Abschnitt 2 AGTierGesGDRdErl - Entschädigungen und Beihilfen (zu den §§ 11 bis 13 AGTierGesG)
Bibliographie
- Titel
- Durchführung des Ausführungsgesetzes zum Tiergesundheitsgesetz
- Redaktionelle Abkürzung
- AGTierGesGDRdErl,NI
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 78510
2.1 Feststellung des Entschädigungsfalles
2.1.1 Die amtliche Feststellung über das Vorliegen eines Entschädigungsfalles nach § 15 TierGesG obliegt der Amtstierärztin oder dem Amtstierarzt des Landkreises oder der kreisfreien Stadt, in deren oder dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich sich das Tier zum Zeitpunkt des Todes oder der Tötungsanordnung befand oder befindet. Die Amtstierärztin oder der Amtstierarzt hat bei der Feststellung des Schadensfalles die für die Bekämpfung von Tierseuchen erlassenen Einzelvorschriften und die dazu erlassenen Durchführungserlasse zu beachten.
2.1.2 Nummer 2.1.1 Satz 1 gilt nicht für Tiere, die zum Zweck der weitergehenden Untersuchung oder der amtlich angeordneten Tötung an ein in einem anderen Zuständigkeitsbereich gelegenes Untersuchungsamt, eine private Untersuchungseinrichtung, eine Schlachtstätte oder Tierkörperbeseitigungseinrichtung verbracht werden. In solchen Fällen bleibt die Amtstierärztin oder der Amtstierarzt zuständig, in deren oder dessen Amtsbezirk der Herkunftsort des Tieres liegt.
2.1.3 Hat die Feststellung der Krankheit in Abwesenheit der Besitzerin oder des Besitzers stattgefunden, so ist diese oder dieser von dem Ergebnis der Untersuchung unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Die Amtstierärztin oder der Amtstierarzt hat zu veranlassen, dass, soweit notwendig und möglich, die für die Feststellung der Krankheit erforderlichen Proben aufbewahrt werden.
2.1.4 Ergeben sich bei der fachlichen Prüfung eines Entschädigungsantrags durch die Tierseuchenkasse erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der von der Amtstierärztin oder dem Amtstierarzt festgestellten Schadensursache, so holt die Tierseuchenkasse ein Obergutachten von dem LAVES ein.
2.1.5 Das Ergebnis des Obergutachtens ist den Beteiligten mitzuteilen. Die Frage der Entschädigung ist aufgrund des Obergutachtens zu beurteilen.
2.2 Ermittlung des gemeinen Wertes von Tieren
2.2.1 Die Ermittlung des gemeinen Wertes von Tieren, der der Entschädigung zugrunde zu legen ist, hat unter Berücksichtigung des § 16 TierGesG und des § 12 Abs. 2 AGTierGesG zu erfolgen.
2.2.2 Der Wert des Tieres oder von Teilen des Tieres ist von der Amtstierärztin oder dem Amtstierarzt, die oder der den Entschädigungsfall feststellt, zu ermitteln. Die Wertermittlung verendeter sowie ohne behördliche Anordnung getöteter Tiere hat möglichst gleichzeitig mit der Feststellung der Krankheit zu erfolgen. Im Fall der Tötung von Tieren auf behördliche Anordnung ist die Wertermittlung vor der Tötung durchzuführen. Ist dies aus zwingenden Gründen nicht möglich, sind die für eine Wertermittlung wesentlichen Daten vor der Tötung der Tiere schriftlich festzuhalten.
2.2.3 Bei der Wertermittlung von Rindern, Pferden, Schweinen, Schafen und Ziegen, Geflügel und Bienen sind die durch entsprechende RdErl. des ML vorgegebenen "Richtlinien für die Ermittlung des gemeinen Wertes von ..." in der jeweils zum Zeitpunkt des Schadensereignisses (Tötung, Schlachtung, Verendung) gültigen Fassung anzuwenden.
2.2.4 Bei der Wertermittlung von Wassertieren sind die zum Zeitpunkt des Schadensfalles ortsüblichen Preise, ggf. unter Einschaltung der jeweiligen Fischereiverbände oder Fischereisachverständigen, zu ermitteln und der Wertfeststellung zugrunde zu legen. Soweit allgemeine veröffentlichte Preisnotierungen vorliegen, sind diese zu berücksichtigen.
2.2.5 Erfolgt eine ggf. auch nur teilweise Verwertung getöteter oder geschlachteter Tiere, so zahlt die verwertende Stelle den Erlös im Regelfall unmittelbar an die Tierbesitzerin oder den Tierbesitzer aus. Eine Ausfertigung der Verwertungsabrechnung, aus der die im Rahmen der Verwertung entstandenen Erlöse und Kosten ersichtlich sein müssen, ist dem Antrag auf Entschädigung beizufügen.
2.2.6 Über die Wertermittlung ist eine von den an der Wertermittlung Beteiligten bestätigte Niederschrift zu fertigen. Diese muss den Wertermittlungsbetrag jeder und jedes Beteiligten und Angaben über die bei der Wertermittlung berücksichtigten Marktnotierungen enthalten. Die Niederschrift ist unverzüglich nach der Wertermittlung der Tiere anzufertigen.
2.2.7 Liegt der tatsächliche gemeine Wert über oder unter dem nach den in Nummer 2.2.3 genannten Wertermittlungsrichtlinien ermittelten Wert oder den allgemeinen ortsüblichen Preisen (Nummer 2.2.4), so ist dies in der Niederschrift über die Wertermittlung anzugeben und ausführlich, z. B. mit entsprechenden Angaben über Abstammung, Leistung und Gewicht der Tiere, zu begründen. Es bleibt der Tierseuchenkasse vorbehalten zu entscheiden, ob die Begründung als stichhaltig angesehen und dieser Wert als gemeiner Wert der Entschädigung zugrunde gelegt werden kann.
2.2.8 Können der Ermittlung des gemeinen Wertes keine Marktnotierungen zugrunde gelegt werden, weil der Handel mit Tieren aufgrund von tierseuchenrechtlichen Bestimmungen in der betreffenden Region untersagt worden ist, ist der gemeine Wert der Tiere auf der Basis der Preisnotierungen vor Beginn der Sperre unter angemessener Berücksichtigung der danach eingetretenen Wertsteigerung oder Wertminderung zu errechnen. Bei Durchführung von Marktentlastungsmaßnahmen können in Absprache mit der Tierseuchenkasse auch die dafür festgesetzten Preise verwendet werden.
2.3 Hinzuziehung von sachverständigen Personen
2.3.1 Nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AGTierGesG soll bei Einwänden der Tierbesitzerin oder des Tierbesitzers oder bei Bedenken der Tierseuchenkasse gegen das Ergebnis der Wertermittlung durch die zuständige Behörde von der Tierseuchenkasse ein Gutachten durch eine von der LWK zu benennende sachverständige Person eingeholt werden. Nach § 12 Abs. 2 Satz 3 AGTierGesG ist das Ergebnis des Gutachtens für die Berechnung der Leistung der Tierseuchenkasse zugrunde zu legen.
2.3.2 Von der Teilnahme an einer Wertermittlung ist eine sachverständige Person ausgeschlossen
bei Schadensfällen innerhalb ihrer Wohngemeinde oder
wenn die Wertermittlung sie selbst, ihren Ehegatten, ihre Verwandte bis zum dritten oder Verschwägerte bis zum zweiten Grad, eine der sachverständigen Person durch Adoption verbundene oder ihr kraft Gesetzes oder Vollmacht vertretene Person oder ihre Beschäftigungsgeberin oder ihren Beschäftigungsgeber betrifft.
2.3.3 Die Benennung der sachverständigen Person gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 AGTierGesG erfolgt im Einzelfall je nach Bedarf. Die LWK darf nur Personen benennen, die über mehrjährige berufliche Erfahrung auf dem Gebiet der Tierhaltung und/oder Verwertung von Tieren verfügen. Nummer 2.3.2 zweiter Spiegelstrich gilt sinngemäß.
2.3.4 Für die Erstellung des Gutachtens können die sachverständigen Personen eine Entschädigung nach den Vorschriften des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes vom 05.05.2004 (BGBl. I S. 718, 776), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 07.04.2025 (BGBl. 2025 I Nr. 109), berechnen.
2.4 Entschädigungsanträge
2.4.1 Liegt ein Entschädigungsfall vor, so bestätigt die Amtstierärztin oder der Amtstierarzt, dass
- a)
die Voraussetzungen für die Gewährung einer Entschädigung gegeben sind (§ 15 TierGesG, § 12 Abs. 1 AGTierGesG) und
- b)
keiner der Fälle vorliegt, in denen eine Entschädigung nicht gewährt wird (§ 17 TierGesG) oder ein Entschädigungsanspruch entfällt (§ 18 Abs. 1 und 2 TierGesG),
und übersendet den Entschädigungsantrag unmittelbar der Tierseuchenkasse. In den Fällen des § 15 Nr. 1 TierGesG muss der Antrag innerhalb von 30 Tagen nach der Tötung der Tiere der Tierseuchenkasse vorliegen. Bei Feststellung einer Seuche ist von der Amtstierärztin oder dem Amtstierarzt stets zu ermitteln, ob die betreffenden Tiere aus anderen Mitgliedstaaten verbracht oder aus Drittländern eingeführt worden sind und die Entschädigung deshalb zu versagen ist.
2.4.2 Bei Entschädigungsanträgen für präventiv getötete Tiere ist der Seuchenfall anzugeben, aufgrund dessen die Tötung erfolgt.
2.4.3 Dem Entschädigungsantrag sind folgende Unterlagen beizufügen:
Niederschrift über die Zerlegung des betroffenen Tieres,
soweit vorhanden ergänzende Untersuchungsbefunde,
Tötungsanordnung,
Rechnung für die Tötung der Tiere,
Schlachtabrechnung der Tiere (sofern Tötung durch Schlachtung),
Nachweis seuchenspezifischer Transportkosten,
Abtretungserklärung im Falle der Tötung,
Stallkarten bei Geflügel, Schaf oder Ziege,
Nachweis darüber, dass die Tierhalterin oder der Tierhalter gemäß Artikel 10 Abs. 1 Buchst. a Ziffern i und iii der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit ("Tiergesundheitsrecht") (ABl. L 84 vom 31.3.2016, S. 1; L 57 vom 3.3.2017, S. 65; L 137 vom 24.5.2017, S. 40; L 84 vom 20.3.2020, S. 24; L 48 vom 11.2.2021, S. 3; L 224 vom 24.6.2021, S. 42; L 310 vom 1.12.2022, S. 18; L, 2023/90182, 15.12.2023), zuletzt geändert durch die Delegierte Verordnung (EU) 2018/1629 der Kommission vom 25. Juli 2018 (ABl. L 272 vom 31.10.2018, S. 11), und § 3 Nr. 1 TierGesG Sorge dafür getragen hat, dass Tierseuchen weder in ihren oder seinen Bestand eingeschleppt noch aus ihrem oder seinem Bestand verschleppt werden und - sofern nach einer Risikobewertung zutreffend - Biosicherheitsmaßnahmen gemäß Artikel 10 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2016/429 ergriffen wurden; als Nachweise können z. B. ein Biosicherheitsmanagementplan nach Artikel 10 Abs. 4 der Verordnung (EU) 2016/429 oder auch andere Aufzeichnungen gemäß Artikel 102 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung (EU) 2016/429 eingereicht werden,
Aufstellung der Kosten der Abholung und Verarbeitung der Tierkörperbeseitigungseinrichtung,
Niederschrift über die Wertermittlung des Tieres nach Nummer 2.2.6; gegebenenfalls sind die Forderungsnachweise der sachverständigen Personen sowie die Verwertungsabrechnungen der Niederschrift beizufügen,
Erklärung der oder des Entschädigungsberechtigten darüber, ob, gegenüber wem und in welcher Höhe ihr oder ihm ein Anspruch auf Ersatz des Schadens zusteht.
2.4.4 Die fachliche Prüfung der Entschädigungsanträge erfolgt durch die Geschäftsführung der Tierseuchenkasse oder einer oder einem anderen von ihr bestimmten Tierärztin oder Tierarzt der Tierseuchenkasse.
2.4.5 Die Bearbeitung der Entschädigungsfälle und der Entschädigungsanträge hat unverzüglich zu erfolgen. Für die Erstellung des Entschädigungsantrags einschließlich der Niederschrift über die Wertermittlung sind die von der Tierseuchenkasse zur Verfügung gestellten Formblätter zu verwenden. Sobald die technischen Voraussetzungen vorliegen, kann der Antrag über den "Login"-Bereich der Homepage der Tierseuchenkasse elektronisch eingereicht werden.
2.5 Beihilfen
2.5.1 Über die Zahlung von Beihilfen entscheidet der Vorstand der Tierseuchenkasse gemäß den dazu ergangenen Satzungen.
2.5.2 Anträge auf die Gewährung von Beihilfen für Tierverluste sind über das örtlich zuständige Veterinäramt unter Verwendung der von der Tierseuchenkasse zur Verfügung gestellten Formblätter an die Tierseuchenkasse zu richten. Sobald die technischen Voraussetzungen vorliegen, kann der Antrag über den "Login"-Bereich der Homepage der Tierseuchenkasse elektronisch eingereicht werden. Anträge auf die Gewährung von Beihilfen für Beratung können ebenfalls über den "Login"-Bereich der Homepage der Tierseuchenkasse elektronisch bei der Tierseuchenkasse eingereicht werden. Abweichend von Satz 1 sind Beihilfen für Probenahmen und Untersuchungen über den Untersuchungsauftrag aus der Datenbank Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere zu beantragen. Die für die Abrechnung der Beihilfen für die Probenahme und Untersuchung relevanten Daten werden von den beauftragten Untersuchungsinstituten elektronisch erfasst und der Tierseuchenkasse elektronisch zur Verfügung gestellt.
2.5.3 Die Nummern 2.1 bis 2.4 gelten entsprechend.
2.6 Vorbeugende Seuchenbekämpfungsmaßnahmen (zu § 4 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 AGTierGesG)
Werden für die Durchführung vorbeugender Seuchenbekämpfungsmaßnahmen gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 AGTierGesG, im Rahmen dessen die Tierseuchenkasse die Kosten ganz oder teilweise übernimmt, Diagnostika, Impfstoffe, Tierkennzeichnungsmedien oder sonstige Materialien (Mittel) benötigt, sind diese von der Tierseuchenkasse zentral zu beschaffen. Die Beschaffung der Diagnostika ist mit den beauftragten Untersuchungsinstituten abzustimmen.