Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 18.11.2024, Az.: 7 A 2014/23
Heimversorgungsvertrag; Wettbewerb
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 18.11.2024
- Aktenzeichen
- 7 A 2014/23
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2024, 29430
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2024:1118.7A2014.23.00
Fundstelle
- GesR 2025, 197-200
Amtlicher Leitsatz
Unzulässige Anfechtung der Genehmigung eines zwischen einer anderen Apotheke und einem Seniorenheim geschlossener Heimversorgungsvetrag.
§ 12a ApoG ist nicht dem Schutz konkurrierenter Wettbewerber zu dienen bestimmt. Das Grundrecht auf freie Berufsausübung (Art 12 GG) gewährt im Grundsatz keinen vor Konkurrenz. Der mit der Kündigung des eigenen Heimversorgungsvertrags einhergehende wirtschaftliche Nachteil der folgenden Jahre liegt in dem marktimmanenten Wettbewerb der Apotheken um Heimversorgungsverträge begründet und gerade nicht in der Genehmigung eines (weiteren) Heimversorgungsvertrags.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die der E. -Apotheke von der Beklagten erteilte Genehmigung des zwischen der E. -Apotheke und dem Seniorenzentrum F. GmbH geschlossenen Vertrages zur Versorgung von Bewohnern des Pflegeheims mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten (Heimversorgungsvertrag).
Die Klägerin ist Eigentümerin der G. -Apotheke in H.. Sie verfügte selbst über einen Heimversorgungsvertrag mit dem Heimträger des Seniorenzentrums "I." GmbH in H., der von der Beklagten am 12. November 2018 genehmigt worden war. Zudem unterhält die Klägerin einen Heimversorgungsvertrag mit dem Heimträger eines Seniorenpflegeheims in J..
Der Heimträger des Seniorenzentrums "I." GmbH schloss sodann am 12. September 2022 einen (weiteren) Heimversorgungsvertrag mit Beginn zum 1. Januar 2023 mit der E. -Apotheke in K.. Die Beklagte genehmigte diesen am 13. Oktober 2022. Zuvor war ihr ein auf den 28. Oktober 2021 datiertes, an die Klägerin adressiertes Schreiben dieses Heimträgers, mit dem jener den Heimversorgungsvertrag mit der Klägerin zum 31. Dezember 2022 kündigte, vorgelegt worden.
Nachdem die Klägerin der Beklagten telefonisch mitgeteilt hatte, dass der zwischen ihr und dem Heimträger des Seniorenzentrums "I." GmbH geschlossene Heimversorgungsvertrag ihrer Auffassung nach nicht zum 31. Dezember 2022 ende, nahm die Beklagte Kontakt mit dem Seniorenzentrum "I." GmbH auf. Man teilte der Beklagten mit, dass eine weitere Kündigung zum 31. Dezember 2022 ausgesprochen worden sei.
Mit Schreiben vom 25. Januar 2023 forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte auf, die Genehmigung des Heimversorgungsvertrages zwischen der E. -Apotheke und dem Pflegeheim "I." GmbH zurückzunehmen. Die Beklagte teilte den Prozessbevollmächtigten der Klägerin daraufhin telefonisch mit, dass eine Rücknahme nicht zu veranlassen sei. Sie habe nicht zu prüfen, ob eine Kündigung zugegangen und damit wirksam sei. Voraussetzung für die Genehmigung nach § 12a Apothekengesetz - ApoG - sei lediglich die Vorlage eines Kündigungsschreibens, welche erfolgt sei.
Die Klägerin hat am 15. März 2023 Klage erhoben. Die Klage sei zulässig, da der Gesetzgeber mit § 12a ApoG die Interessen der Wettbewerber schütze. Zudem ergebe sich die Klagebefugnis aus Art. 12 Grundgesetz - GG -, da der Klägerin durch die Genehmigung des Heimversorgungsvertrags ein spürbarer wirtschaftlicher Schaden (in Höhe von 51.400 Euro) entstanden sei. Ihr Heimversorgungsvertrag sei von dem Träger des Seniorenzentrums "I." GmbH nicht gekündigt worden; eine solche Kündigung sei ihr nicht zugegangen. Die Beklagte hätte den Zugang des Kündigungsschreibens prüfen müssen. Die Beklagte habe den Heimversorgungsvertrag, den das Seniorenzentrum "Sonnenhof" GmbH mit der C. geschlossen habe, nicht genehmigen dürfen, da dieser Vertrag keine klare Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche mehrerer beteiligter Apotheken enthalte. Dies sei aber nach § 12a Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ApoG zwingend erforderlich, damit ein Heimversorgungsvertrag genehmigt werden könne.
Die Klägerin beantragte ursprünglich, die Genehmigung des Heimversorgungsvertrages zwischen dem Seniorenzentrum "I." GmbH und der E. -Apotheke nach § 12 a ApoG aufzuheben.
Der Heimversorgungsvertrag der Klägerin mit dem Seniorenzentrum "I. " GmbH wurde sodann mit Schreiben vom 15. Juni 2023, das der Klägerin per Einwurf-Einschreiben zugestellt wurde, zum 31. Dezember 2023 gekündigt.
Die Klägerin schloss mit dem Insolvenzverwalter des Seniorenzentrums "I." GmbH am 8. März 2024 vor dem Landgericht L. einen Vergleich darüber, dass die Klägerin einen Betrag in Höhe von 50.000 Euro zur Insolvenztabelle anmeldet und ein solcher Betrag von dem Insolvenzverwalter festgestellt wird. Ebenso bestand Einverständnis darüber, dass die Klägerin die angefallenen Rechtsanwaltsgebühren (Verfahrens-, Termins- und Einigungsgebühr) auf der Grundlage eines Streitwertes von 50.000 Euro sowie die angefallenen Gerichtskosten, soweit sie nicht erstattet werden, zur Insolvenztabelle anmeldet und der Insolvenzverwalter diese Kosten feststellt.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
festzustellen, dass die Genehmigung des Heimversorgungsvertrags zwischen dem Pflegeheim "I. " GmbH und der E. -Apotheke nach § 12 a Apothekengesetz ab dem 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 rechtswidrig war und die Klägerin in ihren Rechten verletzte.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin sei bereits nicht klagebefugt. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner Rechtsprechung zu § 11a ApoG einen Schutzzweck zugunsten eines Mitbewerbers verneint. Der Wortlaut und der Normzweck ließen eine Auslegung als eine zugunsten von Wettbewerbern wirkende Schutznorm nicht zu. Gleiches gelte für § 12a ApoG. Ebenso wenig könne die Klägerin eine Klagebefugnis aus Art. 12 Abs. 1 GG herleiten. Sie sei nicht durch die von der Beklagten erteilte Genehmigung des mit der E. -Apotheke geschlossenen Heimversorgungsvertrags von der Versorgung des Heims ausgeschlossen worden. Die Genehmigung sei auch nicht ursächlich für einen Schaden in Form eines etwaig entgangenen Gewinns.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Über die Klage kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO aufgrund des erklärten Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
I. Die Klage ist bereits unzulässig; daher kommt es nicht darauf an, ob die von der Beklagten erteilte Genehmigung rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren subjektiven Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
Auch für eine - wie hier erhobene - Fortsetzungsfeststellungsklage bedarf es einer Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO, weil die Fortsetzungsfeststellungsklage die Anfechtungsklage lediglich fortsetzt und diese Umstellung einen bereits vorhandenen Zulässigkeitsmangel nicht zu heilen vermag (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. März 1982 - 1 C 157.79 -, juris Rn. 23).
An der Klagebefugnis der Klägerin fehlt es vorliegend. Eine Anfechtungsklage ist nach § 42 Abs. 2 VwGO zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den angefochtenen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Das verlangt, wenn der Kläger nicht selbst Adressat des angegriffenen Bescheides ist, dass er die Verletzung einer Vorschrift behauptet, die ihn als Dritten zu schützen bestimmt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juli 1987 - BVerwG 4 C 12.84 -, juris). Hiernach ist die Klagebefugnis zu verneinen. Die Klägerin kann nicht geltend machen, die Genehmigung des Heimversorgungsvertrages zwischen dem Seniorenzentrum "I." GmbH und der E. -Apotheke verstoße gegen eine ihren Schutz bezweckende Norm.
1. Nach § 12a Abs. 1 ApoG ist der Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke verpflichtet, zur Versorgung von Bewohnern von Heimen im Sinne des § 1 des Heimgesetzes - HeimG - mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten mit dem Träger der Heime einen schriftlichen Vertrag zu schließen. Der Vertrag bedarf zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung der zuständigen Behörde. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn 1. die öffentliche Apotheke und die zu versorgenden Heime innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten liegen, 2. die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung gewährleistet ist, insbesondere Art und Umfang der Versorgung, das Zutrittsrecht zum Heim sowie die Pflichten zur Überprüfung der ordnungsgemäßen, bewohnerbezogenen Aufbewahrung der von ihm gelieferten Produkte durch pharmazeutisches Personal der Apotheke sowie die Dokumentation dieser Versorgung vertraglich festgelegt sind, 3. die Pflichten des Apothekers zur Information und Beratung von Heimbewohnern und des für die Verabreichung oder Anwendung der gelieferten Produkte Verantwortlichen festgelegt sind, soweit eine Information und Beratung zur Sicherheit der Heimbewohner oder der Beschäftigten des Heimes erforderlich sind, 4. der Vertrag die freie Apothekenwahl von Heimbewohnern nicht einschränkt und 5. der Vertrag keine Ausschließlichkeitsbindung zugunsten einer Apotheke enthält und die Zuständigkeitsbereiche mehrerer an der Versorgung beteiligter Apotheken klar abgrenzt. Dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich nicht entnehmen, dass diese konkurrierenden Zugangsinteressen von Mitbewerbern in ihr Entscheidungsprogramm aufnimmt, sie gewichtet und einer horizontalen Ausgleichsordnung zuführt. Dies folgt insbesondere auch nicht aus § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 ApoG. Das Erfordernis einer fehlenden Ausschließlichkeitsbindung vermag ebenso gut der Versorgungssicherheit der am jeweiligen Heimversorgungsvertrag beteiligten Einrichtung dienen, die klare Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche mehrerer an der Versorgung beteiligter Apotheken einer sachgerechten Kontrolle der entsprechenden Arzneimittelbestände durch die versorgende Apotheke. Der Wortlaut der Norm lässt insofern keinen Rückschluss darauf zu, dass diese Zugangsinteressen von Mitbewerbern dienen soll bzw. zum Schutz Dritter bestimmt ist.
2. Der Normzweck spricht dagegen, § 12a ApoG eine drittschützende Wirkung beizumessen. Die Zwischenschaltung der Apotheken bei der Abgabe von Arzneimitteln dient allgemein einer ordnungsgemäßen, das heißt sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung (Urteil vom 24. Juni 2010 - BVerwG 3 C 30.09 - BVerwGE 137, 213 Rn. 29). Das Ziel einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung umfasst die Belange der Arzneimittelsicherheit (vgl. § 1 AMG), des Verbraucherschutzes und der Versorgungssicherheit (siehe dazu den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Modernisierungsgesetz, BT-Drs. 15/1525, S. 160, 165; Antrag zur Entschließung des Bundesrates zum Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, BR-Drs. 432/08). § 1 Abs. 1 ApoG weist die Gewährleistung einer sicheren Arzneimittelversorgung den Apotheken ausdrücklich als eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe zu. Konkret dienen § 12a ApoG und das Genehmigungserfordernis darüber hinaus dem Schutz der Heimbewohner und der Beschäftigten des Heims (BT-Drs. 14/8930, S. 4).
Dem steht auch nicht die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 14. Juli 2016 - III ZR 446/15 -, juris) entgegen. So wird der zivilrechtliche Heimversorgungsvertrag ausdrücklich als "zugunsten der Heimbewohner wirkender Rahmenvertrag" (Rn. 13) bezeichnet. Weiter führt der Bundesgerichtshof zwar unter zivilrechtlichen Gesichtspunkten aus:
"Nach alledem bezweckt § 12a ApoG nicht allein den Schutz der Heimbewohner und -träger. Die Norm hat vielmehr auch den finanziellen Ausgleich des Apothekers für den zu leistenden Mehraufwand im Blick und will dem Apotheker die konkrete Möglichkeit eröffnen, zusätzlichen Gewinn durch eine Steigerung des Medikamentenabsatzes zu erzielen. Dementsprechend dient die Vereinbarung einer längeren (hier: sechsmonatigen) Kündigungsfrist nicht nur der Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit zugunsten der Heimbewohner, sondern auch dem legitimen Erwerbsinteresse des Apothekers. Diesem obliegen im Rahmen des Versorgungsvertrags neben der Belieferung mit Arzneimitteln zahlreiche vertragliche und gesetzliche Verpflichtungen, deren Erfüllung unter Umständen finanziell aufwändige Dispositionen erfordert. Durch die Vereinbarung einer längeren Kündigungsfrist wird auch der Schutzbedürftigkeit der wirtschaftlichen Interessen des Apothekers angemessen Rechnung getragen." (Rn. 32)
Es liegt indes auf der Hand, dass ein zivilrechtlicher Heimversorgungsvertrag die Interessen beider Vertragsparteien wahrt bzw. wahren soll; daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass mit der Norm der Zweck verbunden ist, öffentlich-rechtlichen Drittschutz zu entfalten. Der Bundesgerichtshof hat lediglich in einer zivilrechtlichen Frage des Schadensersatzes den Schutzzweck der verletzten Norm bezogen auf die jeweilige Vertragspartei bestimmt, da dieser den Schadensersatzanspruch begrenzt. Zu etwaigen Mitbewerbern hat er sich nicht verhalten. Die Frage, ob und gegebenenfalls für wen die Norm öffentlich-rechtlich drittschützend wirkt, wird demgemäß nicht beantwortet.
3. Auch die Entstehungsgeschichte zeigt, dass § 12a ApoG nicht individuellen Interessen von Wettbewerbern zu dienen bestimmt ist. Mit der Einführung von § 12 a ApoG trug der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass durch die Einführung der 2. Stufe zur Pflegeversicherung eine Anzahl von Krankenhausbetten oder Betten in gleichgestellten Einrichtungen in stationäre Pflegebetten umgewandelt worden und damit aus der Versorgung nach § 14 ApoG herausgefallen waren. Für sie war daher eine sachgerechte Kontrolle der entsprechenden Arzneimittelbestände durch Apotheker nicht mehr sichergestellt. Zusätzlich entstanden den Krankenkassen erhebliche Mehrkosten für Arzneimittel, da eine vertragliche Regelung zwischen Heimträgern und öffentlichen Apotheken oder Krankenhausapotheken für eine kostengünstigere und verbesserte Arzneimittelversorgung nach der seinerzeitigen Gesetzeslage nicht möglich war (vgl. Gesetzentwurf des Bundesrats, BT-Drs. 14/756 vom 14. April 1999, S. 1).
Vorrangiges Ziel des Gesetzentwurfs war daher eine Erhöhung der Arzneimittelsicherheit sowie eine kostengünstigere und teilweise auch einfachere Arzneimittelversorgung. Dazu sollte die direkte Abgabe von Arzneimitteln an Patienten bei ambulanter Behandlung im Krankenhaus sowie bei Entlassung am Wochenende oder vor einem Feiertag ermöglicht werden. Pflegeheime wurden unter bestimmten Voraussetzungen Kur- und Spezialeinrichtungen bei der Arzneimittelversorgung gleichgestellt; die übrigen Pflegeheime sollten die Versorgung durch eine öffentliche Apotheke einzelvertraglich vereinbaren können (vgl. Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drs. 14/8930 vom 25. April 2002, S. 1; Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drs. 14/8875 vom 24. April 2002, S. 1, 4 und 5). Hiernach dient die Vorschrift in erster Linie öffentlichen Interessen, während Individualinteressen allein insoweit in den Blick genommen sind, als im Lichte der nach Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit auf die Belange der Antragsteller einer Heimversorgungserlaubnis Rücksicht zu nehmen ist.
Soweit die Klägerin vorträgt, der Gesetzgeber schütze mit der Bestimmung des § 12a Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ApoG, wonach mehrere Apotheken gleichzeitig oder auch im turnusmäßigen Wechsel die Versorgung übernehmen dürfen, die Interessen der Wettbewerber, vermag die Kammer diesem Gedanken mit Blick auf die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/8930, S. 4) nicht zu folgen. So lässt § 12a Abs.1 ApoG zwar Wettbewerb zu bzw. setzt diesen als existent voraus. Die Norm wurde aber nicht geschaffen, um den Wettbewerb überhaupt erst zuzulassen. Ausdrücklich wird klargestellt, dass das Genehmigungsverfahren bei der zuständigen Behörde unter anderem dem Ziel dient, prüfen zu können, ob der Vertrag der Versorgung dient und die geltenden Bestimmungen beachtet werden. Der Wortlaut "unter anderem" meint dabei nicht, dass das Genehmigungsverfahren im Übrigen die Interessen der Wettbewerber schützt - ein solches Ziel lässt sich dem gesamten Gesetzgebungsverfahren nicht entnehmen -, sondern nimmt Bezug auf die übrigen im Gesetzesentwurf benannten Ziele: namentlich die Erhöhung der Arzneimittelsicherheit sowie der Schutz der Heimbewohner und der Beschäftigten des Heimes. Ziel des § 12a Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ApoG ist die Versorgungssicherheit der Heimbewohner, nicht aber der Schutz konkurrierender Wettbewerber.
4. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin lässt sich die Klagebefugnis auch nicht unter Heranziehung von Art. 12 Abs. 1 (i.V.m. Art. 3 Abs. 1) GG begründen. Das Grundrecht auf Berufsfreiheit gebietet nicht, hier ein Klagerecht anzuerkennen (vgl. zum Anspruch auf eine angemessene Verfahrensgestaltung: BVerfG, Beschluss vom 17. August 2004 - 1 BvR 378/00 - NJW 2005, 273 m.w.N.).
a) Das Grundrecht auf freie Berufsausübung sichert die Teilhabe am Wettbewerb. Es gewährt aber im Grundsatz keinen Schutz vor Konkurrenz. Die Wettbewerber haben keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben. Insbesondere verleiht Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht das Recht, den Marktzutritt eines weiteren Konkurrenten abzuwehren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006 - 1 BvR 1160/03 -, juris). Etwas anderes kann zwar gelten, wenn der Staat selbst die Funktionsbedingungen des Wettbewerbs festlegt. Hieraus kann einem Wettbewerber das Recht auf Einhaltung dieser Wettbewerbsbedingungen zuwachsen; jedoch nur unter der Voraussetzung, dass sie (auch) dem individuellen Interesse der Teilnehmer am Wettbewerb zu dienen bestimmt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2011 - 3 C 41/10 -, juris Rn. 18). So liegt der Fall - wie gezeigt - im Anwendungsbereich von § 12a ApoG aber nicht.
b) Eine gegenteilige Bewertung ergibt sich auch nicht daraus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Grundrecht der Berufsfreiheit beeinträchtigt sein kann, wenn eine hoheitliche Maßnahme zu einer Wettbewerbsveränderung führt, die erhebliche Konkurrenznachteile zur Folge hat. Die Annahme einer möglichen grundrechtsrelevanten Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse setzt nämlich voraus, dass die Wettbewerbsveränderung im Zusammenhang mit staatlicher Planung und/oder der Verteilung staatlicher Mittel steht. Es muss sich um eine Berufsausübung handeln, die in einem staatlich regulierten Markt stattfindet (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 17. August 2004 a.a.O. S. 274 und vom 23. April 2009 - 1 BvR 3405/08 - NVwZ 2009, 977). Um einen dergestalt strukturierten Markt, wie er etwa im Bereich der Krankenhausplanung und -finanzierung (dazu BVerfG, Beschlüsse vom 12. Juni 1990 - 1 BvR 355/86 - BVerfGE 82, 209 und vom 23. April 2009 a.a.O.) sowie im System des Vertragsarztrechts (dazu BVerfG, Beschluss vom 17. August 2004 a.a.O.) anzutreffen ist, handelt es sich indes bei den Apotheken nicht. Der Zugang zu diesem Markt unterliegt keiner Bedarfsprüfung. Bei der Erteilung einer apothekenrechtlichen Betriebserlaubnis nach § 2 ApoG spielen Mechanismen der Bedarfsplanung keine Rolle. Gleiches gilt für die Erteilung der Erlaubnis zum Versand apothekenpflichtiger Arzneimittel nach § 11a ApoG. Anders als der Krankenhausmarkt ist der Apothekenmarkt auch nicht durch die Verteilung staatlicher Investitionsfördermittel gekennzeichnet. Ebenso wenig besteht eine dem Vertragsarztsystem vergleichbare Budgetierung der Gesamtvergütung. Im Apothekenmarkt realisiert sich daher mit der Zulassung eines weiteren Konkurrenten lediglich das allgemeine marktimmanente Wettbewerbsrisiko (vgl. auch Rixen, WiVerw 2011, 219 <226 ff.>).
c) Daher kann unabhängig von der Antwort auf die Frage, ob sich die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 11a ApoG auf den vorliegend maßgeblichen § 12a ApoG übertragen lässt, daraus keine Klagebefugnis für die Klägerin abgeleitet werden. Eine Klagebefugnis kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 25. März 1992 - 1 BvR 298/86 -, juris) und des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18. April 1985 - BVerwG 3 C 34.84 -, juris) nämlich nur ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn die hoheitliche Maßnahme eine Wettbewerbsveränderung im Apothekenmarkt herbeiführt, die die wirtschaftliche Position des klagenden Konkurrenten unzumutbar beeinträchtigt. In einer solchen Situation ließe sich eine grundrechtsrelevante Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse nicht von vornherein ausschließen. Das verlangt aber, dass ein spürbarer wirtschaftlicher Schaden dargetan ist (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2011 - 3 C 41/10 -, juris Rn. 21). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Durch die Genehmigung des Heimversorgungsvertrages zwischen dem Seniorenzentrum "I." GmbH und der E. -Apotheke bedingte tatsächliche Nachteile der Klägerin, die über das marktimmanente Wettbewerbsrisiko hinausgehen, sind nicht auszumachen. Hinsichtlich des Abschlusses von Heimversorgungsverträgen treten Apotheken untereinander in einen Wettbewerb. Es ist damit dem Wettbewerbsrisiko marktimmanent, dass Heimversorgungsverträge mit anderen Apotheken geschlossen werden und der eigene Heimversorgungsvertrag aufgekündigt wird. Ob und mit welcher Apotheke das Heim einen Heimversorgungsvertrag abschließt und dementsprechend an der Versorgung beteiligt, entscheidet einzig der Heimträger. Die Beklagte hat hierauf keinen Einfluss. Der mit der Kündigung des eigenen Heimversorgungsvertrags einhergehende wirtschaftliche Nachteil der folgenden Jahre liegt somit in dem marktimmanenten Wettbewerb der Apotheken um Heimversorgungsverträge begründet und gerade nicht in der Genehmigung eines (weiteren) Heimversorgungsvertrags.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.