Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 21.01.2025, Az.: 1 MN 125/24
Wirksamkeit einer ortsüblichen Bekanntmachung im Internet; Konkretisierung der gemeindlichen Planungsabsichten für den Erlass einer Veränderungssperre im Rahmen eines Bauvorhabens
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 21.01.2025
- Aktenzeichen
- 1 MN 125/24
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2025, 10127
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2025:0121.1MN125.24.00
Rechtsgrundlagen
- § 14 BauGB
- § 11 NKomVG
Fundstelle
- KommJur 2025, 55-58
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Anders als bei der Bekanntmachung durch Aushang bedarf es für die ortsübliche Bekanntmachung auf der Internetseite der Gemeinde keiner (Einstellungs-)Frist; die Bekanntmachung ist, sofern in der Hauptsatzung nichts Abweichendes geregelt ist, mit der Einstellung bewirkt.
- 2.
Der Wirksamkeit einer ortsüblichen Bekanntmachung steht nicht entgegen, dass zusätzlich zu der in der Hauptsatzung vorgesehenen Bekanntmachungsform noch andere Bekanntmachungsmedien genutzt werden.
- 3.
Für die zum Erlass einer Veränderungssperre hinreichende Konkretisierung der gemeindlichen Planungsabsichten hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ist die abschließende Festlegung auf einen von mehreren "verwandten" Baugebietstypen nicht stets erforderlich. Das gilt insbesondere, wenn die Planung auf eine Festschreibung des vorhandenen Bestandes abzielt.
Tenor:
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird auf 12.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Veränderungssperre der Antragsgegnerin zur Sicherung der Aufstellung ihres Bebauungsplans Nr. 3.02.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Grundstücks im Ortsteil E. -Stadt der Antragsgegnerin und möchte dort ein Vierparteienhaus errichten. Das Grundstück ist ebenso wie seine nähere Umgebung überwiegend bebaut und mit einem Bebauungsplan aus dem Jahr 1983 nebst punktuellen späteren Änderungen überplant. Am 20. Juni 2024 fasste der Rat der Antragsgegnerin den Aufstellungsbeschluss für die Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. 3.02. Als "Ziel und Zweck der Planung" werden in der Sitzungsvorlage nach einer Darstellung der planungsrechtlichen und tatsächlichen Situation in einzelnen Teilbereichen des Plangebiets sowie Vorschlägen der Verwaltung zum Planinhalt oder zur Vorgehensweise zu dessen Konkretisierung genannt:
"1. Neufestsetzung und Unterteilung des gesamten Plangebiets gemäß der sich städtebaulich entwickelten Nutzung in Mischgebiet, allgemeines Wohngebiet oder reines Wohngebiet unter Berücksichtigung der vorhandenen Nutzung undAnpassung der allgemein und ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten,
2. Anpassung der öffentlichen Erschließung an die erforderlichen Maße und den Ist-Bestand,
3. Überplanung der gemeindeeigenen Fläche im Bereich zwischen F. -Straße ... und ... in ein Wohngebiet,
4. Klärung von Nachverdichtungsmöglichkeiten innerhalb des Plangebiets mit den jeweiligen Eigentümern bzw. Aufhebung von überbaubaren Flächen bei nicht gesicherter Erschließung,
5. Festsetzung notwendiger Räumstreifen für die Gewässer II. und III. Ordnung,
6. Zukünftige Anwendung der BauNVO 2017,
7. Zusammenführung der 1. bis 3. Änderung mit Übernahme der Festsetzungen."
Den Aufstellungsbeschluss stellte die Antragsgegnerin am 2. Juli 2024 unter "Bekanntmachungen" auf ihre Internetseite und hängte ihn am 3. Juli 2024 im Aushangkasten der Gemeinde aus. Auf beide Bekanntmachungen wies sie in den in ihrer Hauptsatzung genannten Tageszeitungen hin.
Ebenfalls am 20. Juni 2024 fasste der Rat der Antragsgegnerin den Satzungsbeschluss über die streitgegenständliche Veränderungssperre. Die Veränderungssperre machte die Antragsgegnerin im Amtsblatt für den Landkreis Aurich vom 5. Juli 2024 bekannt.
Die Antragstellerin hat am 17. September 2024 gegen die Veränderungssperre einen Normenkontroll- und den vorliegenden Normenkontrolleilantrag gestellt. Zu dessen Begründung macht sie geltend, die Veränderungssperre sei unwirksam, da ihrer Bekanntmachung keine wirksame Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses vorausgegangen sei. Die Regelungen der Hauptsatzung der Antragsgegnerin i.d.F. der 1. Änderungssatzung vom 14. Dezember 2023 zur ortsüblichen Bekanntmachung seien unwirksam; sie sähen eine Bekanntmachung im Internet und durch Aushang vor, ohne jeweils die Einstellungs- bzw. Aushangfrist zu benennen. Auch die Vorgängerfassung der Hauptsatzung vom 15. Dezember 2022, die nur die Internetbekanntmachung vorgesehen habe, habe keine Mindesteinstelldauer bestimmt und sei daher unwirksam; zudem erreiche eine reine Internetbekanntmachung nicht alle Bürger. Unabhängig davon genüge die tatsächlich vorgenommene Bekanntmachung den Anforderungen dieser Fassung nicht, da zusätzlich zur Internetbekanntmachung der Aushang vorgenommen worden sei; der Zweck der Bekanntmachung, Rechtssicherheit und Klarheit zu schaffen, werde damit verfehlt. Den Vorgaben der im Falle der Unwirksamkeit auch der Hauptsatzung vom 15. Dezember 2022 anwendbaren Fassungen vom 3. März 2017 oder 1. Oktober 2015, sei ebenfalls nicht genügt, da die dort vorgeschriebene Bekanntmachung in örtlichen Tageszeitungen fehle; die Hinweisbekanntmachungen genügten insoweit nicht. Unwirksam sei die Veränderungssperre ferner deshalb, weil es an hinreichend konkretisierten Planungsabsichten der Gemeinde fehle; aus dem Aufstellungsbeschluss ergebe sich, dass die Antragsgegnerin sich noch nicht für die Festsetzung eines reinen oder allgemeinen Wohngebietes oder eines Mischgebietes entschieden habe und noch eine Bestandsaufnahme vornehmen wolle.
II.
Der Antrag ist unbegründet.
Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind, jedenfalls bei Bebauungsplänen, zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrages, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn dessen (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (vgl. Senatsbeschl. v. 28.2.2020 - 1 MN 153/19 -, BauR 2020, 978 = juris Leitsätze 1 und 2 sowie Rn. 15 unter Anschluss an die stRspr des 4. Senats des BVerwG, Beschl. v. 25.2.2015 - 4 VR 5.14 -, ZfBR 2015, 381 = BauR 2015, 968 = juris Rn. 12; v. 16.9.2015 - 4 VR 2.15 -, BRS 83 Nr. 58 = juris Rn. 4; v. 30.4.2019 - 4 VR 3.19 -, BauR 2019, 1442 = juris Rn. 4).
Gemessen daran ist der Antrag abzulehnen, da der Normenkontrollantrag voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die gegen die Veränderungssperre erhobenen Rügen werden aller Voraussicht nach nicht durchgreifen.
1.
Das gilt zunächst für den Einwand der Antragstellerin, der Planaufstellungsbeschluss sei bei Bekanntmachung der Veränderungssperre am 5. Juli 2024 noch nicht bekanntgemacht worden, was nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt (vgl. zuletzt Senatsbeschl. v. 10.8.2022 - 1 MN 52/22 -, UPR 2022, 504 = juris Rn. 16 m.w.N.), die Unwirksamkeit der Veränderungssperre zur Folge hätte. Der Antragstellerin ist darin zuzustimmen, dass § 7 Abs. 3 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin in der Fassung der Änderungssatzung vom 15. Dezember 2023 unwirksam ist, da darin neben der Internetbekanntmachung ein Aushang im Bekanntmachungskasten des Rathauses zum konstitutiven Bestandteil der Bekanntmachung gemacht wird, ohne dass geregelt würde, nach Ablauf welcher Aushangfrist die Bekanntmachung bewirkt sein soll (st. Senatsrechtsprechung, vgl. Urt. v. 28.1.1971 - 1 A 134/69 -, OVGE MüLü 27, 371, 372 m.w.N.; v. 12.5.2009 - 1 KN 122/08 -, BRS 74 Nr. 123 = juris Rn. 23 f.; v. 14.8.2009 - 1 KN 219/07 -, NVwZ-RR 2010, 91 = juris Rn. 36).
Die Unwirksamkeit der genannten Normfassung hat jedoch nicht zur Folge, dass eine wirksame ortsübliche Bekanntmachung schlechthin nicht vorgenommen werden könnte, sondern lediglich, dass sich die ortsübliche Bekanntmachungsform nach der durch die Satzungsänderung obsolet gewordenen, mit deren Unwirksamkeit aber wiederauflebenden Vorgängerfassung richtet (vgl. Senatsurt. v. 29.5.2018 - 1 KN 53/17 -, BauR 2018, 1377 = BRS 86 Nr. 140 = juris Rn. 22 m.w.N.). Die damit maßgebliche Satzungsfassung vom 15. Dezember 2022 sah die Bekanntmachung auf der Internetseite der Antragsgegnerin als ortsüblich an. Diese Satzungsfassung ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin wirksam. Anders als bei der Bekanntmachung durch Aushang bedarf es für die Bekanntmachung auf der Internetseite der Gemeinde keiner Frist; die Bekanntmachung ist, sofern in der Hauptsatzung nichts Abweichendes geregelt ist, mit der Einstellung bewirkt. Das Erfordernis einer Aushangfrist ist der - berechtigten oder unberechtigten - Erwägung geschuldet, dass der tägliche Gang zum Aushangkasten auch dem am Ortsrecht interessierten Bürger nicht zumutbar sei. Das Fristerfordernis beruht auf der satzungsmäßigen Fiktion, dass dieser Gang typischerweise nur in bestimmten Abständen unternommen wird, die je nach Gemeindegröße und Anzahl der Aushangkästen mehr oder weniger lang sein können und daher in der Hauptsatzung definiert werden müssen. Demgegenüber unterstellt die Rechtsordnung, dass dem am Ortsrecht interessierten Bürger die Lektüre einer örtlichen Tageszeitung oder eines Verkündungsblatts - dessen regelmäßigen Bezug die Rechtsordnung auf allen Normebenen unterstellt - jederzeit, unverzüglich und ohne nennenswerten physischen Aufwand möglich ist, da diese Medien ihm - jedenfalls theoretisch - "ins Haus" geliefert werden. Das gilt auch für den Abruf der Internetseite der Gemeinde; diese kann zuhause oder an beliebigen öffentlichen Plätzen mit Internetzugang erfolgen und ist daher eher der Zeitungslektüre als dem Gang zum Aushangkasten vergleichbar. Eine Klarheit über den Inkrafttretenszeitpunkt, die die Antragstellerin bei der Internetbekanntmachung vermisst, ist bei den hier in Rede stehenden sonstigen ortsüblichen Bekanntmachungen schon deshalb entbehrlich, weil diese im Gegensatz zu Rechtsnormen nicht in Kraft treten.
Die Einlassung der Antragstellerin, eine reine Internetbekanntmachung sei keine rechtmäßige Bekanntmachungsform, weil die Kenntnisnahmemöglichkeit vom Vorhandensein eines Internetanschlusses abhängig sei, überzeugt nicht. Von seiner früheren Skepsis gegenüber der hinreichenden Breitenwirkung einer Internetbekanntmachung ist der Senat bereits im Jahr 2018 abgerückt (Senatsurt. v. 29.5.2018 - 1 KN 53/17 -, BauR 2018, 1377 = juris Rn. 21). Dies entspricht auch der Bewertung des Landesgesetzgebers, der in § 11 NKomVG für Satzungen die ausschließliche Internetbekanntmachung bereits seit 2011 zulässt. Der Einwand, jedenfalls im ländlichen Raum Ostfrieslands sei ein flächendeckender Zugang zu schnellem Internet nicht gewährleistet, ändert daran nichts. Einfache Bild- und Textdokumente, wie sie Gegenstand gemeindlicher Bekanntmachungen sind, weisen üblicherweise kein so hohes Datenvolumen auf, dass sie ohne schnelles Internet nicht zumutbar abrufbar wären. Ein zusätzlicher Aushang, wie ihn die unwirksame Änderungsfassung der Hauptsatzung vorsieht, ist vor diesem Hintergrund lediglich ein nicht geschuldeter "Dienst am Kunden".
Die von der Antragsgegnerin am 2. Juli 2024 vorgenommene Einstellung des Aufstellungsbeschlusses auf ihrer Internetseite genügt den Anforderungen der Hauptsatzung vom 15. Dezember 2022. Dem steht nicht entgegen, dass gleichzeitig ein Aushang vorgenommen wurde, dass das in das Internet eingestellte Dokument durch die Blankovorgaben "Aushang vom..." - "Abgenommen am..." auf Seite 2 dem Leser einen solchen gleichzeitigen Aushang auch nahelegt und dass in den maßgeblichen Tageszeitungen nicht nur auf die Internetbekanntmachung, sondern auch auf den Aushang hingewiesen wurde. Ein dadurch etwa entstandener Irrtum des Bürgers, welche Bekanntmachungsform denn nun maßgeblich sein soll, wäre unschädlich, da sich der Inhalt von Aushang und Internetdokument nicht unterscheidet.
2.
Erfolglos bleibt auch die zweite Rüge der Antragstellerin, die Planung der Antragsgegnerin habe zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre noch nicht den erforderlichen Konkretisierungsgrad erreicht.
Zutreffend ist, dass eine Veränderungssperre nur erlassen werden darf, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.10.2010 - 4 BN 26.10 -, BRS 76 Nr. 108 = juris Rn. 6, Beschl. v. 1.10.2009 - 4 BN 34.09 -, Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 29 = juris Rn. 9; Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 -, BVerwGE 120, 138 <146 f.> = juris Rn. 17). Dabei sind die Anforderungen an die Planungsabsichten freilich nicht zu überspannen. Erforderlich ist, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus (BVerwG, Beschl. v. 5.2.1990 - 4 B 191.89 -, BRS 50 Nr. 103 = NVwZ 1990, 558 = BauR 1990, 335 = juris Rn. 3). Soll der Bebauungsplan Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung enthalten, so erfordert eine hinreichend konkrete Planung darüber hinaus, dass im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Veränderungssperre Vorstellungen über diese Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundstücksflächen existieren, sei es, dass ein bestimmter Baugebietstypus, sei es, dass eine nach den Vorschriften des § 9 Abs. 1 bis 2a BauGB festsetzbare Nutzung ins Auge gefasst worden ist (BVerwG, Beschl. v. 5.2.1990 - 4 B 191.89 -, BRS 50 Nr. 103 = juris Rn. 2). Denn nur wenn hinreichend erkennbar ist, dass ggf. zur Genehmigung gestellte Bauvorhaben mit den beabsichtigten planerischen Gestaltungen nicht vereinbar sind, sind die nachteiligen Wirkungen einer Veränderungssperre erträglich (BVerwG, Beschl. v. 5.2.1990 - 4 B 191.89 -, BRS 50 Nr. 103 = NVwZ 1990, 558 = BauR 1990, 335 = juris Rn. 2 f.). Zweck der Veränderungssperre ist es, eine bestimmte Bauleitplanung und nicht lediglich die Planungszuständigkeit und Planungshoheit der Gemeinde zu sichern. Das erforderliche Mindestmaß an Vorstellungen muss daher geeignet sein, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde zu steuern, wenn sie über die Vereinbarkeit eines Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu befinden hat. Dies entspricht der Konzeption des § 14 BauGB. Nach seinem Absatz 2 Satz 1 kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht noch völlig offen sind (BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 13.03 -, BRS 67 Nr. 118 = juris Rn. 15; zum Ganzen zuletzt Senatsurt. v. 27.2.2019 - 1 KN 46/18 -, juris Rn. 35; v. 12.1.2023 - 1 LB 23/22 -, BauR 2023, 1478 = juris Rn. 35 ff.).
Diesen Anforderungen genügen die Planungsvorstellungen der Antragsgegnerin, wie sie aus der Vorlage für den Planaufstellungsbeschluss vom 20. Juni 2024 hervorgehen, jedoch. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass jedenfalls für Teile des Plangebiets noch nicht definitiv ein bestimmter Baugebietstypus ins Auge gefasst war. Der Zusatz "sei es, dass ein bestimmter Baugebietstypus, sei es, dass eine nach den Vorschriften des § 9 Abs. 1 bis 2a BauGB festsetzbare Nutzung ins Auge gefasst worden ist" zur vorzitierten generellen Maßgabe des Bundesverwaltungsgerichts, dass - wenn Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung angestrebt werden - Vorstellungen über diese Art der baulichen Nutzung existieren müssen, ist nicht als abschließender Katalog zu verstehen (vgl. Senatsurt. v. 12.1.2023 - 1 LB 23/22 -, BauR 2023, 1478 = juris Rn. 41 f.). Entscheidend ist, dass die Vorstellungen der Gemeinde zur angestrebten Art der baulichen Nutzung über eine Negativplanung hinausgehen und die Entscheidung über die Zulassung einer Ausnahme von der Veränderungssperre ermöglichen. Beides ist auch dann der Fall, wenn die planende Gemeinde wie hier die Absicht erklärt, bestehende Artfestsetzungen eines Bebauungsplans dem tatsächlich Vorhandenen anzupassen, ohne sich bereits zwischen "verwandten" Baugebieten wie Mischgebiet und allgemeinem Wohngebiet einerseits oder allgemeinem und reinem Wohngebiet andererseits zu entscheiden. Hier ist die Gemeinde darüber sogar noch hinausgegangen: In der Ratsvorlage für den Aufstellungsbeschluss hat die Verwaltung für alle faktisch vorhandenen Baugebiete eine Ersteinschätzung des (beizubehaltenden) faktischen Gebietstyps vorgenommen. Dass die Gemeinde sich vorbehält, diese Einschätzung im Laufe des Planaufstellungsverfahrens noch zu korrigieren und ggf. durch Ausschluss einzelner in den Baugebieten zulässiger Nutzungsarten eine Feinsteuerung vorzunehmen, liegt im Rahmen der Unsicherheiten, mit denen jede Bebauungsplanung vor Satzungsbeschluss behaftet ist. Das gleiche gilt für die übrigen Punkte, in denen die Antragsgegnerin den künftigen Planinhalt noch nicht abschließend konkretisiert hat, namentlich die Frage, wie bestimmte Blockinnenbereiche künftig erschlossen werden sollen und ob eine zur Überbauung mit im Wesentlichen Wohngebäuden vorgesehene, bisher landwirtschaftlich genutzte Fläche als allgemeines oder reines Wohngebiet festgesetzt wird.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 8 g, 1 d, 17 b der auf der Internetseite des Gerichts abrufbaren Streitwertannahmen des Senats für ab dem 1. Juni 2021 eingegangene Verfahren.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).