Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 12.03.2025, Az.: 1 A 114/24

Kleinbedarf; Lebensmittel in kleinen Mengen; Lebensmittelmarkt; Reisebedarf; Runderlass; Sonn- und Feiertagsruhe; Sonntagsöffnung; Täglicher Kleinbedarf

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
12.03.2025
Aktenzeichen
1 A 114/24
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2025, 13909
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE::2025:0312.1A114.24.00

Fundstelle

  • RdW 2025, 402-403

Amtlicher Leitsatz

Lebensmittelmärkte mit einer Verkaufsfläche von unter 800 qm unterfallen nicht der Ausnahme vom Verbot der Sonntagsöffnung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten (Verkauf von täglichem Kleinbedarf)

Tenor:

  1. 1.

    Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 5. Oktober 2023 verpflichtet, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über die erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung der Rechtsverletzung der Klägerin durch die rechtswidrigen Öffnungen der von den Beigeladenen zu 1. und zu 2. in der C-Straße in C-Stadt betriebenen Supermärkte an Sonn- und Feiertagen zu treffen und die Klägerin insoweit neu zu bescheiden; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  2. 2.

    Die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Klägerin, die Beklagte sowie die Beigeladenen zu 1. und zu 2. je zu 1/4.

    Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten trägt diese zu 3/4 und die Klägerin zu 1/4.

    Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1. trägt dieser zu 3/4 und die Klägerin zu 1/4.

    Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. trägt diese zu 3/4 und die Klägerin zu 1/4.

  3. 3.

    Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar; für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

    Sie kann die Vollstreckung der Beklagten sowie der Beigeladenen zu 1. und 2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte oder die Beigeladenen zu 1. oder u 2. vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

  4. 4.

    Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Sonntagsöffnungszeiten der Lebensmittelgeschäfte der Beigeladenen zu 1. und zu 2.

Die Klägerin vertritt als Gewerkschaft unter anderem Beschäftigte im Einzelhandel und unter anderem im Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. betreiben jeweils Geschäfte im Lebensmitteleinzelhandel im Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Der Beigeladene zu 1. betreibt an der Adresse C-Straße in C-Stadt einen Lebensmittelsupermarkt der Edeka-Gruppe. Die Beigeladene zu 2. betreibt an der Adresse C-Straße in C-Stadt eine Lebensmittel-Discounter-Filiale. Die Geschäfte haben an Sonntagen jeweils in der Zeit von 8:30 Uhr bis 11:30 Uhr geöffnet.

Mit Schreiben vom 8. September 2023 wendete sich die Klägerin an die Beklagte. Sie habe festgestellt, dass die Beigeladenen zu 1. und zu 2. ihre Lebensmittelgeschäfte jeweils auch an Sonntagen öffneten. Dabei werde das gesamte Warenangebot uneingeschränkt zum Verkauf angeboten. Dies widerspreche den Vorgaben des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten (im Folgenden "NLöffVZG") und verletze sie in ihren Rechten. Sie forderte die Beklagte auf, die Öffnungspraxis der Beigeladenen zu 1. und zu 2. im Wege der behördlichen Aufsicht zu prüfen und die erforderlichen Schritte zur Durchsetzung der Vorgaben des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten einzuleiten. Das Ergebnis der Prüfung und die eingeleiteten oder einzuleitenden Maßnahmen möge sie ihr bis spätestens zum 6. Oktober 2023 mitteilen.

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 5. Oktober 2023 mit, sie sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beigeladenen zu 1. und zu 2. ihre Lebensmittelgeschäfte auch an Sonn- und staatlich anerkannten Feiertagen für jeweils drei Stunden öffnen dürften. Dies folge aus § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG in Verbindung mit Ziffer 1.1.1 und 1.1.3 des Runderlasses des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 20. April 2021 (im Folgenden "Runderlass"). Danach sei bei Lebensmittelgeschäften mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 qm in der Regel davon auszugehen, dass diese entsprechend § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG lediglich auf den Verkauf von Waren des täglichen Kleinbedarfs ausgerichtet seien. Maßgeblich für die Bestimmung der Verkaufsfläche seien die Flächen, die von Kundinnen und Kunden betreten oder eingesehen werden könnten. Eigenständige Verkaufsstellen im Kassenvorbereich wie Bäckereigeschäfte seien nach Ziffer 1.1.3 des Runderlasses bei der Berechnung der Verkaufsfläche nicht zu berücksichtigen. Nach ihrer Ansicht seien daher neben eigenständigen Verkaufsstellen auch Pausenräume für das Personal und Lagerräume nicht in die Verkaufsfläche einzubeziehen. Daraus folge, dass die Beigeladenen zu 1. und zu 2. die Grenze der Verkaufsfläche von 800 qm unterschritten. Der Beigeladene zu 1. verfüge über eine Verkaufsfläche von insgesamt 805 qm, wovon allerdings die Flächen der eigenständigen Verkaufsstellen der Bäckerei und von T. sowie die von Kundinnen und Kunden nicht betretbaren und nicht einsehbaren Flächen abzuziehen seien, so dass die maßgebliche Verkaufsfläche unterhalb von 800 qm liege. Die Beigeladene zu 2. verfüge ohnehin nur über eine Verkaufsfläche von insgesamt 797,26 qm.

Die Klägerin hat am 3. Mai 2024 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, die Sonntagsöffnungen der Beigeladenen zu 1. und zu 2. seien rechtswidrig. Dies folge daraus, dass die Rechtsgrundlage aus § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG verfassungswidrig sei. Die Regelung sei nicht mit Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV vereinbar. Einziges Ziel der Regelung sei es, den Kunden den Erwerb von alltäglichem Bedarf auch an Sonn- und Feiertagen zu ermöglichen. Dadurch stehe das alltägliche Erwerbsinteresse im Zentrum der Regelung. Dieses könne eine Ausnahme vom Sonn- und Feiertagsschutz jedoch nicht rechtfertigen.

Darüber hinaus lägen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG für die Lebensmittelgeschäfte der Beigeladenen zu 1. und zu 2. nicht vor. Diese seien nicht auf den Verkauf von Waren des täglichen Kleinbedarfs ausgerichtet. Die Waren, die in den beiden Lebensmittelgeschäften an Sonntagen angeboten würden, seien nicht auf den Warenkorb des täglichen Kleinbedarfs im Sinne des § 2 Abs. 2 NLöffVZG beschränkt. Die Öffnungszeiten lägen auch nicht außerhalb der üblichen Gottesdienstzeiten. Zudem seien auch die konkreten Sonntagsöffnungen der Beigeladenen zu 1. und zu 2. nicht mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Schutz der Sonn- und Feiertage in Einklang zu bringen.

Durch die rechtswidrigen Sonntagsöffnungen werde sie in ihren Rechten aus Art. 9 Abs. 1 und 3 GG, konkretisiert durch Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV, verletzt. Die den Sonntag schützenden bzw. den Sonn- und Feiertagsschutz ausgestaltenden Vorschriften des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten seien für sie drittschützend. Die Vorschriften regelten die Zulässigkeit von Sonn- und Feiertagsarbeit im Einzelhandel, einem Bereich, in dem sie gemäß ihrer Satzung aktiv sei. Das Schreiben der Beklagten vom 5. Oktober 2023 sei ein Verwaltungsakt, weil mit ihm eine konkrete Entscheidung mitgeteilt werde. Der Entscheidungscharakter ergebe sich daraus, dass die Beklagte auf ihr Schreiben reagiert habe, in welchem sie die Beklagte aufgefordert habe, die erforderlichen Maßnahmen zur Durchsetzung der Vorgaben des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten zu ergreifen. Indem die Beklagte ausführe, dass sie die Öffnungen als rechtskonform erachte, erkläre sie hinreichend, dass sie die Entscheidung getroffen habe, nicht gegen die Sonntagsöffnungen der Beigeladenen zu 1. und zu 2. vorzugehen.

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    den Bescheid der Beklagten vom 5. Oktober 2023 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Schließung der von den Beigeladenen zu 1. und 2. in der C-Straße in C-Stadt betriebenen Supermärkte an Sonntagen zu verfügen, soweit die Öffnung ausschließlich auf § 4 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG gestützt wird;

  2. 2.

    hilfsweise, den Bescheid der Beklagten vom 5. Oktober 2023 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über die erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung der Rechtsverletzung der Klägerin durch die rechtswidrigen Öffnungen der von den Beigeladenen zu 1. und 2. in der C-Straße in C-Stadt betriebenen Supermärkte an Sonn- und Feiertagen zu treffen und die Klägerin insoweit neu zu bescheiden;

  3. 3.

    weiter hilfsweise, festzustellen, dass die Klägerin durch die Duldung der Öffnung der von den Beigeladenen zu 1. und 2. in der C- Straße in C-Stadt betriebenen Supermärkte an Sonntagen auf Grundlage von § 4 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG in eigenen Rechten verletzt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt den Ausführungen der Klägerin entgegen. Sie ist der Ansicht, die begehrte Aufhebung des Bescheids sei bereits unzulässig, weil ihr streitbefangenes Schreiben vom 6. Oktober 2023 - gemeint ist wohl der 5. Oktober - keinen Verwaltungsakt darstelle. Es habe sich lediglich um ein Informationsschreiben gehandelt. Weder habe sie eine Entscheidung getroffen noch habe sie eine Regelung ausgesprochen. Bereits die äußere Form ihres Schreibens, ohne Bezeichnung als Bescheid oder Verfügung und ohne Gliederung in Tenor, Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung, spreche gegen das Vorliegen eines Verwaltungsakts. Die begehrte Verpflichtung sei bereits unzulässig, weil die Klägerin es unterlassen habe, zuvor einen entsprechenden Antrag zu stellen. In dem Schreiben der Klägerin vom 8. September 2023 sei kein entsprechender Antrag zu erkennen. Die Klägerin sei auch nicht klagebefugt, weil sie nicht dargetan habe, dass ihre bzw. die Interessen ihrer Mitglieder mehr als nur geringfügig beeinträchtigt würden.

Die Klage sei aber auch unbegründet. Insoweit wiederholt und vertieft sie ihre Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren. Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG sei verfassungsgemäß und aufgrund der begrenzten Öffnungszeit von drei Stunden auch als Ausnahmeregelung erkennbar. Der Kernbereich der Sonn- und Feiertagsruhe bleibe dadurch unangetastet. Sachgrund der Ladenöffnung sei das Gemeinwohl, um bei Bedarf Waren des täglichen Kleinbedarfs in einem eng begrenzten Zeitraum zu erwerben. Eine dreistündige Ladenöffnung sei nicht geeignet, den Charakter eines Tages werktäglich zu prägen. Die fraglichen Lebensmittelgeschäfte der Beigeladenen zu 1. und zu 2. erfüllten die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG in Verbindung mit den Bestimmungen des Runderlasses.

Der Beigeladene zu 1. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er wiederholt und vertieft die Ausführungen der Beklagten. Er ist ebenfalls der Ansicht die Klage sei bereits unzulässig. Das Schreiben der Beklagten sei kein Verwaltungsakt. Nicht jede Ablehnung einer beantragten Handlung sei zugleich eine konkludente, verbindliche Feststellung, dass ein Anspruch nicht bestehe. Weder sei ein Anordnungscharakter erkennbar, noch sei ersichtlich, dass die Beklagte eine verbindliche Entscheidung treffen wollte. Die Klägerin könne gegenüber der Beklagten jederzeit eine erneute Prüfung der Rechtmäßigkeit der Sonntagsöffnungszeiten der Beigeladenen zu 1. und zu 2. anregen. Mit ihrem Schreiben vom 8. September 2023 habe die Klägerin keinen rechtsmittelfähigen Bescheid erbeten und keinen Antrag gestellt.

Die Klage sei zudem auch unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf ein Einschreiten der Beklagten. Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG sei verfassungsgemäß und stehe im Einklang mit dem Grundgesetz, insbesondere mit Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV. Die Sonn- und Feiertagsruhe sei mit den Grundrechten der Berufsfreiheit und der allgemeinen Handlungsfreiheit abzuwägen. Aufgrund der veränderten sozialen Wirklichkeit sei eine überschaubare Öffnung von Verkaufsstellen bzw. Supermärkten für den Kleinbedarf verfassungsrechtlich sogar geboten. Der sonntägliche Gottesdienst habe mittlerweile eine erheblich geringere Bedeutung. Die gesellschaftlichen Entwicklungen seien mit einem strikten Festhalten am Sonntag als Ruhetag kaum mehr in Einklang zu bringen. Gerade junge Familien profitierten von der Sonntagsöffnung, wenn unter der Woche keine Gelegenheit bestehe, den Wocheneinkauf zu tätigen. Seine Beschäftigten arbeiteten an Sonntagen ausschließlich auf freiwilliger Basis. Dieses Angebot werde gut angenommen, da es ihnen erlaube, an einem Werktag, an dem sie nicht selbst arbeiten müssten, andere Erledigungen zu tätigen.

Er könne sich auch auf die Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG berufen. Sein Sortiment sei auf den Verkauf von täglichem Kleinbedarf ausgerichtet, weil er Lebens- und Genussmittel vertreibe. Dabei handele es sich um handels- und haushaltsübliche Mengen und damit um kleine Mengen im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 7 NLöffVZG. Es werde zu Recht vermutet, dass Verkaufsstellen mit einer Verkaufsfläche von maximal 800 qm auf den Verkauf von täglichem Kleinbedarf ausgerichtet seien. Die Fläche der Verkaufsstelle lasse ohne Weiteres Rückschlüsse hinsichtlich der Quantität des Angebots und hinsichtlich der Verpackungsgrößen zu. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass die Bedientheken (Fleisch, Wurst und Käse) an Sonntagen nicht geöffnet seien und er an Sonntagen auch im Übrigen nur ein reduziertes Sortiment anbiete, da keine frischen Waren angeliefert würden. Dies wirke sich auch auf das Einkaufsverhalten der Kunden aus. Er behauptet, an Sonntagen würden durchschnittlich 9,5 Artikel je Kunde, an anderen Tagen dagegen 14,7 Artikel je Kunde verkauft. Der Umsatz je Kunde sei an Sonntagen rund 20 Prozent geringer als in der Woche. Ferner beachte die Klägerin die örtlichen Gottesdienstzeiten nicht hinreichend, da auch außerhalb seiner Sonntagsöffnungszeiten am Gottesdienst teilgenommen werden könne.

Die Beigeladene zu 2. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht sich die Ausführungen der Beklagten zu eigen. Die Klage sei unzulässig und unbegründet. Das Sortiment der betroffenen Filiale sei auf Waren des täglichen Kleinbedarfs im Sinne von § 2 Abs. 2 NLöffVZG ausgerichtet. Sie biete Bäckereiwaren, Zeitungen und Zeitschriften, Schnittblumen, Toiletten- und Hygieneartikel sowie Lebensmittel und Genussmittel in kleinen Mengen an. Die betroffene Filiale öffne trotz ihrer zwischenzeitlichen Vergrößerung weiterhin auch sonntags. Dabei würden aber Bereiche der Verkaufsfläche durch Bänder abgesperrt. Dies betreffe den Non-Food-Bereich und teilweise auch den Frischebereich, so zum Beispiel exotische Früchte.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg. Sie ist nur mit dem Hilfsantrag zu 2. begründet, mit dem Hauptantrag zu 1. ist sie unbegründet; die Ablehnung des begehrten Einschreitens gegen die Beigeladenen zu 1. und zu 2. ist rechtswidrig, die Klägerin wird dadurch in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

1. Die Klage ist mit dem Hauptantrag zu 1. sowie mit dem Hilfsantrag zu 2. zulässig.

a. Für den Hauptantrag zu 1. ist die Klage als Versagungsgegenklage statthaft. Die statthafte Klageart richtet sich gemäß § 88 VwGO nach dem Begehren des Klägers. Die Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage ist gemäß § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO statthaft, wenn mit der Klage die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten Verwaltungsakts begehrt wird. So liegt das Begehren der Klägerin hier. Mit ihrem Hauptantrag zu 1. begehrt sie, unter Aufhebung des gegen sie erlassenen Bescheids vom 5. Oktober 2023, den Erlass einer Untersagungsverfügung gegen die Beigeladenen zu 1. und zu 2., mit anderen Worten den Erlass drittbelastender Verwaltungsakte.

Bei dem Schreiben der Beklagten vom 5. Oktober 2023 handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 1 Abs. 1 NVwVfG in Verbindung mit § 35 Satz 1 VwVfG. Dies beurteilt sich danach, ob die materiellen Voraussetzungen des § 35 Satz 1 VwVfG erfüllt sind, unabhängig von der konkreten Bezeichnung der Verwaltungsmaßnahme oder der formalen Ausgestaltung (vgl. Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 25. Aufl. 2024, § 35 Rn. 50 bis 52). Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 35 Satz 1 VwVfG jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Die Voraussetzungen sind hier erfüllt, insbesondere hat die Beklagte eine Regelung getroffen.

Die Behörde trifft eine Regelung, wenn ihre Maßnahme darauf gerichtet ist, eine verbindliche Rechtsfolge zu setzen; dies erfasst nicht nur die unmittelbare Begründung, Änderung, Aufhebung oder bindende Feststellung eines Rechts des Betroffenen, sondern auch, wenn ein Recht verneint wird (vgl. von Alemann/Scheffczyk, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, 66. Ed., 1. April 2023, § 35 Rn. 141). Mangels konkretem Regelungs- und Bindungswillen fehlt der Regelungscharakter aber bspw. bei behördlichen Mitteilungen, Absichtserklärungen, Meinungsäußerungen, Auskünften und Informationen (vgl. Schwarz, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 35 VwVfG Rn. 95). Ist eine Erklärung der Behörde stattdessen darauf gerichtet, die im Verhältnis von Staat und Bürger bestehenden Unsicherheiten zu beseitigen, indem sie die generelle und abstrakte Regelung des Gesetzes verbindlich konkretisiert und/oder individualisiert, so legt die Verwaltung fest, was im Einzelfall rechtens sein soll, und trifft damit eine Regelung mit Außenwirkung im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG. Dies ist im Einzelfall entsprechend den §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Erklärungswert der behördlichen Maßnahme zu beurteilen. Maßgebend ist, wie der Empfänger die Erklärung unter Berücksichtigung der ihm erkennbaren Umstände bei objektiver Würdigung verstehen muss; Unklarheiten gehen hierbei zu Lasten der Verwaltung (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 5. November 2009 - 4 C 3.09 -, juris Rn. 15 und Rn. 21). Eine Regelung trifft die Behörde auch im Fall der Ablehnung eines auf Erlass eines Verwaltungsakts gerichteten Antrags (vgl. von Alemann/Scheffczyk, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, 66. Ed., 1. April 2023, § 35 Rn. 142). Die Ablehnung enthält den Regelungsgehalt, dass die begehrte Rechtsfolge versagt wird (vgl. Pautsch, in: Pautsch/Hoffmann, VwVfG, 2. Aufl. 2021, § 35 Rn. 25).

Dies zugrunde gelegt, hat die Beklagte mit Schreiben vom 5. Oktober 2023 den im Schreiben der Klägerin vom 8. September 2023 enthaltenen Antrag abgelehnt. Das Schreiben der Klägerin ist als Antrag zu verstehen, das Schreiben der Beklagten als dessen Ablehnung. Die Klägerin hat die Beklagte - im Anschluss an eine Schilderung ihres Verständnisses der Sach- und Rechtslage - zur Überprüfung der Sonntagsöffnungspraxis der Beigeladenen sowie zur Einleitung der erforderlichen Schritte zur Durchsetzung des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten aufgefordert. Sie hat keine bloße Information zu den praktizierten Sonntagsöffnungszeiten oder den maßgeblichen Vorschriften im Zuständigkeitsbereich der Beklagten erbeten, sondern sich ganz konkret auf die - ihrer Ansicht nach rechtswidrige und sie in ihren Rechten verletzende - Sonntagsöffnungspraxis der Beigeladenen zu 1. und zu 2. bezogen und auf Maßnahmen zu deren Beseitigung abgezielt. Ihre Bitte, ihr bis zum 6. Oktober 2023 das Prüfungsergebnis sowie die eingeleiteten bzw. einzuleitenden Maßnahmen mitzuteilen, war insoweit bloße Folge des beantragten Einschreitens und kein selbständiges resp. ausschließliches (generelles) Informationsersuchen. Dass es der Klägerin ersichtlich darum ging, was im Einzelfall gelten würde, hat auch die Beklagte nicht anders gesehen und in ihrem Schreiben vom 5. Oktober 2023 daher nicht bloß informatorisch zur (abstrakten) Rechtslage der Sonntagsöffnungszeiten in ihrem Zuständigkeitsbereich ausgeführt. Vielmehr hat sie dargelegt, was in der Konstellation der Beigeladenen zu 1. und zu 2. konkret gelten soll, und die gesetzlichen Voraussetzungen konkret auf die Lebensmittelgeschäfte und die Sonntagsöffnungspraxis der Beigeladenen angewandt. Dabei kam sie zu dem Ergebnis, dass diese die Voraussetzungen von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG erfüllten und an Sonntagen und an staatlich anerkannten Feiertagen rechtmäßig für drei Stunden öffnen dürften. Wenngleich die Beklagte das beantragte Einschreiten gegen die Beigeladenen nicht ausdrücklich abgelehnt hat, geht die damit verbundene Unklarheit jedoch zu ihren Lasten. Aus Sicht der Klägerin war aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 5. Oktober 2023 nicht erkennbar, dass diese ggf. nur beabsichtigte, einen informatorischen Hinweis zu erteilen, was in Bezug auf die Sonntagsöffnungspraxis der Beigeladenen zu 1. und zu 2. rechtlich gelten könnte. Vielmehr konnte die Klägerin im Schreiben der Beklagten die verwaltungsverfahrensbeendende Versagung ihres begehrten behördlichen Einschreitens gegen die Beigeladenen erkennen.

b. Für den Hilfsantrag zu 2. ist die Klage als Kombination einer allgemeinen Leistungsklage mit einer Versagungsgegenklage statthaft, weil die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag zu 2., anders als mit ihrem Hauptantrag zu 1., nicht lediglich ein Einschreiten der Beklagten mittels Verwaltungsakt ("zu verfügen") begehrt, sondern die Beklagte verpflichtet werden soll, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichtes eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über die "erforderlichen Maßnahmen" zur Beseitigung ihrer Rechtsverletzung durch die Sonntagsöffnungen der in der C-Straße in C-Stadt betriebenen Supermärkte der Beigeladenen zu 1. und 2. an Sonn- und Feiertagen zu treffen. Erforderliche Maßnahmen kann die Beklagte sowohl in Form von Verwaltungsakten als auch in Form von Realakten treffen.

Eine ausschließliche Statthaftigkeit der Verpflichtungsklage folgt nicht daraus, dass der Ausführung der begehrten Realakte zwingend eine Entscheidung durch Verwaltungsakt vorausgehen müsste, der wiederum Gegenstand einer Verpflichtungsklage sein müsste, wenn - wie hier - kein Fall vorliegt, in dem das Fachrecht stets den Erlass eines derartigen Verwaltungsaktes fordert (vgl. OVG Bremen, Urteil vom 13. Dezember 2022 - 1 LC 64/22 -, juris Rn. 47 m.w.N.). Der Antrag ist hinreichend bestimmt. Mit Blick auf das Auswahlermessen, das der Behörde in Bezug auf die beantragte Maßnahme zusteht, ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Antrag darauf beschränkt, den Erlass geeigneter Maßnahmen zu fordern (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2024 - 3 C 5.23 -, juris Rn. 15). So liegt der Fall auch hier, weil die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag zu 2. die Auswahl der erforderlichen Maßnahmen in das Ermessen der Beklagten stellt.

c. Die Klägerin ist klagebefugt. Sie kann gemäß § 42 Abs. 2 VwGO - der im Fall der teilweisen Leistungsklage mit dem Hilfsantrag zu 2. analog anzuwenden ist - geltend machen, durch die Ablehnung des Verwaltungsaktes in ihren Rechten verletzt zu sein. Die gesetzliche Ausgestaltung des Sonntagschutzes ist drittschützend und dient auch dem Schutz des Interesses von Vereinigungen und Gewerkschaften am Erhalt günstiger Rahmenbedingungen für gemeinschaftliches Tun. Hierzu zählt auch die Vereinigungs- und die Koalitionsfreiheit nach Art. 9 GG (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Mai 2017 - 8 CN 1.16 -, juris Rn. 10; Urteil vom 11. November 2015 - 8 CN 2.14 -, juris Rn. 17). Die Vereinigung kann insoweit nicht nur verlangen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Durchbrechung des Sonntagsschutzes den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen, sondern auch, dass die Anwendung von Vorschriften, die zu Eingriffen in den Sonntagsschutz ermächtigen, in jedem Einzelfall mit den Bestimmungen der Verfassung vereinbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2021 - 8 C 3.20 -, juris Rn. 14). Daraus folgt, dass die Vereinigung erst Recht ein behördliches Einschreiten verlangen kann, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Durchbrechung des Sonntagschutzes nicht erfüllt sind.

So liegt der Fall hier. Die Klägerin kann sich auf den Schutz aus Art. 9 GG berufen, weil sie als Gewerkschaft unter anderem im Zuständigkeitsbereich der Beklagten tätig ist und unter anderem Beschäftigte im Einzelhandel vertritt. Sie beruft sich auf eine Verletzung ihrer Rechte durch die Sonntagsöffnungspraxis der Beigeladenen zu 1. und zu 2., weil § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG einerseits nicht mit dem Sonntagsschutz aus Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV vereinbar und daher verfassungswidrig sei, andererseits, weil die Voraussetzungen von Nr. 3 lit. a) jedenfalls für die streitbefangenen Lebensmittelgeschäfte nicht vorlägen. Die Interessen der Klägerin werden auch nicht nur geringfügig beeinträchtigt, weil aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes auf eine Gesamtbelastung abzustellen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 2015 - 8 CN 2.14 -, juris Rn. 18 m.w.N.), die sich hier aus der Verfassungswidrigkeit der Norm selbst oder deren dauerhaften rechtswidrigen Anwendung bzw. des daraus folgenden Verstoßes gegen § 3 Abs. 2 NLöffVZG ergeben kann.

d. Die Klageerhebung gegen den Verwaltungsakt der Beklagten vom 5. Oktober 2023 erfolgte auch fristgerecht, weil eine Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne von § 58 Abs. 1 VwGO seitens der Beklagten unterblieben ist, so dass sich die Klagefrist nicht nach § 74 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO, sondern nach § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO richtet. Danach ist die Einlegung des Rechtsbehelfs - hier der Klage - grundsätzlich innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig. Diese Frist ist mit der Klageerhebung am 3. Mai 2024 gewahrt.

2. Die Klage ist mit dem Hilfsantrag zu 2. begründet, mit dem Hauptantrag zu 1. ist sie unbegründet. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte, die erforderlichen Maßnahmen gegen die Sonntagsöffnungspraxis der Lebensmittelgeschäfte der Beigeladenen zu 1. und zu 2. zu treffen. Einen Anspruch auf Erlass von Schließungsverfügungen hat sie indes nicht. Dabei kann die von den Beteiligten diskutierte Frage, ob die Durchbrechung des Sonntagsschutzes aufgrund von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG verfassungswidrig ist, offenbleiben, weil die streitbefangenen Lebensmittelgeschäfte der Beigeladenen zu 1. und zu 2. jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG erfüllen.

a. Rechtgrundlage für das von der Klägerin begehrte Einschreiten ist § 8 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 NLöffVZG. Eine ordnungsrechtliche Generalklausel - wie hier § 8 Abs. 2 Satz 2 NLöffVZG - vermittelt Individualschutz, soweit die Schutzgüter individualisiert sind, also Gefahren für Rechte und Rechtsgüter Einzelner bestehen oder wenn sich die individualschützende Wirkung aus der Verbindung der Eingriffsnorm mit einer individualschützenden Sachnorm ergibt (vgl. Wahl/Schütz, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 46. EL, August 2024, § 42 Abs. 2 VwGO Rn. 89 m.w.N.). Dies ist hier der Fall, weil die gesetzliche Ausgestaltung des Sonntagschutzes für die Klägerin drittschützend ist.

b. Die formellen Voraussetzungen sind erfüllt. Die Beklagte ist gemäß § 8 Abs. 3 NLöffVZG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 und Ziff. 4.5 der Anlage 1 zur Verordnung über Zuständigkeiten auf den Gebieten des Arbeitsschutz-, Immissionsschutz-, Sprengstoff-, Gentechnik- und Strahlenschutzrechts sowie in anderen Rechtsgebieten zuständig. Die Klägerin hat bei der Beklagten mit Schreiben vom 8. September 2023 einen Antrag gestellt. Dieser Antrag wurde von der Beklagten unter dem 5. Oktober 2023 abgelehnt.

c. Die materiellen Voraussetzungen sind für den Hilfsantrag zu 2. erfüllt; für den Hauptantrag zu 1. sind sie nicht erfüllt.

aa. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 NLöffVZG können die Behörden Maßnahmen anordnen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Vorschriften des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten sicherzustellen. Hierzu zählt, dass nach § 3 Abs. 2 NLöffVZG Verkaufsstellen an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen nur in den Ausnahmefällen der §§ 4 bis 5a NLöffVZG geöffnet werden dürfen. Verkaufsstellen sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG Einrichtungen, in denen von einer festen Stelle aus ständig Waren verkauft werden. Die streitbefangenen Lebensmittelgeschäfte der Beigeladenen zu 1. und zu 2. sind Verkaufsstellen im Sinne der Vorschrift. Für die regelmäßige Öffnung an Sonntagen können sie sich jedoch nicht auf einen der Ausnahmefälle der §§ 4 bis 5a NLöffVZG berufen, insbesondere nicht auf § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG.

bb. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG dürfen Verkaufsstellen, die nach ihrer Größe und ihrem Sortiment auf den Verkauf von täglichem Kleinbedarf ausgerichtet sind, für die Dauer von täglich drei Stunden, die außerhalb der ortsüblichen Gottesdienstzeiten liegen sollten, an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen geöffnet werden. Waren des täglichen Kleinbedarfs sind gemäß § 2 Abs. 2 NLöffVZG Bäckerei- und Konditorwaren (Abs. 2 Nr. 1), Zeitungen, Zeitschriften, Straßenkarten, Stadtpläne, Reiselektüre, Schreibmaterialien und Tabakwaren (Abs. 2 Nr. 2), Schnitt- und Topfblumen, Pflanzengestecke, Kränze und Weihnachtsbäume (Abs. 2 Nr. 3), Toiletten- und Hygieneartikel (Abs. 2 Nr. 4), Verbrauchsmaterial für Film- und Fotozwecke sowie Tonträger (Abs. 2 Nr. 5), Andenken, Geschenkartikel und Spielzeug, wenn es sich jeweils um Gegenstände geringeren Werts handelt (Abs. 2 Nr. 6), Lebens- und Genussmittel in kleinen Mengen (Abs. 2 Nr. 7) und ausländische Geldsorten (Abs. 2 Nr. 8). Nach Ziff. 1.1.1 Sätze 1 und 2 des Runderlasses des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 20. April 2021 ist eine Verkaufsstelle ab einer Verkaufsfläche von mehr als 800 qm nicht mehr auf den Verkauf von Kleinbedarf ausgerichtet. Bei kleineren Verkaufsstellen bleibt nach Ziff. 1.1.1 Satz 3 des Runderlasses zu prüfen, ob sie auf den Verkauf von täglichem Kleinbedarf ausgerichtet ist, was nach Ziff. 1.1.1 Satz 4 jedoch bei Lebensmittelgeschäften mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 qm in der Regel anzunehmen ist. Nach Ziff. 1.1.3 Satz 1 des Runderlasses ist bei der Betrachtung der Größe und des Sortiments die gesamte Verkaufsstelle maßgeblich. In die Verkaufsflächenberechnung sind alle Flächen einzubeziehen, die von Kundinnen und Kunden betreten oder eingesehen werden können (Ziff. 1.1.3 Satz 2). An Sonn- oder Feiertagen eingerichtete Flächenminimierungen durch Absperrungen oder Angebotsbeschränkungen haben keinen Einfluss auf die Flächenberechnung (Ziff. 1.1.3 Satz 3).

Dabei sind zunächst keine rechtlichen oder tatsächlichen Anhaltspunkte erkennbar, die das streitbefangene Lebensmittelgeschäft des Beigeladenen zu 1. vom Anwendungsbereich der Regelvermutung aus Ziff. 1.1.1 Satz 4 des Runderlasses ausschließen. Es ist davon auszugehen, dass das vom Beigeladenen zu 1. betriebene Lebensmittelgeschäft unter Berücksichtigung von Ziff. 1.1.3 Satz 2 des Runderlasses über eine Verkaufsfläche von weniger als 800 qm verfügt.

Für das streitbefangene Lebensmittelgeschäft der Beigeladenen zu 2. dürfte nach der zwischenzeitlichen Vergrößerung der Verkaufsfläche dagegen bereits nach den Voraussetzungen des Runderlasses zumindest zweifelhaft sein, ob es noch über eine Verkaufsfläche von bis zu 800 qm verfügt. Soweit sich die Beigeladene zu 2. darauf beruft, an Sonntagen würden nunmehr Bereiche der Verkaufsfläche durch Bänder abgesperrt, wäre die so vorgenommene Flächenminimierung nach Ziffer 1.1.3 Satz 3 des Runderlasses für die Verkaufsflächenberechnung unbeachtlich.

Die Frage kann aber letztlich offenbleiben, weil sich die Beigeladenen zu 1. und zu 2. nach Auffassung der Kammer jedenfalls nicht mit Erfolg auf die Regelvermutung aus Ziff. 1.1.1 Satz 4 des Runderlasses berufen können.

(1) Die mit den Ziff. 1.1.1 bis 1.1.3 des Runderlasses zu § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG erlassene Verwaltungsvorschrift hat lediglich norminterpretierenden Charakter. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften beziehen sich typischerweise auf unbestimmte Rechtsbegriffe auf der Tatbestandsseite - hier auf die Ausrichtung der Verkaufsstelle nach ihrer Größe und ihrem Sortiment - und zielen auf eine einheitliche Interpretation dieser Begriffe durch die Verwaltung ab (vgl. Siegel, in: Stern/Sodan/Möstl, Das Recht der Bundesrepublik Deutschland im europäischen Staatenverbund, 2. Aufl. 2022, § 46 Rn. 39). Die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe ist gerichtlich aber voll überprüfbar (vgl. Bamberger, in: Wysk, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2025, § 114 Rn. 9).

Aufgrund von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG ist ausnahmsweise eine Durchbrechung des Sonn- und Feiertagsschutzes aus § 3 Abs. 2 NLöffVZG vorgesehen. Als Ausnahmetatbestand sind die Voraussetzungen der Vorschrift eng auszulegen. Die Verkaufsstelle im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG muss sich insoweit von Verkaufsstellen unterscheiden, die nur an Werktagen geöffnet werden dürfen und sonst dem Verbot aus § 3 Abs. 2 NLöffVZG unterfallen. Anderenfalls wäre für die Anwendung des Ausnahmetatbestands kein Raum. Für diese Unterscheidung nennt der Wortlaut ausdrücklich zwei voneinander unabhängige Voraussetzungen: Die Verkaufsstelle muss zum einen nach ihrer Größe und zum anderen nach ihrem Sortiment auf den Verkauf von täglichem Kleinbedarf im Sinne von § 2 Abs. 2 NLöffVZG ausgerichtet sein.

Demgegenüber kommt durch Ziff. 1.1.1 Satz 4 des Runderlasses für die Beurteilung der Ausrichtung von Lebensmittelgeschäften mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 qm der Ausrichtung der Verkaufsstelle nach ihrem Sortiment in der Regel keine gesonderte Bedeutung mehr zu, weil von der Größe bereits auf die Ausrichtung der Verkaufsstelle nach ihrem Sortiment geschlossen wird. Anhaltspunkte, wonach bei Lebensmittelgeschäften abweichend von der Ausrichtung der Größe zulässigerweise auch auf die Ausrichtung des Sortiments geschlossen werden darf, folgen jedoch weder aus § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG noch aus anderen Vorschriften des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten. Vielmehr müssen auch hier die Voraussetzungen von Nr. 3 lit. a) jeweils selbständig und kumulativ erfüllt sein.

(i) Die Anknüpfung von Ziff. 1.1.1 des Runderlasses an den bauplanungsrechtlichen Begriff der Großflächigkeit im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Baunutzungsverordnung (im Folgenden "BauNVO") für die Zulassung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben vermag für die Regelvermutung im Anwendungsbereich des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten nicht zu überzeugen.

Zum einen ist ein Lebensmittelgeschäft, das nicht die Voraussetzungen eines großflächigen Einzelhandelsbetriebs erfüllt, nicht im Umkehrschluss eine Verkaufsstelle, die nur auf den Verkauf von täglichem Kleinbedarf ausgerichtet ist. Die bauplanungsrechtliche Situation des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO ist mit den Maßstäben für die ausnahmsweise Durchbrechung des Öffnungsverbots von Verkaufsstellen an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen im Sinne von § 3 Abs. 2 NLöffVZG nicht vergleichbar. Maßgeblich für die Ausnahmen vom Sonntagsschutz ist nicht die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung, wie sie in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO angelegt ist (vgl. Köpfler, in: Spannowsky/Hornmann/Kämper, BeckOK BauNVO, 40. Ed., 15. Januar 2025, § 11 BauNVO Rn. 24), sondern die Verwirklichung des verfassungsrechtlich garantierten Sonn- und Feiertagsschutzes, von dem Ausnahmen nur zur Wahrung höherer oder gleichwertiger Rechtsgüter möglich sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857/07 -, juris Rn. 152).

Zum anderen knüpft auch die Baunutzungsverordnung in § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO für Läden in reinen Wohngebieten nicht an den Begriff des täglichen Kleinbedarfs, sondern an den des "täglichen Bedarfs" an. Hierunter wird der Grundbedarf verstanden, wozu unter anderem Lebensmittel aller Art zählen (vgl. Vietmeier/Wirth, in: Bönker/Bischopink, Baunutzungsverordnung, 3. Aufl. 2025, Stand 15. Januar 2025, § 3 Rn. 82; Stock, in: Ernst/Ziekahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 156. EL September 2024, § 3 BauNVO Rn. 73; Hornmann, in: Spannowsky/Hornmann/Kämper, BeckOK BauNVO, 40. Ed., Stand 15. Januar 2025, § 3 Rn. 165). Daran gemessen führt auch die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Ladens im Sinne des § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO, der kein großflächiger Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO ist, bereits begrifflich nicht dazu, das die Verkaufsstelle unmittelbar auf den Verkauf von täglichem Kleinbedarf im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG ausgerichtet ist. Unter dem Verkauf von täglichem Kleinbedarf ist begrifflich ein geringeres Angebot zu verstehen als unter dem Verkauf von täglichem Bedarf.

(ii) Die Regelvermutung in Ziff. 1.1.1 Satz 4 des Runderlasses zugunsten von Lebensmittelgeschäften mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 qm findet auch keine Stütze in den Gesetzesmaterialien. Im Gegenteil stützt auch die genetische Auslegung, dass für die Ausrichtung von Lebensmittelgeschäften gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG sowohl die Größe als auch das Sortiment jeweils selbständig und kumulativ maßgeblich sind. Eine tatbestandliche Anknüpfung an Lebensmittel, die entgegen § 2 Abs. 2 Nr. 7 NLöffVZG nicht in kleinen Mengen abgegeben werden, ist gerade nicht Gesetz geworden.

Ausweislich der Gesetzesbegründung hat sich der Gesetzgeber bei der Definition des täglichen Kleinbedarfs in § 2 Abs. 2 NLöffVZG (in der ersten Entwurfsfassung noch Absatz 3) am Warenkorb des bisherigen "Reisebedarfs" aus § 2 Abs. 2 des (Bundes-)Gesetzes über den Ladenschluss (im Folgenden "LadSchlG") sowie den in der Verordnung über den Verkauf bestimmter Waren an Sonn- und Feiertagen (im Folgenden "SonntagsVerkVO") genannten Waren orientiert und die Auflistung lediglich um wenige Einzelartikel ergänzt (vgl. LT-Drs. 15/3276, Seite 9). Lebens- und Genussmittel in kleinen Mengen (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 NLöffVZG) waren dabei bereits zuvor vom Umfang des Reisebedarfs gemäß § 2 Abs. 2 LadSchlG erfasst. Auf den Begriff des Reisebedarfs hat der niedersächsische Gesetzgeber verzichtet, weil dieser Warenkorb nur an Reisende verkauft werden durfte. Durch die Neuregelung hat der Gesetzgeber eine Anpassung an die veränderten Lebensverhältnisse erreichen wollen (vgl. LT-Drs. 15/3276, Seite 9). Eine Erweiterung des an Sonn- und Feiertagen zugelassenen Warenangebots war dabei mit § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG nicht vorgesehen. Stattdessen sollte eine "Angleichung der bisherigen Verkaufszeiten für die bislang an Sonn- und Feiertagen zugelassenen Waren und Warenkörbe vollzogen werden" (vgl. LT-Drs. 15/3276, Seite 10). In diesem Sinne wurde in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG eine "Entkopplung von Waren und Verkaufsstelle vorgenommen" (LT-Drs. 15/3276, Seite 10). Anders als noch gemäß § 6 Abs. 2, § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 LadSchlG, wonach nur bestimmte Verkaufsstellen (Tankstellen, Verkaufsstellen auf Personenbahnhöfen von Eisenbahnen und Magnetschwebebahnen sowie auf Flughäfen) an Sonn- und Feiertagen Waren des Reisebedarfs verkaufen durften, sollten künftig alle Verkaufsstellen, die überwiegend Waren des Warenkorbs aus § 2 Abs. 2 NLöffVZG anbieten, an Sonn- und Feiertagen geöffnet werden dürfen (vgl. LT-Drs. 15/3276, Seite 10).

Ursprünglich hatte der Gesetzentwurf in § 2 Abs. 4 NLöffVZG zusätzlich eine Definition von "Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs" vorgesehen. Diese Warengruppe war zuvor auch in § 8 Abs. 2a und § 9 Abs. 3 LadSchlG geregelt. Nach diesen Vorschriften war die Landesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass unter den jeweiligen Voraussetzungen Verkaufsstellen für den Verkauf von Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs an Werktagen von 6 bis 22 Uhr geöffnet sein durften (§ 8 Abs. 2a), bzw. auf internationalen Verkehrsflughäfen und in internationalen Fährhäfen an Werktagen während der allgemeinen Ladenschlusszeiten und an Sonn- und Feiertagen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs auch an andere Personen als an Reisende abgegeben werden durften (§ 9 Abs. 3).

Der Entwurf des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten verstand unter Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs zunächst Lebensmittel (ohne Einschränkung der Menge), Drogerie- und Bekleidungsartikel sowie Schmuck (vgl. LT-Drs. 15/3276, Seite 1). Die Regelung ist jedoch auf Empfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familien und Gesundheit nicht Gesetz geworden (vgl. LT-Drs. 15/3578, Seite 3). Zur Begründung der Änderung in § 2 NLöffVZG führt der Ausschuss unter anderem aus, die Streichung von § 2 Abs. 4 NLöffVZG

"bedeutet praktisch, dass der Verkauf von Lebensmitteln in größerem Umfang an Sonn- und Feiertagen nicht zugelassen wird" (LT-Drs. 15/3610, Seite 2).

Zudem wurde in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG ursprünglich nur an die Ausrichtung nach dem Sortiment angeknüpft (vgl. LT-Drs. 15/3276, Seite 2). Auf Vorschlag des Ausschusses wurde jedoch die zusätzliche Bedingung "nach ihrer Größe" in das Gesetz aufgenommen (vgl. LT-Drs. 15/3578, Seite 5). Hierdurch sollten rechtliche Unklarheiten und Missbrauchsmöglichkeiten ausgeschlossen werden:

"Zugelassen werden soll lediglich der Sonntagsverkauf in kleineren Ladengeschäften, nicht aber in großen Einkaufsmärkten. Nach dem Zweck der Vorschrift [des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG] ist zwar [...] nicht daran gedacht, die Verkaufsstellen vollständig auf den Verkauf von Waren des täglichen Kleinbedarfs zu beschränken. Größe und Sortiment der Verkaufsstelle müssen dieser beschränkten Zielsetzung aber noch entsprechen" (LT-Drs. 15/3610, Seite 6).

Aus alledem folgt, dass die Voraussetzung der Ausrichtung der Verkaufsstelle "nach ihrer Größe" gerade nicht an die Stelle der Ausrichtung "nach ihrem Sortiment" treten sollte, sondern zusätzlich vorgesehen wurde, um den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift restriktiv - zur Abwehr von Missbrauchsmöglichkeiten - zu begrenzen. Sowohl mit seiner Anknüpfung an den ehemaligen Warenkorb des Reisebedarfs aus § 2 Abs. 2 LadSchlG, seiner Abkehr von der Warengruppe des täglichen Ge- und Verbrauchs als auch mit seiner Abgrenzung von großen Einkaufsmärkten hin zu kleineren Ladengeschäften, die lediglich an die Stelle der abschließend genannten besonderen Verkaufsstellen des (Bundes-)Gesetzes über den Ladenschluss treten, hat der Niedersächsische Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er eine Ausnahme von § 3 Abs. 2 NLöffVZG durch § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffvZG nur in begrenzten Ausnahmefällen vorsieht. Eine Sonderstellung für Lebensmittelgeschäfte (bestimmter Größe) - wie in der Regelvermutung von Ziff. 1.1.1. Satz 4 des Runderlasses vorgesehen - ist dagegen im Gesetzgebungsprozess nicht angelegt gewesen.

(2) Die streitbefangenen Lebensmittelgeschäfte der Beigeladenen zu 1. und zu 2. erfüllen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG nicht. Hierbei kann offenbleiben, ob sie der Größe nach auf den Verkauf von täglichem Kleinbedarf ausgerichtet sind, jedenfalls sind sie nach ihrem Sortiment nicht auf den Verkauf von täglichem Kleinbedarf ausgerichtet.

Maßgeblich ist nach dem Wortlaut von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG die generelle werktägliche Ausrichtung der Verkaufsstelle und nicht die konkrete Anpassung der Verkaufsstelle an Sonn- und Feiertagen (vgl. VG Osnabrück, Beschluss vom 26. November 2010 - 1 B 38/10 -, juris Rn. 19). Anders als noch in Bezug auf die Größe der Verkaufsfläche nach § 8 Abs. 2a LadSchlG a.E. oder in § 9 Abs. 3 LadSchlG a.E. sieht das Niedersächsische Gesetz über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten keine Regelung vor, wonach für den Anwendungsbereich des Ausnahmetatbestandes nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG das Sortiment oder die Größe der Verkaufsstelle begrenzt werden kann, so dass sich die Ausrichtung der Verkaufsstelle an Werktagen von der an Sonntagen unterscheidet. Die Kammer hat bereits in der Vergangenheit ausgeführt:

"Auch die Gesetzesbegründung (LT-Drs. 15/3276, S. 10), wonach der Begriff des täglichen Kleinbedarfs zur Anpassung an die veränderten Lebensverhältnisse denjenigen des Reisebedarfs ersetzen soll, lässt erkennen, dass die Ausnahmeregelung den Verkauf kurzfristig benötigter einzelner Waren im Blick hat. Dadurch sollen die Öffnungen an Sonn- und Feiertagen auf das notwendige Maß beschränkt werden und dem Freizeitbedürfnis der Bevölkerung sowie den Schutzinteressen der Beschäftigen Rechnung getragen werden (LT-Drs. 15/3276, S. 5). Dies entspricht auch dem verfassungsrechtlichen Sonn- und Feiertagsschutz aus Art. 140 GG i.V.m. Art 139 WRV. Danach hat die "werktätige Geschäftigkeit" an Sonn- und Feiertagen zu ruhen. Ausnahmen hiervon sind nur zur Wahrung höher- oder gleichwertiger Rechtsgüter möglich (BVerfG, U. v. 01.12.2009, 1 BvR 2857/07, juris Rn. 152). Ein bloßes wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber oder ein alltägliches Erwerbsinteresse potenzieller Käufer genügen zur Rechtfertigung einer Ausnahme grundsätzlich nicht. Außerdem müssen Ausnahmen als solche für die Öffentlichkeit erkennbar bleiben und dürfen nicht auf eine weitgehende Gleichstellung der sonn- und feiertagstäglichen Verhältnisse mit den Werktagen und ihrer Betriebsamkeit hinauslaufen (BVerfG, a.a.O., juris Rn. 157). Dieses verfassungsrechtlich geforderte Regel-Ausnahmeverhältnis ist bei der Auslegung der einfachgesetzlichen Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 NLöffVZG zu berücksichtigen. Daraus folgt, dass die Ausdehnung der werktäglichen Öffnungszeiten eines das vollständige Lebensmittel- und Konsumgütersortiment führenden Supermarkts auf Sonn- und Feiertage - auch unter Beschränkung der Verkaufsflächen und der Öffnungszeiten - grundsätzlich nicht in Betracht kommt" (vgl. VG Osnabrück, Beschluss vom 26. November 2010 - 1 B 38/10 -, juris Rn. 18).

Hieran hält die Kammer auch weiterhin fest.

Die streitbefangenen Lebensmittelgeschäfte der Beigeladenen zu 1. und zu 2. erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Sie bieten zwar auch Waren des täglichen Kleinbedarfs an, sind ihrem Sortiment nach aber nicht auf deren Verkauf ausgerichtet. Vielmehr handelt es sich bei den Lebensmittelgeschäften um klassische Wettbewerber aus den Bereichen Lebensmittelsupermarkt und Lebensmittel-Discounter, wie sie auch sonst an Werktagen üblicherweise geöffnet haben. Als solche sind sie darauf ausgerichtet, nicht nur den täglichen Kleinbedarf an Lebens- und Genussmitteln in kleinen Mengen zu befriedigen, sondern auch den regulären (Wochen-)Bedarf. Das angebotene Sortiment beruht nicht darauf, dass die Konsumenten Lebens- und Genussmittel in kleinen, sondern in einzelhandelsüblichen Mengen erwerben. Besonderheiten in der Ausrichtung des Sortiments der Beigeladenen zu 1. und zu 2., die eine Ausrichtung des Sortiments auf den Verkauf von täglichem Kleinbedarf rechtfertigen, sind von den Beteiligten weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Der Einwand des Beigeladenen zu 1., bei Lebensmitteln in handels- und haushaltsüblichen Mengen handele es sich um eine kleine Menge im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 7 NLöffVZG, kann ihm insoweit nicht zum Erfolg verhelfen. Vielmehr ist begrifflich gerade zwischen kleinen Mengen und handels- und haushaltsüblichen Mengen zu unterscheiden. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Beigeladene zu 1. an Sonntagen nur ein reduziertes Sortiment anbietet oder weniger Artikel je Kunde verkauft bzw. einen niedrigeren Umsatz verzeichnet als an Werktagen. Auch der Einwand der Beigeladenen zu 2., sie sperre an Sonntagen Bereiche der Verkaufsfläche durch Bänder ab, führt zu keiner anderen Beurteilung.

cc. Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. können sich für die regelmäßige Öffnung der streitbefangenen Lebensmittelgeschäfte an Sonntagen auch nicht auf einen der übrigen Ausnahmetatbestände der §§ 4 bis 5a NLöffVZG berufen. Die Voraussetzungen aus § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a) bis d), Nr. 2 lit. a) und b), Nr. 3 lit. b), Nr. 4 lit. a) und b) oder aus Nr. 5 NLöffVZG sind zugunsten der Beigeladenen nicht erfüllt. Eine Sonntagsöffnung ist auch nicht auf Antrag oder von Amts wegen unter den Voraussetzungen der §§ 5, 5a NLöffVZG zugelassen.

dd. Die Klägerin hat mit dem Hauptantrag zu 1. keinen Erfolg, weil der Beklagten durch § 8 Abs. 2 Satz 2 NLöffVZG ein Ermessen bei der Auswahl der erforderlichen Maßnahmen zusteht. Zwar dürfte das Entschließungsermessen der Beklagten hier auf Null reduziert sein, da wiederholt und fortgesetzt gegen § 3 Abs. 2 NLöffVZG und das verfassungsrechtliche Gebot des Sonn- und Feiertagsschutzes aus Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV verstoßen wird, der Beklagten ein Einschreiten objektiv möglich ist und dem Einschreiten keine Ausschlussgründe entgegenstehen. Allerdings räumt ihr § 8 Abs. 2 Satz 2 NLöffVZG auch ein Auswahlermessen hinsichtlich der erforderlichen Maßnahmen ein, so dass sie - entgegen des Klagebegehrens im Hauptantrag zu 1. - nicht verpflichtet ist, unmittelbar die Schließung der streitbefangenen Lebensmittelgeschäfte an Sonntagen und Feiertagen zu verfügen, sondern auf die Durchsetzung des gesetzlichen Verbots aus § 3 Abs. 2 NLöffVZG auch (zunächst) ohne Verwaltungsakt bspw. durch Informationsschreiben oder durch Realakt einwirken kann.

ee. Soweit die Klägerin ihren Anspruch ursprünglich aus § 11 des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (im Folgenden "NPOG") herleitete, folgt daraus kein anderes Ergebnis. Soweit eine Gefahr im Sinne von § 11 NPOG in dem Verstoß gegen das gesetzliche Verbot des § 3 Abs. 2 NLöffVZG zu sehen ist, wenn die Voraussetzungen für eine Öffnung von Verkaufsstellen nicht gegeben sind (vgl. in diesem Sinne zu § 11 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) VG Braunschweig, Urteil vom 16. Februar 2011 - 1 A 161/10 -, juris Rn. 24; VG A-Stadt, Beschluss vom 1. Juli 2010 - 11 B 2749/10 -, juris Rn. 7; VG Osnabrück, Beschluss vom 26. November 2010 - 1 B 38/10 -, juris Rn. 17), stehen die zu treffenden notwendigen Maßnahmen auch nach § 11 NPOG im Ermessen der Behörde, d.h. der Beklagten.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 155 Abs. 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. haben jeweils einen Antrag gestellt und sind mit diesem teilweise unterlegen.

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 709 Sätze 1 und 2, 708 Nr. 11, 711 Satz 2 ZPO.

IV. Gründe für eine Zulassung der Berufung liegen gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO vor, weil die Auslegung von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) NLöffVZG grundsätzliche Bedeutung hat.