Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 25.07.2024, Az.: 7 A 5135/23

Gelbe Tonne; Sondernutzungserlaubnis; Sondernutzungserlaubnis zum Aufstellen von gelben Tonnen im öffentlichen Straßenraum

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
25.07.2024
Aktenzeichen
7 A 5135/23
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 26869
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2024:0725.7A5135.23.00

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erlaubnis, zwei gelbe Abfalltonnen mit einem Fassungsvermögen von jeweils 240 Litern im öffentlichen Straßenraum abzustellen.

Da die Beklagte - nachvollziehbar - davon ausgegangen ist, dass zahlreiche solcher Anträge bei ihr gestellt werden, hat sie einen "Kriterienkatalog für deren Beurteilung entwickelt, um einen einheitlichen Maßstab für die Bearbeitung zu gewährleisten". Darin heißt es:

"Rechtsgrundlage § 4 Absatz 1 i.V. m. Anlage I Nr. 12 der Sondernutzungssatzung

Prüfung der Privatfläche:

Ausschlussgründe können sein:

Keine Flächen vorhanden; Grenzbebauung; Fassadeneinbauten nicht möglich bzw. durch Restmüll- oder Biobehälter belegt (Altpapier müsste ersetzt werden); Beteiligung mit Nachbarn auf Privatfläche oder durch Nutzung Wegerecht über Nachbargrundstück nicht möglich; Hinterhof nicht erreichbar: Für die Beurteilung der Erreichbarkeit der Hoffläche ist die Größe der Behälter entscheidend. Bei 120l Behältern ist die halbgeschossige Ziehung der Behälter zumutbar. Bei 240l Behältern sind 4-5 Stufen (ohne Eingangsstufe) zumutbar. Die Nutzung der Privatfläche muss ggf. durch Anpassung der Behältergröße sichergestellt werden.

Prüfung der öffentlichen Fläche:

Ermessensentscheidung, Belange mit sachlichem Bezug zur Straßennutzung müssen geprüft werden:

Restgehwegbreite von 1,50m bei Gehwegen in Wohngebieten, 2m bei Hauptverkehrsstraßen; keine Aufstellung auf Grünflächen; andere Sondernutzungen beachten (z. b. Überstände, Fahrräder am Bügel, Außenbewirtschaftung etc.); vorzugsweise gemeinsamer Standort mit anderen Antragstellern, ggf. im Parkraum, "erweitertes Wertstoffinsel-Konzept"; Sichteinschränkungen durch Aufstellung ausschließen; keine Einhausung im Projektzeitraum.

Einzelfallbezogene Abwägung der Interessen der Antragsteller*innen und konkurrierender Nutzungsinteressen erforderlich."

Die Klägerin ist Eigentümerin eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks in der C. 4 (Gemarkung D., Flur E., Flurstück F.) im Stadtgebiet der Beklagten.

Am 20. Juni 2023 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zum Aufstellen zweier gelber Abfalltonnen mit je einer Breite von 57,7 cm im öffentlichen Straßenraum.

Unter dem 13. September 2023 hörte die Beklagte die Klägerin an. Der Antrag der Klägerin sei abzulehnen, da sie die Möglichkeit habe, die gelben Tonnen auf ihrem Grundstück abzustellen. Im Rahmen der Prüfung sei festgestellt worden, dass ihr die Unterbringung der gelben Tonne auf den Privatgrundstück zuzumuten sei.

Mit Bescheid vom 26. September 2023 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin sodann ab. Bei einem Antrag zur Aufstellung gelber Tonnen auf der öffentlichen Fläche werde zunächst geprüft, ob das private Interesse auf der privaten Fläche umgesetzt werden könne. Die Müllentsorgung sei grundsätzlich auf der privaten Fläche vorzunehmen und diese entsprechend herzurichten, damit eine Nutzung des Straßenraums nur am Abholtag erfolge. Bei einem Antrag zur Inanspruchnahme der öffentlichen Fläche für die Müllentsorgung könne der Erlaubnisgeber lediglich bei nicht vorhandenen oder nicht zumutbar erreichbaren Flächen Möglichkeiten zur Nutzung der öffentlichen Fläche prüfen und sei zu einer Ermessensabwägung verpflichtet. Dabei werde auch berücksichtigt, dass eine Trennung der Abfälle gesetzlich vorgegeben sei, nachhaltig durchgeführt werden solle und Klimaschutz als Staatsschutzziel definiert werde. Die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im störungsfreien Gemeingebrauch und der Schutz der Straßensubstanz sei mit dem privaten Interesse der Müllentsorgung abzuwägen. Im vorliegenden Fall seien die öffentlichen Belange höher zu bewerten als das private Interesse, das ebenfalls auf dem Grundstück befriedigt werden könne. Der Gemeingebrauch würde durch die Müllbehälter eingeschränkt, andere Nutzungen für die Allgemeinheit (andere Sondernutzungen wie zusätzliche Fahrradabstellmöglichkeiten) könnten nicht situativ berücksichtigt und durch die Behörde umgesetzt werden; eine übermäßige Nutzung durch unerlaubte Vermüllung neben der Sondernutzung sei zu befürchten.

Am 18. Oktober 2023 hat die Klägerin Klage erhoben. Die gelben Tonnen des Mehrfamilienhauses stünden derzeit an einer sehr günstigen Stelle zwischen der Restabfalltonne und einem öffentlichen Versorgungskasten. Es gehe keinerlei Verkehrsbehinderung von den beiden Tonnen aus; der Gehweg sei auf dieser Seite des Wohnblocks 3,05m breit. Ein Transport der Tonnen in den Innenhof, wie von der Beklagten verordnet, sei aus einer Reihe von Gründen unzumutbar. Das Haus im Jugendstil sei 120 Jahre alt. Es sei mit seinem denkmalwürdigen Mosaikterrazzo und den Granitstufen im Innern beim Transport der Tonnen mehr gefährdet als ein moderneres Haus mit Betonböden. Von der Straße zum Hof seien in drei Abschnitten acht Stufen zu überwinden, vom Hof zur Straße entsprechend ebenfalls. Das seien für eine Leerung der 2 Tonnen alle 14 Tage jeweils 32 Stufen. Dass die Stufen nicht zusammenhingen, bedeute nicht weniger Mühe. Der Abgang der Stufen zum Hof sei zudem fast ständig eingeengt durch Kinderwagen oder den Aufsätzen dazu. Auf dem Hof sei durch die teilweise Entsiegelung und Begrünung kein günstiger Platz für die Tonnen zu ersehen. Auf der linken Seite befinde sich nach einem "Podest" ein langer vielgebrauchter Fahrradständer. Rechts sei der Platz unter dem Balkon im 1. Stock den Bewohnern im Erdgeschoss vertraglich überlassen, weil deren Wohnung keinen Balkon habe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheids vom 26. September 2023 der Klägerin eine Sondernutzungserlaubnis zu erteilen, die ihr das Abstellen zweier "gelber Tonnen" auf dem Gehweg vor dem Wohnhaus G.. 4 in H. erlaubt,

hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine Sondernutzungserlaubnis zu erteilen, die ihr den Bau eines teilweise in die Fassade eingebauten Abfallschranks vor dem Wohnhaus G.. 4 in H. erlaubt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist die Beklagte im Wesentlichen auf den Inhalt des angefochtenen Bescheids und ergänzt: Der von ihr entwickelte Kriterienkatalog berücksichtige z.B. die Handhabbarkeit der Behälter im Leerungszustand sowie räumliche und verkehrliche Aspekte. Jeder Einzelentscheidung sei eine Prüfung vorangestellt, welche nach den Kriterien für den jeweiligen Bereich in der Örtlichkeit die für den öffentlichen Straßenraum verträglichste Lösung darstelle. Um der Prämisse Rechnung zu tragen, dass privater Müll grundsätzlich auf der privaten Fläche unterzubringen sei und öffentliche Bereiche auch anderen Belangen zur Verfügung stehen müssten, sei definiert worden, dass ein Transport der (auch befüllten) Behälter über vier bis fünf zusammenhängende Stufen zumutbar sei. So könnten Hinterhöfe erreicht und für die Unterbringung genutzt werden. Für die Grundstückseigentümer, die die privaten Flächen nicht nutzen wollten, stehe weiterhin eine Entsorgung über Wertstoffhöfe zur Verfügung. Eine Festlegung auf bestimmte Kriterien sei notwendig und zulässig, um eine konsistente und nachvollziehbare Genehmigungspraxis zu etablieren. Die Anzahl an Stufen sei nach Versuchen mit Behältern verschiedener Größen sowie Personen unterschiedlichen Alters festgelegt und intern abgestimmt worden. Es sei ermessensgerecht, die von der Klägerin bemühten Argumente - mithin ihr privates Interesse an der beantragten Inanspruchnahme des öffentlichen Straßenraums - hinter die öffentlichen Belange zurücktreten zu lassen: Auch die Nutzung des Treppenhauses durch die Mieter zum Abstellen der Kinderwagen könne zu keinem anderen Ergebnis führen. Es sei zumutbar, dies jedenfalls zeitlich "rund um die Müllabholung" anders zu organisieren. Gleiches gelte für die Gestaltung der Hoffläche. Auch hier sei es zumutbar, dass die Klägerin als Eigentümerin die vorhandene Fläche ggf. anders verteile. Der Klägerin sei die Möglichkeit der Entsorgung der Wertstoffe durch die Ablehnung nicht genommen, da sie ihre Fläche nutzbar machen könne oder andere Entsorgungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Soweit die Klägerin mit ihrem primären Antrag eine Sondernutzungserlaubnis zum Aufstellen zweier "gelber Tonnen" im öffentlichen Straßenraum begehrt, ist die Klage zulässig, aber unbegründet.

Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - statthaft, weil das Begehren der Klägerin auf die Verpflichtung der Beklagten zum Erlass eines Verwaltungsakts, nämlich einer Sondernutzungserlaubnis, gerichtet ist.

Die Voraussetzungen des § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO für eine Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der von der Klägerin beantragten Sondernutzungserlaubnis durch das Gericht liegen jedoch nicht vor, weil die Ablehnung dieser Erteilung rechtmäßig und die Klägerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt ist.

Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihr eine Sondernutzungserlaubnis zum Aufstellen zweier "gelber Tonnen" im öffentlichen Straßenraum erteilt. Rechtsgrundlage für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen ist § 4 Abs. 1 der Satzung über die Sondernutzung an Ortsstraßen und Ortsdurchfahrten in der Landeshauptstadt Hannover (Sondernutzungssatzung) vom 13. November 2008 (zuletzt geändert durch Satzung vom 15.06.2017, Gem. Abl. 2017, S. 312). Danach bedürfen alle Sondernutzungen, die nicht nach § 5 und Anlage II zu dieser Satzung erlaubnisfreie Nutzungen der Ortsstraßen und Ortsdurchfahrten darstellen, einer Erlaubnis der Beklagten. Erlaubnispflichtig sind insbesondere die in Anlage I zu dieser Satzung angeführten Sondernutzungen. Das Aufstellen der "gelben Tonnen" stellt keine erlaubnisfreie Nutzung nach § 5 und Anlage II der Sondernutzungssatzung dar. Vielmehr ist gem. § 5 Anlage I Nr. 12 der Sondernutzungssatzung die Aufstellung von Abfallbehältern im öffentlichen Raum erlaubnispflichtig.

Gemäß § 15 Abs. 1b) der Sondernutzungssatzung kann die Erlaubnis versagt werden, wenn die Sondernutzung die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder andere öffentliche Interessen (z.B. Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, Schutz der Straße) gefährden würde. Die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis steht somit im Ermessen der Behörde. Als Ermessensentscheidung ist die Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis gemäß § 114 Satz 1 VwGO nur einer eingeschränkten richterlichen Überprüfung zugänglich. Das Gericht prüft ausschließlich, ob die Ablehnung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Von der Prüfung umfasst ist damit insbesondere, ob die Behörde in der Erkenntnis des ihr eingeräumten Ermessens alle zu berücksichtigenden Belange in ihre Erwägung eingestellt hat, dabei von richtigen und vollständigen Tatsachen ausgegangen ist, die Gewichtung dieser Belange der Sache angemessen erfolgt ist und das Abwägungsergebnis vertretbar ist, insbesondere nicht gegen höherrangiges Recht verstößt.

Durch das Erlaubnisverfahren soll sichergestellt werden, dass die für die Ordnung der Benutzung der Straßen zuständigen Behörden von vornherein erkennbare Störungen verhindern oder in zumutbaren Grenzen halten und bei Kollision gleichwertiger Rechtsgüter verschiedener Rechtsträger einen Interessenausgleich schaffen können (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Mai 1987 - 23 B 878/87 -, NVwZ 1988, 269 ff., unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 7. Juni 1978 - 7 C 5.78 -, NJW 1978, 1933 f.). Um den gebotenen Interessenausgleich ermessensgerecht vornehmen zu können, ist eine Abwägung der wechselseitig betroffenen Belange geboten, deren Ergebnis ausschlaggebend von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls und hierbei insbesondere von dem Maß der Beeinträchtigung der gegenläufigen Rechte und Interessen abhängt. In die Abwägung einzustellen ist auf der einen Seite das Interesse des Sondernutzers an der Durchführung seines Vorhabens mit dem diesem Interesse objektiv beizumessenden Gewicht. Auf der anderen Seite sind die Belange von Bedeutung, deren Schutz der Fürsorge der für die Ordnung der Benutzung der Straßen zuständigen Straßenbaubehörden anvertraut ist. Der Sondernutzung gegenläufig sind in erster Linie verkehrliche Gesichtspunkte; denn bei der Ermessensentscheidung der Straßenbaubehörden geht es vornehmlich darum, Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auszuschließen oder doch in erheblichem Maße zu mindern (Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Mai 1987 - 23 B 878/87 -, NVwZ 1988, 269, 270 [VGH Baden-Württemberg 18.09.1987 - 5 S 52/87]).

In Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die Ermessensentscheidung der Beklagten als frei von Rechtsfehlern, indem sie den öffentlichen Belangen - Einschränkung des Gemeingebrauchs durch die Müllbehälter, andere Nutzungen für die Allgemeinheit könnten nicht situativ berücksichtigt und durch die Behörde umgesetzt werden, es sei eine übermäßige Nutzung durch unerlaubte Vermüllung neben der Sondernutzung zu befürchten - dem privaten Interesse der Klägerin an der Aufstellung der "gelben Tonnen" im öffentlichen Straßenraum den Vorrang einräumt. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG - vor. Die Beklagte hat Kriterien geschaffen, nach denen sie einheitlich beurteilt, ob das private Interesse auf dem Grundstück befriedigt werden kann und, sollte dies ausgeschlossen sein, ob die öffentliche Fläche eine Sondernutzung ermöglicht. Diese Kriterien orientieren sich an straßenbezogenen Gesichtspunkten (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 20. Juli 2017 - 7 LB 58/16 -, juris Rn. 37).

Keines der Kriterien erweist sich als sachfremd oder unsachgemäß gewichtet. Maßgeblich ist vorliegend, dass öffentliche Flächen nur in Ausnahmefällen für private Interessen in Anspruch genommen werden sollen. Die Müllentsorgung ist folglich grundsätzlich auf der privaten Fläche vorzunehmen und diese ist ggf. entsprechend herzurichten. Dieser Ausgangspunkt der Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Entgegen den Ausführungen der Klägerin ist der Hinterhof des klägerischen Mehrfamilienhauses durchaus auf zumutbare Weise erreichbar. Zutreffend ist zwar, dass insgesamt acht (siebeneinhalb) Stufen (drei plus zwei bzw. eineinhalb Stufen hoch und drei Stufen hinunter) mit der gelben Tonne überwunden werden müssen, um aus dem Hinterhof auf den Gehweg vor dem Gebäude zu gelangen. Zu beachten ist allerdings, dass zum einen die Eingangsstufe(n) nach den Kriterien der Beklagten herauszurechnen sind und zum anderen lediglich drei zusammenhängende Treppenstufen am Stück zu überwinden sind. Es erscheint zumutbar, eine lediglich mit Leichtverpackungen befülltem mit kleinen Rädern versehene 240l-Tonne über diese Stufen zu ziehen. Zwar lässt sich dem Wortlaut des Kriterienkatalogs nicht entnehmen, dass die dort als zumutbar genannten vier bis fünf Stufen zusammen zu hängen haben. Ein solches Verständnis ergibt sich aber aus dem Sinn und Zweck der Kriterien und wurde von der Beklagten im gerichtlichen Verfahren auch schärfend klargestellt. Auch aus der Systematik des Kriterienkatalogs ergibt sich ein solcher Schluss: Für die 120l-Behälter hält die Beklagte die halbgeschossige Ziehung für zumutbar, mithin geht sie davon aus, dass die Stufen ohne Unterbrechung aufeinander folgen.

Der Klägerin ist auch darin zu wiedersprechen, dass der Hinterhof nicht ausreichend Raum zum Aufstellen der beiden gelben Tonne bietet. Die gerichtliche Inaugenscheinnahme des Hinterhofes hat gezeigt, dass dieser Hinterhof offensichtlich ausreichend Raum zum Aufstellen zweier gelben Tonnen bietet. Der Innenhof ist mit seiner Seite zum Gebäude hin etwa 10,00 m breit. Zur gegenüber verlaufenden Grundstücksgrenze verjüngt sich der Innenhof. Gemessen von der Tür zum Innenhof bis zu einem Pflanzbeet gegenüber an der Grundstücksgrenze beträgt der Abstand 8,00 m.

Schließlich führt die Klägerin an, der "Weg" von der Eingangstür zum Hinterhof durch das Treppenhaus, den die beiden Abfalltonnen nehmen müssten, sei durch Kinderwagen verstellt. Ein solches Bild hat sich dem erkennenden Gericht während des Ortstermins gezeigt; allerdings hat sich auch ergeben, dass die Fahrräder der Hausbewohner offensichtlich unproblematisch zum Hinterhof geschoben werden können. Es erschließt sich dem Gericht daher nicht, wie es möglich sein soll, ein Fahrrad hindurchzuschieben, aber nicht eine gelbe Tonne. Ausgehend von einer durchschnittlichen Hüftbreite von ca. 37 cm (vgl. https://iba.online/knowledge/raeume-planen/flachenplanung/koerpermasse/) und einer durchschnittlichen Lenkerbreite von ca. 60 cm (vgl. https://v-locker.ch/blog-fahrradlenkerbreite/) ergibt sich eine durchschnittliche Breite von 67 cm, wenn das Lenkrad halb vor dem Körper geschoben wird. Die gelben Tonnen sind hingegen lediglich 57,7 cm breit. Es ist zudem darauf hinzuweisen, dass die im Treppenhaus abgestellten Kinderwagen durchaus brandschutzrechtliche Probleme auslösen können (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Februar 2009 - 25 K 7918/08 -, juris Rn. 19). Die von der Klägerin vorgetragene erhebliche Einengung des Treppenhauses dürfte dazu führen, dass das Aufstellen bereits brandschutzrechtlich unzulässig ist.

Die von der Beklagten aufgestellten Kriterien sind zudem nicht abschließend; eine einzelfallbezogene Abwägung der Interessen der Antragsteller und konkurrierender Nutzungsinteressen ist vorgesehen. Vorliegend lassen sich dieser - auf den Einzelfall bezogenen Abwägung - keine Ermessensfehler entnehmen. Die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im störungsfreien Gemeingebrauch und der Schutz der Straßensubstanz wurden ermessensfehlerfrei mit dem privaten Interesse der Müllentsorgung im öffentlichen Straßenraum abgewogen.

2. Soweit die Klägerin hilfsweise die Erteilung einer Sondernutzungsgenehmigung für den Bau eines teilweise in die Fassade eingebauten Abfallschranks vor ihrem besagten Wohnhaus begehrt, ist die Klage bereits unzulässig. Es fehlt an einem Rechtsschutzbedürfnis. Die Klägerin hat diesbezüglich (noch) keinen Antrag bei der Beklagten gestellt.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.