Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.01.2025, Az.: 10 SLa 254/24 E

Vorliegen der Voraussetzungen für eine begehrte höhere Stufenzuordnung; Vorhandensein einschlägiger Berufserfahrung

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
28.01.2025
Aktenzeichen
10 SLa 254/24 E
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2025, 11888
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2025:0128.10SLa254.24.00

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Oldenburg - 29.02.2024 - AZ: 6 Ca 238/23 E

Fundstellen

  • AuA 2025, 59
  • öAT 2025, 104

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Für das Vorliegen einschlägiger Berufserfahrung iSv. § 16 Abs. 2 TVöD ist allein maßgebend, ob die frühere Tätigkeit fachliche Anforderungen gestellt hat, die den Entfall einer Einarbeitungszeit erwarten lassen. Das ist regelmäßig nicht nur dann der Fall, wenn die frühere Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgesetzt wird, sondern auch dann, wenn sie gleichartig war und zwischen früherer und nunmehriger Tätigkeit eine eingruppierungsrechtliche Gleichwertigkeit besteht. Der Beschäftigte muss einen Kenntnis- und Fähigkeitszuwachs erworben haben, der für die nach der Einstellung konkret auszuübende Tätigkeit erforderlich und prägend ist und ihm damit weiterhin zugutekommt.

  2. 2.

    Dies setzt grundsätzlich voraus, dass der Beschäftigte die Berufserfahrung in einer Tätigkeit erlangte, die in ihrer eingruppierungsrechtlichen Wertigkeit der Tätigkeit entspricht, die er nach seiner Einstellung auszuüben hat. Nach der Vorstellung der Tarifvertragsparteien versetzt die in früheren Arbeitsverhältnissen erworbene Berufserfahrung den Beschäftigten nur dann in die Lage, ohne nennenswerte Einarbeitungszeit die Tätigkeit beim neuen Arbeitgeber auszuüben, wenn die Vorbeschäftigung qualitativ im Wesentlichen die gesamte inhaltliche Breite der aktuellen Beschäftigung abdeckt und deshalb einschlägig ist.

  3. 3.

    Im Gegensatz zum Eingruppierungsrecht ist allerdings die zeitliche Zusammensetzung der früheren Tätigkeit für das Stufenzuordnungsrecht nicht von entscheidender Bedeutung. Erhöht sich nur der Zeitanteil einer bereits zuvor ausgeübten Tätigkeit und führt das eingruppierungsrechtlich zu einer höheren Entgeltgruppe, liegt darum grundsätzlich einschlägige Berufserfahrung auch in der neuen Entgeltgruppe vor. Grundsätzlich können darum auch eine mit weniger als der Hälfte der regulären Arbeitszeit ausgeübte Vorbeschäftigung oder weniger als die Hälfte der bisherigen Tätigkeit einnehmende Aufgaben einschlägige Berufserfahrung iSv. § 16 Abs. 2 TVöD vermitteln. Es muss dann im Einzelfall beurteilt werden, ob der zeitliche Umfang der Vorbeschäftigung oder Aufgaben so gering war, dass der Erwerb einschlägiger Berufserfahrung nicht mehr angenommen werden kann, weil das volle Spektrum der Anforderungen der neuen Tätigkeit nicht abgebildet worden ist.

  4. 4.

    Dementsprechend kann bei Aufbaufallgruppen einschlägige Berufserfahrung auch in einer niedrigeren Entgeltgruppe erlangt werden, wenn die höhere Bewertung der neuen Tätigkeit allein daraus resultiert, dass der Zeitanteil eines Arbeitsvorgangs gestiegen ist.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 29. Februar 2025 - 6 Ca 238/23 E - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die zutreffende tarifliche Stufenzuordnung des Klägers. Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien nebst Anträgen sowie der Würdigung, die jenes Vorbringen dort erfahren hat, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Oldenburg (Bl. 267 bis 277 d.A. I. Instanz) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Beklagte habe den Kläger bei seiner Einstellung zutreffend der Stufe 1 der Entgeltgruppe 11 TVöD zugeordnet. Die Voraussetzungen einer höheren Stufe gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 TVöD seien nicht erfüllt; der Kläger habe nicht hinreichend dargelegt, über eine einschlägige Berufserfahrung zu verfügen. Dies setze grundsätzlich voraus, dass der Beschäftigte die Berufserfahrung in einer Tätigkeit erlangt habe, die in ihrer eingruppierungsrechtlichen Wertigkeit der Tätigkeit entspreche, die er nach seiner Einstellung auszuüben habe. Frühere Tätigkeiten, die nur eine niedrigere Eingruppierung als die bei der jetzt auszuübenden gerechtfertigt hätten, könnten das Merkmal der einschlägigen Berufserfahrung nicht erfüllen. Der Kläger lege jedoch nicht dar, dass seine früheren Tätigkeiten nicht der Entgeltgruppe 9c TVöD (VKA) entsprochen hätten. Sein Sachvortrag lasse nicht erkennen, warum sich seine Tätigkeit aus der in der Ausgangsfallgruppe erfassten Grundtätigkeit heraushebe, und ermögliche keinen wertenden Vergleich mit den nicht unter das Heraushebungsmerkmal fallenden Tätigkeiten. Der Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD. Die für die Berücksichtigung vorheriger, für die vorgesehene Tätigkeit förderlicher beruflicher Tätigkeiten zu treffende Ermessensentscheidung setze voraus, dass die Deckung eines Personalbedarfs bezweckt werde. Dies sei hier nicht der Fall, weil ein quantitativer oder qualitativer Bewerbermangel nicht vorgelegen habe. Auch § 16 Abs. 3 TVöD vermittle den Anspruch nicht. Der dem Kläger übermittelte "Infozettel zur Stufenmitnahme" enthalte keine entsprechende konkrete Zusage.

Gegen das ihm am 5. März 2024 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger am 5. April 2024 Berufung eingelegt und sie innerhalb der verlängerten Frist am 27. Mai 2024 begründet.

Die Berufung führt aus: Der Kläger müsse nicht darlegen, mit seiner vorherigen Tätigkeit zu niedrig eingruppiert worden zu sein. Maßgebend sei, ob der Beschäftigte in der früheren Tätigkeit einen Kenntnis- und Fähigkeitenzuwachs erworben habe, der für die nach der Einstellung konkret auszuübende Tätigkeit erforderlich und prägend sei und ihm damit weiterhin zugutekomme. Es könne Konstellationen geben, in denen die Berücksichtigung der Berufserfahrung trotz niedrigerer Eingruppierung der vorherigen Tätigkeit geboten sei. Die Eingruppierung in dem vorherigen Arbeitsverhältnis liefere für die Einschlägigkeit der Berufserfahrung keine hinreichend zuverlässigen Ergebnisse. Die Tarifvertragsparteien stellten nicht auf die Vergleichbarkeit der Eingruppierung, sondern auf diejenige der fachlichen Anforderungen ab. Der Kläger habe dargelegt, dass seine Tätigkeit bei der Beklagten im Wesentlichen denjenigen entspreche, die er zuvor beim Landkreis erbracht habe. Das Arbeitsgericht hätte einen ihm nach dem Vorbringen des Klägers möglichen tätigkeitsbezogenen Vergleich der Beschäftigungen in ihrer Gesamtheit anstellen und sodann zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die vorherige Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgesetzt worden bzw. jedenfalls gleichwertig gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn seit dem 15. Januar 2022 nach Vergütungsgruppe E 11 TVöD-Bund Stufe 5, hilfsweise Stufe 3, zu vergüten und die Bruttonachzahlungsbeträge ab dem auf den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt folgenden Tag mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht geltend: Es gebe nach dem tariflichen Entgeltsystem keine entgeltübergreifende Berufserfahrung; frühere Tätigkeiten, die nur eine niedrigere Eingruppierung als die bei der jetzt auszuübenden gerechtfertigt hätten, könnten das Merkmal der einschlägigen Berufserfahrung daher nicht erfüllen. Soweit das Bundesarbeitsgericht für Aufbaufallgruppen auch eine in einer niedrigen Entgeltgruppe erlangte Berufserfahrung als einschlägig betrachte, stelle es allein darauf ab, dass eine höhere Eingruppierung allein auf Grund eines veränderten Zeitanteils der Tätigkeiten nicht dazu führen solle, dass Berufserfahrung in einer vorherigen niedrigeren Entgeltgruppe unberücksichtigt bleibe. Vorliegend setze die Eingruppierung in der Entgeltgruppe 11 aber nicht nur einen zeitlich höheren Anteil bestimmter Tätigkeiten, sondern das Heraushebungsmerkmal der besonderen Schwierigkeit und Bedeutung voraus. Warum die bisherige Tätigkeit in der Entgeltgruppe 9c einer Eingruppierung in Entgeltgruppe 11 entsprechen solle, habe der Kläger nicht vorgetragen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung bleibt erfolglos.

I.

Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2b ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist von diesem fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1, 2 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1, 2 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

II.

Die Berufung ist nicht begründet. Im Ergebnis und in wesentlichen Teilen der Begründung zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass der Kläger die Voraussetzungen für die begehrte höhere Stufenzuordnung nicht schlüssig dargelegt hat. Die Ausführungen der Berufung rechtfertigen nicht die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

1.

Der Anspruch ergibt sich nicht aus § 16 Abs. 2 TVöD, denn der Kläger hat eine einschlägige Berufserfahrung in seinem früheren Arbeitsverhältnis nicht substantiiert dargelegt.

a)

Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme u.a. der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Anwendung. Die Stufenzuordnung bei einer Einstellung bestimmt sich nach § 16 TVöD. Dieser lautet auszugsweise:

§ 16

Stufen der Entgelttabelle

(1) Die Entgeltgruppen 2 bis 15 umfassen sechs Stufen

(2) Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Verfügt die/der Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2; verfügt sie/er über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens drei Jahren, erfolgt bei Einstellung in der Regel eine Zuordnung zur Stufe 3. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist. ...

Protokollerklärungen zu § 16 Absatz 2:

1. Einschlägige Berufserfahrung ist eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogen entsprechenden Tätigkeit.

...

b)

Der Kläger verfügt nicht über die von ihm begehrte Stufenzuordnung erforderliche einschlägige Berufserfahrung iSv. § 16 Abs. 2 Satz 2 TVöD und der Protokollerklärung Nr. 1.

aa)

Entgegen der Auffassung der Berufung wäre es zur Schlüssigkeit der Klage erforderlich gewesen, einen Sachverhalt vorzutragen, aus dem sich ergibt, dass er auch auf seinem früheren Arbeitsplatz bei der Kommunalbehörde Tätigkeiten auszuüben hatte, die sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9c TVöD (VKA) herausheben. Da sein Vorbringen dem Gericht den insoweit erforderlichen wertenden Vergleich nicht erlaubt, kann nicht festgestellt werden, dass es sich um einschlägige Berufserfahrung iSv. § 16 Abs. 2 TVöD handelt.

(1)

Für das Vorliegen einschlägiger Berufserfahrung ist allein maßgebend, ob die frühere Tätigkeit fachliche Anforderungen gestellt hat, die den Entfall einer Einarbeitungszeit erwarten lassen. Das ist regelmäßig nicht nur dann der Fall, wenn die frühere Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgesetzt wird, sondern auch dann, wenn sie gleichartig war und zwischen früherer und nunmehriger Tätigkeit eine eingruppierungsrechtliche Gleichwertigkeit besteht (BAG 18. Februar 2021 - 6 AZR 205/20 - Rn. 18 mwN). Nach der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 16 Abs. 2 TVöD ist einschlägige Berufserfahrung eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogen entsprechenden Tätigkeit. Der Beschäftigte muss also einen Kenntnis- und Fähigkeitszuwachs erworben haben, der für die nach der Einstellung konkret auszuübende Tätigkeit erforderlich und prägend ist und ihm damit weiterhin zugutekommt (BAG 29. Juni 2022 - 6 AZR 475/21 - Rn. 19 mwN, BAGE 178, 214). Dies setzt grundsätzlich voraus, dass der Beschäftigte die Berufserfahrung in einer Tätigkeit erlangte, die in ihrer eingruppierungsrechtlichen Wertigkeit der Tätigkeit entspricht, die er nach seiner Einstellung auszuüben hat (BAG 29. Juni 2022 - 6 AZR 475/21 - Rn. 20, BAGE 178, 214; 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 23). Das Entgeltsystem des TV-L geht davon aus, dass es keine entgeltgruppenübergreifende Berufserfahrung gibt. Nach der Vorstellung der Tarifvertragsparteien versetzt die in früheren Arbeitsverhältnissen erworbene Berufserfahrung den Beschäftigten nur dann in die Lage, ohne nennenswerte Einarbeitungszeit die Tätigkeit beim neuen Arbeitgeber auszuüben, wenn die Vorbeschäftigung qualitativ im Wesentlichen die gesamte inhaltliche Breite der aktuellen Beschäftigung abdeckt und deshalb einschlägig ist (BAG 29. Juni 2022 - 6 AZR 475/21 - Rn. 20, BAGE 178, 214; 18. Februar 2021 - 6 AZR 205/20 - Rn. 18 mwN).

(2)

Hieraus ist zwar nicht zu schließen, dass einschlägige Berufserfahrung nur in derselben Entgeltgruppe erworben werden kann. Vielmehr ist ein tätigkeitsbezogener Vergleich zwischen den in der Vergangenheit erlangten Kenntnissen und Fähigkeiten mit den nach der Einstellung künftig zu bewältigenden Aufgaben erforderlich. Diese eigenständige Prüfung weist - nur - bezüglich der Wertigkeit der zu vergleichenden Tätigkeiten einen Bezug zum Eingruppierungsrecht auf. Im Übrigen ist Beurteilungsmaßstab allein der Vergleich der fachlichen Anforderungen der bisherigen und der nunmehr auszuübenden Tätigkeit (vgl. BAG 29. Juni 2022 - 6 AZR 475/21 - Rn. 22, BAGE 178, 214 mwN). Daher ist im Gegensatz zum Eingruppierungsrecht die zeitliche Zusammensetzung der früheren Tätigkeit für das Stufenzuordnungsrecht nicht von entscheidender Bedeutung. Erhöht sich nur der Zeitanteil einer bereits zuvor ausgeübten Tätigkeit und führt das eingruppierungsrechtlich zu einer höheren Entgeltgruppe, liegt darum grundsätzlich einschlägige Berufserfahrung auch in der neuen Entgeltgruppe vor (BAG 29. Juni 2022 - 6 AZR 475/21 - Rn. 23, BAGE 178, 214): Die Stufenzuordnung stellt nicht auf Arbeitsvorgänge ab. Auch ein zeitlicher Vergleich der Tätigkeitsbestandteile ist § 16 Abs. 2 TV-L grundsätzlich fremd. Grundsätzlich können darum auch eine mit weniger als der Hälfte der regulären Arbeitszeit ausgeübte Vorbeschäftigung oder weniger als die Hälfte der bisherigen Tätigkeit einnehmende Aufgaben einschlägige Berufserfahrung iSv. § 16 Abs. 2 TVöD vermitteln. Es muss dann im Einzelfall beurteilt werden, ob der zeitliche Umfang der Vorbeschäftigung oder Aufgaben so gering war, dass der Erwerb einschlägiger Berufserfahrung nicht mehr angenommen werden kann, weil das volle Spektrum der Anforderungen der neuen Tätigkeit nicht abgebildet worden ist (BAG 29. Juni 2022 - 6 AZR 475/21 - Rn. 25, BAGE 178, 214; 18. Februar 2021 - 6 AZR 205/20 - Rn. 35 mwN).

(3)

Dementsprechend kann bei Aufbaufallgruppen einschlägige Berufserfahrung auch in einer niedrigeren Entgeltgruppe erlangt werden, wenn die höhere Bewertung der neuen Tätigkeit allein daraus resultiert, dass der Zeitanteil eines Arbeitsvorgangs gestiegen ist. Aufbaufallgruppen liegen vor, wenn das Tätigkeitsmerkmal ein "Herausheben" aus dem in Bezug genommenen Tätigkeitsmerkmal der niedrigeren Entgeltgruppe durch eine zusätzliche Anforderung ausdrücklich vorsieht (BAG 28. Februar 2018 - 4 AZR 678/16 - Rn. 37). Diese Anforderung kann sich auf den Anteil der Erfüllung eines Tätigkeitsmerkmals bezogen auf die Gesamttätigkeit beziehen. Steigert sich der Anteil zum Beispiel von Tätigkeiten mit besonderer Schwierigkeit und Bedeutung, rechtfertigt dies - ggf. ab einem bestimmten zeitlichen Schwellenwert - eine höhere Eingruppierung. Dessen ungeachtet kann die Verrichtung solcher qualifizierten Tätigkeiten bereits in der niedrigeren Entgeltgruppe die einschlägige Berufserfahrung vermitteln, welche nach der Vorstellung der Tarifvertragsparteien eine Einarbeitungszeit in der höheren Entgeltgruppe entfallen lassen wird (BAG 29. Juni 2022 - 6 AZR 475/21 - Rn. 26, BAGE 178, 214).

bb)

Ohne Erfolg zieht der Kläger die soeben zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Stützung seiner Rechtsauffassung heran. Der dort zu entscheidende Sachverhalt war dadurch gekennzeichnet, dass sowohl vor als auch nach dem Wechsel Tätigkeiten anfielen, die sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9b Fgr. 1 TV-L heraushoben. Vorliegend lässt sich aber dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen, dass die unterschiedliche Eingruppierung lediglich aus einem bloßen Unterschied der Zeitanteile bestimmter qualifizierter Tätigkeiten herrührt. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass in seiner früheren Tätigkeit überhaupt Tätigkeiten anfielen, die das Heraushebungsmerkmal erfüllten.

(1)

Bei seinem früheren Arbeitgeber bezog der Kläger Entgelt aus Entgeltgruppe 9c TVöD-VKA. Die einschlägigen Normen der Entgeltordnung lauten:

Entgeltgruppe 9c

Beschäftigte, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 9b heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist.

Entgeltgruppe 9b

1. Beschäftigte mit abgeschlossener Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

2. Beschäftigte, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert.

(Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in den Entgeltgruppen 6 bis 9a geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach.)

Bei der Beklagten ist der Kläger in der Entgeltgruppe 11 TVöD eingruppiert. Die einschlägigen Normen der Entgeltordnung lauten:

Entgeltgruppe 11

Beschäftigte der Entgeltgruppe 9c,

deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9c heraushebt.

Entgeltgruppe 10

Beschäftigte der Entgeltgruppe 9c,

deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9c heraushebt.

Entgeltgruppe 9c

Beschäftigte der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 1 oder 2,

deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 9b heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist.

Entgeltgruppe 9b

1. Beschäftigte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst mit abgeschlossener Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

2. Beschäftigte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst,

deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

(2)

Der Kläger trägt zwar unter Vorlage von Tätigkeitsdarstellungen und Arbeitszeugnissen vor, welche Tätigkeiten er jeweils ausgeübt habe, und wertet die Tätigkeit als "im Wesentlichen" unverändert bzw. "gleichwertig". Dies reicht jedoch nicht aus, um der Klage zur Schlüssigkeit zu verhelfen. Wenn die Tätigkeiten im Wesentlichen unverändert geblieben wären, dann müsste der Kläger schon bei seinem früheren Arbeitgeber - zu welchem Zeitanteil auch immer - das Heraushebungsmerkmal der besonderen Schwierigkeit und Bedeutung erfüllt haben. Dies lässt sich seinem Vortrag aber nicht entnehmen.

(a)

Die Entgeltgruppen 9b, 9c und 11 TVöD bzw. TVöD (VKA) bauen aufeinander auf, wobei die Entgeltgruppe 11 das Heraushebungsmerkmal der "besondere(n) Schwierigkeit und Bedeutung" enthält. Bei Aufbaufallgruppen ist zunächst zu prüfen, ob die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt werden und anschließend, ob die Merkmale der darauf aufbauenden höheren Fallgruppen vorliegen (BAG 2. Juni 2021 - 4 AZR 387/20 - Rn. 46). Es ist dabei durch einen wertenden Vergleich festzustellen, ob auch die Tätigkeitsmerkmale mit hierauf aufbauenden Heraushebungs- oder Qualifikationsmerkmalen erfüllt sind (BAG 22. Juni 2022 - 4 AZR 495/21 - Rn. 30; 24. Februar 2021 - 4 AZR 269/20 - Rn. 21 mwN; 14. Oktober 2020 - 4 AZR 252/19 - Rn. 29 ff.). Allein die genaue Darstellung der übertragenen Aufgaben ist aber dann nicht ausreichend, wenn dieses Vorbringen aufgrund der tariflichen Tätigkeitsmerkmale noch keine Rückschlüsse darauf zulässt, ob und inwieweit der Beschäftigte über die Merkmale einer Ausgangsentgeltgruppe hinaus auch qualifizierende tarifliche Anforderungen der von ihm begehrten höheren Entgeltgruppe erfüllt. Das ist etwa der Fall, wenn das Tätigkeitsmerkmal der höheren Entgeltgruppe auf dem einer niedrigeren Entgeltgruppe aufbaut und eine zusätzliche tarifliche Anforderung - "Qualifizierungsmerkmal" - vorsieht, deren genauer Inhalt sich erst durch eine Darstellung der Tätigkeit in der Ausgangsentgeltgruppe und deren Anforderungen erschließt (BAG 14. Oktober 2020 - 4 AZR 252/19 - Rn. 33 mwN). Der klagende Beschäftigte hat dann nicht nur seine eigene Tätigkeit im Einzelnen darzustellen. Vielmehr ist darüber hinaus ein Vorbringen erforderlich, das erkennen lässt, wodurch sich eine bestimmte Tätigkeit von der in der Ausgangsfallgruppe bewerteten "Normaltätigkeit" unterscheidet. Dieser Vortrag muss dem Gericht einen Vergleich zwischen der Tätigkeit in der Ausgangsentgeltgruppe und der unter das höher bewertete Tarifmerkmal fallenden erlauben (stRspr.; vgl. etwa BAG 14. Oktober 2020 - 4 AZR 252/19 - Rn. 33; 13. Mai 2020 - 4 AZR 173/19 - Rn. 38; 9. Dezember 2015 - 4 AZR 11/13 - Rn. 18 ff.; 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 17 ff., 34; 16. Mai 2013 - 4 AZR 445/11 - Rn. 14).

(b)

Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass das Vorbringen des Klägers diesen Anforderungen nicht gerecht wird. Die bloße Beschreibung der Tätigkeiten ermöglicht nicht einen wertenden Vergleich zwischen der in der Ausgangsfallgruppe bewerteten "Normaltätigkeit" und den Tätigkeiten, die das Heraushebungsmerkmal erfüllen sollen. Soweit die Berufung die Auffassung vertritt, dies sei auch nicht erforderlich, weil es sich nicht um einen Eingruppierungsrechtsstreit handle, kann dem nicht gefolgt werden. Es ist nach der Tarifsystematik ausgeschlossen, dass der Kläger zutreffend zunächst in der Entgeltgruppe 9c TVöD-VKA eingruppiert war und nunmehr ebenso zutreffend in der Entgeltgruppe 11 TVöD eingruppiert ist, wenn seine Tätigkeit im Wesentlichen unverändert geblieben ist. Vielmehr müsste der Kläger schon in dem früheren Arbeitsverhältnis Tätigkeiten verrichtet haben, die das Heraushebungsmerkmal der besonderen Schwierigkeit und Bedeutung erfüllten. Das Berufungsgericht kann anhand seines Vortrags jedoch nicht feststellen, ob und in welchem Umfang dies der Fall war, denn hierfür wäre ein wertender Vergleich erforderlich.

2.

Der Anspruch ergibt sich auch weder aus § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD noch aus § 16 Abs. 3 TVöD. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Insoweit folgt das Berufungsgericht den Entscheidungsgründen zu I. 2. b) und c) des angegriffenen Urteils, stellt dies hierdurch fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG) und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie. Die Berufung zeigt insoweit keine neuen Aspekte auf.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Gegen diese Entscheidung ist daher ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird hingewiesen.