Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 14.05.2025, Az.: 24 U 8/25
Frist zur Räumung und Herausgabe der Liegenschaften aufgrund Leihvertrags
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 14.05.2025
- Aktenzeichen
- 24 U 8/25
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2025, 15680
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2025:0514.24U8.25.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hildesheim - 13.01.2025 - AZ: 7 O 59/24
Rechtsgrundlage
- § 604 Abs. 3 BGB
Amtlicher Leitsatz
Räumungsfrist im Rahmen eines Hinweisbeschlusses nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO.
Kommt eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO in Betracht, so kann das Berufungsgericht eine Räumungsfrist nach § 721 Abs. 1 ZPO nicht nur im Zurückweisungsbeschluss gewähren, sondern bereits im Rahmen eines Hinweisbeschlusses, mit dem es nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Zurückweisung der Berufung ankündigt.
Tenor:
- I.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 13. Januar 2025 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18. Februar 2025 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
- II.
Der Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme und zur etwaigen Rücknahme der Berufung aus Kostengründen innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
- III.
Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31. August 2025 gewährt.
- IV.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz soll auf 18.000 € festgesetzt werden.
Gründe:
Die Rechtssache dürfte keine grundsätzliche Bedeutung haben, eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dürfte nicht erforderlich und eine mündliche Verhandlung nicht geboten sein. Nach vorläufiger Beurteilung hat die Berufung des Beklagten offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Jedoch ist dem Beklagten nach § 721 ZPO eine Räumungsfrist zu gewähren.
1. Das Landgericht hat den Beklagten mit Recht zur Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Liegenschaften verurteilt. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen, deshalb gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO eine erneute Feststellung gebieten und eine Entscheidung zugunsten des Beklagten rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich; solche zeigt auch die Berufung nicht auf.
Den Klägern steht ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe gemäß § 604 Abs. 3 BGB zu.
a) Zutreffend hat das Landgericht die mündliche Vereinbarung der Parteien über die unentgeltliche Nutzung der Liegenschaften nach der Veräußerung der Grundstücke durch den notariellen Kaufvertrag vom 28. Februar 2022 als Leihvertrag im Sinne von § 598 BGB bewertet, der unabhängig von der baurechtlichen Zulässigkeit der Nutzung wirksam ist. Dagegen erhebt die Berufung auch keine Einwände.
Nach der gesetzlichen Regelung in § 604 BGB endet der Leihvertrag mit der Folge einer Rückgabepflicht des Entleihers zunächst dann, wenn die für die Leihe bestimmte Zeit abgelaufen ist (Abs. 1) oder der Entleiher den sich aus dem Zweck der Leihe ergebenden Gebrauch gemacht hat oder hätte machen können (Abs. 2). Ist die Dauer weder bestimmt noch aus einem vereinbarten Zweck zu entnehmen, endet die Leihe mit der im Grundsatz jederzeit möglichen Rückforderung durch den Verleiher (Abs. 3). Im Herausgabeverlangen ist zugleich die Kündigung des Leihvertrages zu sehen (MüKoBGB/Häublein, 9. Aufl., § 604 Rn. 1).
b) Vorliegend sind die Kläger zur - in den Grenzen des § 242 BGB - jederzeitigen Rückforderung nach § 604 Abs. 3 BGB berechtigt, weil die Parteien weder eine bestimmte Dauer für die Leihe noch einen Zweck vereinbart haben, aus dem sich die Dauer entnehmen ließe.
aa) Die Parteien haben, nachdem der Beklagte die Grundstücke an die Kläger veräußert hat, keine bestimmte Zeitdauer für ein Nutzungsrecht des Beklagten vereinbart. Seinen ursprünglichen Vortrag, der Leihvertrag sei für einen Zeitraum von jedenfalls fünf Jahren geschlossen worden, hat der Beklagte in der mündlichen Anhörung vor dem Landgericht nicht bestätigt; im Gegenteil hat er ausdrücklich bekundet, eine konkrete Zeit sei nicht vereinbart worden.
bb) Die Dauer der Leihe ist auch nicht aus einem von den Parteien vereinbarten Zweck zu entnehmen. Der zutreffenden Würdigung des Landgerichts, dass ein auf eine lebenslange Nutzung durch den Beklagten gerichteter Zweck der Gebrauchsüberlassung nicht festgestellt werden kann, schließt sich der Senat an.
(1) Im Rahmen eines formlos möglichen Leihvertrags kann als Zweck der Leihe vereinbart werden, dass Räume dem Entleiher unentgeltlich zur lebenslangen Nutzung überlassen werden (BGH, Urteil vom 11. Dezember 1981 - V ZR 247/80, BGHZ 82, 354, 359). In einem solchen Fall schließt der in der lebenslangen Nutzung liegende Zweck eine ordentliche Kündigung nach § 604 Abs. 3 BGB zu Lebzeiten des Entleihers aus (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 24. Juli 1997 - 15 U 211/96, NJW-RR 1998, 415, 416). Ob der Zweck der Leihe ein lebenslanges Wohn- und Nutzungsrecht sein soll, ist gemäß §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln (MüKoBGB/Häublein aaO Rn. 2). Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Gesetz eine lange Bindungsdauer zwar nicht ausschließt, ein Verleiher aber im Hinblick auf den unentgeltlichen Charakter der Leihe eine derart langfristige Bindung im allgemeinen nicht eingehen wird (BGH aaO; MüKoBGB/Häublein aaO). Ein lebenslanges Nutzungsrecht kann daher als Zweck der Leihe im Wege der Auslegung nur angenommen werden, wenn deutliche Anhaltspunkte dafür sprechen, dass der Verleiher unter Verzicht auf die Möglichkeit der Kündigung nach § 604 Abs. 3 BGB die Räume dem Entleiher auf Lebenszeit überlassen möchte. Die Darlegungs- und Beweislast für einen vereinbarten Zweck, der die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit nach § 604 Abs. 3 BGB ausschließt, trägt der Entleiher (MüKoBGB/Häublein aaO Rn. 5 mwN).
(2) Dies zugrunde gelegt, können die Vereinbarungen zwischen den Parteien vorliegend nicht im Sinne eines lebenslangen Nutzungsrechts des Beklagten ausgelegt werden.
Schriftliche Vereinbarungen haben die Parteien nicht getroffen. Das schließt ein lebenslanges Nutzungsrecht zwar nicht aus, weil sowohl der Leihvertrag als solcher als auch die Zweckvereinbarung formlos - und damit auch mündlich - möglich sind (BGH aaO S. 360). Da aber die Konsequenz eines lebenslangen Nutzungsrechts den Verleiher stark belastet (MüKoBGB/Häublein aaO Rn. 2) und dieser eine derart lange Bindung deshalb im Zweifel nicht wird eingehen wollen (BGH aaO S. 359), ist das Fehlen einer schriftlichen Vereinbarung, aus der sich der Wille zur Bindung auf Lebenszeit des Entleihers deutlich ergibt, ein Indiz gegen einen solchen Willen des Verleihers.
Demgegenüber können den mündlichen Vereinbarungen der Parteien keine Anhaltspunkte für die Einräumung eines lebenslangen Nutzungsrechts entnommen werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Kläger wussten, dass der Beklagte die Räume zu Wohnzwecken nutzt. Auch wenn die Behauptung des Beklagten in seiner mündlichen Anhörung vor dem Landgericht zutreffen sollte, der Kläger habe ihm gesagt, "Du kannst da solange wohnen, wie Du willst. Ich habe das Gebäude lediglich gekauft, damit niemand mein Nachbar wird", konnte der Beklagte dies nicht als verbindliche Zusicherung eines lebenslangen Wohnrechts verstehen. Eine solche Äußerung lässt erkennen, dass die Kläger zu diesem Zeitpunkt keine konkreten Nutzungsabsichten hinsichtlich der streitgegenständlichen Räume hatten und sie weder selbst noch durch Überlassung an Dritte nutzen wollten. Daraus geht aber nicht hervor, dass sie verbindlich auf für sie nicht absehbare Zeit auf eine eigene Nutzung hätten verzichten wollen. Hätten sie eine solche Absicht gehabt, wäre vielmehr zu erwarten gewesen, dass sie eine eindeutige schriftliche Vereinbarung treffen würden, zumal die Flächen und Räumlichkeiten - als Reitplatz ausgewiesenes Grundstück mit Reithalle und Nebengebäuden - insgesamt nicht unbedeutend erscheinen. Umgekehrt hätte auch der Beklagte, wenn er tatsächlich von einem für ihn bedeutsamen lebenslangen Wohnrecht ausgegangen wäre, im eigenen Interesse jeden Anlass gehabt, auf eine schriftliche Vereinbarung hinzuwirken und auf diese Weise seine Rechtsposition eindeutig abzusichern. Hätten die Parteien die Einräumung eines lebenslangen Wohn- und Nutzungsrechts zugunsten des Beklagten beabsichtigt, hätte eine schriftliche Vereinbarung dieses Inhalts im Zusammenhang mit dem notariellen Grundstückskaufvertrag nahegelegen.
Gegen die Gewährung eines lebenslangen Wohn- und Nutzungsrechts spricht schließlich auch die bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zumindest ungeklärte baurechtliche Zulässigkeit der Nutzung. Der Beklagte hat in seiner mündlichen Anhörung vor dem Landgericht bekundet, er habe wegen des Anbaus der Reithalle zuvor schon mindestens einen Bauantrag gestellt, der aber nicht beschieden worden sei. Demzufolge war ihm bekannt, dass eine Baugenehmigung erforderlich, aber nicht erteilt worden war. Eine berechtigte Erwartung, dass die Baugenehmigung erteilt werden würde, hatte er nicht. Demzufolge musste er damit rechnen, dass einer langfristigen Wohnnutzung baurechtliche Beschränkungen entgegenstehen könnten. Die baurechtliche Unzulässigkeit der Nutzung schließt zwar die Wirksamkeit eines auf Gebrauchsüberlassung gerichteten Vertrages nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1979 - V ZR 214/77, BGHZ 75, 366, 368 zur bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit bei einem Mietvertrag). Da aber mit der baurechtlichen Unzulässigkeit der Nutzung und daraus resultierend mit künftigen baubehördlichen Maßnahmen zumindest zu rechnen war, konnte der Beklagte nicht erwarten, dass sich die Kläger langfristig und ohne Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung zur unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung verpflichten wollten.
Vor dem Hintergrund dieser Gesamtumstände konnte der Beklagte die auf einer mündlichen Vereinbarung beruhende Gebrauchsüberlassung nur als Leihe auf unbestimmte Zeit, aber nicht als Einräumung eines lebenslangen Wohn- und Nutzungsrechts verstehen.
c) Der Kündigung des Leihvertrages und dem Rückforderungsbegehren der Kläger steht nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung nach § 242 BGB entgegen. Zwar unterliegt die grundsätzlich jederzeit mögliche Rückforderung durch den Verleiher nach § 604 Abs. 3 BGB den Schranken des § 242 BGB und darf insbesondere nicht zur Unzeit ausgesprochen werden (vgl. OLG Köln, Urteil vom 23. September 1992, 11 U 213/92, NJW-RR 1992, 1497; MüKoBGB/Häublein aaO Rn. 5, 8). Ein dem Mieterschutz des Wohnraummieters vergleichbarer Schutz des Entleihers folgt aus § 242 BGB aber auch dann nicht, wenn der Entleiher die ihm zum Gebrauch überlassenen Räume als Wohnraum nutzt (Staudinger/Illmer, BGB [2024], § 604 Rn. 9; Lohsse in BeckOGK, § 604 BGB Rn. 11 [Stand: 1. Mai 2025]; aA Soergel/Heintzmann, BGB, 13. Aufl., § 604 Rn. 3). Vorliegend erscheint das Rückforderungsbegehren der Kläger nicht als treuwidrig. Der Beklagte hat die Räume, die Gegenstand des Herausgabeanspruchs sind, nach der Veräußerung der Grundstücke an die Kläger bis zur Erhebung der Räumungsklage rund zwei Jahre genutzt. Dieser Zeitraum ist nicht so lang, dass er sich auf eine langfristige Nutzung hätte einrichten können. Wenn er angenommen haben mag, er werde die Räume dauerhaft nutzen und dort wohnen können, war dies eine objektiv nicht berechtigte Hoffnung, nicht zuletzt angesichts der mindestens zweifelhaften baurechtlichen Zulässigkeit. Soweit die Beendigung der Gebrauchsüberlassung für den Beklagten mit nachvollziehbaren Härten verbunden ist, kann dem durch die Gewährung einer Räumungsfrist nach § 721 Abs. 1 ZPO Rechnung getragen werden.
2. Die Berufung des Beklagten hat aus diesen Gründen keine Aussicht auf Erfolg. Der Beklagte sollte deshalb unter Kostengesichtspunkten in Erwägung ziehen, das Rechtsmittel zurückzunehmen.
3. Die Gewährung einer Räumungsfrist beruht auf § 721 Abs. 1 ZPO.
a) Nach § 721 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann das Gericht dem Schuldner bei der Verurteilung zur Räumung von Wohnraum auf Antrag oder von Amts wegen eine angemessene Räumungsfrist gewähren. Die Vorschrift ist nicht nur zugunsten des Mieters von Wohnraum anwendbar, sondern bei jeder Verurteilung zur Räumung von zu Wohnzwecken genutzten Räumen (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2020 - V ZR 26/20, NJW 2021, 1088 Rn. 12 mwN) und damit auch auf den vorliegenden Fall der unentgeltlichen Leihe. Entscheidend ist, entsprechend dem Zweck der Vorschrift, drohende Obdachlosigkeit durch Einräumung einer Übergangsfrist zur Beschaffung neuen Wohnraums zu vermeiden, allein die tatsächliche Wohnnutzung (OLG Köln, Beschluss vom 1. Juli 1996 - 2 W 102/96, WuM 1997, 336 mwN). Daher kommt es für die Anwendung von § 721 Abs. 1 ZPO auch nicht darauf an, ob die Kläger dem Beklagten die Räume wissentlich als Wohnraum überlassen haben.
b) Eine Räumungsfrist nach § 721 Abs. 1 ZPO kann im Rahmen eines Beschlusses gewährt werden, durch den das Berufungsgericht die Zurückweisung der Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 BGB ankündigt.
aa) Im allgemeinen ist über die Gewährung einer Räumungsfrist nach § 721 Abs. 1 ZPO nach mündlicher Verhandlung in dem Urteil zu entscheiden, das die Verurteilung zur Räumung zum Gegenstand hat. Die isolierte Gewährung einer Räumungsfrist sieht das Gesetz, abgesehen vom Sonderfall einer auf künftige Räumung erkennenden Entscheidung nach § 721 Abs. 2 BGB, nicht vor (BGH, Beschluss vom 24. April 2014 - V ZR 74/14, WuM 2014, 354 Rn. 7; OLG Dresden, Beschluss vom 19. Juni 2019 - 5 U 1168/19, JurBüro 2019, 606, 607; MüKoZPO/Götz, 6. Aufl., § 721 Rn. 6; Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl., § 721 Rn. 9). Das schließt aber die Gewährung der Räumungsfrist durch Beschluss nicht aus. So kann eine Räumungsfrist - auch ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss - gewährt werden, wenn das Berufungsgericht die rechtzeitig eingelegte Berufung als unzulässig verwirft (Lehmann-Richter in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 16. Aufl., § 721 ZPO Rn. 15). Auch im Rahmen eines Beschlusses, durch den eine offensichtlich unbegründete Berufung nach § 522 Abs. 2 zurückgewiesen wird, kann eine Räumungsfrist gewährt werden (so die Vorentscheidung des OLG München zu BGH, Beschluss vom 24. April 2014 aaO). Dafür spricht nicht zuletzt das Gebot der beschleunigten Behandlung von Räumungssachen nach § 272 Abs. 4 ZPO. Denn sonst müsste vom regelmäßig zügigeren Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO immer dann Abstand genommen und über die Berufung mündlich verhandelt werden, wenn eine Räumungsfrist zu gewähren ist. Damit wäre eine Verzögerung der Bearbeitung eines nicht unerheblichen Teils der Räumungssachen in der Berufungsinstanz verbunden. Wenn nach der ganz überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur über die Räumungsfrist nicht isoliert entschieden werden darf, folgt daraus nicht, dass eine Räumungsfrist nur durch Urteil gewährt werden dürfte. Entscheidend ist vielmehr, dass das Gericht die Entscheidung über die Räumungsfrist nur gemeinsam mit der Sachentscheidung über den Räumungsanspruch treffen kann (vgl. OLG Dresden aaO; Heinze in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 721 Rn. 25).
bb) Kommt eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO in Betracht, so kann das Berufungsgericht eine Räumungsfrist nach § 721 Abs. 1 ZPO nicht nur im Zurückweisungsbeschluss gewähren, sondern bereits im Rahmen eines Hinweisbeschlusses, mit dem es nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Zurückweisung der Berufung ankündigt (LG Berlin, Beschlüsse vom 9. Februar 2016 - 67 S 18/16, WuM 2016, 238, 239 [BGH 28.01.2016 - V ZB 115/15] und vom 12. Oktober 2022 - 64 S 160/22, juris Rn. 7; Hanewinkel in Prütting/Gehrlein, ZPO, 15. Aufl., § 721 Rn. 9). Dieser Hinweisbeschluss ist zwar noch keine die Instanz beendende Entscheidung über die Verurteilung zur Räumung. Er ist aber insofern keine isolierte Entscheidung, als er eine Sachprüfung der Frage enthält, ob die erste Instanz den Schuldner mit Recht zur Räumung verurteilt hat. Zusammen mit dieser Sachprüfung kann das Berufungsgeri cht eine Entscheidung über die Gewährung einer Räumungsfrist treffen. Könnte die Räumungsfrist erst in dem die Berufung zurückweisenden Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO gewährt werden, so könnte der Berufungskläger auf den Hinweis nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO das in der Sache offensichtlich aussichtslose Rechtsmittel nicht zur Verringerung der Kosten (vgl. Nr. 1222 GKG-KV) zurücknehmen, ohne sich der ihm ansonsten zu gewährenden - und für ihn oft existentiell wichtigen - Räumungsfrist zu begeben. Das widerspräche dem Zweck des Hinweises nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO, der dem Berufungskläger nicht nur Gelegenheit zur Vertiefung seines Berufungsvorbringens geben, sondern auch die Möglichkeit zur kostensparenden Rücknahme des in der Sache aussichtslosen Rechtsmittels einräumen soll (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 24. November 2000, BT-Drucks. 14/4722 S. 97 f).
c) Unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls ist die Gewährung einer Räumungsfrist bis zum 31. August 2025 gerechtfertigt. Der Beklagte hat zwar nicht konkret dazu vorgetragen, inwiefern er tatsächlich erfolglose Bemühungen unternommen hat, anderweitigen Wohnraum zu finden. Auch unabhängig davon erscheint es aber nachvollziehbar, dass die Suche nach Wohnraum für ihn angesichts seines fortgeschrittenen Alters von 81 Jahren mit Schwierigkeiten und Belastungen verbunden ist. Dass die Kläger jenseits ihres allgemeinen Interesses, die in ihrem Eigentum stehenden Räume zurückzuerhalten und künftig anderweitig zu nutzen, etwa durch Verpachtung, aus bestimmten Gründen ein besonderes Interesse an sofortiger Rückerlangung hätten, ist nicht ersichtlich und wird auch in der Berufungserwiderung nicht konkret dargelegt.