbindungsstraße nach der Kreuzung mit der M-Straße weiter gradlinig fort bis zum Ortsteil BK.. Allerdings können nach der Rechtsprechung des Senats bei der Festlegung der öffentlichen Einrichtung i. S. d. § 6 Abs. 1 NKAG im Rahmen der natürlichen Betrachtungsweise Kreuzungen je nach den tatsächlichen Verhältnissen eine trennende Wirkung entfalten (vgl. Senatsurteil vom 19.2.2020 - 9 LB 132/17 - juris Rn. 105). Eine solche trennende Wirkung kommt der M-Straße vorliegend zu. Die Kreisstraße weist als Vorfahrtsstraße im Vergleich zu der Gemeindeverbindungsstraße eine größere Breite auf; sie unterbricht den Verlauf der Gemeindeverbindungsstraße.

Die Gemeindeverbindungsstraße stellt sich zwischen den genannten Anfangs- und Endpunkten nach den durch die Straßenführung, -breite, -länge und -ausstattung geprägten Verhältnissen als eine Einheit dar, die durch kreuzende und einmündende Straßen nicht unterbrochen wird. Insbesondere entfaltet auch die Kreuzung mit der Eisenbahnlinie der EVB keine trennende Wirkung. Es handelt sich um eine höhengleiche Kreuzung und die Gemeindeverbindungsstraße führt ohne Veränderung ihres Charakters gradlinig über die Eisenbahnschienen hinweg.

b)

Bei der ausgebauten Anlage handelt es sich um eine "öffentliche" Einrichtung im Sinne des § 6 Abs. 1 NKAG.

Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen setzt stets die Widmung von Straßen und Wegen voraus, weil nach § 6 Abs. 1 NKAG Beiträge nur für die Herstellung oder den Ausbau öffentlicher Einrichtungen erhoben werden dürfen und nach § 2 Abs. 1 NStrG öffentliche Straßen nur diejenigen Straßen sind, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind (vgl. Senatsurteil vom 10.1.1989 - 9 A 53/87 - beckonline; Driehaus/Raden, a. a. O., § 31 Rn. 3). Eine wirksame Widmung ist Voraussetzung für das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten (vgl. Driehaus/Raden, a. a. O., § 31 Rn. 3).

Vorliegend lag eine Widmung der Straße "E-Straße" im Zeitpunkt des Erlasses des Beitragsbescheids am 21. September 2017 zwar nicht vor (dazu unter aa)). Dieser Mangel war jedoch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats durch eine Nachholung der Widmung geheilt (dazu unter bb)).

aa)

Die Beklagte hat nicht nachgewiesen, dass die Gemeindeverbindungsstraße "E-Straße" bereits bei Durchführung der Straßenausbauarbeiten bzw. im Zeitpunkt des Erlasses des Beitragsbescheids im Jahr 2017 dem öffentlichen Verkehr gewidmet war.

Sie hat zwar vorgetragen, dass die bis zur Kommunalreform im Jahr 1972 in der Baulast der Gemeinde A-Stadt stehende Anlage als Gemeindestraße gewidmet worden sei und dass diese Widmung als öffentliche Straße durch den gesetzlich angeordneten Wechsel der Straßenbaulast nicht untergegangen, sondern auf den neuen Straßenbaulastträger übergegangen sei. Die Beklagte hat zum Nachweis der Widmung der Straße durch die Gemeinde A-Stadt jedoch lediglich die Bekanntmachung der Gemeinde A-Stadt im Amtlichen Kreisblatt für den Landkreis J-Stadt vom 28. August 1969 vorgelegt, wonach das Bestandsverzeichnis für Gemeindestraßen und sonstige öffentliche Straßen öffentlich zur Einsichtnahme ausliege. Die Eintragung im Bestandsverzeichnis habe, wenn sie unanfechtbar geworden sei, zur Folge, dass die Widmung als vollzogen gelte. Aus dieser Bekanntmachung ergibt sich jedoch nicht, dass die streitgegenständliche Straße "E-Straße" in dem Bestandsverzeichnis enthalten war und als Gemeindestraße gewidmet wurde.

Die Beklagte räumt die fehlende Nachweisbarkeit der Widmung letztlich auch selbst ein, wenn in der Sitzungsvorlage Nr. 2021/SG/948 vom 23. Februar 2021 für die Sitzung des Samtgemeindeausschusses am 30. März 2021 betreffend die Widmung von Straßen gemäß § 6 NStrG ausgeführt wird, dass bei einer Überprüfung der Straßenwidmungen festgestellt worden sei, dass bisher keine Samtgemeindestraßen gewidmet worden seien und dies daher nachzuholen sei.

bb)

Die Beklagte hat die fehlende Widmung nachgeholt und damit den Mangel geheilt.

Hat die Gemeinde bereits vor der Widmung einer Straße Beitragsbescheide erlassen, die die endgültige Beitragspflicht betreffen, kann sie - ohne Rücknahme dieser Bescheide - die Widmung nachholen. Die mangels Vorliegens der Widmung ursprünglich fehlerhaften Bescheide können durch die - auch noch während des Berufungsverfahrens beachtliche - Nachholung der Widmung geheilt werden. Die Beitragspflichten entstehen dann jedoch in einem entsprechend späteren Zeitpunkt (vgl. Driehaus/Raden, a. a. O., § 12 Rn. 34).

Vorliegend hat der Samtgemeindeausschuss der Beklagten in seiner Sitzung vom 30. März 2021 beschlossen, dass die in der Baulast der Beklagten stehenden Samtgemeindeverbindungswege, so auch die streitgegenständliche Anlage, gemäß § 6 NStrG als Gemeindeverbindungstraßen nach § 47 Nr. 2 NStrG gewidmet werden. Die Widmung ist im Amtsblatt für den Landkreis J-Stadt vom 22. April 2021 bekannt gemacht worden und ist damit an diesem Tag wirksam geworden (vgl. § 11 Abs. 7 Satz 1 i. V. m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 NKomVG). Durch diese nachgeholte Widmung ist der ursprünglich fehlerhafte Bescheid geheilt worden.

Soweit die Kläger des Parallelverfahrens 9 LB 44/22 meinen, dass in der nachträglichen Widmung ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten bzw. eine unzulässige Rechtsausübung liege, kann dem nicht gefolgt werden. Insbesondere handelt es sich nicht um eine "unzulässige Rückwirkung", da der am 30. März 2021 vorgenommenen Widmung keine Rückwirkung zugesprochen wird. Vielmehr wird die Widmung mit Wirkung für die Zukunft mit der Folge nachgeholt, dass die sachlichen Beitragspflichten mit dem Eintritt der letzten Voraussetzungen entstehen (vgl. BayVGH, Urteil vom 13.12.2016 - 6 B 16.978 - juris Rn. 20 m. w. N.).

2.

Die von der Beklagten an der öffentlichen Einrichtung "E-Straße" vorgenommenen und hier zur Abrechnung stehenden Baumaßnahmen aus den Jahren 2008 (erster Bauabschnitt), 2012 (zweiter Bauabschnitt) und 2014 (dritter Bauabschnitt) sind gemäß § 6 Abs. 1 NKAG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 SABS als straßenausbaubeitragspflichtige Maßnahmen beitragsfähig.

Es handelt sich um eine Verbesserung der öffentlichen Einrichtung "E-Straße" (dazu unter a)). Der Beitragsfähigkeit der Maßnahmen steht nicht entgegen, dass es an einer Ausbauentscheidung der Beklagten fehlen würde (dazu unter b)).

a)

Die vorgenommenen Arbeiten sind als straßenausbaubeitragspflichtige Maßnahmen beitragsfähig, und zwar - wie vom Verwaltungsgericht zu Recht angenommen - als Verbesserung der Gemeindeverbindungsstraße.

Eine beitragsfähige Verbesserung ist gegeben, wenn die Benutzbarkeit der Straße positiv beeinflusst worden, die Straße also im Blick auf ihre Funktionen besser benutzbar geworden ist. Sie kann vor allem bei einer erweiterten funktionalen Aufteilung der Verkehrsanlage, bei einer größeren räumlichen Ausdehnung und bei einer den Verkehrsbedürfnissen mehr entsprechenden und daher besseren Befestigungsart angenommen werden. Die Beitragsfähigkeit einer Verbesserungsmaßnahme setzt - anders als die einer Erneuerungsmaßnahme - nicht voraus, dass die Einrichtung abgenutzt ist bzw. sich in einem schlechten Zustand befindet. Ziel einer Verbesserungsmaßnahme ist nicht die Beseitigung von Mängeln, sondern die Erreichung eines Ausbauzustands mit einer höheren Qualitätsstufe. Unter Umständen kann selbst ein guter Zustand noch verbessert werden. Daher setzt die Beitragsfähigkeit einer Verbesserungsmaßnahme auch nicht voraus, dass die Gemeinde in der Vergangenheit ihrer laufenden Unterhaltungspflicht nachgekommen ist (d. h. ein sog. aufgestauter Reparaturbedarf fehlt) und sie daher einen unter Umständen schlechten Zustand der öffentlichen Einrichtung nicht zu verantworten hat (vgl. zum Vorstehenden insgesamt: Senatsurteil vom 19.2.2020 - 9 LB 132/17 - juris Rn. 146 m. w. N.)

Für die Beurteilung, ob und ggfs. welcher Beitragstatbestand erfüllt ist, ist regelmäßig eine teileinrichtungsbezogene Betrachtungsweise geboten (vgl. Senatsurteil vom 19.2.2020 - 9 LB 132/17 - juris Rn. 148).

Ausgehend hiervon hat die Beklagte die Teileinrichtung Fahrbahn der Einrichtung "E-Straße" verbessert. Die Straße wies vor der Ausbaumaßnahme eine Asphaltfahrbahn mit einer Breite von 4,50 m auf, an deren Rändern der Asphalt teilweise abgebrochen war. Nach den Leistungsbeschreibungen des beauftragten Ingenieurbüros BA wurde die Fahrbahn einseitig auf einer Breite von bis zu 1,50 m ausgekoffert. Dieser Teil wurde dann mit einer Frostschutz-, einer Schottertrag- und einer Asphalttragschicht auf die Höhe der bestehenden Asphaltfahrbahn gebracht. Anschließend wurde über die gesamte Breite von dann 5,50 m eine Asphaltdeckschicht aufgebracht. Zum Teil wurden die Gräben nachprofiliert und die Bankette mit Schotterrasen angedeckt. Zudem wurden Zufahrten zwischen dem Radweg und der Fahrbahn an die neue Fahrbahnhöhe angepasst. Durch die geschilderte Verbreiterung der Straße von 4,50 m um etwa einen Meter auf 5,50 m nebst Unterbau ist - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat - die Nutzbarkeit der Straße, insbesondere bei Begegnungsverkehr, erweitert und damit verbessert worden. Dass die Asphaltdecke auf der gesamten Breite der Fahrbahn neu aufgebracht wurde, liegt darin begründet, dass die Straße auf eine einheitliche Höhe gebracht und ein einheitlicher Fahrbahnbelag hergestellt werden musste. Es handelt sich dabei - ebenso wie bei der Anpassung der Zufahrten zwischen dem Radweg und der Fahrbahn - um eine mit der Verbesserung zusammenhängende Anpassungsmaßnahme und nicht - wie der Kläger des Parallelverfahrens 9 LB 45/22 meint - um eine Instandhaltung.

Soweit der Kläger des Parallelverfahrens 9 LB 45/22 meint, dass die technischen Regelwerke in Bezug auf den Seitenstreifen nicht eingehalten worden seien, da die Seitenstreifen nicht die erforderliche Breite aufwiesen und das zulässige Quergefälle überschritten würde, führte dies selbst bei einer Unterstellung der Richtigkeit dieser Angaben nicht zu einer fehlenden Beitragsfähigkeit der Maßnahmen. Zwar kann der Ausbau einer Teileinrichtung nur beitragsfähig sein, wenn sie die ihr zugedachte Funktion in verkehrstechnischer Hinsicht erfüllen kann (vgl. Driehaus/Raden, a. a. O., § 32 Rn. 2). Die Teileinrichtung - hier die Fahrbahn - muss daher funktionstauglich sein. Die Funktionsfähigkeit der Fahrbahn wiederum setzt eine bestimmte - auch von den jeweiligen konkreten örtlichen Gegebenheiten abhängige - Mindestbreite voraus. Beitragsrechtlich unerheblich ist hingegen, ob die Anforderungen der einschlägigen technischen Ausbauvorschriften ansonsten erfüllt sind (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8.1.2016 - 15 B 1239/15 - juris Rn. 13). Gemessen hieran führt der Umstand, dass die Seitenstreifen der Fahrbahn womöglich nicht die nach den technischen Regelwerken erforderliche Breite bzw. ein abweichendes Quergefälle aufweisen, nicht zu einer Funktionsunfähigkeit der Teileinrichtung Fahrbahn. Vielmehr wurde die Funktionsfähigkeit der Teileinrichtung Fahrbahn durch die Verbreiterung um 1 m sogar verbessert, da nunmehr der Begegnungsverkehr erleichtert wird. Es ist nunmehr möglich, an entgegenkommenden Bussen und landwirtschaftlichen Fahrzeugen vorbei zu fahren, ohne auf den unbefestigten Seitenstreifen ausweichen zu müssen.

b)

Der Beitragsfähigkeit der Maßnahmen steht nicht entgegen, dass es an einer Ausbauentscheidung der Beklagten fehlen würde.

Die Kläger des Parallelverfahren 9 LB 44/22 haben insoweit geltend gemacht, dass nach dem Beschluss des Samtgemeindeausschusses der Beklagten vom 16. Januar 2006 die Straße bei Bewilligung des Zuschusses habe saniert werden sollen; diese Bedingung sei nicht eingetreten. Die am 31. März 2008, 3. April 2012 und 15. Juli 2014 gefassten Beschlüsse seien ohne vorherige Änderung der Beschlusslage vom 16. Januar 2006 unwirksam.

Dieses Vorbringen vermag nicht zu überzeugen.

Zunächst ist es zwar zutreffend, dass der Straßenausbau nach dem Beschluss vom 16. Januar 2006 unter der Bedingung der Bewilligung des Zuschusses gestanden hat und dass diese Bedingung nicht eingetreten ist. Allerdings stand es dem Samtgemeindeausschuss der Beklagten frei, über den Ausbau der Straße "E-Straße" und die Auftragsvergabe neu zu beraten und zu entscheiden. Dies ist mit den Beschlüssen des Samtgemeindeausschusses vom 31. März 2008 (erster Bauabschnitt), 3. April 2012 (zweiter Bauabschnitt) und 15. Juli 2014 (dritter Bauabschnitt) geschehen. Einer vorherigen Änderung der Beschlusslage bedurfte es insoweit nicht.

Unabhängig davon hängt die Beitragsfähigkeit einer der im NKAG als beitragsfähig qualifizierten Straßenausbaumaßnahmen nicht von einer förmlichen Ausbauentscheidung und -planung der Gemeindevertretung ab (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 30.6.2003 - 4 EO 206/96 - juris Rn. 43 ff.; Driehaus/Raden, a. a. O., § 32 Rn. 1). Sie hängt grundsätzlich auch nicht davon ab, dass über die Durchführung einer Straßenausbaumaßnahme unter Einhaltung der einschlägigen kommunalverfassungsrechtlichen oder gemeindeinternen Zuständigkeiten entschieden wurde. Maßgeblich für die Beitragserhebung ist allein, dass die getroffene Ausbauentscheidung im Ergebnis, nicht in der Art ihres Zustandekommens, ermessensfehlerfrei ist (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23.1.2017 - 15 A 1650/15 - juris Rn. 28 ff.; Driehaus/Raden, a. a. O., § 32 Rn. 1). Ebenso wenig notwendig ist eine besondere positive Beschlussfassung über eine Beitragserhebung nach Abschluss der Straßenausbaumaßnahme (vgl. Driehaus/Raden, a. a. O., § 32 Rn. 1).

3.

Der beitragsfähige Aufwand für die danach insgesamt beitragsfähige Ausbaumaßnahme beläuft sich auf insgesamt 838.397,25 EUR.

Der beitragsfähige Aufwand umfasst grundsätzlich alle Kosten, die der Gemeinde für die Verwirklichung einer dem dafür aufgestellten Bauprogramm entsprechenden beitragsfähigen Maßnahme im Rahmen der Erforderlichkeit entstanden sind. Zum Aufwand rechnen gemäß § 6 Abs. 3 Satz 3 NKAG auch die vom Personal der Kommune für Maßnahmen nach Abs. 1 Satz 1 zu erbringenden Werk- und Dienstleistungen sowie gemäß Abs. 1 Satz 2 die Kosten, die einem Dritten, dessen sich die Kommune bedient, entstehen, soweit sie dem Dritten von der Kommune geschuldet werden (vgl. Senatsurteil vom 19.2.2020 - 9 LB 132/17 - juris Rn. 223).

Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 NKAG i. V. m. § 3 Abs. 1 SABS ist der beitragsfähige Aufwand nach den tatsächlichen Kosten zu ermitteln (vgl. Senatsurteil vom 19.2.2020 - 9 LB 132/17 - juris Rn. 224).

Die von der Beklagten beauftragten Unternehmen haben der Beklagten die von ihnen erbrachten Leistungen in Rechnung gestellt. Die Beklagte hat die Rechnungen durch das Ingenieurbüro BA prüfen lassen. Danach erheben sich folgende geprüfte Einzelbeträge:

  • 238.196,08 EUR für den Straßenausbau im ersten Bauabschnitt gemäß der Schlussrechnung der BL. vom 2. Juni 2008;

  • 4.155,45 EUR als Nachforderung für den Straßenausbau im ersten Bauabschnitt gemäß der Rechnung der BL. vom 25. August 2008;

  • 412.788,14 EUR für den Straßenausbau im zweiten Bauabschnitt gemäß der Schlussrechnung des BM. vom 30. Oktober 2012;

  • 110.057,55 EUR für den Straßenausbau im dritten Bauabschnitt gemäß der Schlussrechnung der BN. vom 5. Dezember 2014;

  • 8.258,48 EUR für die Durchführung phys.-chemischer Analysen gemäß der Rechnung der BO. vom 31. Juli 2012;

  • 11.245,31 EUR für Fahrbahnmarkierungen gemäß der Rechnung der BP. vom 11. Oktober 2013;

  • 44.244,25 EUR für Ingenieurleistungen für den ersten und zweiten Bauabschnitt gemäß der Schlussrechnung des Ingenieurbüros BA vom 14. Dezember 2012;

  • 9.451,99 EUR für Ingenieurleistungen für den dritten Bauabschnitt gemäß der Schlussrechnung des Ingenieurbüros BA vom 13. Januar 2015.

Fehler bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands werden von der Klägerin nicht geltend gemacht und sind auch von Amts wegen nicht erkennbar.

4.

Der umlagefähige Aufwand beträgt 251.519,18 EUR.

Gemäß § 6 Abs. 5 NKAG i. V. m. § 4 Abs. 1 SABS ist von dem beitragsfähigen Aufwand nur ein dem Vorteil der Anlieger im Verhältnis zum Vorteil der Allgemeinheit entsprechender Anteil auf die beitragspflichtigen Anlieger umzulegen. Der auf die Beklagte entfallende Anteil am beitragsfähigen Aufwand beträgt nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 SABS für Fahrbahn, Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen sowie Böschungen, Schutz- und Stützmauern 70 %. Daraus ergibt sich ein auf die Anlieger entfallender Aufwand von 251.519,18 EUR (= 30 % von 838.397,25 EUR).

5.

Die Beklagte hat die durch die Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten öffentlichen Einrichtung "E-Straße" bevorteilten Grundstücke, die bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 SABS zu berücksichtigen sind, allerdings nicht völlig fehlerfrei ermittelt.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 SABS der Beklagten sind beitragspflichtig diejenigen Grundstückseigentümer, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung besondere wirtschaftliche Vorteile bietet. Maßgeblich für die Frage, ob eine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit vorliegt, ist, ob von dem jeweiligen Grundstück aus die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Straße besteht und die Straße dem Eigentümer die bestimmungsgemäße Nutzung seines Grundstücks ermöglicht. Ein besonderer wirtschaftlicher Vorteil liegt ausnahmsweise nicht vor, wenn es unter wirtschaftlichen oder sonstigen tatsächlichen Gesichtspunkten oder aus Rechtsgründen ausgeschlossen ist, die ausgebaute Straße vom Grundstück aus in einer die bestimmungsgemäße Nutzung des Grundstücks ermöglichenden Weise zu erreichen (vgl. Senatsurteil vom 26.5.2020 - 9 LC 121/18 - juris Rn. 80 f.).

Ein besonderer wirtschaftlicher Vorteil im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG setzt voraus, dass die bestimmungsgemäße Grundstücksnutzung in einer nicht nur untergeordneten Weise, also in allen wesentlichen Teilbereichen, über die ausgebaute Straße realisiert werden kann. Was als bestimmungsgemäße Nutzung anzusehen ist, beurteilt sich auf der Grundlage der einschlägigen Festsetzungen im Bebauungsplan und anhand einer typisierenden Betrachtungsweise, die allerdings auch die konkreten Vorgaben in den planerischen Festsetzungen und deren Umsetzung zu berücksichtigen hat (vgl. Senatsurteil vom 19.2.2020 - 9 LB 132/17 - juris Rn. 286; Senatsbeschluss vom 25.1.2007 - 9 LA 201/05 - juris Rn. 7).

Nach der Rechtsprechung des Senats setzt der Vorteilsbegriff des § 6 NKAG bei Wohngrundstücken nicht voraus, dass mit Kraftfahrzeugen bis zur Höhe des Grundstücks gefahren werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 11.9.2003 - 9 ME 117/03 - juris Rn. 3). Demgegenüber sind bei gewerblich sowie industriell nutzbaren Grundstücken im Verhältnis zu Wohngrundstücken gesteigerte Anforderungen an die Erreichbarkeit zu stellen. Erforderlich ist die Erreichbarkeit mit (Nutz-)Fahrzeugen im Sinne eines "Herauffahrenkönnens" (vgl. Senatsurteil vom 19.2.2020 - 9 LB 132/17 - juris Rn. 287, 289; Senatsbeschluss vom 25.1.2007 - 9 LA 201/05 - juris Rn. 8 f., 11; Driehaus/Raden, a. a. O., § 35 Rn. 17 f., 50).

Dies zugrunde gelegt, hat die Beklagte die durch die Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten öffentlichen Einrichtung "E-Straße" bevorteilten Grundstücke nicht völlig fehlerfrei ermittelt. Zunächst ist das Flurstück AW der Flur L der Gemarkung F-Stadt der Kläger des Parallelverfahrens 9 LB 44/22 bevorteilt im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG und wurde daher von der Beklagten zu Recht in das Verteilungsgebiet einbezogen (dazu unter a)). Das Wegeflurstück AZ der Flur L der Gemarkung F-Stadt ist von der Beklagten zu Recht nicht in die Verteilung der Kosten einbezogen worden (dazu unter b)). Von den von den Klägern des Parallelverfahrens 9 LB 44/22 genannten Hinterliegergrundstücken (Flurstücke BH, BG, BF, BE, BD und BC der Flur L der Gemarkung F-Stadt) hat die Beklagte allerdings zu Unrecht das Flurstück BH der Flur L der Gemarkung F-Stadt nicht in die Verteilung der Kosten einbezogen; die übrigen Hinterliegergrundstücke sind hingegen zu Recht nicht in das Verteilungsgebiet einbezogen worden (dazu unter c)). Auch die nördlich und südlich der ausgebauten Anlage befindlichen Sandabbauflächen haben durch den Ausbau keinen besonderen wirtschaftlichen Vorteil und sind von der Beklagten deshalb zu Recht nicht in die Verteilung der Kosten einbezogen worden (dazu unter d)). Schließlich stellt sich die Einbeziehung verschiedener weiterer Hinterliegergrundstücke in die Verteilung des umlagefähigen Aufwands als rechtmäßig dar. Allerdings hat die Beklagte zu Unrecht das Hinterliegergrundstück Flurstück BQ. der Flur AJ der Gemarkung F-Stadt in die Verteilung des umlagefähigen Aufwands einbezogen (dazu unter e)).

a)

Das Flurstück AW der Flur L der Gemarkung F-Stadt der Kläger des Parallelverfahrens 9 LB 44/22 ist bevorteilt im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG und daher von der Beklagten zu Recht in die Verteilung des umlagefähigen Aufwands einbezogen worden. Es grenzt südlich an die ausgebaute und abgerechnete Anlage an und hat damit die Möglichkeit der Inanspruchnahme.

Die Kläger des Parallelverfahrens 9 LB 44/22 können einen beitragsrelevanten Vorteil für ihr Grundstück zunächst nicht damit in Frage stellen, dass die abgerechnete Anlage als Radfernwanderweg keinen Vorteil für ihr landwirtschaftlich genutztes Grundstück darstelle. Bei der ausgebauten und abgerechneten Anlage "E-Straße" handelt es sich ausweislich der Widmung um eine Gemeindeverbindungsstraße. In dieser gewidmeten Funktion bietet die Straße dem landwirtschaftlich genutzten Grundstück einen beitragsrelevanten Vorteil.

Die Kläger des Parallelverfahrens 9 LB 44/22 können einen beitragsrelevanten Vorteil für ihr Grundstück (Flurstück AW der Flur L der Gemarkung F-Stadt) zudem nicht damit in Frage stellen, dass es nicht unmittelbar an der abgerechneten Anlage liege. Sie machen insoweit geltend, dass der verfahrensgegenständliche Gemeindeverbindungsweg mittig auf dem Flurstück BR. der Flur L der Gemarkung F-Stadt liege. Zwischen diesem und ihrem Flurstück liege noch das ca. 5 m breite Flurstück BS. der Flur L der Gemarkung F-Stadt.

Dieses Vorbringen führt nicht zum Erfolg. Das Flurstück BS der Flur L der Gemarkung F-Stadt entfaltet keine trennende Wirkung. Es steht ausweislich des Flurstück-Stammblatts im Eigentum der Beklagten und dient dem Straßenverkehr als Radweg. Der Radweg gehört zur öffentlichen Straße, an die das Grundstück der Kläger des Parallelverfahrens 9 LB 44/22 angrenzt. Zur öffentlichen Straße gehört nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 NStrG der Straßenkörper; das sind insbesondere der Straßengrund, der Straßenunterbau, die Straßendecke, die Brücken, Tunnel, Durchlässe, Dämme, Gräben, Entwässerungsanlagen, Böschungen, Stützmauern, Lärmschutzanlagen, Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen sowie Rad- und Gehwege. Soweit die Kläger des Parallelverfahrens 9 LB 44/22 geltend machen, der Radweg wäre allenfalls dann Bestandteil der verfahrensgegenständlichen öffentlichen Straße, wenn er zum (baulichen) Straßenkörper gehören würde und es sich nicht - wie hier - um einen separaten und isolierten Radweg neben der Straße handele, kann dem nicht gefolgt werden. Denn zum Straßenkörper gehören nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 NStrG auch Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen. Selbst wenn sich zwischen der Fahrbahn und dem Radweg daher ein Trennstreifen befindet, gehören sowohl dieser Trennstreifen als auch der Radweg zum Straßenkörper (vgl. dazu NdsOVG, Urteil vom 7.4.2022 - 7 LB 22/19 - juris Rn. 25). Im Übrigen gilt für Radwege mit einem eigenen Straßenkörper ergänzend § 3 Abs. 2 NStrG (vgl. dazu NdsOVG, Urteil vom 28.8.2018 - 7 LC 82/16 - juris Rn. 47). Danach gehören zu den öffentlichen Straßen im Sinne des Absatzes 1 - und damit zu den Gemeindestraßen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 3 NStrG - jeweils auch die Geh- und Radwege, die einen eigenen Straßenkörper besitzen, jedoch im Zusammenhang mit der betreffenden Straße stehen und im Wesentlichen mit ihr gleichlaufen. Daran besteht vorliegend aufgrund der dem Senat vorliegenden Karten und Luftbildaufnahmen kein Zweifel.

b)

Die Beklagte hat das Flurstück AZ der Flur L der Gemarkung F-Stadt zu Recht nicht in die Verteilung der Kosten einbezogen.

Das 3.519 m2 große Flurstück AZ der Flur L der Gemarkung F-Stadt steht im Eigentum der Gemeinde A-Stadt. Es handelt sich um einen öffentlichen Weg (Wirtschaftsweg). Das Wegeflurstück hat mit ca. 510 m eine Länge von mehr als 100 m und ist zur verkehrsmäßigen Erschließung der angrenzenden Grundstücke geeignet (vgl. zu diesen Kriterien für eine selbständige Erschließungsanlage: Senatsurteil vom 24.3.2015 - 9 LB 57/14 - juris Rn. 24, 27). Damit handelt es sich um eine selbständige Erschließungsanlage, die ihrerseits nicht beitragspflichtig ist.

c)

Von den von den Klägern des Parallelverfahrens 9 LB 44/22 genannten Hinterliegergrundstücken (Flurstücke BH, BG, BF, BE, BD und BC der Flur L der Gemarkung F-Stadt) hat die Beklagte zu Unrecht lediglich das Flurstück BH der Flur L der Gemarkung F-Stadt nicht in die Verteilung der Kosten einbezogen; die übrigen Hinterliegergrundstücke sind hingegen zu Recht nicht in das Verteilungsgebiet einbezogen worden.

Die genannten Hinterliegergrundstücke grenzen - im Gegensatz zu dem Flurstück AW der Flur L der Gemarkung F-Stadt (vgl. dazu unter II. 5. a)) - nicht an die ausgebaute und abgerechnete Anlage an, sondern liegen an dem Wegeflurstück AZ der Flur L der Gemarkung F-Stadt, bei dem es sich um eine selbständige Erschließungsanlage handelt, die ihrerseits in die ausgebaute und abgerechnete Anlage mündet (vgl. dazu unter II. 5. b)). Dies hat zur Folge, dass die genannten Hinterliegergrundstücke für den Ausbau der Gemeindeverbindungsstraße "E-Straße" grundsätzlich nicht straßenausbaubeitragspflichtig sind. Denn die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung - hier der ausgebauten und abgerechneten Anlage - bietet einem Grundstückseigentümer - hier den Eigentümern der Hinterliegergrundstücke - dann keinen besonderen wirtschaftlichen Vorteil im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG, wenn sein Grundstück nicht an diese öffentliche Einrichtung grenzt, sondern an eine zwischen ihr und dem Grundstück liegende selbstständige Erschließungsanlage. Denn ein Grundstück wird grundsätzlich nur durch die nächste von ihm aus erreichbare selbstständige Erschließungsanlage erschlossen, nicht aber durch eine weitere Straße im Straßennetz, in die diese nächste erreichbare selbstständige Straße mündet. Dementsprechend sind Straßenausbaubeiträge grundsätzlich nur für den Ausbau der nächsten erreichbaren Erschließungsanlage zu entrichten, nicht aber für den Ausbau einer weiteren Straße im Straßennetz, in die diese nächste erreichbare selbstständige Straße mündet (vgl. Senatsurteil vom 24.3.2015 - 9 LB 57/14 - juris Rn. 20 m. w. N.).

Etwas anderes gilt lediglich für das Flurstück BH der Flur L der Gemarkung F-Stadt. Dieses Hinterliegergrundstück steht im Eigentum von Herrn BT.. Dieser ist im maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten am 22. April 2021 aufgrund der Grundbucheintragung vom 18. November 2020 zugleich Eigentümer des Flurstücks BU. der Flur L der Gemarkung F-Stadt gewesen, welches im Norden an die ausgebaute Anlage und im Süden an das genannte Hinterliegergrundstück angrenzt und welches als Anliegergrundstück in das Verteilungsgebiet einbezogen wurde. Bei Hinterliegergrundstücken - auch solchen, die noch an eine weitere als die abgerechnete Straße grenzen - liegt in den Fällen einer Eigentümeridentität hinsichtlich des Anliegergrundstücks ein beitragsrelevanter Vorteil im Sinne von § 6 Abs. 1 NKAG vor, wenn die abgerechnete Straße vom Hinterliegergrundstück aus dergestalt erreichbar ist, dass dessen bestimmungsgemäße Nutzung unter Inanspruchnahme des Anliegergrundstücks über die abgerechnete Straße realisiert werden kann (vgl. nur Senatsbeschluss vom 26.4.2007 - 9 LA 92/06 - juris Rn. 5 m. w. N.). Dies ist hier der Fall. Aufgrund der Eigentümeridentität für das Anlieger- und das Hinterliegergrundstück besteht die Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage auch für das Flurstück BH der Flur L der Gemarkung F-Stadt. Es ist daher in das Verteilungsgebiet aufzunehmen. Das Flurstück hat eine Größe von 20.737 m2. Unter Berücksichtigung eines Nutzungsfaktors vom 0,0333 ergibt sich eine beitragsfähige Fläche von 675,09 m2.

d)

Die nördlich und südlich der ausgebauten Anlage befindlichen Sandabbauflächen haben durch den Ausbau keinen besonderen wirtschaftlichen Vorteil und sind von der Beklagten deshalb zu Recht nicht in die Verteilung der Kosten einbezogen worden.

Betreffend die nördlich der Anlage gelegenen Sandabbauflächen (Gruben 1 und 4) hat die Beklagte insgesamt rund 25,5 ha nicht in das Verteilungsgebiet einbezogen. Es handelt sich um die Flurstücke Q, R, S, T, U, V, W, Y, Z, AA, AB, AC und AD der Flur AG der Gemarkung AH-Stadt, die in der Verteilungstabelle mit der Nutzungsart Tagebau/Grube/Steinbruch und einer beitragspflichtigen Fläche von 0,00 aufgeführt sind, sowie um die Flurstücke P, X und BV. der Flur AG der Gemarkung AH-Stadt, die in der Verteilungstabelle mit der Nutzungsart Ackerland und einer beitragspflichtigen Fläche von 0,00 aufgeführt sind. Allein das Flurstück AE. wird in der Verteilungstabelle mit der Nutzungsart Weg/Ackerland/Unland berücksichtigt und ist in die Verteilung des umlagefähigen Aufwands einbezogen worden.

Betreffend die südlich der Anlage gelegenen Sandabbauflächen (Grube 3) hat die Beklagte insgesamt rund 8,6 ha nicht in das Verteilungsgebiet einbezogen. Es handelt sich um die Flurstücke AM, AO und AQ der Flur AJ der Gemarkung F-Stadt, die in der Verteilungstabelle mit der Nutzungsart Tagebau/Grube/Steinbruch und einer beitragspflichtigen Fläche von 0,00 aufgeführt sind, sowie um die Flurstücke AK, AL und AS (neu wohl: AT) der Flur AJ der Gemarkung F-Stadt, die in der Verteilungstabelle nicht aufgeführt werden.

Zwar grenzen die aufgeführten Flächenkomplexe an die ausgebaute und abgerechnete Anlage an. Es fehlt jedoch sowohl für die nördlichen (dazu unter aa)) als auch für die südlichen Sandabbauflächen (dazu unter bb)) an der Möglichkeit der Inanspruchnahme der Gemeindeverbindungsstraße.

aa)

Für die nördlich der Gemeindeverbindungsstraße "E-Straße" gelegenen Sandabbauflächen bestehen rechtliche Hindernisse, die die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Gemeindeverbindungsstraße von den Sandabbauflächen ausschließen.

Hindernisse sind tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten, die die zulässige Nutzbarkeit der anliegenden Grundstücke stören, weil sie der rechtlich erforderlichen verkehrsmäßigen Erreichbarkeit entgegenstehen, die Voraussetzung für die zulässige Nutzbarkeit dieser Grundstücke ist (vgl. Driehaus: Hindernisse im Erschließungs- und im Straßenausbaubeitragsrecht, KStZ 2024, 61).

Erfordert die bestimmungsgemäße Nutzung eines Grundstücks - wie hier bei den zum Sandabbau gewerblich genutzten Flächen - ein Herauffahrenkönnen, begründet beispielsweise ein zulässigerweise in einem Bebauungsplan für das betreffende Grundstück festgesetztes Zu- und Abfahrverbot ein rechtliches Hindernis, da es eine verkehrliche Erreichbarkeit hindert (vgl. Driehaus: Hindernisse im Erschließungs- und im Straßenausbaubeitragsrecht, KStZ 2024, 61, 62).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtslage ist der Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten (vgl. Driehaus: Hindernisse im Erschließungs- und im Straßenausbaubeitragsrecht, KStZ 2024, 61, 65). Die Inanspruchnahmemöglichkeit, die die Beteiligung eines Grundstücks an der Aufwandsverteilung trägt, muss im Straßenausbaubeitragsrecht aktuell und nicht nur latent gegeben sein. Rechtliche oder tatsächliche Hindernisse, die das Entstehen eines Vorteils in der Zukunft zwar als möglich erscheinen lassen, im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht aber ausschließen, stehen einer Beitragserhebung entgegen (vgl. Senatsbeschluss vom 9.11.2012 - 9 LA 157/11 - juris Rn. 6 m. w. N.; Driehaus/Raden, a. a. O., § 35 Rn. 1).

(1)

Die rechtlichen Hindernisse ergeben sich vorliegend aus den wasserrechtlichen Plangenehmigungen bzw. dem Planfeststellungsbeschluss des Landkreises Stade zur Legitimation des Sandabbaus nördlich der Gemeindeverbindungsstraße. Dort ist vorgesehen, dass entlang der Grenze zu der Gemeindeverbindungsstraße "E-Straße" durchgängig Gehölzflächen und Hecken anzulegen sind, die eine Erreichbarkeit der Sandabbauflächen mit (Nutz-) Fahrzeugen ausschließen. Dazu im Einzelnen:

Der Sandabbau auf den nördlich der Gemeindeverbindungsstraße gelegenen Flächen bzw. seine Genehmigung hat sich in drei Phasen vollzogen. Daher sind die einzelnen Genehmigungsakte für die Frage, ob sie rechtliche Hindernisse begründen, in den Blick zu nehmen.

Zunächst wurde der östliche Teilbereich der nördlichen Sandabbauflächen (Grube 1) durch die wasserrechtliche Plangenehmigung des Landkreises Stade vom 1. Juni 1990 zur Herstellung eines Gewässers durch Trocken- und Nassabbau auf dem Flurstück (alt) AH (= Flurstück (neu) Q) der Flur AG der Gemarkung AH-Stadt legitimiert. Dieser Teilbereich grenzt nicht an die Gemeindeverbindungsstraße "E-Straße" an, sondern allein an die M-Straße. Rechtliche Hindernisse im Hinblick auf die Inanspruchnahmemöglichkeit des Gemeindeverbindungswegs ergeben sich daher aus dieser Plangenehmigung nicht.

Sodann wurde der westliche Teilbereich der nördlichen Sandabbauflächen (Grube 4) durch die wasserrechtliche Plangenehmigung des Landkreises Stade vom 18. Dezember 1997 für den Ausbau eines Gewässers und Abbau von Sand und Kies auf dem Flurstück (alt) AI. tlw. (= Flurstück (neu) Y) der Flur AG der Gemarkung AH-Stadt legitimiert. Dieses Flurstück grenzt im Süden an die ausgebaute und abgerechnete Gemeindeverbindungsstraße an. In der Plangenehmigung heißt es, dass die Antragsunterlagen vom 10. März 1997 zum Bestandteil des Bescheids erklärt würden. Der Gewässerausbau und der Abbau hätten sich nach diesen Unterlagen zu richten. Insbesondere wird in der Plangenehmigung auf die vorzunehmenden Ausgleichsmaßnahmen (Rekultivierung) hingewiesen, die sich aus den Unterlagen und Anlagen ergäben. In dem Herrichtungsplan (Anlage 12 der Antragsunterlagen) ist entlang der Gemeindeverbindungsstraße "E-Straße" eine durchgehende Anpflanzung mit standortheimischen Laubgehölzen vorgesehen. In dem Erläuterungstext (Anlage 4 der Antragsunterlagen) heißt es unter Ziffer 5. hierzu, dass mit Abbaubeginn (geplant im Oktober 1997) die Anpflanzung entlang des E-Straße vorgenommen werde. Die Anpflanzung erfolge mit standortheimischen Laubgehölzen wie Stieleiche, Feldahorn, Vogelbeere, Hasel, Weißdorn und Hundsrose. Der Pflanzabstand betrage von Reihe zu Reihe und von Pflanze zu Pflanze 1,20 m. Drei Reihen davon würden auf einem ca. 1,50 m hohen Wall gepflanzt. Als Pflanzqualität würden leichte Sträucher verwendet. Der Knotengeflechtzaun werde in die Anpflanzung integriert und zwar entlang des E-Straße zwischen der 1. und 2. Reihe. Die Anpflanzungen würden fachgerecht gepflegt und ausgegangene Pflanzen würden unverzüglich ersetzt. In Ziffer 7 der Anlage I der Plangenehmigung ist schließlich geregelt, dass die nach den Antragsunterlagen vorgesehenen bzw. festgesetzten Kompensationsmaßnahmen dauerhaft zu erhalten seien.

Diese Festsetzungen in den Antragsunterlagen, die zum Bestandteil des Bescheids erklärt wurden, schließen - insbesondere aufgrund des vorgeschriebenen Pflanzabstands von 1,20 m - eine Erreichbarkeit des Flurstücks (neu) Y mit (Nutz-) Fahrzeugen (vgl. zu dieser gesteigerten Anforderung bei gewerblich nutzbaren Grundstücken die einleitenden Ausführungen unter II. 5.) von der Gemeindeverbindungsstraße her aus. Sie stellen daher ein rechtliches Hindernis dar, welches einer Inanspruchnahmemöglichkeit und damit einem Vorteil im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG entgegensteht.

Zwar war die wasserrechtliche Plangenehmigung vom 18. Dezember 1997 befristet bis zum 30. September 2010. Sie wurde auf den Antrag des Genehmigungsinhabers, der Firma AI, vom 4. Juni 2010 aber durch Bescheid des Landkreises Stade vom 6. Dezember 2010 bis zum 30. September 2016 verlängert. Auf einen weiteren Antrag des Genehmigungsinhabers vom 6. September 2016 wurde die Plangenehmigung durch Bescheid des Landkreises Stade vom 10. Februar 2017 bis zum 30. September 2026 weiter verlängert. Daher stellten die Festsetzungen in der Plangenehmigung auch im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht am 22. April 2021 (vgl. dazu unter 8.) ein rechtliches Hindernis dar, welches der Inanspruchnahmemöglichkeit entgegensteht.

Schließlich wurde das Erweiterungsvorhaben im nordwestlichen Bereich der nördlichen Sandabbauflächen durch den Planfeststellungsbeschluss des Landkreises Stade vom 4. Februar 2013 für die Herstellung eines Gewässers durch den Abbau von Sand in der Gemeinde I-Stadt, Gemarkung AH-Stadt, Flur AG, durch die Firma AI, I-Stadt, legitimiert. Der Planfeststellungsbeschluss bezieht sich im Kern auf das 8,77 ha große Flurstück X der Flur AG der Gemarkung AH-Stadt (nebst weiteren kleinen Randflurstücken). Die Erweiterungsflächen grenzen nicht an die Gemeindeverbindungsstraße "E-Straße" an; dazwischen befindet sich das Flurstück (neu) Y. Mit dem Planfeststellungsbeschluss vom 4. Februar 2013 werden zugleich die Plangenehmigungen des Landkreises Stade vom 1. Juni 1990 und vom 18. Dezember 1997 mit Beginn des Abbaus gemäß diesem Planfeststellungsbeschluss im Sinne der planfestgestellten Unterlagen geändert. Zu den planfestgestellten Unterlagen zählen der Bestands- und Abbauplan sowie der Herrichtungsplan. Nach diesen Plänen sind in dem Bereich, in dem das Flurstück (neu) Y an die Gemeindeverbindungsstraße angrenzt, durchgehend Gehölzflächen und Hecken vorgesehen. Es findet sich der Hinweis auf den genehmigten Nassabbau betreffend die Grube 4. Damit wird auf die wasserrechtliche Plangenehmigung des Landkreises Stade vom 18. Dezember 1997 Bezug genommen. Ziffer A. III. 1.4.13 des Planfeststellungsbeschlusses schreibt ergänzend vor, dass die Anpflanzungen mit standortheimischen Laubgehölzen wie Stieleiche, Feldahorn, Vogelbeere, Hasel, Weißdorn und Hundsrose vorzunehmen sind. Der Pflanzabstand beträgt von Reihe zu Reihe und von Pflanze zu Pflanze 1,20 m.

Diese Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss vom 4. Februar 2013 zu den durchgehenden Anpflanzungen entlang der Gemeindeverbindungsstraße, die auf den Festsetzungen in der wasserrechtlichen Plangenehmigung des Landkreises Stade vom 18. Dezember 1997 aufbauen, schließen - insbesondere aufgrund des vorgeschriebenen Pflanzabstands von 1,20 m - eine Erreichbarkeit der planfestgestellten Flächen mit (Nutz-) Fahrzeugen von der Gemeindeverbindungsstraße "E-Straße" her (weiterhin) aus und stellen daher ein rechtliches Hindernis dar, welches einer Inanspruchnahmemöglichkeit und damit einem Vorteil im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG entgegensteht.

Zwar ist die Genehmigung zum Bodenabbau nach Ziffer A. III. 1.1 des Planfeststellungsbeschlusses befristet bis zum 31. Dezember 2032. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht am 22. April 2021 bestand das rechtliche Hindernis jedoch. Zudem wird durch Ziffer A. III. 1.4.10 des Planfeststellungsbeschlusses als Folgenutzung die natürliche Sukzession auf der gesamten Fläche festgeschrieben. Außerdem ist bereits in Ziffer 7 der Anlage I der Plangenehmigung 18. Dezember 1997 geregelt, dass die nach den Antragsunterlagen vorgesehenen bzw. festgesetzten Kompensationsmaßnahmen dauerhaft zu erhalten sind. Daraus ergibt sich, dass auch die festsetzte durchgehende Anpflanzung von Gehölzflächen und Hecken entlang der Gemeindeverbindungsstraße dauerhaft zu erhalten bzw. einer natürlichen Sukzession zu überlassen ist.

Soweit in dem Planfeststellungsbeschluss vom 4. Februar 2013 unter Ziffer B. I. 1. zum Vorhaben ausgeführt wird, dass die Erschließung über eine bestehende Zufahrt von der M-Straße erfolge, ist dies ein zusätzliches Indiz für eine fehlende Inanspruchnahmemöglichkeit der Gemeindeverbindungsstraße, aber begründet selbst kein rechtliches Hindernis. Die Kläger des Parallelverfahrens 9 LB 44/22 weisen insoweit darauf hin, dass der Planfeststellungsbeschluss kein entsprechendes Zufahrtsverbot enthalte. Allerdings übersehen sie insoweit, dass eine Zufahrt von der Gemeindeverbindungsstraße her aus einem anderen Grund, nämlich aufgrund der oben genannten Festsetzungen zur durchgehenden Anpflanzung entlang der Gemeindeverbindungsstraße, ausgeschlossen ist und damit ein rechtliches Hindernis besteht.

(2)

Es handelt sich bei den Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss vom 4. Februar 2013 zu den Anpflanzungen entlang der Gemeindeverbindungsstraße um ein nicht ausräumbares rechtliches Hindernis.

Ausräumbare Hindernisse auf dem (Anlieger-)Grundstück sind grundsätzlich ohne Einfluss auf das Vorliegen einer vorteilsrelevanten Inanspruchnahmemöglichkeit (vgl. Driehaus/Raden, a. a. O., § 35 Rn. 47).

Einem rechtlichen Hindernis - wie z. B. einem Zu- und Abfahrverbot in einem Bebauungsplan - fehlt die Ausräumbarkeit, wenn es zu seiner Beseitigung einer Änderung des einschlägigen Bebauungsplans bzw. des geltenden Ortsrechts bedarf (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.1.1984 - 8 C 77.82 - juris Rn. 18; Driehaus/Raden, a. a. O., § 35 Rn. 85). Denn die Änderung eines in die planerische Gestaltungsfreiheit der Gemeinde gestellten Bebauungsplans erfordert, dass die Änderung den rechtsstaatlichen Anforderungen an eine angemessene Abwägung gerecht wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.1.1984, a. a. O., Rn. 18 m. w. N.).

Ebenfalls grundsätzlich als nicht ausräumbar zu qualifizieren ist ein rechtliches Hindernis auf dem Straßengrundstück, das beispielsweise dadurch begründet ist, dass für eine zwischen der abzurechnenden Straße und einem Anliegergrundstück in einem Gewerbegebiet angelegte Böschung im Bebauungsplan die Festsetzung einer nicht mit Kraftfahrzeugen befahrbaren "Grünfläche" als Bestandteil der Verkehrsanlage getroffen worden ist (vgl. Driehaus: Hindernisse im Erschließungs- und im Straßenausbaubeitragsrecht, KStZ 2024, 62, 66). Im Ergebnis entsprechendes gilt für außerplanungsrechtliche Hindernisse der erforderlichen Erreichbarkeit, wie etwaige gesetzliche Verbote aus dem Bauordnungsrecht, dem Bundes- oder Landesstraßenrecht, dem Wasser- und Luftverkehrsrecht sowie dem Naturschutzrecht (vgl. Driehaus: Hindernisse im Erschließungs- und im Straßenausbaubeitragsrecht, KStZ 2024, 61, 62).

Als ausräumbar zu qualifizieren sind dagegen nach einer vertretenen Auffassung rechtliche Hindernisse, die nicht auf einem Gesetz wie namentlich einem Bebauungsplan beruhen, sondern einzig auf einem Verwaltungsakt, wie etwa einer Widmung (vgl. Driehaus: Hindernisse im Erschließungs- und im Straßenausbaubeitragsrecht, KStZ 2024, 61, 62).

Vorliegend ist das rechtliche Hindernis auf dem Anliegergrundstück in den Festsetzungen zu den durchgehenden Anpflanzungen entlang der Gemeindeverbindungsstraße in dem Planfeststellungsbeschluss des Landkreises Stade vom 4. Februar 2013 begründet.

Zwar ist ein Planfeststellungsbeschluss als verbindliche Regelung eines Einzelfalls ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt mit dinglicher Wirkung und hat im Verhältnis zu den Betroffenen die Wirkung einer Allgemeinverfügung (vgl. Neumann/Külpmann in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auflage 2023, § 74 Rn. 19 m. w. N.), was - sofern man der oben aufgeführten Auffassung zur Ausräumbarkeit von Hindernissen, die auf einem Verwaltungsakt beruhen, folgen sollte - für ein ausräumbares rechtliches Hindernis sprechen würde.

Jedoch muss ein Planfeststellungsbeschluss in diesem Zusammenhang wie ein Bebauungsplan behandelt werden. Planfeststellungsverfahren sind auf den Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses gerichtet, durch den ein regelmäßig komplexes und raumbedeutsames, sich aus einer Fachplanung herleitendes Vorhaben verbindlich und mit unmittelbarer Rechtswirkung gegenüber den Beteiligten sowie der durch das Vorhaben beeinflussten Umwelt genehmigt wird. Durch planfeststellungsbedürftige Vorhaben werden regelmäßig zahlreiche und vielfältige Belange der Allgemeinheit und von Privaten berührt, die im Planfeststellungsverfahren unter Beteiligung der Behörden und Betroffenen ermittelt und im Rahmen der Abwägung zu einem Ausgleich gebracht werden. Hierbei ist der planerische Gestaltungsspielraum der Planfeststellungsbehörde, die den Antrag des Vorhabenträgers "nachvollzieht", für das Planfeststellungsverfahren charakteristisch (vgl. Uschkereit in: Pautsch/Hoffmann, VwVfG, 2. Auflage, § 72 Rn. 10 f. m. w. N., zitiert nach juris; Neumann/Külpmann in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auflage 2023, § 72 Rn. 9 ff.). In diesen Punkten ähnelt der Planfeststellungsbeschluss in seiner Charakteristik einem Bebauungsplan. Soll der festgestellte Plan geändert werden, bedarf es nach § 76 Abs. 1 VwVfG eines neuen Planfeststellungsverfahrens, d. h. einer erneuten Abwägung der widerstreitenden Interessen. Es liegt damit nicht allein in der Verfügungsmacht des Grundstückseigentümers, das rechtliche Hindernis auszuräumen (vgl. dazu Driehaus: Hindernisse im Erschließungs- und im Straßenausbaubeitragsrecht, KStZ 2024, 61, 65).

Vor diesem Hintergrund vermag das Vorbringen der Kläger des Parallelverfahrens 9 LB 44/22 zur Ausräumbarkeit des Hindernisses nicht zu überzeugen.

Soweit die Kläger des Parallelverfahrens 9 LB 44/22 vortragen, dass es jedenfalls mit geringem Aufwand, nämlich dem teilweisen Rückbau der Heckenanpflanzung, zu erreichen sei, dass die an der abgerechneten Anlage liegenden Sandabbaugrundstücke auch mit Lkw erschlossen werden können, verkennen sie, dass der - auch nur teilweise - Rückbau der Anpflanzungen einen Verstoß gegen die Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses darstellen würde. Das rechtliche Hindernis würde durch einen tatsächlichen Rückbau der Anpflanzungen nicht ausgeräumt.

Auch der Verweis darauf, dass die Festsetzung einer Heckenbepflanzung im Planfeststellungsbeschluss aus naturschutzrechtlichen Gründen erfolgt sei und dass das Naturschutzrecht notwendige Unterbrechungen auch geschützter Hecken zur Herstellung einer Zufahrt zulasse, führt nicht zur Ausräumbarkeit des rechtlichen Hindernisses. Denn erforderlich wäre eine Änderung der entsprechenden Festsetzungen in dem Planfeststellungsbeschluss. Diese Änderung liegt - wie ausgeführt - nicht in der Verfügungsmacht des Grundstückseigentümers und würde eine erneute Abwägung der wiederstreitenden Interessen durch die Planfeststellungsbehörde erfordern. Das Ergebnis dieses Abwägungsvorgangs ist auch nicht dahingehend vorgegeben, dass ein (gebundener) Anspruch des Vorhabenträgers auf Anlegung einer Zufahrt von den Sandabbauflächen zur Gemeindeverbindungsstraße und damit auf Änderung der Festsetzungen in dem Planfeststellungsbeschluss zu den durchgehenden Gehölzanpflanzungen bestünde. Denn da die Sandabbauflächen bereits über eine Zufahrt zur M-Straße verfügen, sind sie für ihre bebauungsrechtliche Nutzbarkeit nicht auf eine Inanspruchnahme der Gemeindeverbindungsstraße angewiesen. Der eigentumsrechtlich geschützte Anliegergebrauch nach Art. 14 Abs. 1 GG reicht (nur) soweit, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums eine Benutzung der Straße erfordert (vgl. zu einem Fall, in dem das Grundstück für seine bebauungsrechtliche Nutzbarkeit auf die betreffende Straße angewiesen ist: BVerwG, Urteil vom 6.12.1996 - 8 C 31.95 - juris Rn. 21; Driehaus/Raden, a. a. O., § 17 Rn. 88).

(3)

Die anderen Beitragspflichtigen können nicht schutzwürdig erwarten, dass die nördlichen Sandabbauflächen aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse - nämlich wegen etwaiger Zufahrten von den Sandabbauflächen zu der Gemeindeverbindungsstraße in Form von Feldwegen - in den Kreis der bevorteilten Grundstücke einbezogen werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht ist im Einzelfall zwar ausnahmsweise darauf abzustellen, ob die Eigentümer der übrigen Grundstücke nach den bestehenden tatsächlichen Verhältnissen schutzwürdig erwarten können, dass auch die Grundstücke, deren Erschlossensein auf der Grundlage einzig der bebauungsrechtlichen Situation zu verneinen ist, in den Kreis der erschlossenen Grundstücke einbezogen werden müssen und sich so die Beitragsbelastung dieser übrigen Grundstücke vermindert (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.6.1994 - 8 C 24.92 - juris Rn. 16, vom 1.12.1989 - 8 C 52.88 - juris Rn. 15, vom 3.2.1989 -8 C 78.88 - juris Rn. 24 und vom 23.3.1984 - 8 C 65.82 - juris Rn. 15; Driehaus/Raden, a. a. O., § 17 Rn. 20). Die schutzwürdige Erwartung der Eigentümer der zweifelsfrei erschlossenen Grundstücke knüpfe - so die Rechtsprechung - typischerweise an tatsächliche Gegebenheiten an. Bei einer Straße könnten die Eigentümer der bebauungsrechtlich erschlossenen Grundstücke ohne weiteres sehen, wenn von einem bebauungsrechtlich nicht erschlossenen Grundstück aus die Straße im gleichen Umfang (oder mehr) in Anspruch genommen werde wie von ihren Grundstücken aus und damit diesem Grundstück bzw. dessen Eigentümer ein nennenswerter, auf dieser Inanspruchnahme beruhender Vorteil zuwachset. Ob die Inanspruchnahme rechtmäßig erfolge, entziehe sich regelmäßig der Betrachtung der betreffenden Grundstückseigentümer (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.6.1994, a. a. O., Rn. 20; Driehaus/Raden, a. a. O., § 17 Rn. 21).

Diese zum Erschließungsbeitragsrecht entwickelte Rechtsprechung ist auf das Straßenausbaubeitragsrecht aber nicht anwendbar. Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 NKAG kommt es nämlich nicht ausschlaggebend darauf an, ob die anderen Beitragspflichtigen schutzwürdig die Einbeziehung eines Grundstücks erwarten dürfen. Entscheidend ist vielmehr, ob dem Eigentümer des Grundstücks durch den Straßenausbau ein beitragsrelevanter Vorteil im Sinne des § 6 Abs. 1 NKAG geboten wird, weil er vom Grundstück aus eine dauerhafte Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Straße besitzt (vgl. Senatsbeschluss vom 13.6.2000 - 9 M 1349/00 - juris Rn. 3). Wie eingangs ausgeführt, liegt ein solcher Vorteil nicht vor, wenn es unter wirtschaftlichen oder sonstigen tatsächlichen Gesichtspunkten oder aus Rechtsgründen ausgeschlossen ist, die ausgebaute Straße vom Grundstück aus in einer die bestimmungsgemäße Nutzung des Grundstücks ermöglichenden Weise zu erreichen (vgl. Senatsurteil vom 26.5.2020 - 9 LC 121/18 - juris Rn. 80 f.). Es ist insoweit unbeachtlich, ob die anderen Beitragspflichtigen aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse schutzwürdig die Einbeziehung eines Grundstücks erwarten dürfen; es kommt in diesem Zusammenhang nicht auf die Sichtweise der Eigentümer der übrigen Grundstücke an (vgl. Driehaus/Raden, a. a. O., § 35 Rn. 31 m. w. N.).

Da es vorliegend aus Rechtsgründen ausgeschlossen ist, die ausgebaute Straße von den nördlichen Sandabbauflächen aus in einer die bestimmungsgemäße Nutzung des Grundstücks ermöglichenden Weise zu erreichen, ist ein Vorteil im Sinne des § 6 Abs. 1 NKAG bereits aus diesem Grund zu verneinen. Es ist insoweit darauf hinzuweisen, dass - entgegen der Auffassung des Klägers des Parallelverfahrens 9 LB 45/22 - in dem Herrichtungsplan zum Planfeststellungsbeschluss des Landkreises Stade vom 4. Februar 2013 auch entlang der westlichen Grenze der Flurstücke Y und X die durchgängige Anlage eines Knicks vorgesehen ist und damit ein rechtliches Hindernis vorliegt, welches einer Inanspruchnahmemöglichkeit der Gemeindeverbindungsstraße über etwaige dort verlaufende Feldwege entgegensteht. Es kann deshalb dahinstehen, ob die nördlichen Sandabbauflächen tatsächlich über Feldwege von der Gemeindeverbindungsstraße aus erreichbar sind, da es sich jedenfalls nicht um rechtliche gesicherte Zufahrten handeln würde. Soweit diese Zufahrten unter Verstoß gegen rechtliche Hindernisse errichtet worden sein sollten, die sich aus den Genehmigungsentscheidungen des Landkreises Stade zum Sandabbau ergeben, wäre von dem Landkreis J-Stadt auf eine Einhaltung der rechtlichen Vorgaben zu achten.

(4)

Soweit die Kläger des Parallelverfahrens 9 LB 44/22 schließlich einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten durch die Gestaltung der Antragsunterlagen zum Sandabbau bzw. durch Absprachen mit dem Sandabbauunternehmen geltend machen, kann dem nicht gefolgt werden.

Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 b) NKAG i. V. m. § 42 AO liegt nach der Rechtsprechung des Senats vor, wenn nach den Umständen des Einzelfalls eine Gestaltung gewählt wird, die gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen ist und durch wirtschaftliche oder sonstige beachtliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn im zeitlichen Zusammenhang mit der bevorstehenden Entstehung sachlicher Beitragspflichten ein im hinteren Teil bebautes Grundstück geteilt und das dadurch entstandene, an die demnächst abzurechnende Anbaustraße angrenzende Anliegergrundstück auf einen Dritten übertragen wird, ohne dass die Übertragung aus wirtschaftlichen oder sonstigen beachtlichen Gründen nachvollziehbar ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18.1.2022 - 9 LA 122/20 - juris Rn. 6; vom 2.8.2017 - 9 ME 12/17 - n. v. und vom 25.10.2007 - 9 ME 299/07 - n. v., m. w. N.).

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten vorliegt, ist auch zu berücksichtigten, dass Abgabenpflichtige durchaus Gestaltungen wählen und Regelungen treffen dürfen, die zu Ersparnissen bei den Abgaben führen und sich für die Abgabenpflichtigen finanziell vorteilhaft auswirken. Das Streben nach einer Minderung von Abgaben wird erst dann missbräuchlich, wenn der gewählte Weg unangemessen ist, weil es für dessen Wahl weder abgabenrechtliche noch sonstige nachvollziehbare Gründe gibt, sie also allein vom Willen zur Beitrags-, Gebühren- oder Steuerersparnis getragen wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18.1.2022 - 9 LA 122/20 - juris Rn. 6; vom 12.4.2011 - 9 LA 233/09 - n. v. und vom 7.1.2010 - 9 LA 215/08 - n. v.).

Dies zugrunde gelegt, liegt vorliegend kein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten vor. Unabhängig davon, dass es sich bereits deshalb nicht um einen klassischen Fall eines Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten handeln kann, da das rechtliche Hindernis nicht durch den Abgabenpflichtigen - hier den Sandabbauunternehmer - selbst geschaffen worden ist, sondern durch den Landkreis J-Stadt im Rahmen der Genehmigung des Sandabbaus, ist auch in der Sache kein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten zu erkennen.

Es mangelt an einem zeitlichen Zusammenhang mit der bevorstehenden Entstehung sachlicher Beitragspflichten. Bereits die wasserrechtliche Plangenehmigung des Landkreises Stade vom 18. Dezember 1997 hat eine durchgehende Anpflanzung von Gehölzflächen und Hecken entlang der Gemeindeverbindungsstraße "E-Straße" auf dem Flurstück Y der Flur AG der Gemarkung AH-Stadt vorgeschrieben und damit das hier relevante rechtliche Hindernis betreffend die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Gemeindeverbindungsstraße begründet. Diese Festsetzungen wurden durch den Planfeststellungsbeschluss vom 4. Februar 2013 lediglich bestätigt. Im Zeitpunkt des Erlasses der wasserrechtlichen Plangenehmigung vom 18. Dezember 1997 war ein Ausbau der Gemeindeverbindungsstraße und eine damit verbundene Erhebung von Straßenausbaubeiträgen für die bevorteilten Grundstücke noch nicht absehbar. Erste Planungen zum Ausbau wurden erst im Jahr 2000 aufgestellt.

Im Übrigen deutet auch sonst nichts auf eine missbräuchliche Gestaltung der Antragsunterlagen zum Sandabbau hin. Vielmehr sind entsprechende naturschutzrechtliche Festsetzungen üblich.

bb)

Auch für die südlich der Gemeindeverbindungsstraße "E-Straße" gelegenen Sandabbauflächen bestehen rechtliche Hindernisse, die die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Gemeindeverbindungsstraße von den Sandabbauflächen ausschließen.

(1)

Die rechtlichen Hindernisse ergeben sich vorliegend aus der Bodenabbaugenehmigung bzw. dem Planfeststellungsbeschluss des Landkreises Stade zur Legitimation des Sandabbaus südlich der Gemeindeverbindungsstraße. Auch dort ist vorgesehen, dass entlang der Grenze zu der Gemeindeverbindungsstraße "E-Straße" durchgängig Gehölzflächen und Hecken anzulegen sind, die eine Erreichbarkeit mit (Nutz-) Fahrzeugen ausschließen. Dazu im Einzelnen:

Der Sandabbau auf den südlich der Gemeindeverbindungsstraße gelegenen Flächen bzw. seine Genehmigung hat sich in zwei Phasen vollzogen, erst als Trockenabbau und danach als Nassabbau. Die beiden Genehmigungsakte sind für die Frage, ob sie rechtliche Hindernisse begründen, in den Blick zu nehmen.

Die Bodenabbaugenehmigung des Landkreises Stade vom 28. Juni 1995 zum Abbau von Sand/Kies auf den Flurstücken (alt) AN, AP, AR, AK und AL der Flur AJ der Gemarkung F-Stadt legitimierte zunächst den Trockenabbau. In Ziffer 28 der Anlage I der Bodenabbaugenehmigung ist geregelt, dass entlang des "E-Straße" bis zum 31. Dezember 1995 eine Heckenanpflanzung aus Weißdorn und Stieleichen (Mindesthöhe 2,50 m) anzulegen sei. Die Weißdornheckenanpflanzung sei zweireihig (1,20 m in der Reihe und von Pflanze zu Pflanze) vorzunehmen; die Stieleichen seien einreihig alle 15 m zu setzen.

Diese Festsetzungen schließen - insbesondere aufgrund des vorgeschriebenen Pflanzabstands von 1,20 m - eine Erreichbarkeit der südlich der Gemeindeverbindungsstraße gelegenen Flächen zum Sandabbau mit (Nutz-) Fahrzeugen (vgl. zu dieser gesteigerten Anforderung bei gewerblich nutzbaren Grundstücken die einleitenden Ausführungen unter II. 5.) von der Gemeindeverbindungsstraße her aus. Sie stellen daher ein rechtliches Hindernis dar, welches einer Inanspruchnahmemöglichkeit der Gemeindeverbindungsstraße entgegensteht.

Die Bodenabbaugenehmigung vom 28. Juni 1995 war befristet bis zum 31. Dezember 2007 und wurde auf den Antrag des Genehmigungsinhabers, der Firma AI, vom 20. Dezember 2007 durch Bescheid des Landkreises Stade vom 29. Mai 2009 einmalig bis zum 31. Dezember 2012 verlängert. Ausgenommen von der Verlängerung waren die Flurstücke (alt) AN und AP, d. h. die Flurstücke (neu) AM und AO.

Der Planfeststellungsbeschluss des Landkreises Stade vom 18. August 2011 für die Herstellung eines Gewässers durch den Abbau von Sand in der Gemeinde A-Stadt, Gemarkung F-Stadt, Flur AJ, durch die Firma AI, I-Stadt, legitimierte sodann die Vertiefung der vorhandenen Trockenabbaufläche als Nassabbau. Die Bodenabbaugenehmigung des Landkreises Stade vom 28. Juni 1995 wird mit Ausnahme des Flurstücks AO mit Beginn des Nassabbaus gemäß diesem Planfeststellungsbeschluss aufgehoben. Der Planfeststellungsbeschluss erklärt die Planunterlagen zum Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses. Dazu zählen der Abbauplan und der Herrichtungsplan. Diese beiden Pläne, deren Zeichnungen - ausweislich eines ausdrücklichen Hinweises auf den Plänen - auf den Genehmigungsunterlagen für den Trockenabbau basieren, sehen entlang des Gemeindeverbindungswegs durchgehend - d. h. auch an der nördlichen Grenze des Flurstücks AO - einen Gehölzstreifen bestehend aus einer Weißdornhecke (zweireihig) mit Stieleichen (Pflanzabstand 15 m) vor. Da die Pläne auf den Genehmigungsunterlagen für den Trockenabbau basieren, kann ergänzend auf die Regelung in Ziffer 28 der Anlage I der Bodenabbaugenehmigung vom 28. Juni 1995 zurückgegriffen werden, wonach die Weißdornheckenanpflanzung zweireihig (1,20 m in der Reihe und von Pflanze zu Pflanze) vorzunehmen sei.

Diese Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss vom 18. August 2011 zu den durchgehenden Anpflanzungen entlang der Gemeindeverbindungsstraße, die auf den Genehmigungsunterlagen für den Trockenabbau basieren, schließen - insbesondere aufgrund des vorgeschriebenen Pflanzabstands von 1,20 m - eine Erreichbarkeit der planfestgestellten Flächen - als auch des Flurstücks AO - mit (Nutz-) Fahrzeugen von der Gemeindeverbindungsstraße "E-Straße" her aus und stellen daher ein rechtliches Hindernis dar, welches einer Inanspruchnahmemöglichkeit und damit einem Vorteil im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG entgegensteht.

Zwar ist die Genehmigung zum Bodenabbau nach Ziffer A. III. 1.1 des Planfeststellungsbeschlusses befristet bis zum 31. Dezember 2026. Jedoch bestand im maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht am 22. April 2021 das rechtliche Hindernis. Zudem wird durch Ziffer A. III. 1.4.10 des Planfeststellungsbeschlusses als Folgenutzung die natürliche Sukzession auf der gesamten Fläche festgeschrieben. Daraus ergibt sich, dass auch die festsetzte durchgehende Anpflanzung von Gehölzflächen und Hecken entlang der Gemeindeverbindungsstraße einer natürlichen Sukzession zu überlassen ist.

Soweit in dem Planfeststellungsbeschluss vom 18. August 2011 unter Ziffer B. I. 1. zum Vorhaben ausgeführt wird, dass die Erschließung über eine bestehende Zufahrt von der M-Straße erfolge, ist dies - wie bei den nördlichen Sandabbauflächen - ein zusätzliches Indiz für eine fehlende Inanspruchnahmemöglichkeit der Gemeindeverbindungsstraße, aber begründet selbst kein rechtliches Hindernis. Die Kläger des Parallelverfahrens 9 LB 44/22 weisen insoweit darauf hin, dass der Planfeststellungsbeschluss kein entsprechendes Zufahrtsverbot enthalte. Allerdings übersehen sie insoweit, dass eine Zufahrt von der Gemeindeverbindungsstraße her aus einem anderen Grund, nämlich aufgrund der oben genannten Festsetzungen zur durchgehenden Anpflanzung entlang der Gemeindeverbindungsstraße, ausgeschlossen ist und damit ein rechtliches Hindernis besteht.

(2)

Es handelt sich bei den Festsetzungen zu den Anpflanzungen entlang der Gemeindeverbindungsstraße um ein nicht ausräumbares rechtliches Hindernis.

Es wird insoweit auf die Ausführungen unter Ziffer II. 5. d) aa) (2) zu der Nichtausräumbarkeit des rechtlichen Hindernisses betreffend die nördlichen Sandabbauflächen verwiesen, die hinsichtlich der südlichen Sandabbauflächen entsprechend gelten.

(3)

Die anderen Beitragspflichtigen können nicht schutzwürdig erwarten, dass die südlichen Sandabbauflächen aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse - nämlich wegen etwaiger Zufahrten von den Sandabbauflächen zu der Gemeindeverbindungsstraße - in den Kreis der bevorteilten Grundstücke einbezogen werden.

Wie bereits unter Ziffer II. 5. d) aa) (3) betreffend die nördlichen Sandabbauflächen ausgeführt, ist die entsprechende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur schutzwürdigen Erwartung der übrigen Beitragspflichtigen nicht auf das Straßenausbaubeitragsrecht anwendbar. Es kann insoweit auch für die südlichen Sandabbauflächen dahinstehen, ob sie tatsächlich über Feldwege oder sonstige Zufahrten von der Gemeindeverbindungsstraße aus erreichbar sind. Soweit diese Zufahrten unter Verstoß gegen rechtliche Hindernisse errichtet worden sind, die sich aus den Genehmigungsentscheidungen des Landkreises Stade zum Sandabbau ergeben, wäre von dem Landkreis J-Stadt auf eine Einhaltung der rechtlichen Vorgaben zu achten.

(4)

Soweit die Kläger des Parallelverfahrens 9 LB 44/22 schließlich auch hinsichtlich der südlichen Sandabbauflächen einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten durch die Gestaltung der Antragsunterlagen zum Sandabbau bzw. durch Absprachen mit dem Sandabbauunternehmen geltend machen, kann dem nicht gefolgt werden.

Es mangelt jedenfalls auch hier an einem zeitlichen Zusammenhang mit der bevorstehenden Entstehung sachlicher Beitragspflichten. Bereits die Bodenabbaugenehmigung des Landkreises Stade vom 28. Juni 1995 hat eine durchgehende Anpflanzung von Gehölzflächen und Hecken entlang der Gemeindeverbindungsstraße "E-Straße" vorgeschrieben und damit das hier relevante rechtliche Hindernis betreffend die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Gemeindeverbindungsstraße begründet. Diese Festsetzungen wurden durch den Planfeststellungsbeschluss vom 18. August 2011 lediglich bestätigt; der Abbauplan und der Herrichtungsplan basieren auf den Genehmigungsunterlagen für den Trockenabbau. Im Zeitpunkt des Erlasses der Bodenabbaugenehmigung vom 28. Juni 1995 war ein Ausbau der Gemeindeverbindungsstraße und eine damit verbundene Erhebung von Straßenausbaubeiträgen für die bevorteilten Grundstücke noch nicht absehbar. Erste Planungen zum Ausbau wurden erst im Jahr 2000 aufgestellt.

Im Übrigen deutet auch sonst nichts auf eine missbräuchliche Gestaltung der Antragsunterlagen zum Sandabbau hin. Vielmehr sind entsprechende naturschutzrechtliche Festsetzungen üblich.

e)

Die Einbeziehung verschiedener weiterer Hinterliegergrundstücke in die Verteilung des umlagefähigen Aufwands stellt sich als rechtmäßig dar. Allerdings hat die Beklagte zu Unrecht das Hinterliegergrundstück Flurstück BQ. der Flur AJ der Gemarkung F-Stadt in die Verteilung des umlagefähigen Aufwands einbezogen.

aa)

Zunächst hat die Beklagte zu Recht die Hinterliegerflurstücke BZ., CA., CB., CC., CD., CE., CF., CG., CH., CI., CJ. der Flur L der Gemarkung F-Stadt in die Verteilung des umlagefähigen Aufwands einbezogen.

Die Beklagte hat insoweit auf Nachfrage des Senats darauf hingewiesen, dass sämtliche Grundstücke nur über den Weg, der östlich der Flurstücke CK.,CA, CC, CE, CL. verlaufe, erreicht werden könnten. Für die Flurstücke CA und BZ, CB und CC, CD und CE, CH und CF bestehe eine Eigentümeridentität. Für diese Grundstücke gebe es keine gesicherte Zufahrt. Die Nutzung erfolge seit Generationen über den vorstehend beschriebenen Weg.

Da die Zufahrt über die Fremdgrundstücke - wie von der Beklagten mitgeteilt - nicht dinglich gesichert ist und Eigentümeridentität jedenfalls im Hinblick auf die unmittelbar an die Gemeindeverbindungsstraße angrenzenden Grundstücke nicht besteht, scheidet die hme einer dauerhaften Bevorteilung der veranlagten Hinterliegergrundstücke durch die Straßenbaumaßnahme zwar unter dem Gesichtspunkt der Eigentümeridentität sowie der dinglichen Sicherung des Zugangsrechts aus.

Entgegen der Annahme der Beklagten kann auch nicht darauf verwiesen werden, dass die Nutzung des Weges seit Generationen erfolge, d. h. auf ein Gewohnheitsrecht verwiesen werden. Gewohnheitsrecht als dem Gesetz gleichwertige Rechtsquelle allgemeiner Art entsteht nur zwischen einer Vielzahl von Rechtsindividuen und in Bezug auf eine Vielzahl von Rechtsverhältnissen, nicht aber beschränkt auf ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen einzelnen Grundstücksnachbarn (vgl. BGH, Urteil vom 24.1.2020 - V ZR 155/18 - juris Rn. 9; OVG SH, Beschluss vom 30.4.2020 - 2 LA 228/17 - juris Rn. 10). Die ständige langjährige Nutzung der Zufahrt über ein fremdes Grundstück kann daher kein Wegerecht in Form eines Gewohnheitsrechts im Verhältnis zwischen dem Grundstückseigentümer des herrschenden und des dienenden Grundstücks begründen (vgl. OVG SH, Beschluss vom 30.4.2020, a. a. O., Rn. 11). Eine jahrelange Inanspruchnahme einer Zuwegung über das fremde Grundstück, um das eigene Grundstück zu erreichen, bleibt daher rechtlich ungesichert (vgl. OVG SH, Beschluss vom 30.4.2020, a. a. O., Rn. 13).

Ausreichend für die dauerhafte Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Straße und damit die Vorteilslage ist aber ein Notwegerecht im Sinne des § 917 BGB beziehungsweise ein Notwegeanspruch (vgl. OVG SH, Urteil vom 8.7.2015 - 4 LB 15/14 - juris Rn. 52 ff. unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 24.9.1986 - 9 A 153/83 - juris; BayVGH, Urteil vom 25.10.2012 - 6 B 10.132 - juris Rn. 33; OVG LSA, Beschluss vom 29.10.2003 - 2 L 32/02 - juris Rn. 19). Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn gemäß § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Duldungsvoraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die veranlagten Grundstücke sind sogenannte gefangene Grundstücke, die über keine (unmittelbare) Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz verfügen. Zur ordnungsgemäßen Nutzung der Grundstücke bedarf es der Verbindung zum öffentlichen Wegenetz über die vorgelagerten Grundstücke. Dies gilt auch für die von der Beklagten nicht ausdrücklich genannten Flurstücke CH, CI und CJ.

bb)

Auch das Hinterliegerflurstück CM. der Flur L der Gemarkung F-Stadt wurde von der Beklagten zu Recht in die Verteilung des umlagefähigen Aufwands einbezogen.

Die Beklagte hat insoweit auf Nachfrage des Senats zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich um ein sog. gefangenes Grundstück handele. Das Grundstück habe keine direkte Anbindung an die ausgebaute Anlage. Zur Bewirtschaftung müsse jedoch über die ausgebaute Anlage angefahren werden, da eine anderweitige Zuwegungsmöglichkeit nicht bestehe.

Diese Einschätzung ist nicht zu beanstanden, da - wie ausgeführt - für die dauerhafte Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Straße und damit die Vorteilslage ein Notwegerecht im Sinne des § 917 BGB beziehungsweise ein Notwegeanspruch ausreichend ist. Die Duldungsvoraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Das veranlagte Grundstück ist ein sogenanntes gefangenes Grundstück, das über keine (unmittelbare) Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz verfügt. Zur ordnungsgemäßen Nutzung des Grundstücks bedarf es der Verbindung zum öffentlichen Wegenetz über die vorgelagerten Grundstücke.

cc)

Des Weiteren hat die Beklagte das Flurstück CN. der Flur AJ der Gemarkung F-Stadt sowie die Flurstücke CO., CP. und CQ. der Flur L der Gemarkung F-Stadt zu Recht in die Verteilung des umlagefähigen Aufwands einbezogen.

Die Beklagte hat auf Nachfrage des Senats unwidersprochen vorgetragen, dass für diese Grundstücke ein eingetragenes Wegerecht bestehe. Es besteht damit eine dingliche Sicherung des Zugangsrechts zur ausgebauten Anlage, so dass eine dauerhafte Inanspruchnahmemöglichkeit gegeben ist.

dd)

Allerdings hat die Beklagte zu Unrecht das Hinterliegergrundstück Flurstück BQ der Flur AJ der Gemarkung F-Stadt in die Verteilung des umlagefähigen Aufwands einbezogen.

Die Beklagte hat insoweit auf die Nachfrage des Senats eingeräumt, dass das Grundstück nicht in die Verteilung hätte einbezogen werden dürfen. Denn es hat im Norden keine Anbindung an die ausgebaute Anlage, grenzt aber im Süden an einen Weg an, der als eigenständige Erschließungsanlage einzustufen ist. Das Grundstück ist daher über diesen südlichen Weg erschlossen, so dass auch kein Notwegerecht zur ausgebauten Anlage besteht.

Das Flurstück BQ der Flur AJ der Gemarkung F-Stadt ist daher aus dem Verteilungsgebiet herauszunehmen. Es hat eine Größe von 5.648 m2. Bei Anwendung eines Nutzungsfaktors von 0,0333 ergibt sich eine beitragsfähige Fläche von 188,08 m2, die nicht zu berücksichtigen ist.

6.

Die in § 5 Abs. 1 Satz 2 bis Abs. 5 SABS vorgesehene Verteilungsregelung bzw. der Verteilungsmaßstab ist wirksam.

Nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit setzt die Erhebung eines Straßenausbaubeitrags voraus, dass die Straßenausbaubeitragssatzung eine Verteilungsregelung enthält, die zwar nicht notwendig für das gesamte Gemeindegebiet, wohl aber für das betreffende Abrechnungsgebiet eine vorteilsgerechte Verteilung des beitragsfähigen Aufwands ermöglicht (vgl. Senatsurteil vom 19.2.2020 - 9 LB 132/17 - juris Rn. 260; Senatsbeschluss vom 17.3.2015 - 9 LA 318/13 - juris Rn. 10 m. w. N.).

Eine solche Verteilungsregelung enthält die Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten in § 5 SABS. Insbesondere ist der Verteilungsmaßstab für Flächen, auf denen sich Windenergieanlagen befinden, nicht zu beanstanden (dazu unter a)). Jedoch ist ein einzelner Fehler bei der Anwendung der in § 5 Abs. 1 Satz 2 bis Abs. 5 SABS vorgesehenen Verteilungsregelung zu erkennen (dazu unter b)).

a)

Der in § 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 der Straßenausbaubeitragsatzung in der maßgeblichen Fassung der 1. Änderungssatzung vorgesehen Verteilungsmaßstab für Flächen, auf denen sich Windenergieanlagen befinden, ist nicht zu beanstanden.

Nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 dieser Satzung beträgt die Vervielfältigungsmesszahl bei Grundstücken ohne Bebauung a) mit Waldbestand oder wirtschaftlich nutzbaren Wasserflächen 0,0167, b) bei Nutzung als Grünland, Ackerland oder Gartenland 0,0333, c) bei gewerblicher Nutzung (z. B. Bodenabbau pp.) 1,0000 und d) bei in einer baulichen oder gewerblichen Nutzung vergleichbaren Nutzung (z. B. Friedhöfe, Sportplätze, Freibäder, Dauerkleingärten pp.) 0,5000. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gelten in den Fällen a) - d) die jeweils angegebenen Nutzungsfaktoren auch dann, wenn sich auf Teilflächen von ihnen Windkraft- oder selbständige Photovoltaikanlagen befinden.

Die Beklagte hat diese Regelung korrekt angewendet, indem sie die in das Verteilungsgebiet einzubeziehenden Flächen, auf denen sich Windenergieanlagen befinden, nach dem jeweiligen Nutzungsfaktor für unbebaute Außenbereichsflächen bewertet hat, ohne einen gesonderten Vervielfältigungsfaktor für Windenergieanlagen anzuwenden. Es handelt sich namentlich um die Flurstücke AW und AV der Flur L der Gemarkung F-Stadt, die südlich der ausgebauten Anlage gelegen sind und für die mit Genehmigung des Landkreises Stade vom 22. Dezember 2016 die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von Windenergieanlagen erteilt wurde.

Soweit die Kläger der Parallelverfahren 9 LB 44/22 und 9 LB 45/22 bemängeln, dass die noch vor Anhängigkeit des Berufungszulassungsverfahrens beschlossene 1. Änderungssatzung vom 15. Dezember 2020, die rückwirkend zum 1. Oktober 2017 in Kraft getreten ist, keine gerechte Vorteilsbemessung darstelle, da sie keinen für Windkraftanlagen angemessenen Vervielfältigungsfaktor enthalte, kann dem nicht gefolgt werden.

Für die Bewertung der Inanspruchnahmemöglichkeit und der auf ihr beruhenden Vorteile ist nicht abzustellen auf die durch die unterschiedliche Nutzbarkeit der in Betracht kommenden Grundstücke bestimmte Steigerung des Nutzungs- oder Ertragswerts (Rendite), sondern darauf, in welchem Umfang erfahrungsgemäß eine Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage von den jeweiligen Grundstücken ausgelöst wird (vgl. BayVGH, Beschluss vom 2.7.2009 - 6 CS 08.2718 - juris Rn. 10; Driehaus/Raden, a. a. O., § 36 Rn. 2), d. h. es ist abzuheben auf den Umfang der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage (vgl. Senatsbeschluss vom 18.4.2011 - 9 LA 23/10 - juris Rn. 10 m. w. N.).

Vor diesem Hintergrund ist eine abweichende Berücksichtigung aufgrund der Nutzung einer Teilfläche für den Betrieb einer Windenergieanlage weder erforderlich noch geboten. Die Beklagte hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass bei Windenergieanlagen eine Inanspruchnahme der Außenbereichsanlage nur für Wartungs- und Reparaturarbeiten zu erwarten ist. Damit dürfte die voraussichtliche Inanspruchnahme der Außenbereichsanlage, die durch den mit diesen Sondernutzungen verbundenen Ziel- und Quellverkehr ausgelöst wird, gegenüber dem landwirtschaftlichen Verkehr geringer sein. Es ist daher unter Vorteilsgesichtspunkten in der Regel nicht geboten, Flächen mit Windenergieanlagen mit einem erhöhten Nutzungsfaktor zu berücksichtigen.

Soweit die Kläger der Parallelverfahren 9 LB 44/22 und 9 LB 45/22 zudem rügen, dass der 1. Änderungssatzung eine rechtswidrige, echte Rückwirkung zukomme, und hierzu ausführen, dass eine Beitragserhöhung nicht auf einer Veränderung der bisherigen Verteilungsregelung beruhen dürfe, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Denn durch die in der 1. Änderungssatzung neu aufgeführte Regelung für Flächen mit Windenergie- bzw. Photovoltaikanlagen kommt es nicht rückwirkend zu einer Beitragserhöhung bzw. einer höheren Belastung. Vielmehr wird durch diese Regelung nur klargestellt, dass es zu keiner Veränderung des - bisher anwendbaren - Nutzungsfaktors dadurch kommt, dass sich auf einer ansonsten unbebauten Außenbereichsfläche eine Windenergieanlage bzw. eine Photovoltaikanlage befindet.

b)

Es ist bezogen auf das Flurstück CQ. der Flur L der Gemarkung F-Stadt des Klägers des Parallelverfahrens 9 LB BZ2 ein Fehler bei der Anwendung der in § 5 Abs. 1 Satz 2 bis Abs. 5 SABS vorgesehenen Verteilungsregelung zu erkennen.

Das Flurstück CQ. der Flur L der Gemarkung F-Stadt des Klägers des Parallelverfahrens 9 LB BZ2 wurde mit dem Nutzungsfaktor 0,0333 (Grünland) zu Straßenausbaubeiträgen herangezogen. Tatsächlich handelt es sich aber - auch nach der Einschätzung der Beklagten - um Waldbestand, der mit dem Nutzungsfaktor 0,0167 zu berücksichtigen ist.

So hat die Beklagte in dem Bescheid vom 27. September 2018 betreffend die Stundung folgendes ausgeführt: "In einem persönlichen Gespräch wurde festgestellt, dass die veranlagte Grundstücksfläche bereits im Jahr 2014 aufgeforstet wurde. Der Vervielfältigungsfaktor muss daher von 0,0333 (Grünland, Ackerland) auf 0,0167 (Waldbestand) geändert werden. Die Änderung wird erst nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens vorgenommen. Durch diese Vereinbarung wird verhindert, dass der Betragsausfall auf die restlichen Grundstückseigentümer umgelegt werden muss. Der aufzuteilende Ausfallbetrag ist so gering, dass eine Neuveranlagung nicht in Relation zu den entstehenden Kosten steht." Auf die Hinweise des Senats hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung reagiert und im Parallelverfahren 9 LB BZ2 erklärt, dass der dort festgesetzte Beitrag i. H. v. 2.385,51 EUR auf 1.191,26 EUR reduziert wird.

Ist das Flurstück CQ. der Flur L der Gemarkung F-Stadt danach lediglich mit einem Nutzungsfaktor von 0,0167 in die Verteilung einzubeziehen, bedarf es einer entsprechenden Anwendung der geänderten Verteilungsregelung auf das gesamte Verteilungsgebiet. Das Flurstück CQ. hat eine Größe von 15.439 m2. Unter Anwendung eines Nutzungsfaktors von 0,0167 ergibt sich eine beitragsfähige Fläche von 257,83 m2 anstelle einer beitragsfähigen Fläche von 514,12 m2 bei der Anwendung eines Nutzungsfaktors von 0,0333 (Differenz 256,29 m2).

7.

Bei korrekter Ermittlung des Verteilungsgebiets (Einbeziehung von Flurstück BH der Flur L der Gemarkung F-Stadt sowie Herausnahme von Flurstück BQ der Flur AJ der Gemarkung F-Stadt) und richtiger Anwendung des Verteilungsmaßstabs (Nutzungsfaktor 0,0167 für das Flurstück CQ der Flur L der Gemarkung F-Stadt) ergibt sich unter Zugrundelegung einer neuen Beitragsfläche von insgesamt 54.437,42 m2 (statt 54.206,70 m2) und eines umlagefähigen Aufwands in Höhe von 251.519,18 EUR ein neuer Beitragssatz von 4,62033616 EUR/m2 (statt 4,6400017 EUR/m2).

8.

Die sachlichen Beitragspflichten sind am 22. April 2021 entstanden.

Gemäß § 7 Abs. 1 SABS entsteht die Beitragspflicht mit der Beendigung der beitragsfähigen Maßnahme. In den Fällen einer Aufwandsspaltung entsteht die Beitragspflicht nach § 7 Abs. 2 SABS mit der Beendigung der Teilmaßnahme, frühestens jedoch mit dem Ausspruch der Aufwandsspaltung. Die genannten Maßnahmen sind nach § 7 Abs. 4 SABS erst dann beendet, wenn die technischen Arbeiten entsprechend dem von der Samtgemeinde aufgestellten Bauprogramm fertig gestellt sind und der Aufwand berechenbar ist.

Der Beitragsbescheid vom 21. September 2017 ist zwar bei seinem Erlass rechtswidrig gewesen, weil zu diesem Zeitpunkt die sachliche Beitragspflicht für die Ausbaumaßnahme "E-Straße" noch nicht entstanden war (dazu unter a)). Dieser Mangel war jedoch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats geheilt (dazu unter b)).

a)

Im Zeitpunkt des Bescheiderlasses am 21. September 2017 war die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden.

Es fehlte an dem für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht nach § 7 Abs. 2 SABS erforderlichen Ausspruch der Aufwandsspaltung. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zu Recht ausgeführt, dass die sachliche Beitragspflicht für die Teileinrichtung Fahrbahn der Gemeindeverbindungsstraße "E-Straße" zwischen der Kreisstraße 70 (BB-Stadt) und F-Stadt in der Samtgemeinde I-Stadt - im Zeitpunkt des Bescheiderlasses und im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts - noch nicht entstanden sei, da ein Aufwandsspaltungsbeschluss nicht vorliege, aber erforderlich sei. Denn in Bezug auf die Gemeindeverbindungsstraße sei neben der Fahrbahn als weitere Teileinrichtung ein Radweg vorhanden. Der Ausbau habe sich aber lediglich auf die Teileinrichtung Fahrbahn bezogen. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Urteil.

Des Weiteren war die sachliche Beitragspflicht im Zeitpunkt des Bescheiderlasses aber auch deswegen noch nicht entstanden, weil eine Widmung der Straße "E-Straße" zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorlag und es daher bereits an einer beitragsfähigen "öffentlichen" Einrichtung fehlte (vgl. dazu unter II. 1. b)).

b)

Diese Mängel waren jedoch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats geheilt.

Die Beklagte hat am 15. Dezember 2020 einen Aufwandsspaltungsbeschluss betreffend die ausgebaute und abgerechnete Fahrbahn der Gemeindeverbindungsstraße gefasst. Dieser Ausspruch der Aufwands- bzw. Kostenspaltung bewirkt, dass der ursprünglich mangels Entstehens einer Beitragspflicht fehlerhafte Straßenausbaubeitragsbescheid der Beklagten in Höhe der für die von der Aufwands- bzw. Kostenspaltung erfassten Teile entstandenen Teilbeitragspflicht geheilt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.9.1983 - 8 C 47.82 u. a. - juris Rn. 27).

Auch der Mangel der fehlenden Widmung war im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats geheilt. Der Samtgemeindeausschuss der Beklagten hat in seiner Sitzung vom 30. März 2021 beschlossen, dass die in der Baulast der Beklagten stehenden Samtgemeindeverbindungswege, so auch die streitgegenständliche Anlage, gemäß § 6 NStrG als Gemeindeverbindungstraßen nach § 47 Nr. 2 NStrG gewidmet werden. Die Widmung ist im Amtsblatt für den Landkreis Stade vom 22. April 2021 bekannt gemacht worden und damit an diesem Tag wirksam geworden, vgl. § 11 Abs. 7 Satz 1 i. V. m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 NKomVG. Durch diese nachgeholte Widmung ist der ursprünglich fehlerhafte Bescheid geheilt worden (dazu unter II. 1. b) bb)).

Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten ist hierin - entgegen der Auffassung der Kläger des Parallelverfahrens 9 LB 44/22 - nicht zu erkennen. Insbesondere handelt es sich nicht um eine "unzulässige Rückwirkung", da die sachlichen Beitragspflichten erst mit dem Eintritt der letzten Voraussetzungen entstehen.

9.

Die Frage einer Festsetzungsverjährung stellt sich vor diesem Hintergrund nicht.

Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 b) NKAG i. V. m. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO beträgt die Frist für die Festsetzung des Straßenausbaubeitrags vier Jahre. Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 b) NKAG i. V. m. § 170 Abs. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragspflicht entstanden ist. Die Beitragspflicht entsteht - wie soeben unter 8. dargelegt - mit der Beendigung der beitragsfähigen Maßnahme (§ 7 Abs. 1 SABS). In den Fällen einer Aufwandsspaltung entsteht die Beitragspflicht nach § 7 Abs. 2 SABS mit der Beendigung der Teilmaßnahme, frühestens jedoch mit dem Ausspruch der Aufwandsspaltung.

Vorliegend sind die sachlichen Beitragspflichten - wie soeben ausgeführt - erst mit dem Aufwandsspaltungsbeschluss vom 15. Dezember 2020 und der am 30. März 2021 nachgeholten und am 22. April 2021 bekanntgemachten Widmung am 22. April 2021 entstanden. Erst in diesem Zeitpunkt konnte die Festsetzungsverjährungsfrist zu laufen beginnen.

Soweit die Kläger des Parallelverfahrens 9 LB 44/22 meinen, dass nicht sukzessive Baumaßnahmen hätten vorgenommen und dann insgesamt abgerechnet werden dürfen, zumal für die im Jahr 2008 vorgenommenen Baumaßnahmen die Kosten bereits im Jahr 2012 festgestanden hätten, führt auch dies nicht auf eine Verjährung der Kosten für den ersten Bauabschnitt. Wie bereits unter II. 1. a) ausgeführt, stellt die Gemeindeverbindungsstraße "E-Straße" in der Samtgemeinde I-Stadt, beginnend im Westen am Ortseingang von F-Stadt und endend im Osten an der Kreuzung mit der M-Straße bei BB-Stadt, eine einheitliche öffentliche Einrichtung dar. Die Beitragspflicht konnte daher mangels Vorliegens eines Abschnittsbildungsbeschlusses im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 2, § 7 Abs. 3 SABS erst mit der Beendigung der beitragsfähigen Maßnahme insgesamt entstehen (vgl. § 7 Abs. 1 SABS).

Auch soweit die Kläger des Parallelverfahrens 9 LB 44/22 meinen, dass eine (neue) Festsetzung aufgrund einer neuen (rückwirkenden) Satzung nicht zulässig sei, da die letzte Unternehmerrechnung bereits im Jahr 2015 vorgelegen habe, kann dem nicht gefolgt werden. Sie übersehen, dass es nicht zu einer neuen Festsetzung der Straßenausbaubeiträge gekommen ist. Die sachliche Beitragspflicht ist - wie ausgeführt - erst mit dem Aufwandsspaltungsbeschluss vom 15. Dezember 2020 und der am 30. März 2021 nachgeholten und am 22. April 2021 bekanntgemachten Widmung am 22. April 2021 entstanden. Dadurch wurden die ursprünglich fehlerhaften Bescheide geheilt, ohne dass es zu einer neuen Festsetzung gekommen wäre. Die am 15. Dezember 2020 beschlossene und rückwirkend in Kraft getretene 1. Änderungssatzung hat eine neue Festsetzung ebenfalls nicht erforderlich gemacht. Denn jedenfalls kommt es durch die in der 1. Änderungssatzung neu aufgeführte Regelung für Flächen mit Windenergie- bzw. Photovoltaikanlagen nicht rückwirkend zu einer Beitragserhöhung (vgl. dazu unter II. 6. a)).

10.

Die Klägerin ist als Eigentümerin des Flurstücks K. der Flur L der Gemarkung F-Stadt im Zeitpunkt der Bekanntgabe des angegriffenen Bescheids gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SABS persönlich beitragspflichtig. Das Flurstück weist eine Fläche von 20.269 m2 auf und wird als Grünland genutzt. Unter Zugrundelegung des sich daraus ergebenden Nutzungsfaktors von 0,0333 ergibt sich eine beitragsfähige Fläche von 674,96 m2. Aus einer Multiplikation der beitragsfähigen Fläche mit dem neuen Beitragssatz von 4,62033616 EUR/m2 ergibt sich für die Klägerin ein rechtmäßiger Ausbaubeitrag in Höhe von 3.118,54 EUR. Hinsichtlich des übersteigenden Betrags von 13,26 EUR erweist sich der Bescheid der Beklagten vom 21. September 2017 als rechtswidrig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Der Klägerin sind die Kosten des gesamten Verfahrens ganz aufzuerlegen, da die Beklagte nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.