Landgericht Stade
Urt. v. 01.10.2024, Az.: 301 KLs 151 Js 47003/18 (5/24)

Strafbarkeit wegen gewerbsmäßigen Diebstahls sowie des unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition

Bibliographie

Gericht
LG Stade
Datum
01.10.2024
Aktenzeichen
301 KLs 151 Js 47003/18 (5/24)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 33867
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGSTADE:2024:1001.301KLS151JS47003.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Stade - 30.01.2023 - AZ: 201 KLs 151 Js 47003/18 (1/21)
BGH - 10.01.2024 - AZ: 6 StR 276/23

In der Strafsache
gegen
M. S.,
geboren 1974 in S.,
wohnhaft V. B., H. ,
Staatsangehörigkeit: d.,
Verteidiger:
Rechtsanwalt O. G., B., H.
Rechtsanwalt K.-U. V., H., H.
Rechtsanwalt R. F., B., H.
wegen schweren Bandendiebstahls
hat die 3. große Strafkammer das Landgericht Stade in der öffentlichen Sitzung vom 1. Oktober 2024, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Landgericht H.
als Vorsitzender,
Richter am Landgericht B.
als beisitzender Richter,
Herr S. F.,
Frau S. J.
als Schöffen,
Oberstaatsanwalt L.
als Beamter der Staatsanwaltschaft,
Rechtsanwalt R. F.
als Verteidiger,
Justizangestellte R.
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Angeklagte ist aufgrund der Feststellungen des Urteils der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Stade vom 30. Januar 2023 (Aktenzeichen: 201 KLs 151 Js 47003/18 (1/21) nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesgerichtshofes vom 10. Januar 2024 (Aktenzeichen: 6 StR 276/23) des Diebstahls in zwei Fällen sowie des unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition schuldig.

Er wird deswegen zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

Gegen die Angeklagten S. und Y. ist die Einziehung des Wertes des Taterlangten in Höhe von 816.824,94 € gesamtschuldnerisch angeordnet.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens sowie seine notwendigen Auslagen erster Instanz. Die Kosten des auf sein Rechtsmittel durchgeführten Revisionsverfahrens werden dem Angeklagten zu 3/4 auferlegt. In diesem Umfang (3/4) trägt er auch seine dort entstandenen notwendigen Auslagen. 1/4 der Kosten und der notwendigen Auslagen des Angeklagten im Revisionsverfahren trägt die Landeskasse.

Gründe

I.

Mit Urteil vom 30. Januar 2023 hat die 2. große Strafkammer des Landgerichts Stade den Angeklagten wegen Diebstahls in zwei Fällen sowie wegen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zum verschießen von Patronenmunition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Daneben hat sie einen Mitangeklagten wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt zur Bewährung, und einen weiteren Mitangeklagten wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Ferner wurde gegen den Angeklagten sowie den Mitangeklagten Y. die Einziehung des Wertes des Taterlangten in Höhe von 819.896,80 Euro angeordnet und auf die Einziehung einer Selbstladepistole, von neun Patronen sowie einem Magazin mit zehn weiteren Patronen sowie eines Lkw Daimler, amtliches Kennzeichen XXX erkannt. Schließlich wurden den Angeklagten die Verfahrenskosten sowie ihre notwendigen Auslagen aufgelegt.

Gegen dieses Urteil haben sämtliche Angeklagte Revision eingelegt, woraufhin der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 10. Januar 2024 (Aktenzeichen: 6 StR 276/23) unter Verwerfung der weitergehenden Revisionen das im ersten Rechtsgang gegen den Angeklagten ergangene Urteil lediglich in den Aussprüchen über die Strafen betreffend die Fälle II. 1 und II. 2 der Urteilsgründe der 2. großen Strafkammer sowie über die Gesamtstrafe und darüber hinaus, soweit die Einziehung des LKW Daimler-Benz angeordnet worden ist, aufgehoben. Der Bundesgerichtshof hat die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Stade zurückverwiesen. Dabei hat der Senat jedoch die den aufgehobenen Aussprüchen jeweils zugrundeliegenden Feststellungen nach § 353 Abs. 2 StPO bestehen lassen. Ferner hat der Bundesgerichtshof den Betrag der Einziehung des Wertes von Taterträgen entsprechend § 354 Abs. 1 StPO auf 816.824,94 Euro korrigiert.

II.

Aufgrund des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 10. Januar 2024 ist somit das Urteil der 2. großen Strafkammer vom 30. Januar 2023 hinsichtlich der beiden Mitangeklagten insgesamt und hinsichtlich des Angeklagten S. sowohl im Schuldspruch insgesamt und im Strafausspruch hinsichtlich der für die unter Ziffer II. 3 festgestellten Tat verhängten Einzelstrafe rechtskräftig.

Die nunmehr zuständige Kammer hat im zweiten Rechtsgang lediglich noch eine Entscheidung über die Frage der Einziehung des LKW Daimler-Benz sowie hinsichtlich der Verhängung von Einzelstrafen für die unter II. 1 und 2. bindend festgestellten Taten sowie hinsichtlich der Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe zu treffen.

Von der Entscheidung über die Einziehung des Lkw Daimler, amtl. Kennzeichen XXX, FIN: XXX hat die Kammer im Beschlusswege mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft Stade gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3, 1. Var. StPO abgesehen.

Folgende Feststellungen aus dem Urteil der 1. großen Jugendkammer vom 26. Oktober 2022 sind bindend geworden:

1. Zur Person:

"Der Angeklagte S. ist verheiratet und hat drei Kinder. Eines der Kinder ist noch minderjährig und lebt mit ihm und seiner Frau in einem Haushalt. Bevor der Angeklagte im Jahr 1987 nach D. kam, besuchte er in der T. die Grundschule. Hier in D. erlangte er in der Folge einen Hauptschulabschluss und begann eine Ausbildung zum Betonbauer, welche er jedoch nicht abschloss. Bis zum Jahr 2001 war er sodann bei der Stadtreinigung H. tätig. Danach verdiente er sein Geld im Speditionsbereich und als Restposten- und Palettenhändler. Derzeit arbeitet er in H. in Vollzeit an einer Tankstelle und bezieht dort ein Nettogehalt von rund 1.500,00 € monatlich. Er hat Steuerschulden bei der Stadt H. in Höhe von etwa 500.000,00 €.

Ausweislich des Bundeszentralregisterauszuges vom 03.01.2022 ist der Angeklagte bislang u.a. wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:

  • Nr. 2: Am 15.04.2002 verurteilte ihn das Amtsgericht H.-B. (Az.: 3305 Js 271/01 V 842-55/02) wegen Hehlerei zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 20,00 €.

  • Nr. 3: Am 13.08.2002 verurteilte ihn das Amtsgericht H. (Az.: 5100 Js 195/02 V 237-580/02) wegen vorsätzlicher Umsatzsteuerhinterziehung in 3 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 375 Tagessätzen zu je 40,00 €.

  • Nr. 5: Am 26.01.2004 verurteilte ihn das Amtsgericht H.-H. (Az.: 3306 Js 263/03 628-820/03) wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafaussetzung wurde in der Folge zunächst widerrufen und ein Strafrest mit Entscheidung vom 28.05.2008 erneut zur Bewährung ausgesetzt. Der Strafrest wurde schließlich mit Wirkung vom 18.08.2011 erlassen.

  • Nr. 6: Am 13.07.2005 wurde der Angeklagten vom Landgericht H. (Az.: 6600 Js 136/04 628 KLs 4/05) wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in 5 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Mit Entscheidung vom 28.05.2008 wurde der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt. Der Strafrest wurde mit Wirkung vom 18.08.2011 erlassen.

  • Nr. 7: Am 02.03.2018 verurteilte ihn das Amtsgericht H.-S. G. (Az.: 3201 Js 516/16 943 Ls 16/17) wegen Betruges sowie Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Entscheidung ist seit dem 29.03.2021 rechtskräftig. Dieser Verurteilung lagen u.a. folgende Feststellungen zur Sache zugrunde:

"1.

Am 30. September 2016 sollten der K. und der K. als zuständige Auslieferer für die Subunternehmer S. T. GmbH & Co.KG sowie B. T. Zigaretten der Firma P. M. GmbH im Gesamtverkaufswert von 137.634 Euro sowie weitere Waren ausfahren. Jeder der beiden Fahrer sollte eine eigene Tour fahren. Der Zeuge N. hatte entsprechende Papiere (Ladelisten und Lieferscheine) für den K. und den K. vorbereitet. Sowohl der K. als auch der K. kamen in den frühen Morgenstunden zum Speditionsgelände, erhielten ihre Papiere, und verluden in der Folge die auszuliefernden Waren in ihren jeweiligen LKW.

Am selben Tag etwa gegen 07.00 Uhr, begaben sich die Angeklagten S. und S. mit einem weißen LKW, der auf den Sohn des S. angemeldet ist, und der zu diesem Zeitpunkt mit dem amtlichen Kennzeichen XXX ausgestattet war, wobei die Kennzeichenschilder am 26. September 2016 als gestohlen gemeldet worden waren, zum Gelände der Spedition K. J. in der B. , H.. Der S. war als Fahrer für den S. tätig. Er fuhr das Fahrzeug. Der S. begab sich mit leeren Händen in die Halle der Spedition und ging in das nicht videoüberwachte Treppenhaus. Zeitlich versetzt nach dem S. begab sich der K. mit einer roten Mappe in den Händen in das nicht videoüberwachte Treppenhaus. Sodann kehrte der S. aus dem Treppenhaus zurück, mit einer grünen Mappe in den Händen. Der S. begab sich mit der grünen Mappe, in der sich Papiere befanden, zu dem Zeugen S. in der Absicht diesen über seine fehlende Berechtigung zum Empfang der Zigaretten zu täuschen und ihn zur Herausgabe der Zigaretten der Firma P. M. GmbH im Wert von 137.634 Euro, die eigentlich für den K. und den K. bestimmt waren, an ihn, den S., zu veranlassen. Dabei handelte er in der Absicht, sich rechtswidrig zu bereichern, um seine bestehenden Spielschulden zu begleichen. Aufgrund der vorgelegten Papiere hatte der Zeuge S. die Vorstellung, der S. sei zum Empfang der Zigaretten berechtigt, und holte, wie von dem S. beabsichtigt, aus dem Warenverschlag eine Mischpalette bestehend aus sieben Kartons, eine Mischpalette bestehend aus 35 Kartons sowie 15 Kartons von Zigaretten im Gesamtwert von 65.896,40 €, die der K. an die T. D. GmbH & Co. OHG in der T., H. ausliefern sollte. Ferner holt er aus dem Lager eine Europalette bestehend aus 25 Kartons, eine Europalette bestehend aus 28 Kartons sowie eine Mischpalette bestehend aus 40 Kartons Zigaretten, die der K. an die A. GmbH & Co. KG S. in der O., S. ausliefern. Der Zeuge S. zeichnete die Papiere des S. nicht ab. Auch kontrollierte er dessen LKW nicht. Der Angeklagte S. verlud die Zigaretten in den weißen LKW. Dabei ging er ungeübt vor. So fielen bei einem Ladevorgang mehrere Kartons von dem Hubwagen, da der Warenstapel zu hoch gepackt war. Der S. betrat das Lager nicht. Er hielt sich die ganze Zeit am LKW auf. Nachdem alle Zigaretten verladen waren, begab sich der S. gegen 07.21 Uhr mit der grünen Mappe zurück in den nicht videoüberwachten Treppenaufgang, wo er die Mappe mit den Papieren deponierte. Anschließend verließen der S. und der S. das Speditionsgelände mit den geladenen Zigaretten, fuhren zur L. und übergaben dort die Zigaretten an unbekannt gebliebene Hintermänner.

Die Angeklagten K. und K. begaben sich etwa gegen 07.50 Uhr jeweils mit den original Lieferscheinen zu dem Zeugen S. und verlangten die für ihre jeweilige Tour bestimmten Zigaretten heraus. Zu diesem Zeitpunkt fiel dem Zeugen S. auf, dass er die Ware bereits herausgegeben hatte. Die Zigaretten im Gesamtwert von 137.634,-- € sind bis zum heutigen Tage verschwunden."

  • Nr. 8: Am 15.06.2020 verurteilte ihn das Amtsgericht H. (Az.: 2110 Js 885/19 242-25/20) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10,00 € an und ordnete eine Fahrerlaubnissperre bis zum 22.02.2021 an

  • Nr. 9: Am 18.02.2021 verurteilte ihn das Amtsgericht H.-B. (Az.: 2310 Js 1480/20 840 Ds 334/20) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10,00 € an und ordnete eine Fahrerlaubnissperre bis zum 25.02.2022 an."

2. Zur Sache:

"1.

Irgendwann vor dem 03.11.2018 entschlossen sich die drei Angeklagten, Waren aus dem Lager der Logistik-Firma S. unter der Anschrift R.-D. in N. W. zu entwenden. Dem Angeklagten K. war die Firma bzw. das Lager gut bekannt, denn er war dort zu dieser Zeit über die Zeitarbeitsfirma E. als Lagerleiter beschäftigt. Vor diesem Hintergrund wusste er über die dortigen Arbeitsgewohnheiten, den Warenbestand und deren genaue Standorte in der Lagerhalle sowie die in der Lagerhalle vorherrschenden Sicherheitsbedingungen - etwa, dass die Firma über keine funktionierende Kameraüberwachung verfügte - genau Bescheid. Auch dem Angeklagten S. war die Firma durch seine Tätigkeit vor allem als Restposten- und Palettenhändler bekannt. Darüber hinaus verfügte er über einen Lkw der Marke Daimler Chrysler (amtl. Kennzeichen XXX; FIN: XXX), einen sog. "12-Tonner". Der Angeklagte Y. war zu dieser Zeit bei der Firma P. GmbH (Anschrift: M. in H.) als Lagerleiter beschäftigt und hatte in dieser Funktion selbstständigen Zugriff auf Lagerkapazitäten der Firma.

In Umsetzung des gemeinsamen Tatplans entwendeten die Angeklagten mit weiteren unbekannt gebliebenen Personen zwischen dem 03.11.2018, 18.30 Uhr und dem 05.11.2018, 04:30 Uhr, mittels des Lkw des Angeklagten S. sowie einem weiteren baugleichen Lkw insgesamt 119 Paletten aus dem Lager der Firma S.. Der Angeklagte K. lieferte hierfür die erforderlichen "Insiderinformationen" und war jedenfalls am Samstag, den 03.11.2018, zwischen 22:27 Uhr und ca. 23:45 Uhr unmittelbar vor Ort. Der Angeklagte S. stellte seinen Lkw zur Verfügung, war sowohl am Samstag (zwischen 18:16 Uhr und 23:25 Uhr) als auch am Sonntag (zwischen 19:51 Uhr und 21:58 Uhr) unmittelbar am Tatort, hielt Kontakt zu dem für die Zwischenlagerung zuständigen Angeklagten Y. und kümmerte sich um die Koordination des Abverkaufes. Bei den auf den Paletten befindlichen Waren, die sich auf verschiedenen Regalen in der Lagerhalle befanden, handelte es sich ausschließlich um Nivea-Deo-Spraydosen mit einem Gesamtwarenwert in Höhe von 572.896,80 €. Die Ware wurde zunächst zur Firma P. verbracht und dort durch den Angeklagten Y. zwischengelagert. Ihren weiteren Verbleib konnte die Kammer nicht feststellen. Gleiches gilt für die Beuteverteilung unter den Angeklagten. Die Angeklagten S. und Y. hatten sich bei Begehung der Tat bereits dazu entschlossen, sich aus der wiederholten Begehung solcher Diebstähle eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang zu verschaffen.

2.

Irgendwann vor dem 01.12.2018 entschlossen sich die Angeklagten S. und Y., Waren aus dem Lager der Firma P. L. GmbH unter der Anschrift B. in S./H. zu entwenden. Auch diese Firma war dem Angeklagten S. durch seine Tätigkeit vor allem als Restposten- und Palettenhändler bekannt. In Umsetzung ihres gemeinsamen Tatplans brachen die Angeklagten mit weiteren unbekannt gebliebenen Personen am 01.12.2018, irgendwann vor 11:00 Uhr, ein Rolltor zur Lagerhalle der Firma P. L. auf und entwendeten dort zwischen dem 01.12.2018, 11:00 Uhr und dem 03.12.2018, 03:16 Uhr, mittels des Lkw des Angeklagten S. sowie jedenfalls eines weiteren Lkw insgesamt 90 Paletten aus dem Lager. Bei den auf den Paletten befindlichen Waren handelte es sich um unterschiedliche, dort für die Supermarktkette Lidl gelagerte Lebensmittel mit einem Gesamtwarenwert in Höhe von 243.928,14 €. Die Waren wurden zunächst zur Firma P. verbracht und dort von dem Angeklagten Y. zwischengelagert. Ihren weiteren Verbleib konnte die Kammer nicht feststellen. Gleiches gilt für die Beuteverteilung unter den Angeklagten. Die Angeklagten S. und Y. wollten sich durch die wiederholte Begehung einer solchen Diebstahlstat eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen.

3.

Der Angeklagte S. bewahrte am 05.02.2019 im Schlafzimmerschrank seiner Wohnung unter der Anschrift V. in H. eine Selbstladepistole Beretta, Modell 76, Kaliber .22lr (Waff.-Nr.: XXX) samt einem Magazin mit zehn Patronen sowie weitere neun Patronen (alle Kaliber .22lr) auf, obwohl er wusste, dass er die hierfür erforderliche Erlaubnis nicht hat. Die Waffe samt Patronen hatte er von dem Zeugen D. zuvor als "Pfand" im Zusammenhang mit der Vermietung einer Wohnung in H. erhalten."

III.

Zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten hat die Kammer ergänzend zu den oben genannten Feststellungen der 2. großen Strafkammer folgendes festgestellt:

Der Angeklagte ist seit gut einem Jahr als Verlader bei dem Mineralölhandelsunternehmen H. tätig. Darüber hinaus arbeitet er an den Wochenenden in einer durch das Unternehmen betriebenen Tankstelle. Er erzielt durch seine Tätigkeit ein monatliches Nettoeinkommen zwischen 2.500 und 3.500 Euro und durch den Nebenerwerb zwischen 500,00 und 580,00 Euro.

Ein den Angeklagten betreffendes Insolvenzverfahren endet voraussichtlich im März 2025

Neben den oben bereits genannten Vorstrafen verurteilte das Amtsgericht L. (Aktenzeichen: 15 Cs 1206 Js 1289/22 (138/22) den Angeklagten am 8. März 2022 wegen vorsätzlichem Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 10,00 Euro. Daneben belegte es ihn mit einer Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis bis zum 30. Januar 2023 sowie einem zweimonatigen Fahrverbot.

Sowohl die Vollstreckung der Sanktionen aus dem Urteil des Amtsgerichts L. vom 8. März 2022 als auch derjenigen aus den oben genannten Urteilen der Amtsgerichte H. (Urteil vom 15. Juni 2020; Tatzeit 20. Juni 2019) und H.-B. (Urteil vom 18. Februar 2021; Tatzeit 20. Oktober 2020) sind durch Zahlung der jeweiligen Geldstrafen vollständig erledigt.

IV.

Die ergänzenden Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf dessen insoweit glaubhaften Angaben sowie der verlesenen Auskunft des Bundesamtes für Justiz vom 17. Juni 2024 und den beiden Vermerken zum jeweiligen Stand der Vollstreckung vom 26. und 27. September 2024.

Der Angeklagte hat zudem die inzwischen bindend festgestellten Taten zu II.1 und II.2 nunmehr eingeräumt und sich für sein Fehlverhalten entschuldigt.

V.

Bei der Strafzumessung hat sich die Kammer im Wesentlichen von folgenden Erwägungen leiten lassen:

1.) Taten II. 1 und 2

Für die beiden durch die 2. große Strafkammer unter II. 1 und 2 bindenden festgestellten Taten stand gemäß §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 1 ein Strafrahmen von drei Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe zur Verfügung.

Zunächst hat die Kammer geprüft, ob hinsichtlich beider oben genannter Diebstahlstaten aufgrund der bindend gewordenen Feststellungen das Regelbeispiel für ein gewerbsmäßiges Handeln nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB erfüllt ist und hat dies bejaht. Ein gewerbsmäßiger Diebstahl ist dabei anzunehmen, wenn der Täter sich aus der wiederholten Begehung von Diebstählen eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen will (vgl. Wittig, in: BeckOK StGB, 60. Ed. 1.2.2024, StGB § 243 Rn. 20, beck-online m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind aufgrund getroffenen Feststellungen vorliegend erfüllt. Sodann hat die Kammer jeweils geprüft, ob bezüglich der Taten in Betracht kommt, von der Wirkung des Regelbeispiels abzusehen und den Grundstrafrahmen des Diebstahls nach § 242 Abs. 1 StGB anzuwenden. Im Ergebnis hat die Kammer dies aus den folgenden Gründen verneint:

Bei der insoweit vorzunehmenden Abwägungsentscheidung anhand der allgemeinen strafzumessungsrechtlichen Erwägungen hat die Kammer zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass beide Taten bereits längere Zeit zurückliegen und er nunmehr seine Beteiligung an den Taten eingeräumt, sich hierfür entschuldigt und mithin Verantwortung für sein Fehlverhalten übernommen hat.

Demgegenüber war zuungunsten des Angeklagten und damit gegen die Anwendung des Grundstrafrahmens zu berücksichtigen, dass er nicht unerheblich und auch bereits einschlägig vorbestraft ist und in der Vergangenheit bereits zu Freiheitsstrafen verurteilt worden ist. Ferner sprachen die im Rahmen der Taten jeweils entstandenen, erheblichen Schadenssummen gegen den Angeklagten. Schließlich war bei der Strafzumessung hinsichtlich der Tat zu 2 auch die Verwirklichung des weiteren Regelbeispiels nach 243 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 StGB zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen, weil diese in einen umschlossenen Raum eingebrochen sind.

Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat die Kammer sodann unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände für die Tat 1 eine Freiheitsstrafe

von 4 Jahren

und für die Tat 2 eine Freiheitsstrafe

von 3 Jahren und 6 Monaten

als tat- und schuldangemessen erachtet.

2.) Gesamtstrafe

Aus den beiden oben festgesetzten Einzelstrafen sowie der weiteren bereits rechtskräftigen Freiheitsstrafe von neun Monaten für die Tat unter Ziffer II. 3. aus dem Urteil der 2. großen Strafkammer war sodann gemäß §§ 53 54 StGB unter Erhöhung der höchsten Einzelstrafe eine Gesamtstrafe zu bilden.

Bei der Zumessung der Gesamtstrafe hat sich die Kammer zunächst von den bereits genannten Strafzumessungsgesichtspunkten leiten lassen. Darüber hinaus hat sie gesamtstrafenspezifisch den recht engen zeitlichen Zusammenhang sowie den Umstand, dass sich die Taten im Wesentlichen gegen das gleiche Rechtsgut, wenn auch unterschiedlicher Rechtsgutträger, richteten, in den Blick genommen. Beide Umstände sprachen hier für einen recht engen Zusammenzug.

Die Kammer hat keinen Härteausgleich dafür vorgenommen, dass eine Gesamtstrafenbildung mit den Strafen aus den Urteilen des Amtsgerichts L. (Urteil vom vom 8. März 2022) sowie der Amtsgerichte Hamburg (Urteil vom 15. Juni 2020) und H.-B. (Urteil vom 18. Februar 2021) unterblieben ist, weil diese jeweils durch Zahlung vollstreckt wurden und dem Angeklagten daher kein Nachteil erwachsen ist (vgl. BGH, Urteil vom 05.05.2021 - 6 StR 15/21; beck-online).

Im Ergebnis hat die Kammer nach alledem und nach nochmaliger Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von

von 5 Jahren und 6 Monaten

als tat- und schuldangemessen erkannt.

VI.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 465 Abs. 1, 473 Abs. 1 und 4 StPO.